Falls wir ausgemacht hätten, dass ich aufräume, die Zeit aber anderweitig vertändelt hätte, wäre ich zu Recht beschämt und würde mich sofort ans Werk machen. Andernfalls würde ich entgegnen: "Mach´s selbst, wenn es Dich stört."
Übrigens habe ich meinen Partner nicht als Lehrkraft engagiert, mit dem Ziel zu lernen, wie ich ein ordnungsliebenderer Mensch werde.
Eine Partnerschaft oder Freundschaft zwischen 2 Menschen ist aber NICHT mit dem Verhältnis Eltern-Kind oder Lehrer-Schüler zu vergleichen. Hier GIBT es ein Gefälle: Der eine ist als Bestimmer definiert und kann und weiß mehr. Daraus ergibt sich auch ein anderer Umgang, weswegen Vergleiche mit Partnerschaften unpassend sind.
Michael Winterhoff analysiert jedoch sehr treffend, dass heute von Eltern und Lehrern dieses "Gefälle" aus "gutgemeinten" Motiven heraus immer mehr eingeebnet wird (bis hin zur psychologischen "Symbiose" bei Eltern gegenüber ihren Kindern), wodurch sich vielfältige entwicklungs- und lernmäßige sowie gesellschaftliche Probleme ergeben, mit denen wir zu kämpfen haben.
Exakt. Auch eine andere Haltung ergibt sich daraus: Ich schaue zum Lehrenden auf, er hat für mich Vorbildcharakter, ich stelle seine Aufgabestellung (zunächst) nicht in Zweifel. In einem ganz bestimmten Punkt gibt es keine Augenhöhe: Jemand Anderes kann etwas, ich will es lernen, also "unterwerfe" ich mich freiwillig seiner Kompetenz und bezahle sogar dafür.
Liebe Barratt, lieber hasenbein,
ihr seid der Meinung, dass es ein Gefälle gibt zwischen Lehrer und Schüler und Vergleiche mit Partnerschaften unpassend sind. Du, liebe Barratt, schreibst, "in einem ganz bestimmten Punkt gibt es keine Augenhöhe".
Und das ist völlig richtig, denn dieser "Punkt" besteht in dem Wissensvorsprung des Lehrers. Der Lehrer entscheidet, was wie gelernt werden soll und welcher Weg im Klavierunterricht eingeschlagen wird. Er wird als guter Lehrer seine Autorität und seinen Einfluss so nutzen, dass die Unterrichtsinhalte den Schüler und seine Fähigkeiten im Blick haben. So werden individuelle Wege beschritten, die für den Schüler und seine musikalisch-pianistische Entwicklung möglichst optimal sind.
Dazu ist eine intensive Zusammenarbeit mit dem Schüler notwendig. Man arbeitet als Team zusammen, auch mit Kindern. Es entwickelt sich eine Beziehung zwischen Lehrer und Schüler, die im guten Fall von Achtung, Wertschätzung und Vertrauen geprägt ist. Sie wird durch die Art des Umgangs miteinander, durch die verbale und non-verbale Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler, die so entstehende Unterrichtsatmosphäre getragen.
In dieser Lehrer-Schüler-Beziehung gibt es zwei Menschen. Und diese Menschen sind selbstverständlich gleich "wert", ihre Bedürfnisse sind gleich wert und im besten Fall nimmt jeder den anderen ernst. Ganz unabhängig vom Alter. Beziehungen sollten IMMER auf Augenhöhe sein - es geriete das Beziehungsgefüge ins Wanken, wenn die Bedürfnisse des einen mehr wert wären als die des anderen, wenn der eine mehr wertgeschätzt würde als der andere.
Die Lehrer-Schüler-Beziehung ist die Grundlage, auf der gearbeitet wird. Störungen in der Beziehung haben immer Störungen in der gemeinsamen Arbeit zur Folge. Manchmal auch umgekehrt. Störungen in der gemeinsamen Arbeit sind für einen erfolgreichen Unterricht kontraproduktiv, also sollte man versuchen, sie zu aufzulösen.
Es ist unmöglich, als Pädagoge nur an der Sache zu arbeiten, denn man arbeitet mit Menschen zusammen, deren Fähigkeiten man ausbauen will. Das erste, was man oft von Wiedereinsteigern hört, sind teilweise schreckliche Erfahrungen, die sie als Kinder mit ihren Klavierlehrern gemacht haben. Da wird nicht von der Sache gesprochen, dem Klavierspielen, sondern davon, dass im Takt auf ihren Rücken geschlagen wurde, an den Ohren gezogen wurde, sie angebrüllt wurden u.v.a.m.. WIE man etwas beibringt, kann man nicht von dem, WAS man beibringt, trennen.
Mit ist in meinem Unterricht sehr wichtig, dass ich mit all meinen Schülern, Kindern wie Erwachsenen, an einem Strang ziehe und sobald ich das Gefühl habe, dass das nicht der Fall ist, reagiere ich.
Für diejenigen, die denken, eine Beziehung habe in der pädagogischen Arbeit nichts zu suchen, sondern man solle sich um die Sache kümmern, zitiere ich Watzlawick, der sagte, man könne nicht nicht kommunizieren. Es stellt sich IMMER eine Beziehung welcher Art auch immer zwischen Menschen ein, wenn sie an etwas arbeiten. Immer erzeugt das Tun auch Gefühle verschiedenster Couleur, die mit der Sache eng verbunden sind.
In der Beziehung zu meinen Schülern bin ich also in jedem Fall "auf Augenhöhe". Wenn jeder zufrieden ist und die Bedürfnisse von Lehrer und Schüler befriedigt werden, ist das eine sehr fruchtbare und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Lernen ist jedoch immer auch mit Frustration verbunden, mit Krisen, Selbstzweifeln, Ärger etc.. Dabei kann es zu Konflikten kommen, bei denen die Bedürfnisse beider Seiten nicht mehr befriedigt werden.
Im vorliegenden Fall gibt es so einen Konflikt (es gibt sogar mehrere, weil noch die Eltern involviert sind, aber ich konzentriere mich nur auf den Konflikt zwischen
@sweetchocolate und ihrem neuen Schüler). Sie beschreibt ihren Schüler zunächst als sehr musikalisch.
Sie wendet sich an uns mit der Bitte um eine Einschätzung und beschreibt folgenden Unterrichtsverlauf:
Fortsetzung folgt