Schüler weint sofort

  • Ersteller des Themas sweetchocolate
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Ich würde natürlich auch NICHT davon ausgehen, dass in diesem Fall hier der Schüler "manipulieren will". Es wurde nur von Schraubi behauptet, die "Masche Heulen" gäbe es gar nicht. Und da musste ich mal kurz einschreiten.
 
...damals, vor langer Zeit, im hohen Norden an den Fjorden... da hätte der kleene Heulsuserich links und rechts vom Wikingerlehrer ein paar derbe Maulschellen erhalten, mit der altnordischen Erklärung, dass damit zumindest nachträglich ein nachvollziehbarer Grund für das Geplärre geliefert sei. --- man schelte die rustikale Pädagogik derjenigen, die bei Lindisfarne Karriere machten, nicht automatisch aus moderner Überheblichkeit: die hatten damals weniger Feinstaub in der Luft und weniger Mikroplastik im Wasser - es kann also nicht alles bei denen falsch gewesen sein...
:005::005::005::005::005::005::teufel:
 
Hallo zurück,

ganz besonders möchte ich mich bei Chiarina bedanken, Du hast dir richtig viel Arbeit gemacht, ohne mich zu kennen, danke, dass du dein spezielles Wissen mit mir teilst und alles so gut erklärt hast!
An dieser Stelle auch: Es ist ein ganz tolles Forum hier! So viele Gedanken, auch von allen anderen, die mir helfen wollen.
Ihr seid die Besten. :-))
Ich bin fasziniert von der Gordon Methode. Gerade gestern sah ich einen ziemlich authentischen kleinen Dokufilm, wo zwei Menschen aufeinander trafen, die in ihrer Jugend befreundet waren, aber dann fing das Mädchen an, gemeinsam mit vielen anderen Schülern, den Jungen zu mobben.
Die Beiden trafen nach vielen Jahren aufeinander, in Begleitung von zwei Psychologinnen, und die machten genau das: das Mädchen sagte etwas zu dem Jungen, der von ihr damals gemobbt wurde, und wenn das Gespräch nicht weiter ging, dann "übersetzte" die Psychologin die Worte. Und dann traf es den anderen mitten ins Herz, wo vorher tiefes Misstrauen und Abwehr war. Es war so unglaublich, was dieses Decodieren verursachte.

Und ich werde auf jeden Fall einen Gang zurück schrauben.
Letztes Mal habe ich ihm aus Not sogar ein Bonbon gegeben. Da hat er dann auch aufgehört zu weinen.
(Hier ein Affe der sich die Augen zuhält...leider keine Emojis verfügbar). Oder werde ich doch heimlich erpresst? Bonbonmafia???

Also nochmal ganz strukruriert:

- mehr Improvisieren/Komponieren/Transformieren/Rhythmusspiele (danke Stilblüte!) (ich habe ein neues Rhythmusspiel, kann ich übrigens allen Musikpädagogen sehr empfehlen, das ist ein Block, da kann man Takte zusammenstellen durch blättern im Block, das LIEBT er, alle Kinder machen das gerne.)
- Klänge nachempfinden/erforschen, Musik gemeinsam hören, Klavier erforschen (z.B. auch mal zupfen, ...), etc. .(danke Alibiphysiker)
- wenn er weint: "Du bist jetzt wirklich sehr traurig, weil ich dich verbessert habe/nicht vollkommen zufrieden bin mit deinem Spiel." (danke Chiarina)
-"Imperative wirken im Unterricht anders als im Alltag: nicht unhöflich und fordernd, sondern ermutigend und verbindlich."
(Danke Demian)
- und last but not least: Nicht in Teufels Küche kommen (Danke Herr Hasenbein!) und ab und zu mal wie eine Wikinger aufbrausen (danke Rolf) :-)

Hab ich was vergessen?
 
Aber ich muß auch hier nochmal bestätigen - Vorsicht mit "Flenntütchen", es wird häufig als psychologisches Druckmittel verwendet.

Wir sind alle keine Psychologen um hier die tatsächliche Motivatioin heraus zu kriegen.

Aber ich hab schon oft "Heulbojen" erlebt, denen es einfach nur darum ging, ihren Willen durchzusetzen.
 
Da werden bei mir diverse Erinnerungen wach: Als ich selbst im Alter des erwähnten Schülers war, hatte ich Einzelunterricht bei einem extrem jähzornigen studierten Kapellmeister, der einst unter Karl Böhm an der Dresdener Oper hoffnungsvoll seine Berufslaufbahn begonnen hatte, aber nach dem Verlassen der DDR in Süddeutschland nicht mehr richtig Fuß fassen konnte und sich als Dirigent von Gesangvereinen und mit Klavierstunden über Wasser hielt. Vermutlich kam er nicht nur zum Unterrichten bei uns ins Haus, sondern brachte mit sich noch ein dickes Bündel an Frustration, Verzweiflung und Verbitterung über die eigene Lebenssituation (alleinlebend unter ärmlichen Bedingungen irgendwo in der süddeutschen Kleinstadt zur Untermiete). Auf dem Höhepunkt des Wutausbruchs wurde man schon mal hart am Kragen gepackt - auch vor viereinhalb Jahrzehnten war das schon rabenschwarze Pädagogik vom Feinsten. Wäre es zum Tränenausbruch meinerseits gekommen, hätte ich ihm ohne weiteres zugetraut, mir auch noch eine Ohrfeige zu verpassen mit dem hinterher gebrüllten Kommentar, ich solle es unterlassen, mich hier so blöd anzustellen. Aufgrund des Unterrichtsorts im heimischen Wohnzimmer kann dieser Umgang meinen Eltern keineswegs verborgen geblieben sein. Als ich bereits am Ende meines Studiums angelangt und als Komponist, Arrangeur und Pianist schon durchaus erfolgreich war, kam es zwischen meinen Eltern und mir zu einer Unterhaltung über das in jenen Jahren Erlebte. Meine Mutter berichtete, dass ihr dieser damals bereits alte Mann immer unheimlich vorkam und zog sich stets in die abgelegenen Räumlichkeiten unserer Wohnung zurück. Ihre Schilderung beendete sie mit der Mutmaßung, dass andererseits der alte Kapellmeister wohl heute mächtig stolz wäre, wenn er vom weiteren Werdegang seines damaligen Schülers erfahren hätte - andererseits ließ er schon damals durchblicken, er habe noch nie einen so musikalisch begabten Schüler gehabt. Mein Vater wiederum, der früher eher dachte, dass etwas Härte gegen einen aufsässigen Jungen meines Schlages bestimmt nicht verkehrt sein dürfte, sagte lapidar, der alte Sack interessiere ihn nicht, er wird sich bestimmt aufgehängt haben.

Auch hier ist es mit allerdings anderer Akzentuierung in einer Hinsicht ähnlich: Emotional Überforderndes bedarf immer einer Beobachtung, die über den Klavierunterricht hinausgeht - das vermag aber eine Lehrkraft für Klavierunterricht nicht zu leisten, dazu müsste sie Einblicke auch in die familiäre Situation, in den schulischen Betrieb, in den Bereich anderer Hobbys und Freizeitaktivitäten u.s.w. haben. In meinem Falle spielte beispielsweise der Aspekt eine Rolle, dass ich stets hohe Erwartungen meiner Eltern gefälligst zu erfüllen hatte - als Sohn eines Schulleiters hatte ich selbstredend immer nur Einsen mit nach Hause zu bringen, mein Marktwert als Mensch orientierte sich streng an den von mir vorzuweisenden Erfolgen. Wenn man diesen Ansprüchen nicht gerecht wurde, kam es selbstredend zu Spannungen zwischen Wollen und Vollbringen. Gut, dass sich meine Vorredner zu diesen Aspekten geäußert haben, da ist der Einflussbereich einer Lehrkraft für Klavier nun mal sehr begrenzt.

Warum diese ausgedehnte autobiographische Schilderung meinerseits? Weil sehr ausgeprägte irrationale/unverhältnismäßige Verhaltensweisen auf eine sehr vielschichtige Spannungskonstellation zurückgehen können. Dazu können Erfolgserwartungen der eigenen Eltern kommen hinsichtlich der neuen Schulform mit musischem Akzent, dazu eine zunehmende Leistungsorientierung rundum das Musizieren und vieles mehr. Bei dem Jungen ist es offenkundig, dass die geringe emotionale Stabilität auf ein ganzes Bündel von Ursachen zurückgeht, die mit dem Geschehen im Klavierunterricht nur in sehr begrenztem Umfang etwas zu tun haben. Das Musizieren ist allerdings eine Tätigkeit, die sich für das Freisetzen intensiver Emotionen naturgemäß besonders eignet.

Glücklicherweise sind inzwischen die in meiner Kindheit und Jugend oft beschworenen Klischees auf dem Rückzug, wonach man als Junge unter anderem gefälligst nicht zu weinen habe. Tat man es doch, war man in Verbindung mit weiteren Auffälligkeiten schon ein Fall für den weißen Kittel des Psychiaters. Also krank im Kopf oder zumindest verhaltensgestört... .

Auch dazu gibt es einen schönen Musikbezug.

Ach ja, der cholerische Kapellmeister ist eines natürlichen Todes gestorben, ohne sich also den Strick zu nehmen. Bei seinen Gesangvereinen war er durchaus wohl gelitten, von einem seiner Männerchöre erfuhr ich, man habe ihn als Dirigenten noch behalten, als er ins Altersheim zog, aus dem man ihn zu den Proben abzuholen pflegte. Dort starb er dann mit immerhin 82 Jahren.

LG von Rheinkultur
 
Auf dem Höhepunkt des Wutausbruchs wurde man schon mal hart am Kragen gepackt - auch vor viereinhalb Jahrzehnten war das schon rabenschwarze Pädagogik vom Feinsten. Wäre es zum Tränenausbruch meinerseits gekommen, hätte ich ihm ohne weiteres zugetraut, mir auch noch eine Ohrfeige zu verpassen mit dem hinterher gebrüllten Kommentar, ich solle es unterlassen, mich hier so blöd anzustellen.
pfff, ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern Dich unterrichtet zu haben :lol:
 
pfff, ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern Dich unterrichtet zu haben :lol:
Dann wärst Du entweder schon längst unter der Erde oder hättest ein inzwischen biblisches Alter erreicht. Inzwischen bin ich schon selber ein steinalter Sack...!

Es gab mal einen bekannten Bundesligatrainer namens Rolf Schafstall mit dem Spitznamen "Fernsehkoch". Er pflegte sein eigenes Team bei jedem TV-Interview in die Pfanne zu hauen...!
 

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