Unterrichtsvertrag

Was Du zu viel an Steuern eingezahlt hast, bekommst doch wieder - gesetzt den Fall man macht auch seine Steuererklärung ordentlich (oder läßt sie eben ordendlich machen ). Der Spitzensteuersatz liegt bei 42 % (Stand 2012), da verdienst dann aber inzwischen so viel, das des ned mal merkst.

LG
Henry

Ja eben: Der Staat meint, dass du in diesem Fall nicht zuviel Steuern bezahlt hast und nimmt dir dann von den durch Mehrarbeit verdienten 5000€ ganze 4050€ !!! ab, da man ua Mehrwertsteuerpflichtig geworden ist. Da hilft dir auch keine ordentliche Steuererklärung. Ist das so schwer zu verstehen?
Die 3800€ Mehrwertsteuer bekommt man aber nur zurück, wenn man sich auch zB Instrumente um 20000€ kauft. Dann hat man aber nichts mehr zum Leben.
 
Der Staat meint, dass du in diesem Fall nicht zuviel Steuern bezahlt hast und nimmt dir dann von den durch Mehrarbeit verdienten 5000€ ganze 4050€ !!! ab, da man ua Mehrwertsteuerpflichtig geworden ist.

Da verwechselst Du aber bissel was, vor Allem brutto mit netto und dann noch Einnahmen mit Umsatz.

Mehrwertsteuer (eigentlich Umsatzsteuer) wird nur dann gezahlt, wenn sie auch einkassiert wurde (Endverbraucher mal ausgenommen). Ich mache Beides: Als Subi verlange und erhalte ich keine Umsatzsteuer. Auf diesen Umsatz brauche ich auch keine Umsatzsteuer abführen (hat aber erst mal nichts mit Freibetrag oder Einnahmen zu tun). 90% meiner Einnahmen sind jedoch Umsatzsteuerpflichtig. Das bedeutet: Ich kassiere Umsatzsteuer und führe sie auch wieder ab. Allerdings bezahle ich auch Umsatzsteuer wenn ich z.B. Material kaufe. Das wird verrechnet. Im Prinzip wird die Umsatzsteuer bis zum Endverbraucher (z.B. Gitarrenschüler) durchgereicht.

Wenn man über den Freistellungsbetrag hinaus kommt, wird man halt auch umsatzsteuerpflichtig. Dann sollte man aber auch die Umsatzsteuer auf seine Nettoleistung aufschlagen. Brutto kalkulieren und netto bekommen kann nur schief gehen und dann kommen solche Milchmädchenrechnungen raus wie "von 5000 gehen 4050 wieder weg".
 
Ja eben: Der Staat meint, dass du in diesem Fall nicht zuviel Steuern bezahlt hast und nimmt dir dann von den durch Mehrarbeit verdienten 5000€ ganze 4050€ !!! ab, da man ua Mehrwertsteuerpflichtig geworden ist. Da hilft dir auch keine ordentliche Steuererklärung. Ist das so schwer zu verstehen?
Die 3800€ Mehrwertsteuer bekommt man aber nur zurück, wenn man sich auch zB Instrumente um 20000€ kauft. Dann hat man aber nichts mehr zum Leben.

@Peter hat das eben sehr gut erklärt. Bist Du Mehrwertsteuerpflichtig, wird dieses auch dem Kunden berechnet, die Mehrwertsteuer allerdings gehört Dir nicht, die ist ans Finanzamt zu überweisen. Ein Mehrwertsteuerbetrag ist übrigens auf jeder Rechnung getrennt auszuwiesen.
Klavierpädagogen sind übrigens von der Mehrwertsteuer befreit, ihr Honorar wird ganz normal als Grundeinkommen versteuert. Ähnlich verhält es sich mit Dienstleistungsunternehem wie beispielsweise "Klavierstimmer"....hier befinden wir uns allerdings im Grenzbereich; hat der Stimmer zugleich sein Gewerbe als Klavierbauer angemeldet, gerät er in die Handwerksrolle, bezahlt seine festen Handwerkskammerbeiträge und Gewerbesteuern. Hier wird es dann auch schwierig mit der MwSt Entlastung.
Was meinst wohl warum ich privat nur als Klavierstimmer unterwegs bin? Gewerbe als Klavierbauer kann ich mir nicht leisten, abgesehen davon daß ich nicht einmal über eine eigene Werkstatt verfüge, welche ja eventuell den Umsatz einbringen könnte.


LG
Henry
 
Das ist nicht korrekt, nach § 82 SGB XII Abs 3. wird Einkommen eines Sozialhilfeempfängers ab dem erstem Euro voll angerechnet, bis zur Höhe des halben Regelbedarfes darf der Empfänger allerdings 30 % behalten.
Mein Stand ist von 2015, möglich daß sich des inzwischen geändert hat. Allerdings war ich nie lange beim Sozialamt wenn mal die "Luft brannte" ...irgendetwas findet sich immer wenn man mal in seinem Beruf ned so recht weiterkommt - sei es als Mitarbeiter auf einem Schrottplatz oder als Hilfskraft in einem Krankenhaus....es findet sich immer irgendwo Arbeit wenn man nur danach sucht.

LG
Henry
 
Zuletzt bearbeitet:
Zunächst mal erwarte ich von jedem Menschen ein gewisses Maß an Eigenverantwortung. Wenn man unbedingt Musik studieren will, weil man glaubt, sich selbst verwirklichen zu müssen, dann ist man zunächst mal selbst für die (absehbaren) Konsequenzen verantwortlich. Junge Menschen werden hier m. E. viel zu wenig in die Pflicht genommen.
Das Problem ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß: Es ist unmöglich, sich das als junger Mensch vorzustellen, wenn man es nie erlebt hat. Man kann es sich rational erklären, weiß aber nicht, wie es sich anfühlt. Ich habe rational entschieden, dass ich mich darauf einlasse - und bereue es nicht. Was das aber bedeutet, merkt man erst später. Jeder muss seine Erfahrungen selbst machen, das lernen Eltern spätestens während der Pubertät ihrer Kinder :-D
Wenn man jetzt doch spezifisch auf Kulturschaffende eingeht, könnte man meinen, die Gesellschaft müsse doch ein Interesse an der Pflege unserer abendländischen Kultur haben. Es müsste doch erstrebenswert sein, dass möglichst viele Menschen (vor allem Kinder) in Kontakt mit Kultur kommen.
"Kulturpflege" interessiert mich nur zweitrangig. Bräuche sind schön und nett, geben Halt und sind romantisch, ja. Die Ausübung von Kunst bedeutet aber etwas ganz anderes. Wer das nicht tut, weiß das leider nicht. Sie bereichert das Leben wie ein sechster Sinn es täte, lässt den Ausübenden auf allen Ebenen wachsen - kognitiv, sozial, emotional, motorisch, geistig, seelisch. "Kulturgebildete" Menschen erfahren eine innere Horizonterweiterung, die sie zu spannenden Gesprächspartnern, klugen Denkern und sozialeren Wesen macht. Davon bin ich überzeugt.
Nehmen wir an, wir haben uns dennoch demokratisch auf Förderung in Höhe X geeinigt. Wie können wir sicherstellen, dass die geförderten Künstler davon wirklich angemessen leben können?
Es gibt ja schon die Künstlersozialkasse. Man könnte auch einen Künstlersozialsteuersatz erfinden :-D:heilig:
Wie verhindern wir, dass jeder, der ein Stück Kreide halten kann, sich plötzlich in Beuys'scher Manier zum Künstler erklärt und seinen Anteil verlangt?
Wenn es jemandem gelingt, mit drei Kreidestrichen pro Tag mehr zu verdienen als mit Hartz IV, soll mir egal sein ob er das als faulenzerischen Geniestreich oder künstlerische Höchstleistung sieht.
Oder wir führen einen Numerus Clausus für Künstler ein.
Den gibt es längst, er heißt Aufnahmeprüfung. Du willst gar nicht wissen wie die Musikhochschulen aussähen, wenn jeder, der wollte, da studieren würde :lol::lol:
Eine "angemessene" Bezahlung wird für viele jenseits dieser Schmerzgrenze liegen.
Man muss mal von der anderen Seite aus hindenken: Wo Privatlehrer Unterrichten, besteht Unterrichtsbedarf. Würde der durch staatliche Musikschulen gedeckt, die angemessene Gehälter zahlten und v.a. ihre Lehrer anstellen (!), müsste niemand privat unterrichten.
Und ich komme wieder und wieder auf das Grundeinkommen zurück. Ich halte es für leistungsbehindernd
Verstehe ich nicht.

. Im Prinzip wird die Umsatzsteuer bis zum Endverbraucher (z.B. Gitarrenschüler) durchgereicht.
Das ist aber doch gerade das Problem. Müsste man plötzlich seinen Unterricht 19% teurer machen, würde der Gitarrenschüler sich einen billigeren Lehrer suchen.
 
Das ist aber doch gerade das Problem. Müsste man plötzlich seinen Unterricht 19% teurer machen, würde der Gitarrenschüler sich einen billigeren Lehrer suchen.
Warum plötzlich? Btw., über den (niedrigen) Preis seinen Platz im Markt zu suchen ist das denkbar schlechteste Konzept. Wenn ich das machen würde, wäre ich längst pleite. So was kann sich ein "Einmannunternehmen" nicht leisten, auch kein Gitarrenlehrer.
 
Das Problem bei Kleinunternehmer ist ja, dass sie am Anfang des Jahres nicht wissen, ob sie unter den 17000€ bleiben. Kommen sie drüber, müssen sie 19%Mehrwehrtsteuer von ihren Einnahmen abführen, da die Befreiung in diesem Fall wegfällt. Sie haben aber ihre Unterrichtsgebühren schon kassiert und können schlecht zu den Eltern sagen, dass sie noch nachträglich die Mehrwertsteuer bezahlen müssen. Sagen kann man es natürlich schon...
 
Warum plötzlich? Btw., über den (niedrigen) Preis seinen Platz im Markt zu suchen ist das denkbar schlechteste Konzept. Wenn ich das machen würde, wäre ich längst pleite. So was kann sich ein "Einmannunternehmen" nicht leisten, auch kein Gitarrenlehrer.

Dass sein Konzept gut ist, hat ja auch niemand behauptet, zumal er auch kein ausgebildeter Lehrer ist. Da wird es dann noch schwieriger, auf einmal mehr zu verlangen. Die privaten Musikschule, in der er auch arbeitet, zahlt ihm bestimmt nicht mehr.
 
Liebe @Stilblüte,

ich treffe nachfolgend einige recht harsche Aussagen. Dafür schon mal Entschuldigung und vorweg folgender Disclaimer:
Zitat von Disclaimer:
Ich anerkenne die schwierige Situation von Künstlern. Ich bedaure diese Situation, weil ich der Meinung bin, dass Kunst"produktion" und Kunstgenuss zur Lebensqualität gehören, obwohl oder gerade weil sie wirtschaftlich gesehen scheinbar unproduktiv sind. Ich halte es für sinnvoll und wünschenswert, hier mit staatlichen Transferleistungen einzugreifen.
Trotzdem gibt es wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen, die man zumindest zur Kenntnis nehmen muss. Manche muss man auch akzeptieren, andere kann man vielleicht ändern. Ich habe deshalb einige provokante Thesen eingebaut, die ich als Denkanstöße verstanden wissen möchte und die nicht zwingend meine tatsächliche Meinung widerspiegeln. Ich hab hierzu nämlich keine festgefügte Meinung, dafür sind die Zusammenhänge viel zu komplex.

- Karsten

Man muss mal von der anderen Seite aus hindenken: Wo Privatlehrer Unterrichten, besteht Unterrichtsbedarf. Würde der durch staatliche Musikschulen gedeckt, die angemessene Gehälter zahlten und v.a. ihre Lehrer anstellen (!), müsste niemand privat unterrichten.
Der Bedarf besteht bei der jetzigen Preissituation. Höhere Preise dürften kaum durchsetzbar sein; der Bedarf würde einbrechen. Würden Musikschulen trotzdem "angemessene" Gehälter zahlen und mehr Stellen schaffen, wären sie hoch defizitär. Du willst also doch mehr Subventionen. Letztlich füttert damit die Allgemeinheit die Musiker durch, ganz unabhängig davon, ob die Menschen im Einzelnen überhaupt Wert legen auf Kulturangebote.

"Kulturpflege" interessiert mich nur zweitrangig.
Interessant. Für mich ist das das einzige Argument, warum man Musikschulen subventionieren sollte. Wie willst Du denn sonst die o. g. Subventionen rechtfertigen, z. B. gegenüber den Sozialwissenschaftlern, die Taxi fahren müssen? Müssten die jetzt nicht auch bei staatlichen Taxiunternehmen angestellt werden, die ihnen ein angemessenes Gehalt zahlen, wobei die Taxipreise natürlich gleich bleiben müssen, und die Differenz aus - ja - Subventionen bezahlt wird? Wo hört das auf?

Sie bereichert das Leben wie ein sechster Sinn es täte, lässt den Ausübenden auf allen Ebenen wachsen - kognitiv, sozial, emotional, motorisch, geistig, seelisch. "Kulturgebildete" Menschen erfahren eine innere Horizonterweiterung, die sie zu spannenden Gesprächspartnern, klugen Denkern und sozialeren Wesen macht.
Ja. Jeder Claviot wird Dir hier zustimmen. Nur haben 90 Prozent der Clavioten sich trotzdem für einen weniger coolen Beruf entschieden, von dem sie aber leben können. Sie verfolgen ihre kulturellen Interessen in ihrer Freizeit und auf eigene Kosten. Wer sich anders entscheidet und dann die Allgemeinheit in Anspruch nehmen möchte, ist ziemlich egoistisch.

Was das aber bedeutet, merkt man erst später. Jeder muss seine Erfahrungen selbst machen,
Tja, Augen auf bei der Berufswahl. Es ist sehr traurig, dass junge Menschen anscheinend nicht in der Lage sind, die Konsequenzen ihres Handelns einigermaßen abzuschätzen. Vielleicht muss man sie mehr an die Hand nehmen. Allerdings nicht, indem man ihnen später Gehälter zahlt, die in keiner Relation stehen zu dem, was sie erwirtschaften, sondern indem man ihnen von vornherein den Zugang zum Studium verwehrt.

Den gibt es längst, er heißt Aufnahmeprüfung.
Reicht offenbar nicht. Es gibt definitiv mehr Musiker, als unsere Gesellschaft tragen möchte, und die stehen sich gegenseitig auf den Füßen rum.
 
Kleiner Zwischenruf:

All die genannten Begleiterscheinungen betreffen nicht nur Leute mit abgeschlossenem Musik-/Instrumentalstudium, sondern auch Absolventen aller anderen Fächer der Kultur- und Geisteswissenschaften. Alle Argumente kann man ebenso gut auf "Vergleichende Literaturwissenschaft", diverse Philologien, Geschichte, Philosophie u.v.m beziehen.

Überspitzt könnte man sogar behaupten, ein Instrumentalstudium bereitet Absolventen vergleichsweise konkret auf ein konkretes Berufsbild vor. Und: Man KANN etwas.

Vielleicht ist der Unterschied, dass man Studierenden der Geistes- und Kulturwissenschaften von Anfang an einbläut, dass ihr Studienfach sie zwar theoretisch zu unendlich viel, aber praktisch zu nichts Konkretem ausbildet und dass nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz je wirklich als Geistes- und Kulturwissenschaftler arbeiten wird.

Anekdote
Der Prof, der seinerzeit den Einführungsvortrag an uns Erstis hielt, stellte als allererstes die Frage in den Raum:
Gibt es hier Leute, die keinen Führerschein haben?
(einige Händchen erhoben sich schüchtern)
Machen Sie den Führerschein. Sie werden vielleicht Taxi fahren. Jedem hier muss klar sein: Sie werden vermutlich nie in ihrem Leben als Historiker arbeiten. Falls Sie nicht zufällig Lehrer werden wollen: Erwerben Sie Zusatzqualifikationen.


Gezielte Demotivation?

Nö, Realismus. Nicht viele werden leugnen, dass es schon irgendwie wichtig ist, die Vergangenheit zu kennen. Logo hält man sein eigenes Fach für ungemein wichtig. Im Zweifelsfall ist es aber wichtiger, dass jemand den Wasserrohrbruch behebt oder das Dach deckt.

Wenn man das Fach seiner privaten Leidenschaft studiert und genau weiß, wie es mit der konkreten Ummünzung in Einkommen aussieht (von heikel über mau bis chancenlos), finde ich es schon anmaßend, von der Allgemeinheit zu verlangen, hier mehr als den Anderen vermittelbar einzuspringen (durch Subvention) oder gar ohne Gegenleistung (durch "bedingungsloses Grundeinkommen") meine private Grille zu sponsern.

Ich darf das so hart sagen, weil ich selbst Fächer ohne Wehrtschöpfungspotenzial studiert (und trotzdem nicht gehartzt) habe. Die provokativen Worte des Profs seinerzeit habe ich nie vergessen.
 
ich treffe nachfolgend einige recht harsche Aussagen.
In freundlichen Diskussionen bin ich nicht empfindlich, bur wenns beleidigend wird, was bei dir ja nicht der Fall ist :-) Also gerne weiter. Ich bin ja auch recht provokativ.
Der Bedarf besteht bei der jetzigen Preissituation. Höhere Preise dürften kaum durchsetzbar sein; der Bedarf würde einbrechen.
Da werden zwei Dinge vermischt - die Nachfrage, die sich am Preis orientiert, und der tatsächliche Bedarf, also "Wunsch". Natürlich ist das Leben kein Wunschkonzert. Ich sage also nur: Im Moment subventionieren die Musiklehrer ihre Musikschulen, die sie als Honorarkräfte ausnutzen, obwohl sie auch echte Stellen schaffen könnten - woraus eben resultieren würde, dass weniger Schüler Unterricht bekämen. Die Musikschulen entscheiden sich aber meistens für die Ausnutzung ihrer Lehrer. Hier könnten Staat und Länder durchaus eingreifen und sollten sie auch.
Würden Musikschulen trotzdem "angemessene" Gehälter zahlen und mehr Stellen schaffen, wären sie hoch defizitär. Du willst also doch mehr Subventionen. Letztlich füttert damit die Allgemeinheit die Musiker durch, ganz unabhängig davon, ob die Menschen im Einzelnen überhaupt Wert legen auf Kulturangebote.
Ehrlich gesagt sehe ich keinen großen Unterschied zwischen Schullehrern und Musiklehrern. Musikunterricht ist mindestens genauso "zielführend", wichtig und notwendig wie Matheunterricht. Das "Problem" ist natürlich, dass effizienter Musikunterricht teurer ist, weil die Gruppen kleiner sind bzw. Einzelunterricht gegeben werden muss. Das sehe ich schon...
Nur haben 90 Prozent der Clavioten sich trotzdem für einen weniger coolen Beruf entschieden, von dem sie aber leben können. Sie verfolgen ihre kulturellen Interessen in ihrer Freizeit und auf eigene Kosten.
Mein Statement zur Musik bezog sich nicht nur auf Berufsmusiker, sondern auf die Ausübung von Musik (und Kunst) generell. Wer aber soll das vormachen und lehren?
Es ist sehr traurig, dass junge Menschen anscheinend nicht in der Lage sind, die Konsequenzen ihres Handelns einigermaßen abzuschätzen. Vielleicht muss man sie mehr an die Hand nehmen.
Das ist die einzige Aussage von dir, die ich ziemlich merkwürdig finde. Hast du vergessen wie es war, 17 zu sein? Man kann junge Leute nicht "mehr" an die Hand nehmen. Man kann ihnen auch keinen ersten Liebeskummer abnehmen oder die Erfahrung, etwas Verbotenes zu tun, das muss jeder Mensch selber machen. Abschätzen kann man natürlich die Folgen der eigenen Handlung, das habe ich ja schon zuoberst geschrieben. Was das aber später in der Realität wirklich bedeutet, weiß man erst, wenn es soweit ist. Natürlich hat man sich dann (hoffentlich!) aktiv dafür entschieden, und viele werden dann damit auch gerne leben. Es kann sich aber auch herausstellen, dass die rationale Entscheidung emotional, psychisch oder ganz einfach lebenstechnisch doch nicht ausgehalten wird - oder, dass sich die Situation weiter verändert hat...!
Reicht offenbar nicht. Es gibt definitiv mehr Musiker, als unsere Gesellschaft tragen möchte, und die stehen sich gegenseitig auf den Füßen rum.
Auch beim NC hast du nicht weit genug gedacht. Zunächst mal: Ein NC ist in der Kunst für eine Zulassungsbeschränkung so ungeeignet wie eine Runde Sackhüpfen für die Ballettschule. Genausogut könnte man Plätze verlosen. Was du aber vergessen hast ist:
Von einer ausgebildeten Gruppe entwickeln sich nicht alle gleich gut. Wenn 10 ausgebildet werden, werden 1-2 sehr gut, 5 gut und 3-4 unterdurchschnittlich. Es gibt also immer eine Art "Ausschuss" (klingt gemein, sorry), deren Ausbildung aber nötig ist, um die Perlen zu finden. Dieses böse Wort soll nicht beleidigend sein, auch wer nicht ganz oben ankommt findet oft einen guten Platz für sich. Ich meine damit aber: Bildet man "zu wenig" Leute aus, bricht auch die Leistung weg. Und was passiert dann? Dann kommen die Leistungsträger nur noch ausschließlich aus dem Ausland und das bisschen Talent und Fleiß, was bei uns noch übrig wäre, verkümmert.

PS: In der Tat bezieht sich das alles nicht auf die Kunst allein. Ich finde z.B. auch die prekäre Lage von Hebammen in Deutschland unverantwortlich und unmöglich.
 

Würden Musikschulen trotzdem "angemessene" Gehälter zahlen und mehr Stellen schaffen, wären sie hoch defizitär. Du willst also doch mehr Subventionen. Letztlich füttert damit die Allgemeinheit die Musiker durch, ganz unabhängig davon, ob die Menschen im Einzelnen überhaupt Wert legen auf Kulturangebote.
Wo ist das Argument???
Die Allgemeinheit füttert viele, sie füttert:
zahlreiche Lehrer*), zahlreiche Finanzamtplagegeister**), Oberschulräte***) und und und - ich breche die Aufzählung jetzt schon ab, denn offensichtlich kommt keine Schule und kein Schulamt als selbständige Firma, die gute Gehälter bezahlt, über die Runden. Das ist kein Wunder, denn sie produzieren nichts, was sich verkoofen lässt.
Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive sind derartige Einrichtungen ein finanzielles Desaster und sollten abgeschafft werden!
...du siehst, wohin derartige Gedanken führen können...
Die Allgemeinheit füttert viele, füttert sehr viele, ja sehr sehr viele - da käme es auf die paar Musikhansel, die gerne ein harmloses Lehrergehalt hätten, nicht an.
_____________
*) jaja "Augen auf bei der Berufswahl": viele viele Ferien, natürlich bezahlte, und dem Lehrer kann egal sein, ob hinterdrein der kleine Schulversager Aushilfskellner oder Herzchirurg wird...
**) die merowingischen Franken pflegten den Fiskus zu steinigen, sie benötigten 1-2 Generationen, ehe sie sich daran gewöhnt hatten (und die Gewöhnung wurde den optimates durch zahlreiche Privilegien erleichtert...)
***) was es nicht alles gibt...
 
Ich finde z.B. auch die prekäre Lage von Hebammen in Deutschland unverantwortlich und unmöglich.
..ich denke in vielen Berufen, gerade auch im Heilmittel- und Dienstleistungsbereich ist die Lage prekär. Ich bin vor Ausbildungsbeginn (Heilmittelereich) gewarnt worden, dass ich damit kein Geld verdienen kann...dennoch habe ich mich dafür entschieden und nach jetzt über 25 Jahren Tätigkeit, davon 15 selbständig, habe ich es nicht bereut dennoch weiß ich auch, dass auf mich Altersarmut zukommt und dass ich im Falle von längerer Krankheit auf staatliche Hilfe angewiesen bin, denn mit dem, was ich von der Krankenasse für meine Arbeit bekomme, kann ich mich nicht vollumfänglich absichern.
 
Um es mal andersherum zu formulieren, @dilettant : Würde jeder rein rational einen sicheren, abgesicherten Beruf wählen, würde in Deutschland sofort vieles zusammenbrechen. Deutschland braucht also diese "Gutmenschen" oder Idealisten, die für wenig Geld trotzdem solche Berufe ausüben. Wer sollte sonst unsere Kinder auf die Welt bringen, unsere Großeltern pflegen, uns wichtige ethische Denkanstöße geben, spannende Artikel schreiben, die Holzschnitzereien historischer Kirchen restaurieren und das Neujahrskonzert spielen?
 
@Stilblüte

Lustige Anekdote dazu: Eine oberflächliche Bekannte wollte was "Richtiges" lernen, nicht so wie ihr Bruder, so ein Spinner, der unbedingt Musiker werden wollte. Unter dem ungeteilten Lob ihres familiären Umfelds wurde sie Bankkauffrau, und nicht nur "irgendeine", sondern sogar in der Landesbank.

Bis die Landesbank ins Trudeln geriet und mit BaWü fusionierte. Resultat: Ihre vermeintlich sichere Stelle wurde abgebaut, aber ihr Bruder, der Musiker, ist ein gefragter Künstler. :lol::super:
 
Alle von Dir Aufgezählten bringen früher oder später ein Resultat zustande. Bei Finanzämtern passiert das sehr direkt und bedarf keiner Erörterung. Bei Schulen ist der Abstand zwischen Invest und Return of Invest etwas größer, und ja, es gibt auch Ausfälle.

Bei Musikschulen ist der Zusammenhang nicht so direkt. Wenn man es wirtschaftlich betrachten möchte, muss man hier den Umweg über sog. weiche Standortfaktoren gehen, man muss also herleiten, dass sich Kopfarbeiter-Firmen eher dort ansiedeln, wo es auch guten (Musik-)Unterricht gibt und eine Subventionierung desselben mithin zum regionalen Aufschwung beiträgt.

Die Frage ist, ob man den Kulturbetrieb überhaupt wirtschaftlich betrachten möchte. Genauso wie die von @trialogo eingebrachte medizinische Betreuung. Das wird immer ein Problem sein, denn vordergründig wird nichts produziert. Natürlich kann man es zum Staatsziel erklären, dass jedes Kind, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation, ein Instrument erlernen kann. Ich wäre sofort dafür. Aber das ist halt nur ziemlich teuer, und ich glaube, 90 Prozent aller Eltern wären froh, wenn wir erstmal genügend Betreuungsplätze in hoher Qualität hätten, und 100 Prozent der kinderlosen hätten wenig bis kein Verständnis dafür. Und @Stilblüte wollte gerade diesen Weg ausdrücklich nicht gehen:
"Kulturpflege" interessiert mich nur zweitrangig. Bräuche sind schön und nett, geben Halt und sind romantisch, ja.

Was mich total auf die Palme bringt, sind Aussagen, die vom Musiker her denken: Da hat man so lange studiert, nun muss man auch ein angemessenes Gehalt bekommen. Nein, nein, nein! Kein Studium ist mit einer Einkommensgarantie verbunden, und das darf auch beim Musikstudium nicht anders sein! Das muss man sich bitte vorher überlegen.
 
Hast du vergessen wie es war, 17 zu sein?
Ich bin Ostler. Ich bin nicht mit dem Traum von der Selbstverwirklichung großgeworden. Und mir hat man auch nicht bis zur vierten Klasse eine realistische Leistungsbewertung (in Form von Zensuren) vorenthalten oder bis zum Studium eingeredet, dass ich der Größte sei. Ich kann auch nicht meinen Namen tanzen. Dafür habe ich mich gegen ein Musikstudium entschieden, weil ich nicht besessen genug war und das auch eingesehen habe.

Das ist doch in der Tat ein wesentlicher Teil des Problems: dass Leute mit 17 nicht mal ansatzweise eigenverantwortlich handeln können. Aber dieses Problem lösen wir nicht, indem wir den jungen Leuten immer weiter die Konsequenzen ihres Handelns abnehmen. Wir können bestenfalls krasse Härten mindern, ansonsten bin ich für Eigenverantwortung.

Ich hole jetzt mal ganz weit aus: Der Sinn des Lebens besteht eben nicht (jedenfalls nicht ausschließlich) in der Verwirklichung noch der skurrilsten Träume. So etwas wird immer nur auf Kosten der Gemeinschaft möglich sein und ist daher abzulehnen. Aus meiner Sicht geht es ganz wesentlich darum, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden und auch zu akzeptieren.
 
Die dann zT schwarz arbeiten und Stütze beziehen.

Ich habe am Sonntag einen freiberuflichen Gitarrenlehrer getroffen: Er ist Kleinunternehmer und bleibt bei 15000€ Einkommen/Jahr (sagt er)
Wenn er 30% mehr arbeitet/verdient, zahlt er von den 5000€ 3800€ Mehrwertsteuer und nochmal ca 250€ Einkommenssteuer. Das macht im Monat für 20 Stunden zusätzlicher Arbeit Netto nicht mal 80€ mehr, damit man Sozialhilfeempfänger unterstützt.
Wer kann sich das leisten?

Das mit der Mehrwertsteuer ist Quatsch. Man kann sich als Musiker*in bzw Musikpädagog*in von der Mehrwert/Umsatzsteuer befreien lassen.
#nurmalso zur Info
 
  • Zunächst mal erwarte ich von jedem Menschen ein gewisses Maß an Eigenverantwortung. Wenn man unbedingt Musik studieren will, weil man glaubt, sich selbst verwirklichen zu müssen, dann ist man zunächst mal selbst für die (absehbaren) Konsequenzen verantwortlich. Junge Menschen werden hier m. E. viel zu wenig in die Pflicht genommen.


    • Wer - bitteschön - studiert Musik um sich "selbst verwirklichen zu können"? Also nicht viel anders als bei anderen Berufen eben auch: man macht das, was einem liegt und was man am besten KANN. Und natürlich hast Du recht: egal ob man Physiotherapeutin oder Frisör wird - am Ende muss man die Konsequenzen tragen, die jeder Beruf in sich trägt.


 
Würde jeder rein rational einen sicheren, abgesicherten Beruf wählen, würde in Deutschland sofort vieles zusammenbrechen.
Glaub ich nicht. Würde es sehr viel weniger Musik-Absolventen geben, hätten diese auch ein vernünftiges Einkommen. Warum können denn die Musikschulen mit den Lehrern so umspringen? Weil 10 andere nur drauf warten, auch mal dranzukommen.

Gerne können wir anstreben, dass es kostenlosen Musikunterricht für alle gibt. Dabei denke ich aber an die Kinder, die sonst keinen Zugang hätten, und an die Gesellschaft von morgen, die mit kultivierten Bürgern viel angenehmer wäre als mit lauter rationalen Banausen.

Die Musiker als Berufsgruppe sind mir hingegen zwar nicht egal, aber zweitrangig. Ich sehe keinen Grund, sie gegenüber Historikern oder Briefträgern oder Friseuren oder Hebammen oder Physiotherapeuten oder Kindergärtnerinnen und all den anderen schlechtbezahlten bzw. unsicheren Berufen zu bevorzugen. Einen Anspruch auf Mindestlohn oder Transferleistungen können Musiker nur in dem Umfang haben, wie alle anderen auch. Wir können gerne darüber reden, ob Hartz IV gerecht ist oder nicht, aber das hat nichts, aber auch gar nichts mit Musikern zu tun.

So lange nicht unbegrenzt Ressourcen da sind, möchte ich jedenfalls lieber einen Familienvater unterstützen, der wirklich unverschuldet arbeitslos geworden ist, als den Absolventen einer Musikhochschule, der sich freiwillig und sehenden Auges in dieses Schicksal begeben hat.
 

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