Warum muss man als Kind angefangen haben muss, um Pianist zu werden?

Ich glaube nicht, dass irgend ein Stück der Klavierliteratur grundsätzlich außerhalb deiner Reichweite liegt, es ist nur eine Frage von Zeit, Geduld und Übungsaufwand.

Das glaube ich nicht. Wenn man erst mit 23 anfängt, werden sogar ziemlich viele Stücke der Klavierliteratur grundsätzlich außerhalb der Reichweite liegen. Auch mit noch so viel Übeaufwand.
 
Gerald Hüther widerspricht dieser sogenannten Weisheit und meint, man kann auch mit 70 noch anfangen, Neues zu lernen. Wichtig ist die Begeisterung für die Sache.
Dann möge man mir auch nur einen 80jährigen Konzertpianisten zeigen, der mit 60 angefangen hat. Bei all den 60jährigen, die es weltweit vor 20 Jahren gab, muss doch einer dabei gewesen sein, der mit Begeisterung bei der Sache war.

Spaß bei Seite, natürlich kann man auch im hohen Alter noch neues beginnen, aber man sollte sich darüber im Klaren sein, dass man es nicht in dem Grad perfektionieren kann, wie jemand, der als Kind damit begonnen hat. Was aber natürlich nicht heißt, dass man keinen Spaß an der Sache haben kann.
 
Ich habe mal gelesen, dass man ungefähr 10.000 Stunden üben muss, um eine Chance auf eine profikarriere zu haben. versuch jetzt mal neben Job oder Studium noch so ein Pensum unterzubringen....
 
Menahem Pressler hat seine Solokarriere mit 80 gestartet....

Wirklich? Aus Wikipedia:

"Menahem Pressler (* 16. Dezember 1923 in Magdeburg)"

"1940 wurde er in die USA eingeladen, seitdem hat er seinen Vornamen geändert. Mit dem Gewinn des Debussy-Piano-Wettbewerbs in San Francisco studierte er in Kalifornien unter anderem bei Bruno Walter und begann eine Karriere als Solist. Seit 1955 lebt Pressler in Bloomington, Indiana."
 
Wirklich? Aus Wikipedia:

"Menahem Pressler (* 16. Dezember 1923 in Magdeburg)"

"1940 wurde er in die USA eingeladen, seitdem hat er seinen Vornamen geändert. Mit dem Gewinn des Debussy-Piano-Wettbewerbs in San Francisco studierte er in Kalifornien unter anderem bei Bruno Walter und begann eine Karriere als Solist. Seit 1955 lebt Pressler in Bloomington, Indiana."

Es geht um die Solokarriere! Mit Anfang 80 hat er sein Trio aufgelöst und in Rente wollte er wohl nicht gehen...
 
Hat er auch wirklich gut gespielt...
Hatte er andere musikalische Vorbildung
Das sind die Details, die ich nicht kenne. Arash Rokni, ein Schüler aus der Klasse von Prof. Jacques Ammon an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" in Leipzig. Gespielt hat er Fantasia und Fuge a-moll BWV904 von Bach und Isoldes Liebestod von Liszt/Wagner. Mit hat's gut gefallen, aber ich bin kein Klavier-Profi.
 
Das sind die Details, die ich nicht kenne. Arash Rokni, ein Schüler aus der Klasse von Prof. Jacques Ammon an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" in Leipzig. Gespielt hat er Fantasia und Fuge a-moll BWV904 von Bach und Isoldes Liebestod von Liszt/Wagner. Mit hat's gut gefallen, aber ich bin kein Klavier-Profi.

Ich habe Rokni ebenfalls gehört. Auf Youtube gibts es Einspielungen von ihm, u.a Liebestod, Brahms f-moll Sonate, Ligeti Fanfaren und Wettbewerbsbeiträge. Die enthusiastische Aussage vom Prof., dass er durchaus eine raketenartige Entwicklung zeigt, nämlich auf diesen Spielstand mit bisher etwa 7 Jahren formalen Klavierunterricht gekommen ist, ist durchaus nachzuvollziehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerald Hüther widerspricht dieser sogenannten Weisheit und meint, man kann auch mit 70 noch anfangen, Neues zu lernen. Wichtig ist die Begeisterung für die Sache.
Das gilt sinngemäß auch für den Tastenprofi, der mit Erlangung seines Hochschuldiploms längst nicht seine Lebensaufgabe zu Ende gebracht hat, ständig dazu zu lernen. Ein früherer Präsident eines Fachverbands für Berufsmusiker berichtete mir von seiner Begegnung mit dem legendären Unterhaltungspianisten aus dem Mövenpick in der Hamburger Gänsemarkt-Passage, der sich gerade in der Musikbibliothek mit Whitney Houstons Songbooks befasste, um den einen oder anderen Titel in sein pianistisches Repertoire aufzunehmen. Nein, mit der bislang beherrschten Literatur sei er noch lange nicht zufrieden. Er wolle nicht zum alten Eisen gehören, indem er auf die Möglichkeit verzichte, sich weiterzubilden. Zum Zeitpunkt dieser Unterhaltung war er gerade mal fünfundneunzig Jahre jung und konnte dann noch acht Jahre lang pianistisch auf aktuelle Trends reagieren. Wenn das nicht "Begeisterung für die Sache" ist - was dann sonst?

LG von Rheinkultur
 

Ich glaube nicht, dass irgend ein Stück der Klavierliteratur grundsätzlich außerhalb deiner Reichweite liegt, es ist nur eine Frage von Zeit, Geduld und Übungsaufwand.
Das Erlernen komplexer instrumentaltechnischer Abläufe und Spielvorgänge wird allerdings mit fortschreitendem Lebensalter nicht leichter. Gefragt sind dann auch Frustrationstoleranz, Belastbarkeit und Organisationstalent, da der erwachsene "Schüler" beispielsweise einen bürgerlichen Beruf hat und meist eine Familie ernähren bzw. versorgen muss. Letztlich ist "Erfolg" eine relative Angelegenheit, mit der man sich im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten arrangieren sollte, indem man realistische Ziele ansteuert. Dazu kommt der für professionelle Pianisten im Vergleich zur Zahl der Interessenten sehr "enge" Arbeitsmarkt, auf dem das Fußfassen in jungen Lebensjahren ein wichtiges Selektionskriterium ist. Das bedeutet keineswegs, dass als atypisch angesehene Karrierewege unmöglich sind - aber die geringe Zahl an Ausnahmen lässt erkennen, dass die in der Kindheit und Jugendzeit nicht erfolgten Ausbildungsschritte in späteren Lebensjahren mit immer geringer werdender Wahrscheinlichkeit nachzuholen sind. Allerdings stellt sich auch die Frage, ob pianistischer Erfolg ausschließlich als Solistenlaufbahn mit Einkünften, von denen man leben kann, definiert werden sollte. Ich würde diese Frage eindeutig mit Nein beantworten.

LG von Rheinkultur
 
Das geht nur in der Pension. Wenn man mit 60 anfängt und fleißig übt, kann man mit 80 durchstarten.
Andere Möglichkeit: Schon vor Erreichen des Ruhestandsalters wirtschaftlich ausgesorgt haben, indem man entsprechend begüterten Verhältnissen zugehörig ist, die einem den Überlebenskampf in der Arbeitswelt ersparen. Also Millionenerbe sein oder reich geheiratet haben und entsprechend viel Tagesfreizeit in eine künstlerische Laufbahn respektive Tätigkeit investieren können - und dann bereit sein, nicht nur sein vieles Geld arbeiten zu lassen und selbst einen entsprechenden Ehrgeiz entwickeln. Allerdings dürfte auch dieser Fall so vergleichsweise selten eintreten, dass er wohl kaum exemplarisch sein dürfte.

LG von Rheinkultur
 
Sogar heute noch gibt es ungewoehnlich Karrieren, z.B. Lucas Debargue...er hat wohl mit 10 angefangen und mindestens einmal laenger unterbrochen, jetzt mit 23 (?) immerhin den 5.(?) Platz beim Tschaikowski-Wettbewerb gewonnen.
Viele Gruesze
Jannis
 
Was das Hänschen nicht lernt, lernt der Hans nimmer mehr.
Dieser Spruch wird in allerhand Fäden allzu oft zitiert. Und wenn jemand sich gegen ihn ausspricht, werden Forderung an ihn gestellt, die kulturell bedingt kaum zu erbringen sind. Aber damit täuschen sich seine Anhänger womöglich nur selbst (tja, der Mensch ist Meister darin, sich selbst zu täuschen).
Machen wir mal einen Ausflug zur Forschung an Schimpansen. Das sind recht intelligente Tiere. Z.B. verstehen sie es, Nüsse mit Hilfe von Steinen zu knacken, indem sie einen großen Stein als Unterlage verwenden, die Nuss drauf, und dann mit einem kleinen Stein die Nuss zertrümmern; manchmal stabilisieren sie sogar den großen Stein mit Hilfe eines kleineren Steines. Die jungen Schimpansen lernen diese Technik im Alter von ein paar Jahren. Wer es mit 7 Jahren noch nicht kann, lernt es später nicht mehr.
Da haben wir doch den Beweis für eure Weisheit, nicht wahr? Das zeigt doch, daß bei Primaten (auch der Mensch zählt zu den Primaten) es eine Altersgrenze für das Erlernen von Techniken gibt!
Aber die Forscher haben das weiter untersucht. Wie lernen die jungen Schimpansen die Technik? Die erwachsenen erdulden ziemliche Störungen durch die kleinen. Wenn sie Nüsse knacken, gestehen sie es ihnen zu, ein paar Kerne zu mopsen (dadurch erfahren die jungen, daß in der harten Nuss ein schmackhafter Kern steckt), die Werkzeuge zu ergreifen und damit herumzuschlagen etc. Aber wenn die jungen ungefähr 7 Jahre alt sind, ist's vorbei: da werden sie von den erwachsenen verscheucht. Und dadurch kommt dieses Grenzalter zu Stande. (Wer sich mehr für die Schimpansenforschung interessiert, möge auf die Webseite von Tomonaga und seiner Gruppe schauen: http://www.pri.kyoto-u.ac.jp/ )
Dann nehme ich euch mit in ein kleines Kaff, in welchem ich aufwuchs (aber schon lange nicht mehr dort lebe). Als ich studierte, wurde ich von Gleichaltrigen oft gefragt: "Houst du imma nu niat ausglernt?" "Ausgelernt" - der perfektive Aspekt zu "lernen", ungefähr wie "ausgetrunken", so als ob es ein erschöpfendes Ende des Lernens geben sollte. In diesem intellektuell besonders auffälligen Dorfe ist Lernen eine Sache für Kinder und Jugendliche: nach 9 Jahren beendet man die Schule (mit oder ohne Abschluß), macht eine betriebliche Ausbildung, und danach hat man "ausgelernt"; da ist man ja schon mindestens 18 (manch einer sogar noch älter: wenn er eine Vertragsverlängerung für eine Klasse bekam), und mit 18 ist man erwachsen, da kann man doch nicht mehr lernen!
Aber auch anderswo findet sich diese Einstellung wieder. Schaut euch nur den Jugendwahn in vielen Unternehmen an: einem Erwachsenen traut man häufig nicht zu, auf dem neuesten Stand der Technik zu sein und zu bleiben; aber hier muß ich anfügen: zum Glück bessert sich das in den letzten Jahren.
Begeben wir uns nun zum Musikunterricht: er wird meistens für Kinder angeboten. Erwachsene Schüler sind in der Minderheit. Und wer spät einsteigt, ist häufig auch schon berufstätig, und hat auch gar nicht mehr das Ziel, eine Pianistenkarriere zu machen.
Und durch diesen kulturellen Umstand habt ihr eure Weisheit als sich selbst erfüllende These vor euch.
 
Hallo Bernhard,

nein, in keinster Weise ist dieser Spruch so gemeint!
Ich selbst habe als Erwachsener mehr am Klavier gelernt als als Kind. Insofern sind wir uns einig: Man lernt nie aus und als Erwachsener kann man Alles lernen! Aber man kann nicht alles erreichen, zumindest bei den Tätigkeiten, die eine sehr komplexe Feinmotorik benötigen. Egal ob Klavier, Tennis, Fechten.... das erreichbare Niveau ist, wenn man erst mit 30 anfängt, deutlich unter dem eines Kindes, selbst bei mehr Übestunden.
 
@Peter Da sind wir beide uns ja einig: wir werden einen Profi-Level nicht mehr erreichen. Aber ich gehe davon aus, daß ich ihn auch dann erreicht hätte, wenn ich als Kind angefangen hätte, Klavier zu spielen. Meine Fähigkeiten im nicht-deklarativen (oder impliziten) Lernen sind recht bescheiden (d.h. ich brauche recht lange, um Fingerfertigkeit zu erreichen).
Obige Weisheit könnte ich statt dessen als Begründung vorschieben...
 
Vermutlich hättest Du aber ein höheres Niveau erreicht, wenn Du als Kind angefangen hättest (beweisen lässt sich das natürlich nicht; man müsste sich clonen oder so).
"Profi-Level" erreichen eh die wenigsten.
 
Ich frage mich das immer beim Spracherwerb. Es heisst ja, dass man Sprachen nur bis zum 5. Lebensjahr auf Muttersprachniveau erlernen kann - ohne aktiv dafuer zu lernen - , und nur bis etwa zum 10. mit quasi perfekter Grammatik (wenn auch nicht unbedingt Aussprache).

Nun frage ich mich: Was wuerde wohl passieren, wenn man mich 10 Jahre lang bemuttern und mir alles, was man tut in einfacher, deutlicher, langsamer Sprache erklaeren wuerde, wobei man das Niveau konsistent steigert? Genau das ist es doch, was von der Geburt bis zum 10. Lebensjahr passiert. Je aelter man wird, desto "erwachsener" und selbststaendiger wird man, und desto geringer das sprachliche Entgegekommen.

Man kann das natuerlich nicht wirklich testen, und sicher veraendern sich auch Gehirnstrukturen und z.B. die Art des Hoerens und der Wahrnehmung. Aber vielleicht waere es (theoretisch) auch im Erwachsenenalter noch moeglich, eine Sprache rein uebers Hoeren zu lernen. Wenn man mindestens ein Jahr oder auch zwei Zeit hat, bis man die ersten Antworten gibt, nachdem die ganze Zeit auf einen eingeredet wurde? Ich glaube, das wuerde ich nach einem Jahr schaffen :-)
 
Du meinst das erste mal "Mama" sagen? :-D

An (Mutter)Sprache musste ich auch schon denken. Aber noch viel lieber stelle ich mir vor, wie es ist, wenn man mit 30 anfängt, laufen zu lernen. :-) Oder ähnlich komplexe Bewegungen.
Nach Schlaganfällen mit Lähmung müssen die Patienten ja auch mitunter vieles in der Motorik neu lernen, z.B. den Umgang mit dem linken Arm/Hand. Meines Wissens wird es nie wieder so gut wie es mal war. Ein ehemals sehr guter Gitarrist macht auf YT einen Vlog, auf dem er nach einem Schlaganfall täglich Gitarre übt (er muss wirklich Alles wieder komplett neu lernen, die Motorik neu aufbauen...die Verknüpfungen im Gehirn sind einfach weg). Sein altes Niveau, da ist er sich sicher, wird er nicht mehr erreichen.
 

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