Neuer, talentfreier Vorschüler- Fahrplan gesucht

Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, wo Schwule und Lesben so wie Menschen welche masturbierten als "krank" eingestuft wurden.

Ebenso Menschen welche sich anders verhielten als von der Gesellschaft erwartet.

Wie viele wurden völlig grundlos in die Psychiatrie eingewiesen, weil sie einfach mal als krank galten?

Das ist genau, was ich meine, man muss diesen Sachverhalt nur einmal 50 Jahre weiterdenken und sich vorstellen, dass das, was für die Menschheit dann "gesund" und "krank" sein wird von der heutigen Wahrnehmung genauso abweicht wie diese skizzierten Zeiten, die noch gar nicht so lange zurückliegen.
 
Ich finde da irgendwie den logischen Bogen nicht. Du meintest, eine Diagnose, also in dem Fall das Wissen, ein ganz normaler Autist zu sein, würde helfen. Hier lese ich von Stigmata wegen einer Diagnose, wie passt das zusammen? Was hilft nun mehr, Diagnose oder Nicht-Diagnose?

Das Stigma habe ich als Grund vermutet, der Dich gegen eine Diagnose sein läßt, weil es mir ohne Stigma für die Betroffenen sinnlos erscheint, gegen eine Diagnose zu sein.

Deinen zweiten Satz würde ich anders formulieren: Wir lernen von unseren Mitmenschen nicht, welches Verhalten "richtig", sondern welches (in unserer Kultur!) erwünscht ist. Wer nicht tickt wie die Mehrheit, eckt an, ob mit oder ohne Diagnose. Das ist nun einmal (und war schon immer) das Los der Andersdenkenden.

Richtig habe ich hier als Synonym für Hilfreich verwendet. Das war ungenau, damit habe ich das Missverständnis provoziert.
 
Bei den Erwartungenshaltungen in unserer Gesellschaft natürlich! Man ist anders als die anderen und das gilt als nicht "normal". Deswegen hilft die Diagnose. Auch die der Dyskalkulie, der Legasthenie, der was nicht alles. Ich will nicht alle über einen Kamm scheren, aber wäre die Gesellschaft imstande, mit solchen Andersartigkeiten umzugehen, bräuchten viele ihre Diagnose nicht.
Der Nutzen einer Diagnostik liegt darin, dass im Anschluss daran entsprechende Hilfen installiert werden können. Die Vergabe der meisten Hilfsmaßnahmen sind an bestimmte rechtliche Voraussetzungen gekoppelt. Wenn z.B. festgestellt wurde, dass LRS vorliegt, ist es möglich, eine entsprechende LRS-Schule zu besuchen mit einer speziellen Didaktik und Methodik, die manchen so gut hilft, dass sie im Anschluss an diese Schulzeit die Kriterien für LRS nicht mehr erfüllen. Bsp. Autismusspektrum: Nach Diagnosestellung bestimmte Hilfen für die Familie, ev. Schulassistenz, ev. Familienhilfe, Schulungen, etc. pp.
 
Um mal wieder auf das Thema KL bzw. Lehrer allgemein zurückzukommen... Mein Sohn hat eine wie auch immer geartete Störung, die bislang keine namenhafte Diagnose mit sich gebracht hat. Einen IQ von 140, eine solziale "Minderbegabung", Empathie gegenüber anderen außer den Eltern Fehlanzeige, zu Freundschaften allerdings sehr wohl in der Lage. In der Grundschule extrem auffällig. Aber laut Tests kein Autismus, kein ADHS. Die Nicht-Diagnosen waren für uns wichtig, um den Lehrern, die meinten als Hobby Mediziner gleich mal ADHS zu diagnostizieren und Ritalin zu fordern entsprechend zu begegnen. Die Erklärungen des Psychologen, wie unser Sohn so tickt, waren für uns extrem hilfreich. Und wir haben in den Grundschuljahren gelernt, was fähige, kompetente Lehrer sind und wie schlimm unwillige, inkompetente und engstirnige Lehrer sein können, die nur mit Schülern umgehen können, die ins Schema F passen. Das wird bei einem KL genau so sein, also neuen Lehrer suchen, bei dem die Chemie stimmt und der sich auf die Person einlassen kann. Und die sollte es doch hoffentlich reichlich geben, die meisten Menschen sind da doch eigentlich aufgeschlossen.
 

Weiterlesen hat nicht geholfen, denn das Messer klappte rasch auf:013:
Es ist weder moralisch noch methodisch 'wertvoller' diesen oder jenen Schülertypus gut zu unterrichten!
Lesen hat echt nichts gebracht. Ich denke nicht in "Werten".

Es setzt hohe Kompetenz voraus einen Hochbegabten so zu führen, dass er/sie sich gut entwickeln kann!! Es gibt genug Gegenbeispiele!

Der Stein der Empörung rollt und rollt ungebremst...
UND: es ist verdienstvoll und aufwändig 'schwierige Fälle', die eventuell als 'Wanderpokale' an der Musikschule schon einige ungewollte Lehrerwechsel und unfreundliches Verhalten von Lehrpersonen durchzustehen hatten, motiviert und motivierend zu unterrichten
that's what I'm saying :015:

Was hat der Beitrag jetzt Neues gesagt? :konfus:
 
Was hilft nun mehr, Diagnose oder Nicht-Diagnose?

Meine Freundin hasst Gruppenveranstaltungen, wie z.B. Betriebsausflug.
Problem: Es ist den Leuten einfach nicht vermittelbar, die kapieren es einfach nicht, dass das enormen überflüssigen und vermeidbaren Stress versursacht.

Eine Diagnose würde helfen. Leider meint der eine Doc 'keine Anzeichen für Asperger', der andere 'klassischer Fall von Asperger'.

Zumindest kann man - wenn sie eine offizielle Diagnose hätte - darauf hinweisen und muss nicht immer wieder (jedes Jahr!) dieselben unsinnigen Diskussionen führen, warum sie zum Betriebsasuflug nicht mit möchte.

Wäre alles nicht nötig, wenn die anderen Menschen einfach mal akzeptieren würden: Hier ist einer, der möchte einfach nicht mit. Das hat nix mit mangelnder Sympathie für die anderen Teilnehmer zu tun. Aber - wie bereits gesagt - die Leute verstehen es einfach nicht.

Das sind die Momente, wo man sich fragt: Wer hat jetzt die Einschränlung? Das Individuum, das sich kennt, oder die anderen, die nicht in der Lage sind das zu verstehen?

Grüße
Häretiker
 
Hmmm, wo ist das Problem? Ich mag keine Betriebsfeiern. Es ist bei uns eine riesengroße Massenveranstaltung, um die viel Tam-tam gemacht wird. Ich sage dann immer: "Leute, das ist nicht meins. Ich werde nicht dabei sein, wünsche euch aber viel Spaß." Darum, ob meine Kollegen es verstehen, habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Sie hatten keine Wahl, als meine Entscheidung zu akzeptieren. - Und nein, ich habe meines Wissens kein Asperger.
 
Problem: Es ist den Leuten einfach nicht vermittelbar, die kapieren es einfach nicht, dass das enormen überflüssigen und vermeidbaren Stress versursacht.
Ja, und es gibt auch Leute welche ADHS oder Autismus als "Modekrankheit" abtun.

Andere sind im Klischeedenken verhaftet - bei Autisten denken sie an Rainmann (oder so ähnlich) und bei ADHSlren an eine durchgeknallte Rampensau.

Dabei sind die Symptome so was von unterschiedlich - es kommt auch immer auf die Begleiterscheinungen drauf an.
 
Ah ja, kleiner Hinweis noch - für einen Autisten ist es wahnsinnig schwierig sich hier vom Hölzchsen zum Stöckchen durchzuschlagen, daher empfehle ich das Thema Autismus und ADHS auszulagern, und hier sich der Thematik des TE zu widmen.
 

Das Stigma habe ich als Grund vermutet, der Dich gegen eine Diagnose sein läßt, weil es mir ohne Stigma für die Betroffenen sinnlos erscheint, gegen eine Diagnose zu sein.

Ich bin nicht gegen Diagnosen. Ich bin gegen die Häufigkeit, mit der Diagnosen oft (für meine Begriffe) fahrlässig gestellt werden. AD(H)S bei Kindern ist so ein Fall, wo Lehrer einfach besser klar kommen, wenn ein Kind diese Diagnose hat und medikamentös eingestellt wird. Ob das unbedingt im Sinne des Kindes ist, ob die "Diagnose" AD(H)S tatsächlich richtig ist ... ich habe da ganz oft meine Zweifel. Allerdings habe ich das auch schon selbst bei einem Kind vermutet und der Arzt hat es dann bestätigt. Wie gesagt, Diagnose ist nicht gleich Diagnose. Genauso verhält es sich mit LRS. Wie schnell und wie oft diese Diagnose gestellt wird, zeigt die Tatsache, dass Ausbildungsleiter davon abraten, sie machen zu lassen, weil sich das im Zeugnis nicht gut macht, da die Noten selten dadurch besser werden. Das wiederum liegt an inzwischen sehr in die Kritik geratenen Unterrichtsmethoden wie "Schreiben nach Gehör", das die Rechtschreibleistungen aller Kinder verschlechtert und die Diagnosen LRS vermehrt hat. Das Versagen der Unterrichtsmethoden wird den Kindern angelastet mit irgendwelchen Diagnosen. Das genau sind die Fälle, die nicht sein müssten und die ich kritisiere.

Wenn z.B. festgestellt wurde, dass LRS vorliegt, ist es möglich, eine entsprechende LRS-Schule zu besuchen mit einer speziellen Didaktik und Methodik, die manchen so gut hilft, dass sie im Anschluss an diese Schulzeit die Kriterien für LRS nicht mehr erfüllen.

Wie oben schon geschrieben bin ich ganz speziell mit den LRS-Diagnosen sehr vorsichtig. Und im Unterschied zur Legasthenie, die dauerhaft gilt, gilt LRS nur auf Zeit. Deshalb die Schule zu wechseln (was ohnehin nicht allerorts möglich ist), halte ich aus sozialen Gründen für falsch.

Meine Freundin hasst Gruppenveranstaltungen, wie z.B. Betriebsausflug.
Problem: Es ist den Leuten einfach nicht vermittelbar, die kapieren es einfach nicht, dass das enormen überflüssigen und vermeidbaren Stress versursacht.

Eine Diagnose würde helfen. Leider meint der eine Doc 'keine Anzeichen für Asperger', der andere 'klassischer Fall von Asperger'.

Zumindest kann man - wenn sie eine offizielle Diagnose hätte - darauf hinweisen und muss nicht immer wieder (jedes Jahr!) dieselben unsinnigen Diskussionen führen, warum sie zum Betriebsasuflug nicht mit möchte.

Wäre alles nicht nötig, wenn die anderen Menschen einfach mal akzeptieren würden: Hier ist einer, der möchte einfach nicht mit. Das hat nix mit mangelnder Sympathie für die anderen Teilnehmer zu tun. Aber - wie bereits gesagt - die Leute verstehen es einfach nicht.

Das sind die Momente, wo man sich fragt: Wer hat jetzt die Einschränlung? Das Individuum, das sich kennt, oder die anderen, die nicht in der Lage sind das zu verstehen.

Ja, die Leute sind unterschiedlich. Ich hasse sie jetzt nicht direkt, aber ich mag sie auch nicht, die Gruppenveranstaltungen. Überhaupt kann ich mich für so manche Sache, die andere für das Maß aller Dinge halten, nicht begeistern. Mir fehlt wohl auch ein gewisses Gen, mich für die neueste Technik zu interessieren. Ich bin lieber so ganz mit mir allein und meinem Hund auf dem Feld. Ich habe mal gelernt, dass introvertiert oder extrovertiert ganz normale Eigenschaften sind, der eine ist so, der andere so. Nie ist mir die Idee gekommen, dafür eine Diagnose haben zu wollen. Ich habe gelernt, damit zu leben. Ich sehe das mit der Akzeptanz auch ein wenig anders. Wenn andere nicht akzeptieren können oder wollen, dass deine Freundin nicht mit zum Betriebsausflug möchte, dann ist das ausschließlich das Problem der anderen und nicht das deiner Freundin. Ich kann die anderen nicht ändern, aber meine eigene Sicht der Dinge schon. Ich muss mich auch nicht rechtfertigen für Dinge, die andere toll finden, ich aber nicht.

Ja, und es gibt auch Leute welche ADHS oder Autismus als "Modekrankheit" abtun.

Andere sind im Klischeedenken verhaftet - bei Autisten denken sie an Rainmann (oder so ähnlich) und bei ADHSlren an eine durchgeknallte Rampensau.

Dabei sind die Symptome so was von unterschiedlich - es kommt auch immer auf die Begleiterscheinungen drauf an.

Auch hier, das steht nicht in meiner Verantwortung, was andere Leute nicht kapieren können oder wollen, welche Klischees sie bedienen oder was sie als "Modekrankheit" abtun. Ich halte es in all diesen Fällen mit Abgrenzung und lasse die Verantwortung für dieses Nicht-Verstehen-Wollen in vollem Umfang beim Absender.
 

Wenn man diese elementare Erkenntnis hat, ist man ja schon ein gutes Stück weiter. Leider hapert es bei vielen Leuten.

"Ich kann das, dann musst Du das auch können."
Ja, natürlich, man ist erst einmal geneigt, von sich auf andere zu schließen. ich habe z.B. immer schon Meldien und Co. aus dem Gehör nach gespielt und dachte, das wäre normal. ich musste erst lernen: Es gibt Leute, die das nicht können.

dann ist das ausschließlich das Problem der anderen und nicht das deiner Freundin.

Wäre es. Wenn sie nicht dann jedesmal den Leuten das mehrfach erklären muss. Ich habe da auch meinen "westfälischen" Ansatz: Einmal sagen, Thema beendet. Gegebenfalls "Zu diesem Thema habe ich mich bereits geäußert." oder so. Bei Unverständnis: "Musst Du ja nicht verstehen, akzeptieren reicht. Zur Not einfach tolerieren." Uno-Reverse-Card: Wer dann weiter bohrt, ist intolerant. :-)

Aber wenn Überredungsversuche überhand nehmen, kann das auch einem einfach auch auf den Keks gehen.

Ich muss mich auch nicht rechtfertigen für Dinge, die andere toll finden, ich aber nicht.

Das ist auch immer so mein Ansatz gewesen. Ich muss mich nicht dafür rechtfertigen, nicht Helene Fischer zu hören. :-)

Von wegen "Modekrankheit": Im Falle meiner Freundin war das eher so, dass sie immer das Gefühl hatte, die anderen sprechen zusätzlich eine Art Geheimsprache, zu der sie keinen Zugang hat. Sie kann nicht Ironie, Sraksamus und Co. bei ihr unbekannten Menschen erkennen, sondern das für jeden einzelnen, der auswendiglernen. Das beschränkt sie natürlich auf die wenigen Personen, die ihr wirklich wichtig sind. ("Aha, wenn er etwas ironisch meint, dann ändert sich sein Gesichtsausdruck und seine Stimme so und so". Ohne das auf andere übertragen zu können.)

Sehen wir ja im Forum: Sarkasmus und Ironie kann untergehen, wenn man a) den Gegenüber nicht kennt, b) keine Emotionsanzeiger verwendet werden und c) der Tonfall ja nicht existiert.

Aber das Thema sollten wir hier nicht weiter vertiefen. ich bekenne mich schuldig im Sinne der Naklage, dass ich noch einmal mich dazu geäußert habe, aber ein anderer Frad wäre da sinnvoller.

Grüße
Häretiker
 
Das genau sind die Fälle, die nicht sein müssten und die ich kritisiere.
Dazu könnte ich ganze Bücher schreiben.

Teil eins: Zivildienst im Altenheim ... nahezu alle Bewohner bekamen irgendwelche Beruhigungsmittel (Haldol, Rohipnol ... you name it) und ich war mir die ganze Zeit unsicher, ob das geschieht, um denen "ein Altern in Würde" zu ermöglichen, oder ob es eher darum ging, sie ruhig zu stellen, damit sie den Stationsablauf nicht stören.
Die demente aber körperlich noch topfitte Oma ist viel leichter zu betreuen, wenn sie den ganzen tag nur sabbernd im Sessel hängt, wie ein Schluck Wasser in der Kurve.

Next Level: Studium. Jahrespraktikum in einem Projekt "Schule für alle". Im Rahmen dieses Projektes auch Interviews mit betreuenden Ärzten von AD(H)S-Verdachtsfällen.
Ritalin als Diagnosetool, weil Menschen mit AD(H)S darauf wohl ganz anders reagieren, wie Menschen ohne ... die "passende Reaktion auf Ritalin" führt dann zur Diagnose "AD(H)S" ... teilweise wohl sogar ohne weitere Beobhachtungen.
Ich habe in diesem Projekt sogar Kinder erlebt, bei denen das einzige Problem darin bestand, dass die sich von ihren Eltern nicht vor dem Fernseher parken ließen ... ganz klar ... "Zappelphillip".
Dabei ist es einfach nicht normal, dass Kinder 4 Stunden am Stück auf ihrem Hinterteil sitzen, ohne dabei unruhig zu werden.

Und dann gibt es Eltern, die betreiben regelrechtes "Praxis-Hopping", bis sie einen Arzt gefunden haben, der die erhoffte Diagnose auch stellt.
Jaja ... alternative Meinungen einholen ... das mache ich auch.
Aber was ist, wenn die Suche nach alternativen Meinungen in dem Moment abgebrochen wird, wo die gewünschte Diagnose vorliegt?
Da gehts dann einzig um eine Expertenbestätigung für eine verfestigte Meinung.

Da kann man auch 20 positive Corona-Schnelltests ignorieren ... denn der 21. war ja negativ und das passt gerade viel besser ins Konzept, als Quarantäne :lol:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin gegen die Häufigkeit, mit der Diagnosen oft (für meine Begriffe) fahrlässig gestellt werden. AD(H)S bei Kindern ist so ein Fall, wo Lehrer einfach besser klar kommen, wenn ein Kind diese Diagnose hat und medikamentös eingestellt wird. Ob das unbedingt im Sinne des Kindes ist, ob die "Diagnose" AD(H)S tatsächlich richtig ist ... ich habe da ganz oft meine Zweifel.
Wie häufig hast du das erlebt, dass ein Kind nach Diagnosestellung Ritalin o.a. erhält, "dass Lehrer besser klarkommen"?

Ich halte da mit meinen langjährigen Praxiserfahrungen dagegen und warne vor Verallgemeinerung.
In 20 Jahren ist mir das noch nicht untergekommen, dass ein Kind wegen mir oder einer Kollegin medikamentös eingestellt wurde. So viel Einfluss haben LehrerInnen (Gott sei Dank oder leider, je nachdem) nicht - zumindest habe ich das nicht erlebt, weder im Rahmen von Diagnostik noch als Lehrbeauftragte.
Es gibt, was Diagnostik angeht, auch keinen Idealzustand, es gibt Kinder/Jugendliche, da wird ADHS ev. voreilig festgestellt und larviert andere psychische Probleme. Ich kenne aber auch solche, bei denen bin ich fast sicher, dass ADHS vorliegt, aber es wurde nix diagnostiziert und wenn ich beim Kind keinen Leidensdruck sehe und alle anderen Wege gefunden haben, damit umzugehen (was den fehlenden Leidensdruck auch bedingen kann), halte ich es nicht für nötig, darauf aufmerksam zu machen.
Eine Diagnose ADHS bedeutet auch noch lange nicht, automatisch medikamentös eingestellt zu werden. Auch hier ist es so, dass sehr häufig mal ne ordentliche Kind-Umfeldanalyse erstellt wird und geschaut wird, was unterstützen kann.

Genauso verhält es sich mit LRS. Wie schnell und wie oft diese Diagnose gestellt wird, zeigt die Tatsache, dass Ausbildungsleiter davon abraten, sie machen zu lassen, weil sich das im Zeugnis nicht gut macht, da die Noten selten dadurch besser werden. Das wiederum liegt an inzwischen sehr in die Kritik geratenen Unterrichtsmethoden wie "Schreiben nach Gehör", das die Rechtschreibleistungen aller Kinder verschlechtert und die Diagnosen LRS vermehrt hat. Das Versagen der Unterrichtsmethoden wird den Kindern angelastet mit irgendwelchen Diagnosen. Das genau sind die Fälle, die nicht sein müssten und die ich kritisiere.
Genau! Schreiben durch Lesen, Reichen und co. ist zum Glück mittlerweile als fatal LRS-fördernd erkannt worden! Aber denen, die durch diese Methode lesen und schreiben erlernt haben und eine LRS entwickelt haben, geholfen werden. Die Suppe müssen/mussten alle Jugendlichen und KollegInnen quer durch die Schularten auslöffeln. Die Rechtschreibleistung hat allgemein sehr stark nachgelassen, auch am Gymnasium (hat auch noch weitere Gründe).
Wie oben schon geschrieben bin ich ganz speziell mit den LRS-Diagnosen sehr vorsichtig. Und im Unterschied zur Legasthenie, die dauerhaft gilt, gilt LRS nur auf Zeit. Deshalb die Schule zu wechseln (was ohnehin nicht allerorts möglich ist), halte ich aus sozialen Gründen für falsch.
Nee, das stimmt nicht. LRS = Legasthenie synonym vgl. ICD, vgl. Verband Legasthenie/Dyskalkulie.
Ich hatte hier zwei konkrete Kinder im Kopf, die auf eine LRS-Schule gewechselt hatten (das ist ja auch eher eine Ausnahme). Vom einen weiß ich, dass er mittlerweile am Gymnasium ohne Nachteilsausgleiche oder Notenaussetzen lernt, es ist eine große Freude! Das kann man alles nicht verallgemeinern.
 
Nee, das stimmt nicht. LRS = Legasthenie synonym vgl. ICD, vgl. Verband Legasthenie/Dyskalkulie.
Stimmt das hat sich leider inzwischen durchgesetzt. Es gab mal eine Bestrebung die erblich bedingte Form sprachlich abzugrenzen, als Betroffene habe ich das auch präferiert. Weil es mich vor dem Vorwurf der Faulheit bzw. Nachlässigkeit beim Schreiben frei spricht, was für mich sehr wichtig war/ist. Eine Stress bedingte LRS wächst sich meistens aus, die erbliche Form bleibt einem erhalten.

Ich weiß nicht ob es wirklich mal der Fall war, das "jedem" Kind eine LRS diagnostiziert wurde, aber es gab den Glauben daran, dass es so sei, was für die Betroffenen ziemlicher Mist war, denn es machte den Schutz der Diagnose unwirksam. Und wenn ich mir überlege, wie ich die Menschen kenne dann glaube ich nicht, dass es Modediagnosen real gibt, sondern eher als Chimären um den Betroffenen den vermeintlichen Vorteil durch die Diagnose wieder abzuerkennen.
 
Wie häufig hast du das erlebt, dass ein Kind nach Diagnosestellung Ritalin o.a. erhält,
Ich hatte in dem Projekt einen ganz konkreten Fall, bei dem das Kind (AD(H)S-Verdachtsfall) zur Diagnosestellung Ritalin erhielt.
Natürlich ist das ein Einzelfall gewesen und eine Verallgemeinerung lag mir fern.

Insgesamt ging es mir nur darum, dass auch institutionelle Zwänge dazu führen können, dass Medikamente verabreicht und wie im Beispiel Altenpflegeheim auch gerne mal "zu hoch" dosiert werden.

Bei zumindest einer Bewohnerin habe ich erlebt, dass das ohne Rohypnol eine lustige, aufgeschlossene sehr disziplinierte alte Dame ist, mit der man vernünftig reden konnte ... als ich sie kennen lernte, war sie ein häufchen Elend, welches sich zwingen musste, mal ein paar Meter mit dem Rollator zu gehen. Ich war mit ihr dann beim Neurologen. Beim ersten Blick aufs EEG musste der Neurologe mehrmals hinsehen und sagte mir dann, dass er so ein Bild bei einem lebenden Gehirn nicht erwartet hätte.

Die Dame wurde dann neu eingestellt, und als ich sie dann am nächsten Tag ins Bett brachte, wollte sie vorm Schlafengehen noch ein bisschen mit mir tanzen, nachdem sie den ganzen Tag (teilweise ohne Rollator) über die Station gelaufen war und sich mit Personal, Bewohnern und Besuchern unterhalten hatte. Das war ein komplett anderer Mensch, den man aber (leider) nicht mehr einfach arbeitsneutral abstellen konnte ... und genau das kann auf einer notorisch unterbesetzten Pflegestation (mit über 50% Bettlägerigen) durchaus zur Belastung werden.

Störer im Unterricht sind auch für Lehrkräfte eine Belastung. Und da Jungs eher stören, als Mädchen, hat das im Mathematikunterricht z.B. dafür gesorgt, dass technische Inhalte überwiegen ... man hat sich so große Mühe gegeben, die Jungs zu packen, dass Mädchen im Matheunterricht fast grundsätzlich schlechter abschnitten.
Das ging so weit, dass das Ergebnis in Mathetests sogar damit korrellierte, ob die SuS in der Kopfzeile ihr Geschlecht angeben mussten.
Mädchen schnitten oft noch schlechter ab, WENN sie sich vorher bewusst machen mussten, dass sie Mädchen sind (bei Jungs gab es eine solche Korrelation mWn nicht). Und das ganze wurde noch auffälliger, wenn man mit der Klasse vorher ein Buch wie den "Eisenhans" besprochen hatte (dieses Buch wimmelt von Geschlechtsstereoypen).
Zum Glück war das bei Sarrazins "Deutschland schafft sich ab" schon bestens bekannt, sonst hätte der wohl auch Mädchen unabhängig von der Herkunft anhand ihre Matheleistungen für dumm erklärt. Aber zum Glück hatte sich das da schon geändert, und der Versagertypus war nun eben nicht mehr "das katholische Mädchen vom Land", sondern "der migrationshintergründige Junge aus der Stadt" ... auf den ist Sarrazin dann ja auch losgegangen.
 
Wie häufig hast du das erlebt, dass ein Kind nach Diagnosestellung Ritalin o.a. erhält, "dass Lehrer besser klarkommen"?

Wie oft? Zu oft, vielleicht mit jedem dritten Kind mit der Diagnose ADHS. Zunächst bekamen die Kinder Ritalin, aber die Eltern haben das dann wieder abgesetzt, weil sie sich nicht wohl damit gefühlt haben, irgendwelche Wesensveränderungen beim Kind festgestellt haben oder die regelmäßige Einnahme schlicht nicht auf die Kette gekriegt haben. Und das merkte man dann als Lehrer oft schon nur am Schriftbild, ob Ritalin genommen wurde oder nicht, am Verhalten sowieso. Im Grunde müsste man mit diesen Kindern verhaltenstherapeutisch arbeiten, das wäre nachhaltiger, kostet Eltern wie Lehrer aber entschieden mehr Nerven. Ich habe einige Lehrer erlebt, die sich bei den Eltern wegen des Absetzens des Medikamentes beschwert haben.

Nee, das stimmt nicht. LRS = Legasthenie synonym vgl. ICD, vgl. Verband Legasthenie/Dyskalkulie.
Ich hatte hier zwei konkrete Kinder im Kopf, die auf eine LRS-Schule gewechselt hatten (das ist ja auch eher eine Ausnahme). Vom einen weiß ich, dass er mittlerweile am Gymnasium ohne Nachteilsausgleiche oder Notenaussetzen lernt, es ist eine große Freude! Das kann man alles nicht verallgemeinern.

Ja, das ändert sich dauernd. Offenbar ist die Unterscheidung auch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In der ICD-11 wird die isolierte Lesestörung dazukommen, was am Grundproblem aber auch nichts ändert. Dein Beispiel mit dem Kind, das von der LRS-Schule ans Gymnasium kam und jetzt ohne Nachteilsausgleich ist, zeigt ja, dass man die Störung auch wieder verlieren kann (was für mich schon einen Unterschied zur Legasthenie macht).
 

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