Daß er unglaublich leise spielen konnte und wollte, gebe ich Dir Recht! Aber dazu mußte ich nicht erst Biographie lesen, um das zu wissen, das sagt mir auch seine komponierte Musik. Dazu brauche ich keine Zeitzeugen.
"als Clavierspieler ist Chopin jetzt einer der allersersten - macht so neue Sachen, wie Paganini auf der Geige und bringt Wunderdinge herbei, die man sich nie für möglich gedacht hätte"
Felix Mendelssohn-Bartholdy, 1834
"so lange Chopin, wie in den ersten Jahren seines Pariser Aufenthaltes, gesund und bei Kräften war, pflegte er die Erardschen Claviere zu spielen; nachdem ihm aber sein Freund Camille Pleyel eines seiner herrlichen, durch ihren metallischen Klang sowei durch ihren besonders leichten Anschlag ausgezeichneten Instrumente zum Geschenk gemacht hatte, wollte er nicht mehr die anderen Fabrikanten spielen"
Franz Liszt
"wenn ich nicht disponiert bin, so spiele ich a, liebsten auf einem Erardschen Clavier, wo ich den Ton schon fertig finde. Bin ich aber in der richtigen Verfassung, und kräftig genug, mir meinen eigenen Ton zu bilden, so muss ich ein Pleyelsches Clavier haben"
Frederic Chopin
"Erard war höchst liebenswürdig; er hat mir ein Clavier geschickt; dazu habe ich einen Broadwood und einen Pleyel, zusammen also drei."
Frederic Chopin 6.5.1848 (!!)
"der Ton, den er aus dem Instrument zu ziehen wusste, war immer, namentlich in den Cantabiles, riesengroß; höchstens Field konnte hierin mit ihm verglichen werden. Eine männliche, edle Energie verlieh geeigneten Stellen überwältigende Wirkung - Energie ohne Rohheit - wie er andererseits durch Zartheit seines seelenvollen Vortrages - Zartheit ohne Ziererei - den Zuhörer hinzureißen wußte."
Mikuli
"was von dem Chopin des Jahrer 1848 gilt, kann nicht auf die Jahre 1832 bis 1841 angewendet werden. In den letzten Jahren seines Lebens wurde er so schwach, daß sein Spiel, wie mir Stephen Heller sagte, manchmal kaum mehr hörbar war."
Niecks
ein erstaunliches Durcheinander... bestenfalls kann man dem entnehmen, was ohnehin am wahrscheinlichsten ist: dass Chopin fantastisch Klavier spielen konnte und nicht nur seine eigenen Werke inklusive aller Anforderungen plastisch und sehr differenziert darzustellen wusste.
man darf eines bei den sehr vielen, mal mehr, mal weniger glaubwürdigen Zeitzeugen nicht übersehen:
oft steht das Repertoire für vermeintliche Tugenden oder Sünden - ein "Liszt" lärmt mit einer Opernfantasie, ein "Chopin" entzückt mit einem Nocturne. Nette Chiffren, die lediglich über Sympathie oder Antippathie des jeweiligen Verfassers Auskunft geben...
letztlich bleiben die Noten.
Chopin schreibt allerlei von una corda ppp bis fff, tutta forza etc vor - das hat er so gemeint, wie er es notiert hat; und das inkludiert, dass man gefälligst diese großen Kontraste realisieren soll - - und um das bei Chopin zu realisieren, muss man weder Liszt noch Tschaikowski schmähen, denn die wollten eigentlich ja auch nichts anderes :D
Gruß und frohe Weihnachten,
Rolf