Schönes(!) Fortissimo

Natürlich ist der Hammerstiel kein starrer Hebel. Außerdem findet seine Bewegung in Richtung der Saite(n) nicht in einer Ebene statt, sondern dreidimensional: Der Hammer taumelt, und zwar abhängig von der Art seiner Beschleunigung. Entsprechend unterschiedlich ist sein Auftreffen auf die Saite(n) und damit auch der entstehende Klang. Diese Unterschiede sind sehr subtil. Die von manchen Pianisten behaupteten riesigen klanglichen Unterschiede einzelner (!) gespielter Töne entstammen dem Reich der Phantasie und haben psychologische Ursachen.
 
Die von manchen Pianisten behaupteten riesigen klanglichen Unterschiede einzelner (!) gespielter Töne entstammen dem Reich der Phantasie und haben psychologische Ursachen.
Das stimmt nicht! Es gibt sehr wohl einen klanglichen Unterschied auch bei einzelnen Tönen. "Riesig" ist allerdings eine subjektive Bewertung - für im Hören wenig geübte Hörer kann der Unterschied gering sein, während für im Hören sehr geübte Hörer der Unterschied "riesig" ist.

Bei einem Vergleich müsste der geneigte Spieler auch bei beiden Tönen noch annähernd dieselbe Dynamik erreichen, was nicht ganz einfach, aber machbar ist.

Liebe Grüße

chiarina
 
... müsste der geneigte Spieler auch bei beiden Tönen noch annähernd dieselbe Dynamik erreichen, was nicht ganz einfach, aber machbar ist.

Liebe Grüße

chiarina
Das ist ja eben das Problem. Andere Dynamik, anderes Obertonspektrum. Aber bei gleicher Dynamik? Da sind die Unterschiede minimal. Oft wird von einem optischen Eindruck (Hand/Finger nah/an der Taste im Vergleich zu "auf die Taste schlagen") ein dazu passender akustischer Eindruck zusammenphantasiert.
 
Das ist ja eben das Problem. Andere Dynamik, anderes Obertonspektrum. Aber bei gleicher Dynamik? Da sind die Unterschiede minimal. Oft wird von einem optischen Eindruck (Hand/Finger nah/an der Taste im Vergleich zu "auf die Taste schlagen") ein dazu passender akustischer Eindruck zusammenphantasiert.
Lieber schmickus,

Minimal ist halt auch eine subjektive Bewertung. Ich finde den Unterschied riesig. :003: Er hängt außerdem auch von den Fähigkeiten der Pianistin oder des Pianisten bzgl. Anschlagskultur und Gehör ab. Der eine kann’s halt und der andere kann’s nicht. :musik064:
Liebe Grüße

chiarina
 
Möglicherweise müssen wir einfach konstatieren, das das Thema immer noch untererforscht ist?
Was zB bedeutet das 'Taumeln des Hammers' genau?
Zufällig unbestimmter Spannungsabbau ohne Richtungsprioität, oder liegt trotz aller Taumelei eine Hauptrichtung der gespeicherten kinetischen Energie in Richtung der Beschleunigung (also in Saitenrichtung) vor? Inwieweit unterscheidet sich ein Aufprall mit gegebener Hammergeschwindigkeit mit Stielspannung von derjenigen ohne Stielspannung (falls ein Versuchsaufbau technisch herstellbar ist).
Objektive Messungen dazu sind ja nicht trivial.
Wie etwa soll ein unterschiedliches Spektrum bei einer 'gleichbleibenden Dynamik' gemessen werden, wo doch 'Dynamik' selbst wieder von den jeweiligen Bewertungskurven (dB-A oder C, etc.) abhängt und zudem die spektralen Unterschiede - da sind sich ja vermutlich alle einig - sehr gering sein werden (was nicht heisst, dass das nicht wahrnehmbar ist).
Vermutlich müsste eher die genaue(!) Hammergeschwindigkeit bemessen werden, wobei das Taumeln statistisch weggemittelt werden müsste, und es müsste eine Sensorik zur Messung der Stielspannung eingesetzt werden, wodurch dann vermutlich die Funktionsweise des Hammerstiels verändert werden würde.
Naja.
Ich bin da eher 'Team ciarina', ohne dass ich Anteile von Suggestion abstreiten will, aber m.E. ist das nicht vollständig durch Suggestion zu erklären.
Ich hab mir vor ein paar Jahren mal ein ergänzendes e-piano zugelegt (Kawai Tastatur mit Pianoteq Software auf notebook über entweder K&H Monitore oder Kopfhörer wiedergegeben). Nutzt mir sehr, da ich mich so auch mal zu Zeiten dransetzen kann wo das akustische Instrument deutlich zu laut wäre.
Die Suggestion von Anschlag -> Klang bei Tonfolgen klappt da einigermaßen, aber Suggestion im Einzelton klappt gar nicht. Nicht mal ansatzweise.
Kann zwar an meiner Einstellung zur Unvollkommenheit von elektrischen Surrogaten liegen, kann auch daran liegen das die physical Modeling Software zu imperfekt dafür ist, oder dass die Sensorik der Tastatur zu grob gerastert ist (midi...), aber wie auch immer, es fällt auf, dass die Klangänderung im Einzelton an akustischen Instrumenten (für mich) wahrnehmbar erscheint, und die klanglichen Auswirkungen von verändertem Gewichts-/Geschwindigkeitsanteil dort auch unterrichtbar sind, während das bei elektrischen Instrumenten m.E. (für den Einzelton) nicht möglich ist, bzw. das Klangergebnis sich nicht unterscheidet. Kein Wunder, da ja nur ein Midi-Velocity Wert, also die gerasterte Hammergeschwindigkeit in die Software gesendet wird. Kann natürlich sein, dass da Multisensorik - E-Pianos mittlerweile mehr Möglichkeiten einer korrekten Simulation von Tastenbewegung und Saitenanregung bieten, ich bin da evtl. nicht ausreichend informiert.
Es wär jedenfalls begrüßenswert, wenn das mal ausreichend erforscht werden würde.
Oder gibt's da bereits was?
 
Möglicherweise müssen wir einfach konstatieren, das das Thema immer noch untererforscht ist?
Kann gut sein.

Es gibt einige Videos, die den Saitenanschlag in Zeitlupe zeigen.
Hier zB

biegt sich der Hammerstiel erst nach dem Anschlag erkennbar.

Auch hier sieht die Bahn des Hammers unverdächtig aus:


Und hier eines in höherer Qualität, allerdings ein Werbevideo für Carbonstiele (von mir bereits in #96 verlinkt, aber da das >1 Jahr her ist, hier noch einmal).


Was zB bedeutet das 'Taumeln des Hammers' genau?
Das bedeutet, dass der Hammer sich nicht exakt auf einer Kreisbahn bewegt, wie es ein idealer starrer Körper tun würde, wenn er an einer Achse befestigt ist.

Zufällig unbestimmter Spannungsabbau ohne Richtungsprioität, oder liegt trotz aller Taumelei eine Hauptrichtung der gespeicherten kinetischen Energie in Richtung der Beschleunigung (also in Saitenrichtung) vor? Inwieweit unterscheidet sich ein Aufprall mit gegebener Hammergeschwindigkeit mit Stielspannung von derjenigen ohne Stielspannung (falls ein Versuchsaufbau technisch herstellbar ist).
So stark ist das Taumeln natürlich nicht. Die Hauptrichtung des Hammers ist klar erkennbar (bzw. die Abweichungen davon fast nicht).

Objektive Messungen dazu sind ja nicht trivial.
Zeitlupenaufnahmen mit Hochgeschwindigkeitskameras sind vermutlich die beste Option, denn
eine Sensorik zur Messung der Stielspannung eingesetzt werden, wodurch dann vermutlich die Funktionsweise des Hammerstiels verändert werden würde.

das Klangergebnis sich nicht unterscheidet. Kein Wunder, da ja nur ein Midi-Velocity Wert, also die gerasterte Hammergeschwindigkeit in die Software gesendet wird.
Das vermute ich auch.
 
So stark ist das Taumeln natürlich nicht. Die Hauptrichtung des Hammers ist klar erkennbar (bzw. die Abweichungen davon fast nicht).
Ja, ich meine mit der Hauptrichtung nicht die Hauptrichtung des Hammers insgesamt (also von Ruhestelung bis Saite), sondern die Hauptrichtung lediglich des Spannungsabbaus, wecher ja für's Taumeln verantwortlich ist. Bei einem komplett starren Hammerstiel würde die Kraft 1zu1 übertragen, und es gäbe keine Stielspannung ('Flitzebogen'), und infolgedessen vermutlich auch kein Taumeln. Ich geh davon aus, dass der Impuls auf den Hammer zu zwei Komponenten der Bewegung führt:
- Hauptbewegung des Hammers rotierend um die Drehachse
- Verbiegung des Hammerstiels durch die Biegsamkeit des verwendeten Materials, welches in der Lage ist kinetische Energie quasi zwischenzuspeichern, ähnlich einem Bogen oder einer Armbrust.

Beim Taumeln im Video ist nicht genau auszumachen ob es da eine Hauptrichtung der Entladung der im Stiel gespeicherten kinetischen Energie gibt, aber es wäre doch erstmal zu erwarten, dass sich die Energie, genau wie bei einer Armbrust, in genauer Gegenrichtung des Spannungsaufbaus entlädt?
Um das mal an einem Beispiel klarzumachen:
eine flexible Stange, wie etwa ein langer dünner Zweig wird bei identischer Endgeschwindigkeit bei gleichmäßiger Rotationsbeschleunigung über einen Weg mit definierter Länge, sagen wir mal 90° (9Uhr bis 12Uhr) eine andere Verbiegung (gespeicherte Energie) aufweisen, als der gleiche Zweig bei einer abrupten Beschleunigung von 9Uhr bis 9:30 und anschliessendem Freiflug bis 12Uhr, oder einer geringen Anfangsbeschleunigung von 9Uhr bis 11:30 und abrupter Endbeschleunigung von 11:30 bis 12:00.
Genau dieser Unterschied passiert ja bei der Veränderung des Verhältnisses von Speed und Masse im Tastenanschlag.
Evtl. wäre das ja teilweise simulierbar wenn mit starkem Anschlag auf eine Taste 'geschlagen' wird, die bereits mit der anderen Hand zur Hälfte niedergedrückt ist?
Mit ist das jetzt zu spät (Nachtruhe) um das vergleichend auszuprobieren.
Und es stellt sich ja auch dabei ärgerlicherweise wieder die Frage der objektiven Vergleichbarkeit mit anderen Anschlagsarten, wenn das nicht zB robotorisiert reproduzierbar und mit guten Messinstrumentarien erfolgt.
Irgendwie wurmt es mich halt, dass eine eigentlich doch recht eng umrissene Fragestellung nicht klar zu beantworten sein soll.
 
Ja, ich meine mit der Hauptrichtung nicht die Hauptrichtung des Hammers insgesamt (also von Ruhestelung bis Saite), sondern die Hauptrichtung lediglich des Spannungsabbaus, wecher ja für's Taumeln verantwortlich ist.
Ein Taumeln entsteht auch seitlich. ZB durch eine lockere Achse.
Bei einer ordentlich sitzenden Achse gibt es den Effekt auch, nur um Größenordnungen kleiner.
wie etwa ein langer dünner Zweig wird bei identischer Endgeschwindigkeit bei gleichmäßiger Rotationsbeschleunigung über einen Weg mit definierter Länge, sagen wir mal 90° (9Uhr bis 12Uhr) eine andere Verbiegung (gespeicherte Energie) aufweisen, als der gleiche Zweig bei einer abrupten Beschleunigung von 9Uhr bis 9:30 und anschliessendem Freiflug bis 12Uhr
Ja, nur ist ein guter Hammerstiel eher kurz, dick und starr.

Auch hier ist die Frage nicht "Gibt es den Effekt?" sondern "Ist der Effekt groß genug, um eine relevante Auswirkung zu haben?"

Irgendwie wurmt es mich halt, dass eine eigentlich doch recht eng umrissene Fragestellung nicht klar zu beantworten sein soll.
So eng umrissen ist die Frage nicht, da es auch um Wahrnehmung geht und die individuell unterschiedlich ist.
Und im Frequenzspektrum gibt es immer ein bisschen Rauschen, was die eindeutige Erkennung eines schwachen Effekts erschwert.

Nur, weil eine Frage kurz ist, ist sie nicht automatisch leicht zu beantworten...
 
1. Halte deinen Arm waagerecht vor dir in der Luft und senke ihn sacht auf einen Tisch, bis deine Fingerspitzen leicht wie eine Feder die Tischplatte berühren. Wieviel Masse landet nun auf der Tischplatte?
2. Halte deinen Arm waagerecht vor dir in der Luft und lasse ihn aus dieser Position auf einen Tisch fallen. Wieviel Masse landet nun auf der Tischplatte?

Wie kann das sein, der Arm hat doch eine konstante Masse?

Hat er ja auch. Nur, dass Du gerade schön vorführst, wie nicht am freien Fall beteiligte Muskeln den Arm halten können, dessen Masse aufnehmen und durch Muskelanspannung vom Bizeps bis zu den Fußspitzen dem Arm gar nicht die Gelegenheit geben, seine Masse im freien Fall Gewicht zu geben (pun intended).
 

Schüttel schüttel... ist da jetzt wieder das deutsche Schulsystem schuld? Wer bietet mehr?
 
Hat er ja auch. Nur, dass Du gerade schön vorführst, wie nicht am freien Fall beteiligte Muskeln den Arm halten können, dessen Masse aufnehmen und durch Muskelanspannung vom Bizeps bis zu den Fußspitzen dem Arm gar nicht die Gelegenheit geben, seine Masse im freien Fall Gewicht zu geben (pun intended).
Eben! Wie ich im selben Beitrag etwas weiter oben auch schrieb:
Ganz dicker Einspruch, Euer Ehren! :003: Die Masse "Körper - Arm - Hand - Finger" in ihrer Einwirkung auf die Taste hat eine riesige Variabilität! Du kannst ganz wenig Masse nutzen (dann wird z.B. der Arm vom Rücken getragen ...., wir haben ja glücklicherweise ein paar Muskeln, die solch freundliche Dienste ausüben können) oder ganz viel Masse und so den gesamten Arm samt Körper zur Klangerzeugung nutzen. Ein Experiment:
...
Die Frage "Wie kann das sein, der Arm hat doch eine konstante Masse" war natürlich rhetorischer Art. Aber vielleicht wolltest du mir ja auch nur zustimmen. :002:

Liebe Grüße

chiarina
 

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