@Anna_ s Beispiel mit der 7 Jährigen kann man so auch abkürzen:
a) Falls es vorher die Regel gab, täglich Hausnummer mindestens 15 Minuten zu üben und dies auch klar kommuniziert wurde (Eltern+Schülerin), dann hat die 7 jährige einen Regelverstoß begangen (denn sie hat ja nicht geübt).
b) War dies nicht der Fall hat die 7 jährige wenig verbrochen, denn als 7 jährige muss ihr noch nicht klar sein das nur regelmäßiges Üben ein Verbesserung des Klavierspiels mit sich bringt.
Lieber Viva La Vida,
die Übezeit als einziges Kriterium zu betrachten, haut leider nicht hin. Du glaubst nicht, wie brav man am Klavier sitzen kann und wie absolut nichts dabei herauskommen kann, wenn man keine Lust hat, das Üben auch mit Inhalt zu füllen.
Ich sehe es nicht die Aufgabe des Klavierlehrers die Gründe zu hinterfragen, wenn jemand nicht übt. Man kann dies natürlich tun und man wird das ansprechen, aber letztendlich ist es die Aufgabe des Schülers und der Eltern sich so „anzustrengen“ dass regelmäßig geübt wird. Alles andere ist ja eine Respektlosigkeit gegenüber dem Unterricht.
Eine Klavierstunde sollte keine Therapiesitzung sein, das ist nicht ihr Auftrag.
Ich begreife nicht, dass es eine Therapiesitzung sein soll, wenn man mit dem Schüler mangelndes Üben bespricht. Wir sind schließlich auch Pädagogen und was machen die? Wahrscheinlich was mit Bildung und Erziehung!
Dazu gehört auch der Umgang mit Krisen. Ich sehe es selbstverständlich als Aufgabe des Lehrers, den Schüler bei einer Krise nicht sofort rauszuschmeißen, sondern ihn zu lehren, Krisen als Chancen zu begreifen. Eben nicht sofort das Handtuch zu werfen, sondern an sich zu arbeiten!
Krisen gibt es fast immer! Eine kritische Zeit ist der Übertritt, also die Zeit nach der Grundschule (Aufbauschule). Eine weitere die Pubertät. Dann kann es sein, dass der Lehrer Fehler im Unterricht macht und zum Beispiel ein zu schweres Stück aufgibt oder neue musikalische Elemente nicht sinnvoll einführt, so dass der Schüler das einfach nicht verstanden hat. Hier werden KL dauernd als Kack-Klavierlehrer bezeichnet und plötzlich sollen sie noch nicht einmal ihren Unterricht hinterfragen, wenn der Schüler mal eine Krise hat?
Bei einem gut geführten Konfliktgespräch kommt man fast immer schnell auf den Punkt, sieht, wo es hakt und kann handeln (man verändert etwas im Unterricht, handelt Absprachen aus, beendet den Unterricht, wenn sich herausstellt, dass der Schüler tatsächlich das Interesse verloren hat .....). Das ist doch viel besser, als ohne Gespräch entweder zu warten, ob es besser wird (wird es meistens nicht) oder den Schüler rauszuschmeißen!
Ich finde höchst erstaunlich, was für eine Vorstellung in der Arbeit mit Kindern hier manchmal zutage kommt. Im Job werden Mitarbeitergespräche als sehr wichtig angesehen, oft gibt es bei Konflikten Supervision. Da redet keiner von Therapie oder betrachtet das als Therapiesitzung.
Erwachsene Klavierschüler würden erst gar keinen Unterricht bei jemandem nehmen, der nicht auf sie und ihre Lebensumstände eingeht. Es kommt im Unterricht mit Erwachsenen durchaus vor, dass man sich über Zielsetzung, Bedürfnisse und Wünsche der Schüler unterhält, sogar schon gleich in der ersten Stunde. Ist das dann auch eine Therapiesitzung?
Man kann natürlich seinen Unterricht so gestalten, dass man vorab sagt: jeder, der nicht Leistung bringt und regelmäßig übt, fliegt. Hatten wir alles schon und gibt es manchmal auch heute noch. MEIN Ding ist das aber nicht. Ich bin der Meinung, dass ich den Schüler durch meine Arbeitsweise und meine Haltung deutlich mehr herausfordere, Stellung zu beziehen und sein Verhalten (im Falle von Nicht-Üben) zu verändern. Ich vermute sogar, dass es an dieser Haltung und der damit verbundenen Kommunikation liegt, dass ich solche Probleme wie hier im Faden nicht habe.
Neben der musikalischen und pianistischen Entwicklung sind weitere Ziele für den Klavierunterricht Selbständigkeit, Persönlichkeitsentwicklung, Selbstbewusstsein, Verantwortungsbewusstsein.... Der Schüler soll auf diese Weise zu einem persönlichen und charaktervollen Spiel gelangen - musikalische Reife ist nicht denkbar ohne persönliche Reife.
Aber wie erlangt man Selbstkontrolle, Problemlösekompetenz, Verantwortungsbewusstsein, Charakterstärke? Indem alle Lehrer, denen dieses Kind begegnet, sich auf ihr Fach berufen und sagen, mit der Herausbildung der Persönlichkeit haben sie nichts zu tun?
Ich bin nicht dieser Meinung! Ich begleite den Schüler einen Stück weit auf seinem Lebensweg und werde ihn selbstverständlich dabei auch persönlich begleiten und bei Krisen nicht gleich das Handtuch werfen.
Liebe Grüße
chiarina
P.S.: Was den "Rausschmiss" angeht: klar kann man Begriffe unterschiedlich definieren. Ich verstehe ihn halt so, wie er oft in der Politik und Wirtschaft verwendet wird. Ich kenne Musiker, die rausgeschmissen wurden - das lief genauso ab, wie ich das oben beschrieben habe. Ich sehe es wie Dorforganistin:
Wenn also nun "Rausschmiss" für den einen einfach "nur" bedeutet, dass ein Unterrichtsverhältnis beendet wird, und für einen anderen bedeutet es, dass man sich "streitend trennt", und für den einen geht dem Ganzen ein Lösungsversuch (oder mehrere) voraus und für den anderen impliziert das Wort, dass es keine Lösungsversuche gab, dann hat weder der eine noch der andere grundsätzlich und immer recht, sondern man muss (oder könnte) sich drüber verständigen, was die Absicht der Wortwahl war und wie sie angekommen ist (Bedeutung).
Und dann auch (wieder einmal) feststellen, dass eben nicht alles so ist.