Die Masse ist immer gleich.
Wohl aber unterschiedlich ist die kinetische Energie, die wir mit der Masse hervorbringen können.
(Klugscheissermodus aus
)
Liebe Tastatula,
wir nutzen zur Bewegungsausführung und Klangerzeugung beim Klavierspielen unterschiedliche Teile/Anteile unseres Körpers, die selbstverständlich eine unterschiedliche Masse haben. Die Masse eines Fingers unterscheidet sich beispielsweise deutlich von der Masse eines Arms, auch wenn alle Teile des Körpers beim Klavierspielen natürlich eine Einheit bilden.
Ein leggiero, bei dem der Impuls hauptsächlich aus den Fingern kommt, benötigt also weniger Masse als ein ff, bei dem der Impuls (wir erinnern uns: Masse x Geschwindigkeit) vor allem aus der Körpermitte, sogar aus der Verwurzelung der Füße mit dem Boden kommt.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade Erwachsene gerne wissen wollen, wie genau die Klangerzeugung funktioniert. Vor allem dann, wenn sie in Kontakt mit einer für sie völlig neuen Bewegungsausführung kommen, die zu einer ungekannten Qualität und Quantität an Klängen und Klangfarben führt. Daher finde ich das Thema des Fadens sehr interessant.
Was
im Klavier geschieht, also was physikalisch genau passiert, wenn der Hammer in Bewegung gesetzt wird, kann ich nicht sagen. Ich bin kein Physiker und ehrlich gesagt interessiert mich das auch nicht, weil ich es ja höre. Das Kontrollinstrument für die richtige Bewegungsausführung ist immer das Ohr!
Vor dem Klavier allerdings kann dies anders sein. Es kann sehr interessant und auch sinnvoll sein, zu wissen, welche Parameter ich zur Klangerzeugung zur Verfügung habe. Damit zu experimentieren schärft das Bewusstsein, Körpergefühl und das Ohr, denn die Verbindung "Bewegungsausführung - Klang" muss immer gegeben sein.
Welche Anteile/Teile des Körpers nutze ich, wie und in welcher Geschwindigkeit bewege ich sie, in welcher Geschwindigkeit wird die Taste herunter bewegt? Dies ist ohne ein intensives Fühlen der Reaktion der Taste nicht sinnvoll. Denn mein Impuls wirkt auf die Taste und diese ist kein starres Gebilde, sondern bewegt sich, hat einen Auftrieb, kommt mir entgegen, hat eine Auslösung. Spiele ich bis zum Tastengrund oder nur bis zur Auslösung, wie ende ich den Klang, wie kommt mir die Taste entgegen, schnell, langsam oder etwas dazwischen?
Wenn ich eine ff-Stelle realisieren will, werde ich vermutlich viele Anteile meines Körpers nutzen, auch hier mit Schwüngen und Impulsen. Wie erwähnt, ist die Verwurzelung der Füße im Boden sehr wichtig, auch der Sitz generell. Ein Speerwerfer muss genau überlegen, woher sein Impuls kommt, er richtet sich in seiner Körperhaltung und Körperspannung (nur so gespannt wie nötig) darauf ein. Ist sein Körper kartoffelsackmäßig, wird er ihn nicht für den Impuls nutzen können. Wach, der Kopf aufgerichtet wie die Krone eines Baums, der Körper nicht starr, sondern flexibel, aber stabil wie der Stamm eines Baums, die Sitzknochen bilden zusammen mit den Füßen den Kontakt zum Stuhl/Boden, die beide Partner und Unterstützer der Aktion sind. Die Arme bewegen sich, um beim Bild zu bleiben, wie Äste im Wind.
Beim ff bleibt man wie der Dirigent eines großen Orchesters ruhig, man ist quasi sein eigener Dirigent. Nicht vor lauter Aufregung nah ans Klavier kriechen, sondern die Übersicht wahren. Die Bewegungschoreografie genau zu kennen, hilft. Welche Schwünge nutze ich (s. auch den Post von
@Stilblüte), welche Bewegungen mache ich, was klingt am besten? Wie differenziere ich die verschiedenen Klangschichten?
Einen Schwung oder Impuls zu setzen, kann man auch schön mit dem Wurf einer Bowlingkugel erklären. Man holt aus mit der Bowlingkugel in der Hand (auch hier wird der Wurf unterschiedlich und wahrscheinlich auch unterschiedlich effektiv ausfallen, wenn man ihn nur unter Beteiligung des Arms macht und den restlichen Körper schlapp hält oder den ganzen Körper nutzt), lässt los und die Kugel rollt ganz von alleine auf die Neune zu. Wir können es uns dabei gemütlich machen.
Beim Klavierspielen ist es ähnlich. Durch die Nutzung von Schwüngen und Impulsen kommt die Leichtigkeit zustande, die gute Pianisten auch bei sehr lauten Stellen zur Verwunderung aller besitzen. Es kann trotzdem anstrengend sein, vor allem wenn die Stellen lang und technisch herausfordernd sind, aber nie wird man einem guten Pianisten mit Spitzhacke und Schlagbohrer bewaffnet bei der Arbeit zuhören.
Viel Spaß bei der Erkundung des fortissimos! :))
chiarina
P.S.: Ergänzung: Verspannungen führen dazu, dass der Klang eben nicht so ist, wie man sich das vielleicht vorstellt. Jede Verspannung hindert den Impuls daran sich auszubreiten. Als würde man einen Gartenschlauch, aus dem Wasser strömen soll, an einer Stelle zudrücken. Verspannungen sind Blockaden, der Impuls breitet sich bei Durchlässigkeit ungehindert aus. Deshalb genau in sich hineinfühlen, ob und wo überflüssige und unnötige Spannungen im Körper sind.