Chiarina, auch Du bist offenbar total gebrainwasht durch das verbreitete Narrativ, dass es pöhse sei, jemanden zu beschämen.
Wie immer teile ich deine Ansichten zu diesen Dingen in keinster Weise. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass es beim Lernen, beim Erwerb und bei der Entwicklung bestimmter Fähigkeiten, hier das Klavierspielen, immer auch zu sog. negativen Emotionen kommt wie Frustration, Unzufriedenheit, Angst und auch Scham. Solche Gefühle gehören zum Leben und Lernen dazu. Es ist aber etwas ganz anderes, ob jemand Scham empfindet oder ob jemand beschämt wird. Dazu weiter unten mehr.
Junge Leute kommen bei Verspätung nicht mehr mit eingezogenem Schwanz reingeschlichen und murmeln "Entschuldigung", sondern zelebrieren das nicht selten regelrecht als Auftritt: "Heyyy, Leute, sorry, hier bin ich! Was geht?" Lampenfieber ist beispielsweise nach meiner Beobachtung bei jungen Leuten auch stark im Abnehmen begriffen, was ich NICHT als positives Zeichen sehe, sondern als Zeichen zunehmender "Indolenz" und zunehmender narzisstischer Tendenzen.
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Ich wundere mich regelmäßig bei deinen Schilderungen der Jugendlichen, mit denen du zu tun hast. Vielleicht solltest du dich mal fragen - so wie du auch
@Gegenspieler gefragt hast, warum er so viele solche Schüler hat mit Rückschlüssen auf seine pädagogischen Fähigkeiten -, warum du immer auf solche Jugendlichen triffst.
Vielleicht passt da ja das eine mit dem anderen gut zusammen. Mir passiert sowas nie und ich meine tatsächlich nie. Mir wird sehr viel Respekt entgegengebracht und vielleicht liegt das daran, dass ich auch anderen Respekt entgegenbringe.
Mir ist es ein großes Anliegen, dass Schüler selbst auf die Dinge kommen. Das nenne ich pädagogische Arbeit. Und das bezieht sich nicht nur auf musikalische Dinge, sondern auch auf die gemeinsame Arbeit an der Sache. Wenn das Ziel eines Lehrers ist, den Schüler zu beschämen, ist das ein Armutszeugnis für seine pädagogischen Fähigkeiten. Ich habe da ganz andere Möglichkeiten (s.
Gordon-Modell). Ich fordere den Schüler bei Problemen heraus und kann da sehr hartnäckig sein. Dabei KANN auch Scham entstehen.
Es ist sehr wertvoll für den Schüler, wenn er aus eigener Kraft aus der Misere gelangt! Das möchte ich ihm ermöglichen! Er lernt dabei viel über sich selbst, über seine Verhaltensmuster, erlangt durch die Bewältigung Selbstbewusstsein u.a..
Die Küchenpsychologie sollte man dabei lieber da lassen, wo sie hingehört. Vermutungen über die Gründe und Ursachen eines Verhaltens sind vollkommen fehl am Platz und stimmen meistens nicht. Mich interessiert nur das, was gerade ist.
Liebe Grüße
chiarina