hi
@amicusrarus, willkommen im Forum der positiv Klavierbekoppten :
Wenn du wirklich nach "mathematisch" fassbaren Strukturen in der Musiktheorie suchst, dann helfen dir eventuell ein paar Gedanken eines Mathemusikers.
Wenn dein Ziel wirklich die Improvisation ist, dann können die Strukturen nach denen du suchst nur relativ grob bzw. weit sein ... es muss ja Platz für eine "Füllung" von dir da sein.
Mein Tipp:
Beschäftige dich mit C-Dur. Schau dir an, wie diese Tonleiter aufgebaut ist, welche "Dreiklänge" es gibt.
Der Aufbau ist ja immer gleich ... du schichtest Terzen, was auf dem Klavier nichts anderes bedeutet, als "immer eine Taste der Tonleiter weglassen".
Nächster Punkt ... der "normale" Kadenzbass ... in C-Dur wäre das C, F, G, C.
Oder auf einer allgemeineren Ebene (die passt dann zu allen Tonarten) "Tonika - Subdominante - Dominante - Tonika" ... bzw. T-S-D-T .. oder auch mal 1 - 4 - 5 - 1 bzw. I - IV - V - I.
Die Tonika (I) ist die Grundtonart von C-Dur. Ihre Akkordtöne sind die "erste" die "dritte" und die "fünfte" Stufe ... (Grundton - Terz - Quinte ... so heißen die ersten drei Töne in JEDEM Akkord). Aus cdefgahc verwendet dieser Akkord c, e und g.
Die Subdominante (IV) ist die vierte Stufe in der Tonleiter cdefgahc ... sie verwendet f, a, und c als Akkordtöne.
Die Dominante (V) ist die fünfte Stufe in C-Dur und verwendet wie oben schon mehrmals stand g, h, und d.
Der Bass kann das in Quarten begleiten ... c für den ersten Akkord, eine Quarte höher liegt das f der Subdominante, eine Quarte tiefer das g der Dominante.
Wenn du diese Akkordfolge spielst, wirst du wahrscheinlich nicht nur Grundstellungsakkorde (wie ceg) sondern auch "Umkehrungen" nutzen.
Für Dreiklänge gibt es zwei Stück. Die Grundstellung ist die mit dem c ganz unten ... also ceg. Die erste Umkehrung die mit dem e unten ... also egc,. Die zweite dann halt mit der Quinte g unten ... gce.
Frage/Aufgabe ... spiele die Kadenz so, dass die rechte Hand (mit den Dreiklangsumkehrungen) in einer Oktave bleibt. Was fällt dir auf?
Da ergeben sich dann, wenn du mit beiden Händen Cegc spielst (die zweite Umkehrung in der rechten, und der Grundton in der linken Hand) etwas andere Akkordmuster.
Cegc
Ffac
Gdgh
Cegc
Mal als Beispiel.
Und nun schau auf deine Finger ... was machen die und welche Melodien ergeben sich?
Ganz links hast du bei den vier "Worten" oben die Tonfolge C-F-G-C ... den Kadenzbass ... die "Stimme" könnte man "Bass" nennen
Dann geht es mit e-f-d-e weiter ... kann man "Tenor" nennen.
Nächste im Wort ist dann der "Alt" ... der macht g-a-g-g.
Und im Sopran ganz rechts ist dann ein c-c-h-c mit der leichten "Leitton-Verbeugung".
Wenn du Musik hörst da, achte mal auf diese Vier Melodien (vorher am Klavier mal anhören, wie die klingen). Es ist nicht unwahrscheinlich, dass du mindestens eines dieser "Motrive" irgendwo entdecken wirst ... eventuell siehst du nur Anfangs den Wald vor lauter Bäumen nicht, weil die vier eigentlich überall sind (nicht mit den Tönen, aber mit der Intervallfolge ... der Melodie).
Diese drei "Hauptstufen" der Funktionsharmonik (das Dingen mit Tonika, Subdominante, Dominante ...) sind nur der Anfang.
Hier ging es jetzt eine ganze Weile um harmonisch Moll. Im Grunde geht es also gerade darum, wie man von einer Durtonart auf dem kürzesten Weg zu einer Molltonart kommt. Kurzer Weg bedeutet in dem Fall, "wenige" Versetzungszeichen (#, b und Auflöser).
Bei C-Dur gibt es schon drei Mollakkorde ... auf der 2. (d-Moll), der 3. (e-Moll) und der 6. Stufe (a-Moll)
Die "Mollparallele" einer Durtonat ist immer ihre 6. Stufe ... bei C-Dur ist die Mollparallele also a-Moll (eine kleine Terz oder drei halbtöne nach unten).
A-Moll hat auch keine Vorzeichen (steht im Quintenzirkel auf 12 Uhr innen). Aber das ermöglicht auf der 5. Stufe (bei der Dominante) eben nur einen Mollakkkord (e-Moll), und dann fehlt der Leitton zum Grundton A. Leittöne liegen IMMER einen Halbton unterm Grundton ... sie sind die siebte Stufe in der Tonleiter ... der siebte Ton ... die Terz der Dominante.
Also wird die siebte Stufe von a-Moll um einen halbton erhöht, wodurch sich das typische Bild von harmonisch Moll mit der "übermäßigen Sekunde" (spielt sich wie eine kleine Terz) zwischen 6. und 7. Stufe von a-Moll ergibt (f und gis).
Natürlich kann man auch aus der 2. Stufe von C-Dur eine Molltonart basteln, indem man die siebte Stufe erhöht. Mit der dritten Stufe geht das nicht ... warum ist das so?
Wenn du weißt, wie man Akkorde basteln kann (Terzenschichtung ... aber man kann auch andere Intervalle stapeln), und eine kleine Ahnung davon hast, wie Melodiebau funktionieren könnte, dann kannst du auch improvisieren. Die Kunst ist nämlich am Ende das "einfach machen" ... ich verstehe, dass du gerne verstehen willst, aber Verstehen und Machen gehen bei Musik nunmal Hand in Hand.
Aha-Momente wirst du imer wieder erleben.
Du solltest aber vor allem eines beherzigen ... alle Regeln, nach denen Musik funktioniert, sind dazu da, gedehnt, gebeugt und manchmal auch gebrochen zu werden. Aber es kommt stets auf die Mischung an.
Sich an die Regeln zu halten, hilft vielen Zuhörern enorm dabei, es "schön" finden zu können.