Musikalität entwickeln - wie macht man / ihr das?

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Gut - also was ist Musikalität jetzt eigentlich?

Musikalität ist die Fähigkeit, Musik zu erfassen, und zu "verstehen". Bei uns Menschen kommt unweigerlich noch ein anderes Element hinzu: Musik zu geniessen. Denn Musik macht uns Menschen Freude - weil sie in uns direkt Gefühle weckt, und durch ihre Kunstfertigkeit auch fesseln und faszinieren kann.

So würde ich das definieren.

Das erstaunt vielleicht auf den ersten Blick. Musikalität ist also etwas, das nach innen gerichtet ist, und nicht nach aussen. Musikalität ist etwas, das wir in uns erleben, in unserem Innenleben, in unserer Seele.

Aber sie ist auch eine der Voraussetzungen, um selber gut musizieren zu können. Denn man muss auch in der Lage sein, das selbst zu bewerten und zu beurteilen, was man hinsichtlich Musik selbst produziert und erzeugt.
 
Für mich bedeutet Musikalität zum einen, dass ich in der Lage bin, ein Musikstück in der Umsetzung so zu gestalten, dass ich damit das ausdrücken kann, was ich will und dass es so klingt wie ich will.
Das ist aber eigentlich der kleinere Part.

Der große Brocken und die eigentliche Musikalität ist ja die Frage und Idee, was ich überhaupt ausdrücken will und wie es denn klingen könnte oder sollte. Dazu muss man ja erst einmal eine recht präzise Idee entwickeln und dann die passenden Stilmittel und Stellschrauben kennen, die das bewirken können.

Und Part 3 der Musikalität wäre, dass ich, wenn ich Musikern zuhöre, definieren kann, was die denn da gerade musikalisch machen (oder was der Komponist gemacht hat), damit es klingt, wie es klingt.
 
Ich verstehe Musikalitaet als etwas, was in einem ist, ein Samen, ob der schon immer da war oder ob er gepflanzt wurde, das weiss ich nicht. Es ist ein Ansatz da, der sich durch Hoererfahrung (und einem immensen Gefallen an der gehoerten Musik) entwickeln kann.

Das habe ich auch so erlebt, ob ich das Erlebte richtig interpretiere, das weiss ich auch nicht, aber ich erzaehle es mal:
Ich hatte als Kind ein Jahr Unterricht, 50 Jahre spaeter verspuerte ich das absolute Beduerfnis, Klavierspielen zu lernen: Ein halbes Jahr autodidaktisch, dann die Probestunde mit einem KL: Ich erzaehlte ein bisschen ueber meine musikalische Vergangenheit, dann nahm der KL ein Notenbuch, stellte es auf den Staender, jetzt spielen wir mal.
Es war ein vierhaendiges Stueck, ich rechte und linke Hand, die gleichen Noten um eine Oktave versetzt, Fuenfton-Raum, ganze, halbe und Viertel-Noten, Pausen. Ich kam fehlerfrei durch, das Schoene war, das fuehlte ich schon waehrend des Spiels, wie mich die Begleitung des KL trug, wie schoen meine langen Noten oder die Pausen waren, wie richtig mein Einsatz danach klang. Dann der Satz des KL: Du bist sehr musikalisch.
Ob ich nun sehr oder nur ein bisschen musikalisch bin, das weiss ich auch wieder nicht, ich spuere nur, dass da etwas da war, was allein durch Hoererfahrung wachsen konnte.
 
Hierzu fällt mir eine Situation von neulich ein. Ich spiele nun seit einiger Zeit auch mit Leuten vierhändig und sprach eine Freundin der Tochter an, ob sie auch mal Lust hätte, was Leichtes vierhändig zu spielen. Sie spielt seit 6 Jahren Klavier.

Ich schlug Noten von Diabelli vor, Op.149 Nr. 19. Ihre Vorbemerkung, ich müsste mich aber an sie anpassen, sie hätte ihren eigenen Rhythmus, konnte ich nicht recht deuten und sagte, dass wir dafür ja die Noten hätten.

Wir teilten uns nur die Primo auf für den Anfang und das war auch gleich das Ende.
Sie hatte überhaupt keine Idee von Notenwerten, es klappte überhaupt nicht, egal, wie ich zählte und klopfte- anderes sprach ich gar nicht erst an.



Musikalität ist für mich eine grundlegende, angeborene Kompetenz, zumindest einzelne Komponenten, Aspekte, intuitiv erfassen zu können. Manche haben davon viel angelegt, manche wenig, manche wohl nichts?
Diese ungeschulte Basis wird durch Musik hören, erleben sowie in besonderem Maße durch Erlernen eines Instruments oder Gesangsunterricht weiterentwickelt und verfeinert.



Andere Begebenheit fällt mir ein: Eine Sinti/Roma sitzt auf der Straße in der Dunkelheit zum Betteln und singt. Es war so wunderschön, ihre Stimme dunkel, stark und klar, ich musste 10 Euro geben. :herz:

(Kleine Ergänzung zu Diabelli: Meine Tochter tritt hinter mich, als ich die Secondo von Diabelli fürs Spielen mit meiner Freundin übte und singt die Primo dazu mit, weil sie schon paar Mal gehört hatte, wie ich sie spielte. Ebenfalls :herz: )
 
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Jetzt hat mir meine neue KL ein geniales Übungsheftchen namens "Tastenforscher" mitgegeben. Das Heft richtet sich eigentlich an Kinder, aber ich muss sagen, dass die Übungen viel musikalisches Vokabular und seine Umsetzung beschreiben, das ich so vermisst habe. Da gibt es so nette Übungen namens "in die Tasten schmiegen", "Wassertröpfchen", "anpirschen und wegrennen" oder"der Grashüpfer". Und dann steht teiweise dabei, wie das genau zu spielen ist, samt Armbewegung etc. Und dann hat sie mir angekreuzt: "Für die fremden Länder brauchen wir das..., ... und .... ".
Ist es das?
https://www.amazon.de/Tastenforsche...hvlocphy=&hvtargid=pla-4583726541829526&psc=1
 
Für mich bedeutet Musikalität zum einen, dass ich in der Lage bin, ein Musikstück in der Umsetzung so zu gestalten, dass ich damit das ausdrücken kann, was ich will und dass es so klingt wie ich will.
Das klingt für mich eher nach Technik: die Technik braucht man für ein Musikinstrument, damit ich es (mühelos und gezielt) so spielen kann, dass alles so klingt, wie ich es mir vorstelle. Der Erwerb von Technik macht einen grossen Teil der Zeit aus, wenn ich Musizieren erlernen will. De Facto ist das dann "motorisches Lernen", wobei das eigene Ohr immer wieder das Ergebnis kontrolliert und überwacht.

Zu einem guten Musizieren gehört auch, dass ich alle Möglichkeiten kenne, die mir ein Instrument bietet (Klangfarben/Facetten usw.) und diese geschickt im Sinne meiner musikalischen Intentionen dann für ein Musikstück auswähle und einsetze.

Der große Brocken und die eigentliche Musikalität ist ja die Frage und Idee, was ich überhaupt ausdrücken will und wie es denn klingen könnte oder sollte. Dazu muss man ja erst einmal eine recht präzise Idee entwickeln und dann die passenden Stilmittel und Stellschrauben kennen, die das bewirken können.

Welche Stellschrauben es gibt, darüber muss man sich im Klaren sein (zum Beispiel: Spieltempo, Gleichgewicht von Stimmen, das Setzen von Kontrasten uvam).

Und Part 3 der Musikalität wäre, dass ich, wenn ich Musikern zuhöre, definieren kann, was die denn da gerade musikalisch machen (oder was der Komponist gemacht hat), damit es klingt, wie es klingt.
Das finde ich eher für einen Komponisten wichtig. Der muss wissen, wie man welche Effekte erreichen kann (durch Einsatz von Instrumenten, Harmonik usw). Als Zuhörer kann ich mich darauf beschränken, diese Effekte zu erkennen und zu geniessen.

Ich verstehe Musikalitaet als etwas, was in einem ist, ein Samen, ob der schon immer da war oder ob er gepflanzt wurde, das weiss ich nicht.

Musikalität in ihrer natürlichen Form (die Freude an Tönen und Rhythmen) ist dem Menschen angeboren. Deswegen ist auch jeder Mensch musikalisch. Es scheint mir aber so zu sein, dass manche Menschen sich mehr, und andere weniger, dafür entscheiden, sich mit der eigenen Musiklität und mit Musik zu beschäftigen, und diese "Welt" ergründen und erforschen zu wollen.

Ob ich nun sehr oder nur ein bisschen musikalisch bin, das weiss ich auch wieder nicht, ich spuere nur, dass da etwas da war, was allein durch Hoererfahrung wachsen konnte.

Das Hören von Musik ist von zentraler Bedeutung, wenn man musikalischer werden will. Man kann von all den grossen Musikern und Komponisten lernen, wieviel (fast unerschöpfliche) Ausdrucksmöglichkeiten und Formen an Musik, und Arten sie zu gestalten, es so gibt.

Wobei ein Komponist nur eine Vorlage liefert. Der Musiker ist es, aus dieser Vorlage erst Musik (=per Definitionen etwas, das ich Hören kann) macht.
Und da kommen wir langsam zu einer wichtigen Erkenntis: ist jede Musik von jedem Musiker eigentlich immer gleich gut?
 
Und wie verläuft nun die Entwicklung von Musikalität?

Das war bei uns allen am Anfang gleich: als Kleinkind entdecken wir schon intuitiv (wie gesagt: das ist uns sogar angeboren), dass Rhythmen und Töne irgendwie Spaß machen.

Nach und nach lernen wir spielerisch durch Kinderlieder u.ä. den grundsätzlichen Aufbau des abendländischen Tonsystems. Die Einteilung der Oktave in Halbtonschritte und die Bildung unserer Dur- und Moll-Tonleiter usw. sind nämlich keine natürliche Vorgabe, sondern eine menschengemachte. Die sich aber als überaus mächtig und sinnvoll und brauchbar für unser Musizieren erwiesen hat ; -)

Wir lernen Rhythmus und Taktarten und erfahren die Wirkung davon auf uns. Und mache Menschen wollen dann immer mehr davon.
Immer mehr von - Musik ; -)

In der Schule erfahren wir dann, was Intervalle und Dreiklänge sind, und ein paar grundlegende Begrifflichkeiten. Nennt sich auch Musiktheorie.

Viele sind zu dem Zeitpunkt schon soweit, dass sie sich für weniger komplexe Musikformen begeistern können (Pop, Rock, Schlager). Und das gerne und oft hören. Und neugierig sind auf die vielen musikalischen Ideen, die Menschen dabei schon hatten.
Irgendwann merkt man aber normalerweise, dass es da noch mehr gibt.

Als Königin der Musik darf die Klassik (genauer: die Kunstmusik) gelten. Sie wartet mit den insgesamt anspruchsvollsten und komplexesten Musikstücken auf.

Aber damit fängt man nicht an, wenn man seine Musikalität entwickeln will. Eine Sinfonie oder ein gutes Klavierkonzert (insbesondere ein gut dirigiertes!) über seine ganze Länge verstehen, verfolgen und geniessen zu können, das kommt erst mit der Zeit.

Die Entwicklung der Musikalität verläuft immer vom eher Einfachen hin zum Komplexeren. Sobald man das Einfache verstanden und begriffen hat, kommt normalerweise der Wunsch nach Komplexerem. Das dann wieder auch einen höheren Reiz haben kann.
 
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A propos Tiere und Musik
 

Deswegen schrieb ich auch: "die insgesamt anspruchsvollsten Musikstücke".

Übrigens will ich keineswegs Popmusik o.ä. irgendwie abwerten! Man kann einfach nicht sagen, dass Klassik "besser" sei als Pop oder Jazz.

Jede Musikform hat ihre Berechtigung. Und ihre Stärken. Ich selbst höre z.B. auch gerne guten Pop, oder Jazz.
 
Als Königin der Musik darf die Klassik (genauer: die Kunstmusik) gelten. Sie wartet mit den insgesamt anspruchsvollsten und komplexesten Musikstücken auf.

Ich habe z.B. von Gamelan oder klassischer nordindischer Musik zuwenig Ahnung, als das ich mich da so weit aus dem Fenster lehnen würde. Mit einemn gerüttelt Maß An Eurozentrismus mag man so eine Behauptung eher aufstellen. :-)

Grüße
Häretiker
 
Musikalisch ist man oder nicht. Hat man in der Kindheit (idealerweise noch davor) ausreichend Kontakt mit Musik, braucht man nicht viel zu "entwickeln".
Beispiel Rhythmusgefühl: wer musikalisch ist, klopft vorgegebene Rhythmen automatisch richtig nach. Takte werden ebenso gleich erkannt ohne groß herumzuzählen.
 
Ich habe z.B. von Gamelan oder klassischer nordindischer Musik zuwenig Ahnung, als das ich mich da so weit aus dem Fenster lehnen würde. Mit einemn gerüttelt Maß An Eurozentrismus mag man so eine Behauptung eher aufstellen. :-)

Soweit ich weiß, ist der Kunstschatz der europäischen Kunstmusik tatsächlich einzigartig in der Welt, was Vielfalt und Größe betrifft.

Musikalisch ist man oder nicht. Hat man in der Kindheit (idealerweise noch davor) ausreichend Kontakt mit Musik, braucht man nicht viel zu "entwickeln".
Beispiel Rhythmusgefühl: wer musikalisch ist, klopft vorgegebene Rhythmen automatisch richtig nach. Takte werden ebenso gleich erkannt ohne groß herumzuzählen.

Allerdings erschöpft sich Musikalität nicht im Mitklopfen von Takten. Da geht es eher um so etwas wie wahrnehmen, was in einem Musikstück alles drinsteckt. Was es transportiert, wie der Musiker sich ausdrückt, was er ausdrückt. Und ob er das - im Vergleich zu anderen Musikern - vielleicht besonders gut macht, oder nicht.
Ob er besonders gute, oder einzigartige musikalische Ideen zur Gestaltung hat. Dazu muss bzw. sollte man natürlich viele musikalische Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten kennengelernt (sprich: gehört und aufgenommen) haben.

Manche Sachen können tatsächlich "von selbst" kommen. Zum Beispiel, kann ich etliche Konzerte von Anfang bis Ende mitsingen bzw. mitsummen. Manchmal sogar mit einer zweiten Stimme. Ich habe nie irgendwie gebüffelt oder geackert dafür. Das kam bei mir ganz von selbst, allein durch das gerne und oft hören, und den Genuß an allem, was in einem guten Konzert drinstecken kann: die aufbauenden Entwicklungen, Wendungen, die besonderen musikalischen Ideen, die wechselnden Stile und so fort.
 
Allerdings erschöpft sich Musikalität nicht im Mitklopfen von Takten. Da geht es eher um so etwas wie wahrnehmen, was in einem Musikstück alles drinsteckt. Was es transportiert, wie der Musiker sich ausdrückt, was er ausdrückt. Und ob er das - im Vergleich zu anderen Musikern - vielleicht besonders gut macht, oder nicht.
Ob er besonders gute, oder einzigartige musikalische Ideen zur Gestaltung hat. Dazu muss bzw. sollte man natürlich viele musikalische Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten kennengelernt (sprich: gehört und aufgenommen) haben.

Manche Sachen können tatsächlich "von selbst" kommen. Zum Beispiel, kann ich etliche Konzerte von Anfang bis Ende mitsingen bzw. mitsummen. Manchmal sogar mit einer zweiten Stimme. Ich habe nie irgendwie gebüffelt oder geacktert dafür. Das kam bei mir ganz von selbst, allein durch das gerne und oft hören, und den Genuß an allem, was in einem guten Konzert drinstecken kann: die aufbauenden Entwicklungen, Wendungen, die besonderen musikalischen Ideen, die wechselnden Stile und so fort.
Viel zu viel Blabla. Das, was hinterher daraus gemacht wird, baut nur auf vorhandene Strukturen auf, baut diese aus. Natürlich kann man auch viel an Grundlegendem lernen, das man nicht "mitbekommen" hat. Beispiel: Stimmen des Instrumentes (Geige, Gitarre) mithilfe eines Gerätes, den Ton beim Singen zu treffen kann man auch üben etc.
 
Das Stimmen eines Instrumentes hat wenig mit "Musikalität" zu tun.

Und falsch ist auch, dass man Musikalität nicht entwickeln müsste - oder entwickeln könnte. Wäre das so, dann wäre jeder von uns ein Horowitz.

Musikalität hilft aber enorm dabei, die Einzigartigkeit und Faszination mancher seiner Interpretationen wirklich zu erkennen und nachzufühlen.
 
Soweit ich weiß, ist der Kunstschatz der europäischen Kunstmusik tatsächlich einzigartig in der Welt, was Vielfalt und Größe betrifft.

Hast Du da Belege für? Es interessiert mich einfach und ich sehe die Gefahr, dass man die Welt durch die Augen sieht, die man kennt. Oder eher durch die Ohren hört, die man kennt.

Ich habe mal 'Konnakol' gegoogelt und fand direkt dieses interessante Video:


Und hier etwas näher erklärt:


Das ist 'ganz anderer Level' für mich(!).
Der Einwand 'Brauchen wir in "unserer" Musik nicht!' ist ebenso korrekt wie an der Fragestellung vorbei. :-)

Grüße
Häretiker
 
Musikalisch ist man oder nicht. (..)
Beispiel Rhythmusgefühl: wer musikalisch ist, klopft vorgegebene Rhythmen automatisch richtig nach. Takte werden ebenso gleich erkannt ohne groß herumzuzählen.
Das hatte ich bereits geschrieben, aber anscheinend will man nur unter sich diskutieren.

Wobei man natürlich doch sehr viel weiterentwickeln muss bzw. kann aufbauend auf grundlegenden Kompetenzen, wenn man sich näher, intensiver und ernsthaft mit Musik befassen möchte.
 

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