Improvisation, warum wird es totgeschwiegen....

  • Ersteller des Themas amicusrarus
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Wenn man nichts zu sagen hat, sollte man schweigen. Das gilt auch in der Musik. Improvisieren, um nur „vor sich hin zu plappern“, ist angesichts des Lärms, der in der Welt herrscht, wirklich nicht nötig. Das war schon 1775 genauso aktuell wie heute:

„Sei Er kein schellenlauter Tor!
Es trägt Verstand und rechter Sinn
Mit wenig Kunst sich selber vor!
Und wenn's euch Ernst ist, was zu sagen,
Ist's nötig, Worten nachzujagen?
Ja, eure Reden, die so blinkend sind,
In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt,
Sind unerquicklich wie der Nebelwind,
Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt!“
 
@Cheval blanc Wenn du das bezogen auf die Konzertbühne meinst, stimme ich zu. Aber privat ist das etwas ganz anderes. Abgesehen davon sind die ersten Versuche wohl bei jedem eher inhaltsleer und belanglos. Das ist ein Lernprozess.
 
Aber bei den meisten „Improvisatoren“ am Klavier bleibt es leider zeitlebens beim Geplapper.
 
@Cheval blanc Wenn du das bezogen auf die Konzertbühne meinst, stimme ich zu. Aber privat ist das etwas ganz anderes. Abgesehen davon sind die ersten Versuche wohl bei jedem eher inhaltsleer und belanglos. Das ist ein Lernprozess.

Trotzdem lohnt es sich, den Merksatz zu beherzigen: Play less, say more!

Am wichtigsten in der Musik sind nunmal die Pausen.
 
Um nochmal auf das eigentliche Thema zurückzukommen, ich würde auch gerne improvisieren können, aber ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen sollte.

Letztendlich läuft das darauf hinaus, dass Du umsetzt, was Du im Kopf hörst.
Du brauchst also: Ideen im Kopf und die Möglichkleit, sie umzusetzen.
Wie man die Ideen in den Kopf bekommt, so richtig habe ich da keine Ahnung.
Wie man sie umsetzt: Audiomotorik.

Alle andere Tipps (Blues, Pentatonik, Drones, Changes, Blabla) sollen m.E. helfen, diese Ideen zu entwicklen. Planloses Herumgeklimer kann(!) auch helfen, solange man das nicht als Endziel sieht, sondern als Ausgangpunkt.

Auf dem Saxophonforum reden wir auch gerne von der Pentatonik- un der Blues-Falle. Eine Falle ist es, wenn man da dann einfach hängen bleibt und nicht weiter macht.


Dein Kopf ist das Instrument!
(Ich habe schon Improvisationen im Kopf, wenn ich einen Kaffe ziehe und die Espresso-maschine mir einen Drone vorgibt.)

Grüße
Häretiker
 
Ein Tipp, den mir ein Meister auf der Orgelempore gab:

Man muss eine halbe Stunde herumimprovisieren (im Sinne von Geplapper), bevor man geformt improvisieren kann.

Da gebe ich ihm absolut recht.

Bei Stummfilmbegleitung improvisiere ich immer zweimal (zuhause mit Video und/oder schon im Kinosaal, etwa vormittags).

Die dritte Impro ist dann schon die Aufführung, und da gelingt mir in hellen Momenten sogar so etwas wie Leitmotivik.:blöd:

Falls jemand fragt: Spielstil spätromantisch und Pseudo-Bartok für Arme :lol:

(kein Jazz, das kann ich nicht, und ich will niemanden mit meinem Gestümper beleidigen)
 
„Sei Er kein schellenlauter Tor!
Es trägt Verstand und rechter Sinn
Mit wenig Kunst sich selber vor!
Und wenn's euch Ernst ist, was zu sagen,
Ist's nötig, Worten nachzujagen?
Ja, eure Reden, die so blinkend sind,
In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt,
Sind unerquicklich wie der Nebelwind,
Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt!“
Im selben Buch steht aber auch ...

... denn grau, teurer Freund ist alle Theorie
und grün des Lebens goldner Baum


also ran ans Improvisieren, egal was dabei raus kommt ... dümmer wird man nicht. Und es sollte natürlich im eigenen Kämmerlein bleiben ... bis man ungefähr die Stufe eines Keith Jarret erreicht hat. Denn:

Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen,
Wenn es nicht aus der Seele dringt
Und mit urkräftigem Behagen
Die Herzen aller Hörer zwingt.


Aber wehe dem Nachbarn eines unbeholfenen Improvisateurs:

Es wird mein schönstes Glück zunichte!
Daß diese Fülle der Geschichte
Der trockne Schleicher stören muß!


Und ja, eine gute Grundausbildung ist von großer Nützlichkeit:

Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,
Durch die man zu den Quellen steigt!
Und eh man nur den halben Weg erreicht,
Muß wohl ein armer Teufel sterben.


also speziell für Späteinsteiger ein hartes Brot ...
 
Um nochmal auf das eigentliche Thema zurückzukommen, ich würde auch gerne improvisieren können, aber ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen sollte.
Ich! würde ganz am Anfang einfach variieren. Das ist schon mal ein Rahmen vorgegeben und man hat trotzdem unendlich Möglichkeiten, damit herumzuspielen. Melodie, Takt, Rhythmus, Harmonien.... alles lässt sich variieren und kombinieren bis hin zu etwas Neuem.

Ich habe schon Improvisationen im Kopf wenn...
Ich immer beim Kacken. Klingt auch hammergeil. Am Klavier ist ALLES weg. :017:
 

Tja, wenn es dann noch lautstark im Rhythmus gegen die Keramik hämmert:
Inspiration durch Opstipation
 
Obstipation. Mit weichem p.
 
Ach was. Wenn's weich ist, hämmert's nicht
 
Ein Tipp, den mir ein Meister auf der Orgelempore gab:

Man muss eine halbe Stunde herumimprovisieren (im Sinne von Geplapper), bevor man geformt improvisieren kann.
Dazu Peter Planyavsky:
"Es gibt keine falschen Noten."
"Es gibt keine Musik ohne Form, und sollte sie doch einmal keine haben, dann ist das eben die Form."

(Aus dem Beiheft zur Improvisations-CD "Tod + Ewigkeit")
 
Ich! würde ganz am Anfang einfach variieren. Das ist schon mal ein Rahmen vorgegeben und man hat trotzdem unendlich Möglichkeiten, damit herumzuspielen. Melodie, Takt, Rhythmus, Harmonien.... alles lässt sich variieren und kombinieren bis hin zu etwas Neuem.
So gehe ich auch vor. Ich lerne ein Stück und fange an, die Melodie zu variieren. Oder ich ändere was an der Begleitstimme. Man kann (Durchgangs-)Töne zur Melodie hinzufügen oder Töne weglassen oder eine ganz eigene Melodie spielen, die vielleicht nur die wichtigen Zieltöne aus der ursprünglichen Melodie beibehält. Man kann rhythmisch was ändern, z.B. mal ein paar Linien triolisch spielen oder Akkorde zu Arpeggien aufbrechen.
Wenn man die Harmonien beibehält, hat man auf diese Weise schon über das Stück improvisiert.
 

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