Wie häufig hast du das erlebt, dass ein Kind nach Diagnosestellung Ritalin o.a. erhält,
Ich hatte in dem Projekt einen ganz konkreten Fall, bei dem das Kind (AD(H)S-Verdachtsfall)
zur Diagnosestellung Ritalin erhielt.
Natürlich ist das ein Einzelfall gewesen und eine Verallgemeinerung lag mir fern.
Insgesamt ging es mir nur darum, dass auch institutionelle Zwänge dazu führen können, dass Medikamente verabreicht und wie im Beispiel Altenpflegeheim auch gerne mal "zu hoch" dosiert werden.
Bei zumindest einer Bewohnerin habe ich erlebt, dass das ohne Rohypnol eine lustige, aufgeschlossene sehr disziplinierte alte Dame ist, mit der man vernünftig reden konnte ... als ich sie kennen lernte, war sie ein häufchen Elend, welches sich zwingen musste, mal ein paar Meter mit dem Rollator zu gehen. Ich war mit ihr dann beim Neurologen. Beim ersten Blick aufs EEG musste der Neurologe mehrmals hinsehen und sagte mir dann, dass er so ein Bild bei einem lebenden Gehirn nicht erwartet hätte.
Die Dame wurde dann neu eingestellt, und als ich sie dann am nächsten Tag ins Bett brachte, wollte sie vorm Schlafengehen noch ein bisschen mit mir tanzen, nachdem sie den ganzen Tag (teilweise ohne Rollator) über die Station gelaufen war und sich mit Personal, Bewohnern und Besuchern unterhalten hatte. Das war ein komplett anderer Mensch, den man aber (leider) nicht mehr einfach arbeitsneutral abstellen konnte ... und genau das kann auf einer notorisch unterbesetzten Pflegestation (mit über 50% Bettlägerigen) durchaus zur Belastung werden.
Störer im Unterricht sind auch für Lehrkräfte eine Belastung. Und da Jungs eher stören, als Mädchen, hat das im Mathematikunterricht z.B. dafür gesorgt, dass technische Inhalte überwiegen ... man hat sich so große Mühe gegeben, die Jungs zu packen, dass Mädchen im Matheunterricht fast grundsätzlich schlechter abschnitten.
Das ging so weit, dass das Ergebnis in Mathetests sogar damit korrellierte, ob die SuS in der Kopfzeile ihr Geschlecht angeben mussten.
Mädchen schnitten oft noch schlechter ab, WENN sie sich vorher bewusst machen mussten, dass sie Mädchen sind (bei Jungs gab es eine solche Korrelation mWn nicht). Und das ganze wurde noch auffälliger, wenn man mit der Klasse vorher ein Buch wie den "Eisenhans" besprochen hatte (dieses Buch wimmelt von Geschlechtsstereoypen).
Zum Glück war das bei Sarrazins "Deutschland schafft sich ab" schon bestens bekannt, sonst hätte der wohl auch Mädchen unabhängig von der Herkunft anhand ihre Matheleistungen für dumm erklärt. Aber zum Glück hatte sich das da schon geändert, und der Versagertypus war nun eben nicht mehr "das katholische Mädchen vom Land", sondern "der migrationshintergründige Junge aus der Stadt" ... auf den ist Sarrazin dann ja auch losgegangen.