So meine Lieben, ich war heute im zweiten Klavierladen.
Und was soll ich sagen: es war wieder nichts dabei. Mein Vater hatte den Laden ausgesucht, er ist fest entschlossen mir zu helfen weil er stolz ist dass seine beiden Kinder (meine Schwester und ich) musikalisch sind. Er selbst meint von sich völlig unmusikalisch zu sein (und jeder der ihn je hat singen hören bestätigt das), glaubt aber dass die Instrumente für uns ein perfektes Hobby fürs Leben sind. Langsam geht mir sein übereifriges Verhalten
fast schon auf die Nerven.
Der Laden wirkte jedenfalls sehr gut, er war übersichtlicher als der letzte in dem ich war und alle Klaviere waren frisch gestimmt. Der Verkäufer hätte mich wohl auch weitgehend in Ruhe gelassen-wäre da nicht mein Vater gewesen. Der erzählte dem Verkäufer nämlich gefühlt meine halbe Lebensgeschichte, um sich dann zu erkundigen welches Klavier denn zu mir passe. Also führte der Verkäufer uns zu den Yamahas im unteren Preissegment, das dort um die 4000€ entsprach. Zuerst spielte ich dann selbst an. Das B1 hatte einen zu hohen Klang für mich, und der Anschlag war... seltsam. Anders kann ich es nicht beschreiben. Irgendwie nicht so angenehm wie andere Klaviere, aber vielleicht lag es daran dass das Klavier noch kaum gespielt war. Das schien wie bei einer Jeans (schon wieder ein Klamottenvergleich, warum fällt mir nichts besseres ein?), die man erst eintragen muss damit sie angenehm wird. Jedenfalls spielte der Verkäufer dann auch noch mal was darauf, und sagte mir dass der Klang wegen der geringeren Größe etwas höher ist. Das B2 war schon besser, aber auch nicht perfekt. Also weiter zum B3, dass der Verkäufer ebenfalls vorführte. Der Klang gefiel mir sehr gut, aber bis jetzt merke ich nichts von dem Gefühl dass man hat wenn man das Richtige findet. Schwer zu sagen was mir daran fehlt, ich weiß es wirklich nicht, denn an dem Klavier kann ich nichts aussetzen. Nach einer Weile fragte mein Vater nach der Bedeutung der Serien (B-Serie, U-Serie usw.). Der Verkäufer zeigte es indem er an einem U3 vorspielte. Der Klang war schon ein wenig besser als bei dem B3, aber nicht so sehr dass es den Preisunterschied rechtfertigte: Dass B3 kostet in diesem Laden (neu) 4.900€, das U3 dagegen 8.000€!
Beides natürlich außerhalb meiner Preisklasse, dachte ich. Deshalb fragte ich auch nach Gebrauchten. Nun, der Verkäufer begann mir zu erzählen dass sich Yamaha inzwischen an den Klang der europäischen Klaviere angepasst habe, aber dass ältere Instrumente von 1980 und -90 noch den alten, unangenehmen Klang haben.
Als Beispiel zeigte er mir ein P116 von 1990, für 1500€. Ich spielte es an und es war grauenvoll. Jemand der Rockmusik machen will hätte seine helle Freude an diesem Klavier gehabt, aber für Klassik war es denkbar ungeeignet; die Töne waren schief und harmonierten teilweise nicht zusammen. Aber in dem letzten Klavierladen habe ich ein Yamaha von 1980 angespielt, und der Klang war völlig in Ordnung! Ich will den netten Mann ja nicht verdächtigen, aber könnte er das P116 nicht vielleicht dazu benutzen die Kunden zu einem neuen Instrument zu überreden... Wer weiß das schon?
Der Verkäufer spielte dann noch ein P116 an dass neu war, aber es war nicht viel besser als das B3.
Bei mir hat er wohl auch darauf spekuliert dass ich ein B3 nehme, denn er erwähnte es immer mal, und verglich alle anderen so ein bisschen damit. Na ja, bei ihm werde ich wohl nicht Kunde, denn die Preise sind mir dann doch zu hoch. Trotzdem war es gut dass ich dort war, denn er hat mir neben den Unterschieden zwischen den einzelnen Yamahas auch die Befeuchtungsmöglichkeit im Winter gezeigt. Bei ihm würde der Einbau der Befeuchtungsanlage (ich habe vergessen wie die heißt) 290€ kosten.
So, ich habe also gelernt: Das Klavier das ich suche sollte höher sein als 110cm, weil unser Wohnzimmer groß ist und sich der Klang darin nicht verlieren soll. Und wenn ich ein Yamaha nehme, dann ein B3 oder besser (also nichts darunter, wie B1 u.B2).
Und außer den neuen Erkenntnissen hat mir der Ausflug in diesen Laden noch etwas gebracht: Mein Vater ist bereit bis zu 4000€ für das Klavier auszugeben
Er wird meiner Mutter einfach einen etwas geringeren Preis nennen und das fehlende Geld heimlich dazugeben.
Er ist nämlich eher ahnungslos was Klaviere angeht und möchte kein Schnäppchen machen dass sich später als Fehlkauf erweist und er ist zu ungeduldig um lange zu suchen (schon nach diesen zwei Läden erwartet er dass ich weiß was ich will-natürlich weiß ich was ich will, ich finde es nur nicht). Aber vor allem will er das ich ein relativ neues Klavier nehme, denn er kann einfach nicht glauben dass Klaviere bei guter Pflege eine längere Lebenszeit haben als Autos. Tja, jetzt wird es wohl nichts mit einem Grotrian-Steinweg von 1900, die Suche ist also auf der Seite eingeschränkt, aber in der Preisklasse die ich jetzt habe muss doch was zu finden sein