Wenn Du den Unterricht auf eine Gruppe fokussierst, macht genau diese Gruppe natürlich keinen Ärger. Aber alle anderen.
Unangenehmer Nebeneffekt: Permanent unterforderte Kinder lernen nicht das Lernen. Irgendwann kommt der Augenblick, wo die Materie zu komplex wird, um ihnen einfach zuzufliegen. Dann müssten sie sich dahinterklemmen. Manche blühen dann richtig auf und werden Spitzenleute. Viele aber verweigern sich in Unkenntnis echter Lernstrategien und bleiben Universaldilettanten. Der unangemessen leichte Schulstoff fordert sie nie, sich wirklich etwas zu erarbeiten.
Bezogen auf die Differenzierung des Unterrichtsstoff in einer Klasse finde ich die oben genannten Sätze sehr wichtig und richtig!
Zunächst kann ich Barratts Frust bzgl. der offenbar massiven Unterforderung in ihrer damaligen Schulklasse sehr gut verstehen! Es wurde überhaupt nicht auf ihre Bedürfnisse nach angemessener Förderung, nach lebendigem und spannenden Unterricht eingegangen (die Bedürfnisse wurden vermutlich gar nicht gesehen), sondern sie musste sehen, wo sie bleibt.
Man sieht auch schön, dass Kinder normalerweise nicht ihre Bedürfnisse artikulieren, sondern sich damit abfinden (müssen). Barratt war offenbar eine nette Schülerin, denn sie hat ihrem Unmut nicht durch Störungen des Unterrichts, durch Quatschmachen etc. Luft gemacht, sondern ihn unterdrückt, um den Unterrichtsablauf nicht zu stören. Andere hochbegabte Kinder, besonders Jungen, können da ganz anders agieren und deshalb schaut man bei Störern oft, ob sie nicht vielleicht hochbegabt sind. Auch hier versucht man das Bedürfnis, das hinter dem Verhalten steckt, zu ergründen.
Was mich wundert: hast du keine Klasse übersprungen? Wenn ein Kind sehr intelligent ist und in allen Fächern allen weit voraus ist, wird das normalerweise so gehandhabt. Denn bei aller Differenzierung kann ein Unterricht nicht leisten, ein Kind im Bruchrechnen zu unterrichten, wenn die anderen noch mit dem kleinen Einmaleins Schwierigkeiten haben.
Was die sehr gut beschrieben Problematik angeht, dass permanent unterforderte Kinder nicht das Lernen lernen, kann ein gut geführter Unterricht dagegen wirken, indem in kleinen Teams von zwei oder drei Kindern der Bessere den Schwächeren den Sachverhalt erklärt. Man lernt sehr, sehr viel, indem man anderen etwas erklären bzw. beibringen muss, man lernt dabei auch das Lernen und Strukturieren eines Sachverhalts. Früher wurde das eher nicht gemacht - heute gehört es zum schulischen Alltag dazu.
Differenziert wird im Unterricht (Grundschule) u.a. so , dass den Schülern drei Sorten Arbeitsblätter mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad zur Verfügung stehen, aus denen sie auswählen dürfen. Früher wurde so etwas nicht gemacht. Der erste Satz von Kalivoda (s.o.) ist nämlich auch sehr richtig: Kinder brauchen Angebote von unterschiedlichen Lernwegen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad und wenn sie nur einen Weg mit einem Schwierigkeitsgrad bekommen, machen sie Ärger, wenn sie nichts verstehen.
Kinder wollen lernen und wollen Erfolg haben. Sie sind begeistert dabei und diese Begeisterung und Lernbereitschaft wird leider manchmal im Keim erstickt. Dazu zählen Misserfolge in der Schule, zu wenig Bewegung, zu großer Medienkonsum, zu viel Unruhe im Tagesablauf etc.. Dann kann aus den staunenden I-Männchen ein Störenfried werden, der nicht nur sich selbst stört, sondern auch alle anderen. So etwas betrübt mich sehr.
Liebe Grüße
chiarina