Schönes(!) Fortissimo

Wenn man die Taste gleichmäßig beschleunigt, wird sich der Hammer weniger stark verbiegen als wenn man die Taste plötzlich beschleunigt und dann mit gleich bleibender Geschwindigkeit fertig nach unten drückt - bei identischer Geschwindigkeit des Hammers bei der Auslösung.

Dazu hast Du auch bestimmt eine fundierte Quelle, bei der auch Physiker dieser nickend beipflichten.
 
Man setze mal einen echten Pianisten an den eigenen Flügel (habe ich gemacht) und dann staune man was man zuhause stehen „hätte wenn man könnte“.

Die Feinheiten einer perfekten Regulation auszureizen, schafft kein Amateur.

Also gilt für den normalen Klavierspieler „was ich tue ist weitaus relevanter, als was im Flügel passiert“.
 
Oder anders, je schlechter man spielt, desto besser muss das Instrument sein. Wer es wirklich kann, holt schöne Musik auch aus einer Kraxn raus wo man selbst schon überfordert ist die Tasten nacheinander zu drücken.
 
Ich habe mir gerade das von @agraffentoni in #67 verlinkte Video noch einmal auf einem großen Bildschirm angeschaut - der Hammer streift schon beim Weg nach oben am Fänger! Kein Wunder, dass der Hammerkopf beim Weg nach oben schon wackelt. Jetzt wissen wir leider doch noch immer nicht, ob die Beschleunigung mit der Stoßzunge ausreicht, um den Hammer in relevantem Ausmaß(!) zu verbiegen.
 
wo habe ich denn geschrieben, dass die Masse direkten Einfluss auf die Impulsgleichung der Tonerzeugung hat? Ich habe geschrieben, dass die Masse direkten Einfluss auf die Tonerzeugung hat und das hat sie zweifellos, wie du ja auch schreibst. Ich bin mir nicht sicher, ob du mich vielleicht missverstehst.

Die Taste ist unser direkter (!) und einziger Kontakt mit unserem Instrument. Auf sie haben wir direkten Einfluss. Also ist unsere Verbindung mit der Taste und die Art und Weise, wie wir sie behandeln, von entscheidender Bedeutung. Wir wirken mit Hilfe von Impulsen auf die Taste ein, wir variieren bei diesen Impulsen die beiden Parameter Geschwindigkeit und Masse, dazu gehört natürlich auch die Art der Bewegungsausführung. Nur davon habe ich die ganze Zeit geredet, deshalb bin ich verblüfft, dass du in der Antwort auf meinen Beitrag vom Hammer etc. redest.
Liebe chiarina,

es stimmt, wir haben offenbar ganz klassisch aneinander vorbei geredet. Du beziehst dich ausschließlich darauf, was vor dem Instrument passiert und hast die Impulsgleichung darauf bezogen. Dort stimmt es auch, wobei es genau genommen -zig Impulsgleichungen gibt für die verschiedenen Bewegungen.

Und ja, die Taste ist unser einziger und direkter Kontakt mit dem Instrument (Pedale außen vorgelassen). Aber die Taste ist auch nur ein indirekter Kontakt zur Klangerzeugung, denn diese geschieht am Ende im freien Flug des Hammers vor die Saite. Der Beweis ist ja ganz einfach - wenn man die Taste sehr langsam runter drückt, kommt kein Ton. Ganz im Gegensatz z.B. zum Clavichord, wo wir durch die Taste auch direkten Kontakt zur Saite haben (wir können beliebig langsam drücken, es "verhungert" nicht, im Gegensatz zum Klavier).

Und m.E. schadet es nix, sich die Funktionsweise der Mechanik bewußt zu machen. Ist es nicht das beste, wenn man das Gefühl erlangt, quasi am Hammerkopf zu spielen (obwohl der Kontakt dahin indirekt ist)?. Ganz ähnlich zu guten Organisten, die die Hände und das Ohr beim Tastenspiel quasi an den Tastenventilen haben.

Ich habe ein Video mit Arthur Rubinstein gesehen - der gute Mann erhebt sich sogar bei manchen ff-Passagen vom Klavierhocker (um auf die Bewegungen zurückzukommen, um ein schönes ff zu bekommen). Erinnert mich allerdings an einen Spruch von Chopin, der zu einem Klavierschüler sagte, "Sie dürfen ruhig sitzen bleiben beim Klavierspielen...". :001:
 
Guter Artikel, aber auch hier macht man sich die Möglichkeiten einer Spektralanalyse der sich abhängig vom Anschlagsverhalten ergebenden Töne nicht zunutze. Hat das wirklich noch nie jemand gemacht?

Der Artikel verneint einfach die hier diskutierten Aspekte (dass die Klaviermechanik eben keine "ideale" sein könnte, die sich bezüglich Anschlagstechnik neutral verhält), bewiesen wird diesbezüglich aber gar nichts.
 
Zum Thema noch zwei gänzlich unterschiedliche Aspekte:
1 ich übte gerade - ich mache das nicht selten - eine Haydn Sonate auf dem Clavichord. Dabei bin ich durch Bauart des Instruments im direkten Fühlkontakt mit der Saite, was theoretisch ein ungeheurer Vorteil gegenüber dem modernen Flügel sein müsste.
Dennoch kann man auf dem Flügel - abgesehen von der Bebung - den Klang mindestens genauso vielfältig modulieren, wie auf dem Clavichord. Eine Tatsache, die mich - in Ansehung der physikalischen Fakten zur Klaviermechanik immer wieder aufs Neue fasziniert und bezaubert.
2. Als Studenten machten wir gelegentlich ein Experiment, welches den beteiligten Instrumenten nicht wirklich gut tat, aber sehr erhellend war. Man schlägt mit riesiger Ausholung und maximaler Kraft-Geschwindigkeit (am Besten mit der Fingerkombi 2-3) auf eine Taste. Wenn man - keinesfalls einfach!! - exakt trifft, gibt es mehrere mögliche extrem unterschiedliche Ergebnisse:
- man hört einen massiven Knall Finger auf Taste und dann nichts weiter, weil der Hammerstiel oder sonst etwas in der Mechanik zerbröselt ist.
- man hört einen Knall Finger auf Taste und dann ein sehr unangenehmes Geräusch, weil die Saite gerissen ist.
Und jetzt kommen die beiden interessanten Möglichkeiten:
Man hört den bekannten Krach Finger auf Taste und ein vergleichsweise mikriges Tönchen.
Man hört immer noch den Aufschlag Finger auf Taste aber zusätzlich einen gewaltigen Glockenton, wie ihn dieses Instrument nie zuvor von sich gegeben hat.
Wir zogen - abgesehen von der Gefahr für das Instrument (und die Hand!) daraus die Folgerung: maximaler Schlag, maximaler Zufall. Seither verzichte ich weitestgehend auf Luftfahrten meiner Hände vor dem Anschlag.
Im übrigen empfehle ich das Buch von Dichler und das von Leimer-Gieseking.
 
2. Als Studenten machten wir gelegentlich ein Experiment, welches den beteiligten Instrumenten nicht wirklich gut tat, aber sehr erhellend war.
Was für ein Instrument war das? Ein Flügel mit englischer Mechanik?

Und jetzt kommen die beiden interessanten Möglichkeiten:
Man hört den bekannten Krach Finger auf Taste und ein vergleichsweise mikriges Tönchen.
Man hört immer noch den Aufschlag Finger auf Taste aber zusätzlich einen gewaltigen Glockenton, wie ihn dieses Instrument nie zuvor von sich gegeben hat.
Meine Vermutung wäre, dass sich Teile im Spielwerk aufgrund der hohen Belastung verbiegen und dadurch der Anschlagpunkt auf der Saite verändert wird, was den mikrigen Ton erklären würde.
Ein hoher Ton mit schlecht positioniertem Hammer wird nur noch ein 'tock'.
 

Meine Vermutung wäre, dass sich Teile im Spielwerk aufgrund der hohen Belastung verbiegen und dadurch der Anschlagpunkt auf der Saite verändert wird, was den mikrigen Ton erklären würde.
So sehe ich das auch! Die Elastizität der Hämmer reduzierte wohl auch die Letalitätsquote bei Hammer und Saite und reduzierte oft die Geschwindigkeit des Hammers beim Auftreffen auf die Saite.

Man beobachte die geradezu abenteuerlichen Verbiegungen eines Golfschlägers beim Schwung (man kann das heute durch extreme Zeitlupe sichtbar machen) um eine Vorstellung der wirkenden Kräfte bei der extremen Beschleunigung eines Stabes zu entwickeln.
 
Ich habe mir gerade das von @agraffentoni in #67 verlinkte Video noch einmal auf einem großen Bildschirm angeschaut - der Hammer streift schon beim Weg nach oben am Fänger!

So war das bei meinem Flügel auch einmal, nämlich als der Spezialist mit der beauftragten Erneuerung der Hammerköpfe Original Steinway-Material bei Kapseln, Röllchen, Stielen und Hammerköpfen verbaut hat, dabei aber nicht bedacht hat, dass die Fänger eines Flügels von 1886 nicht mit der Form der Hammerkopfschwänzchen zusammenpassen. Das Ergebnis war das, was im Video zu sehen ist: Der Hammer wird vom Fänger abgebremst und die Energie vom Hammer absorbiert. Der Experte hat dann versucht, die Fänger zu biegen, die Piloten bis ins Holz reingedreht und auch noch an den Hammerkopfschwänzchen herumgefeilt.

Half alles nix. Ergebnis: Der Flügel war in Sachen Dynamik komplett unkontrollierbar. Die Reparatur der Reparatur hat dann noch einmal 6000 EUR gekostet, aber jetzt spielt er sich wunderbar - und der Fänger kommt erst auf dem Weg von Saite zurück in Kontakt mit dem Hammerkopfschwänzchen.

Ich frage mich, was dieses Video illustrieren soll...
 
Was für ein Instrument war das? Ein Flügel mit englischer Mechanik?


Meine Vermutung wäre, dass sich Teile im Spielwerk aufgrund der hohen Belastung verbiegen und dadurch der Anschlagpunkt auf der Saite verändert wird, was den mikrigen Ton erklären würde.
Ein hoher Ton mit schlecht positioniertem Hammer wird nur noch ein 'tock'.
Es könnte auch sein, dass der Hammerstil sich bei extremer Krafteinwirkung (trägheitsbedingt) auch seitlich so verbiegt, dass auf einmal eine Saite beim Aufprall viel mehr Energie absorbieren muss als die anderen Saiten im Chor. In dieser Saite sind dann die (energiereichen) hochfrequenten Obertöne viel stärker zu hören als der Grundton. Die im Hammerkopf eingeprägten Rillen werden dann natürlich auch nicht mehr exakt getroffen. Das dürfte dann auch sehr unangenehm klingen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe selber auch noch einmal nach einem Zeitlupenvideo gesucht. Es ist zwar ein Werbevideo für Carbonhammerstiele, aber die Aufnahmen sind gut:


Jetzt wäre halt die Frage, wie weit verbreitet das Negativbeispiel des Holzhammerstiels tatsächlich ist. Ich nehme doch an, dass zumindest in den höherwertigen Instrumenten die Hammerstiele ALLE dem ersten (positiven) Beispiel sehr nahe kommen.
 
Aber die Taste ist auch nur ein indirekter Kontakt zur Klangerzeugung, denn diese geschieht am Ende im freien Flug des Hammers vor die Saite. Der Beweis ist ja ganz einfach - wenn man die Taste sehr langsam runter drückt, kommt kein Ton. Ganz im Gegensatz z.B. zum Clavichord, wo wir durch die Taste auch direkten Kontakt zur Saite haben (wir können beliebig langsam drücken, es "verhungert" nicht, im Gegensatz zum Klavier).
Lieber Mindenblues,

ich verstehe dich jetzt auch besser! :003: Du meinst, dass der Ton ja erst beim Kontakt des Hammers mit der Saite entsteht und daher der Kontakt der Taste ein indirekter ist.

Dem ersten Teil des Satzes stimme ich natürlich zu und ich verstehe nun auch, wie du den zweiten Teil meinst! Ich bin aber der Meinung - und hier im Faden geht es thematisch ja darum, was man tun muss um ein klangschönes ff zu spielen - , dass es für unser Klavierspiel und die Klangerzeugung sehr wichtig ist, dass wir da ansetzen, was wir beeinflussen können. Der erste und ursächliche Impuls für einen Klang ist nun mal der, den wir Klavierspieler setzen, ohne uns bleibt das Instrument stumm. Dieser erste Impuls von uns setzt sich weiter fort ohne unseren Einfluss (falls was nicht funktioniert, müssen wir ggf. einen Techniker bestellen). Daher ist der Tastenkontakt für mich ein äußerst direkter Kontakt - wie ich diesen ersten Impuls setze, entscheidet, wie der Hammer auf die Saite trifft und welchen Klang es gibt. Auch aus klavierpädagogischer Sicht ist dies sehr wichtig. Wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir wie mit der Taste so alles anstellen können und für die Kontrolle unser Ohr einbeziehen.

Wie die Mechanik und das Innenleben eines Instruments funktioniert ist natürlich wichtig zu wissen, gerade auch die Verbindungen Auslösung - Hammer, Pedal - Dämpfer - tiefe Töne - lange Saiten/ hohe Töne - kurze Saiten u.a.. Alle Instrumentalisten arbeiten allerdings vor allem an der musikalischen und technischen Umsetzung und diesbezüglichen Fähigkeiten. Bei Bläsern ist das Wichtigste der Ansatz! Bei uns der Tastenkontakt.

Liebe Grüße

chiarina
 
Wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir wie mit der Taste so alles anstellen können und für die Kontrolle unser Ohr einbeziehen.
Absolut richtig, nur leider ist die menschliche Wahrnehmung manchmal nicht so objektiv, wie wir glauben und wie wir uns das wünschen. Manchmal bildet man sich auch etwas ein. Damit wir nicht irgendeinem Placeboeffekt nachlaufen, ist es wertvoll, wenn wir physikalisch überprüfen, ob der wahrgenommene Effekt überhaupt möglich ist.

Das muss natürlich nicht jeder einzelne Schüler wissen. Nicht einmal jede/r KL. Es genügt, wenn KL weiß, welche Möglichkeiten man vor dem Instrument hat, damit dann aus dem Instrument das herauskommt, das man möchte. Ein bisschen Black Box darf sein. Aber manche wollen mehr wissen.

Rein in Bezug auf "schönes ff" ist da zugegebenermaßen schon einiges an off-topic dabei.
 
Da die Dinge so extrem kompkex sind hat uns ein fürsorglicher Gott, oder die Vorsehung oder die Evolution mit Ohren ausgestattet.
Die Kenntnis einiger elementarer physikalischer Gegebenheiten sollte uns aber daran hindern mehr oder weniger anstrengende Manipulationen mit Tasten NACH dem Anschlag zu verüben.
Drum war meine letzte Info dazu, dass die Verknüpfung zwischen „was man tut“ und dem Ergebnis gerade das ist was man lernen soll. Also eben nicht den Mechanischen Vorgang intern fokussiert“ beeinflussen wollen, sondern die Verknüpfung zwischen dem Hören und dem manuellen herzustellen. Was einen dann auch schnell auch an fremde Instrumente adaptieren lässt, weil das „nachjustieren“ dann ganz fix funktioniert. Ähnlich dem Gehen, da ist das auch so verschaltet, dass man sich an den Untergrund anpasst ohne zu überlegen ob man jetzt die Füsse besser mehr hebt oder oder.

Und dass man das nachhaltiger lernt, wenn man viel „ausprobiert“ und parallel dazu viel „gutes“ hört um sich selbst Richtung „Sollwert“ korrigieren zu können.

Und vor allem sich ständig zu fragen „warum klang das so“ und das Gefühl sofort zu speichern, wenn es das war, was man beabsichtigt hat.
 
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