Dass man das Latinum für ein Medizinstudium braucht, hält sich allerdings als Gerücht hartnäckig seit mehreren Jahrzehnten.
Nicht totzukriegen. Dafür seriell staunende bis entsetzte Gesichter bei den Erstsemestern der Geisteswissenschaften. Statt Kant oder Bismarck lesen sie drei Semester lang Caesar und Cicero.
Wobei ... das war zu meiner Zeit. Wahrscheinlich wird das heutzutage gar nicht mehr verlangt.
Aber davon abgesehen, Lateinkenntnisse sind
hilfreich zur blitzschnellen Ableitung unbekannter medizinischer Begriffe. Eine Prise Altgriechisch schadet auch nicht. Nota bene, nur die Vokabeln (und die dazugehörige Genitivform ist auch cool).
Im Zentrum des Erlernens dieser Sprachen steht nicht das Vokabular, sondern die oft als diffizil wahrgenommene Grammatik, die das Vokabular in einen Sinnzusammenhang ordnet. Ob man die Vokabeln bereits im Latein- bzw. Griechischunterricht gelernt hat oder sie sich während des Studiums zusätzlich zu allem anderen noch draufschaffen muss, ist nur eine Frage der Lernökonomie.
Für medizinische Laien hingegen ist es toll, wenn man sofort weiß, was mit dem Extensor brachii, dem Prolaps, "frakturieren" oder "exzidieren" gemeint ist. Mediziner nehmen Patienten / Angehörige ganz anders ernst, wenn einem die Fachbegriffe locker von der Zunge gleiten. Von Medizinern gewissermaßen auf Augenhöhe als vollwertiger Gesprächspartner ernstgenommen zu werden, kann sehr wichtig sein.
So gesehen ist die Kenntnis der lateinischen Sprache für medizinische Laien wichtiger als für Ärzte, die das Vokabular sowieso lernen müssen, um ihre gefühlten 1000 Zwischenprüfungen zu bestehen.