Freies Klavierspiel

Wenn ich beim 'freien Klavierspiel' nur die ausgetretenen Pfade gehe, kannman sich das 'frei' sparen, dann ist es 'Harminiesierrunk nach festen Rägeln, mit vorrgebener Stimmführunk', um es mal übertreiben auszudrücken. Da ist meine Bandbreite schon erheblich beschränkt.

Eine Volksliedmelodie ist nunmal nach bestimmten Regeln gemacht. Das heißt nicht zwingend, dass man eine Begleitung nach demselben Regelwerk entwerfen muss. Aber wenn du einem Anfänger auf dem Gebiet, wie es @Klein wild Vögelein nun mal ist, empfiehlst, planlos herumzuprobieren, dann kann da überhaupt nichts Sinnvolles herauskommen. Man muss die Regeln kennen, bevor man sie bricht. Und dazu muss man sie erstmal sicher anwenden können.
 
Eine Volksliedmelodie ist nunmal nach bestimmten Regeln gemacht.

Ja, das stimmt.

Das heißt nicht zwingend, dass man eine Begleitung nach demselben Regelwerk entwerfen muss.

Ja, das stimmt.

Aber wenn du einem Anfänger auf dem Gebiet, wie es @Klein wild Vögelein nun mal ist, empfiehlst, planlos herumzuprobieren, dann kann da überhaupt nichts Sinnvolles herauskommen.

Das muss ja auch nicht auf Anhieb. Dafür ist das Spielen, das Probieren doch da.

Man muss die Regeln kennen, bevor man sie bricht. Und dazu muss man sie erstmal sicher anwenden können.

Ja, aber Du erwartest, dass man vor dem 'Herumspielen' die Regeln vorher kennen muss. Ich dafür, sie sich selbt zu erarbeiten. Dann hat man ein anderes Verhältnis dazu. Später kann man das ja immer noch mit dem Buch abgleichen.

Das war meine Vorgehensweise: herumspielen, ausprobieren, teilweise stundenlang. Spaß haben, Sachen selbst entdecken. Und sich dabei frei fühlen. Natürlich nutzt man dabei auch die Muster, die man schon woanders her kennt, das bleibt nicht aus. Woanders = Noten, Radio, Fernsehen (damals gab es noch kein WWW).

Aber ich halte das freie Assoziieren, das freie Herumspielen, die Rückkopplung zwischen dem, was ich probiere, wie es klingt und vielleicht wo ich wieder finde, für menschlich. Naja, zumindest bei mir war es so ... einschränken kann man später machen. Aber von vornherein den Beckmesser auszupacken, da fühle ich mich nicht frei.


Ja, wie haben da offensichtlich eine komplett anderer Herangehensweise.(Bei mir: zuerst Gefühl und Gehör, dann die Regeln.) Vielleicht lag das auch daran, dass ich immer Musik im Kopf hatte und die musste raus. :-) Mein Ziel war es, die Musik, die ich im kopf habe, auch spielen zun können, wobei sich die Musik im Kopf auch mit zunehmender Hör- und Spielerfahrung erweitert.


Grüße
Häretiker
 
Natürlich nutzt man dabei auch die Muster, die man schon woanders her kennt, das bleibt nicht aus.
Mir fällt ein, dieses Buch habe ich immer noch nicht durchgearbeitet.

Alle Tasten im Schrank!
Auf dem Klavier Lieder begleiten
Das Ziel der Schule ist es, aufgrund so spärlicher Angaben wie einer mit Akkordsymbolen versehenen Melodiestimme, wie sie üblicherweise in Liederbüchern vorzufinden ist, eigenständig eine dreiklangsbezogene Begleitung prima vista zu improvisieren ...

https://www.stretta-music.com/wilfried-alle-tasten-im-schrank-nr-172668.html
 
Wenn Du das noch nie gemacht hast, wieso kannst Du es qualitativ einordnen? :-)

Ausgangspunkt für die Frage ist für mich 'freies Klavierspiel'. Da probiere ich aus. Ich kann auch bei 'Oh, Tannanbaum' überlegen ob ich den Anfang - gedacht in C-Dur - harmonisiere mit
a f' g' c'' auf die eins *). Klingt in meinen Ohren gut, nur halt evtl. ungewohnt. ist aber nicht verboten.

Wenn ich beim 'freien Klavierspiel' nur die ausgetretenen Pfade gehe, kannman sich das 'frei' sparen, dann ist es 'Harminiesierrunk nach festen Rägeln, mit vorrgebener Stimmführunk', um es mal übertreiben auszudrücken. Da ist meine Bandbreite schon erheblich beschränkt.

Nur meine Sicht.

Grüße
Häretiker

*)
Angeregt von:



Ist doch ganz einfach: Oktavparallelen klingen normalerweise für das mehr oder weniger geschulte Ohr nicht gut. Die Regel soll helfen, das zu vermeiden. Wenn du willst, dass es nicht „gut“ klingt bzw willst, dass es anders klingt als das Ohr gewohnt ist, solltest du gute Gründe dafür haben und diese irgendwie auch für den Hörer erkennbar machen. Sonst wirkt es einfach nur unbeholfen. Debussy hatte gute Gründe und konnte diese rüberbringen. Sonst wüsste heut kein Mensch mehr von ihm. Ansonsten gilt natürlich: du kannst machen, was dir gefällt, wenn du für dich rumprobierst oder solange es dir nicht sonderlich wichtig ist, wie das bei den geneigten Hörern ankommt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, wie haben da offensichtlich eine komplett anderer Herangehensweise.(Bei mir: zuerst Gefühl und Gehör, dann die Regeln.) Vielleicht lag das auch daran, dass ich immer Musik im Kopf hatte und die musste raus. :-) Mein Ziel war es, die Musik, die ich im kopf habe, auch spielen zun können, wobei sich die Musik im Kopf auch mit zunehmender Hör- und Spielerfahrung erweitert.
Ich kenne deine Klaviersätze nicht und kann nichts dazu sagen. Aber ich habe jede Menge Klaviersätze von Leuten gesehen, die offensichtlich genau so vorgegangen sind (Heumann, Terzibaschitsch und wie sie alle heißen). Das ist alles so "ungefähr richtig", aber mit ein wenig erlerntem (statt ausprobiertem) Wissen würden minimale Veränderungen oft eine riesige klangliche und spieltechniche Verbesserung bewirken. Arrangement und Komposition ist nun mal zu mindestens 90% Handwerk. Und es gibt keinen Komponisten von Rang, der das nicht gewusst hat und sich genau dieses Handwerk mit Fleiß und Ausdauer angeeignet hat. Auch nicht Debussy - schau dir seine frühen, noch romantischen Werke an - da gibt es keine störenden Parallelen, ungünstigen Akkordverbindungen, schlechte Stimmführungen etc. Nur auf diesem minutiös erworbenen Handwerk war es ihm überhaupt möglich, den eingeschliffenen Weg bewährter Akkordprogressionen zu verlassen, ohne dabei in Beliebigkeit abzudriften.
 
Ansonsten gilt natürlich: du kannst machen, was dir gefällt, solange es dir egal ist, wie das bei den geneigten Hörern ankommt.

Wenn ich frei am Klavier herumprobiere (für mich!), ist es mir in dem Moment aber sowas von egal, was geneigte Hörer denken. Meine Eltern waren nicht sonderlich erbaut. Ihr habt das mit 'freien Experimentieren' immer noch nicht kapiert. :-)

Was anderes ist, wenn ich 'frei Spiele' vor und fürs Publikum. Ganz andere Rahmenbedingungen. Da kann ich auch Spielen, mit dem Raum, dem Echo, den Erwartungshaltungen. Aber das ist dann halt immer noch frei, aber strukturiert.

Das 'freie Spiel' ist bei mir bestandteil der Feddbackloop fürs Lernen.

So, wir haben - denke ich - beiderseitig unsere Argumente vorgebracht.

Grüße
Häretiker
 
Aber ich habe jede Menge Klaviersätze von Leuten gesehen, die offensichtlich genau so vorgegangen sind (Heumann, Terzibaschitsch und wie sie alle heißen).

"...
Er studierte an der Musikhochschule Hannover Klavier bei Hans Priegnitz und Konrad Meister, Komposition bei Einar Steen-Nøkleberg sowie Musikpädagogik und Musikwissenschaft.
..."
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Günter_Heumann
Heumann hat das studiert ... :-)


Ich glaube einfach, wir sind in verschiedenen musikalischen Welten unterwegs. Ohne Wertung.

Grüße
Häretiker
 
Zur Kreativität gehört eine gewisse Offenheit, und das bedeutet: sich nicht selbst festzulegen, in welcher Form die Kreativität gefälligst in Erscheinung treten soll.
Für mich gehört zur Kreativität auch noch die Notwendigkeit. Ich werde am kreativsten, wenn mir übliche Mittel / bekannte Muster fehlen bzw. erlernte Lösungsansätze nicht umsetzbar sind*. Dann muss ich neue suchen. Beruflich bedingt passiert mir das beim Dachdecken am meisten, obwohl (oder weil?) ich da die meisten Muster und Lösungen kenne ,aber auch im sonstigen Alltag werde ich meist nur aus der Notwendigkeit heraus kreativ.
In der Musik schränken mich die bereits erlernten Muster in meiner "Kreativität" total ein, weil ich in ihnen verharre. Zu oft besteht keine Notwendigkeit, aus ihnen auszubrechen. Henne-Ei-Problem.

*) das kann schon was ganz Banales wie "Lötkolben vergessen" sein.
 
Ja, aber Du erwartest, dass man vor dem 'Herumspielen' die Regeln vorher kennen muss. Ich dafür, sie sich selbt zu erarbeiten. Dann hat man ein anderes Verhältnis dazu. Später kann man das ja immer noch mit dem Buch abgleichen.

In allererster Näherung mag das mit dem "selbst erarbeiten" funktionieren, z.B. wenn man zur Begleitung eines Volkslieds mit zwei Tönen auskommt. Auch dazu muss man die zugrundeliegenden Ideen (oder auch "Regeln") der entsprechenden Klangwelt erstmal verinnerlicht haben.
Ich kenne Leute, die absolut davon überzeugt sind, dass ein G als Grundton unter dem Klang c-e-g genauso klingt wie ein C als Grundton unter c-e-g, oder denen es zumindest lange Zeit schwer fällt, sich dem Unterschied hörend zu nähern. Und man kann gewisse Parallelen oder Ungeschicklichkeiten leicht überhören und sich dann so daran gewöhnen, dass man, wenn man dann den Abgleich mit dem "Buch" (oder einer anderen Wissensquelle) macht, wieder verwirrt oder gar frustriert ist.

Zum "Herumspielen" mit Klängen kann es helfen, sich selbst Regeln zu geben, um sich nicht zu überfordern. Dazu hatte @Peter ja schon ein schönes Beispiel.
 

Die Regeln mit den Verboten beziehen sich nur auf den vierstimmigen Satz.
Nein. Das Parallelenverbot gab es bereits in der Ars nova, lange, bevor sich der vierstimmige Satz etablierte. Und bis zur Auflösung der Dur-/Moll-Tonalität durchzieht es die gesamte abendländische Kunstmusik. Völlig unabhängig davon, ob es sich um zweistimmige, dreistimmige, vierstimmige oder mehrstimmige Musik handelt.
 
Nein. Das Parallelenverbot gab es bereits in der Ars nova, lange, bevor sich der vierstimmige Satz etablierte. Und bis zur Auflösung der Dur-/Moll-Tonalität durchzieht es die gesamte abendländische Kunstmusik. Völlig unabhängig davon, ob es sich um zweistimmige, dreistimmige, vierstimmige oder mehrstimmige Musik handelt.
In der Popmusik gelten diese Regeln (Parallelverbote) aber oftmals nicht. Da geht es oft um klangliche Energie, sodass über gewisse Strecken (natürlich nicht durchgehend) Parallelen ok sind.
 
Deshalb ist er noch lange kein Komponist von Rang. Und das Tonsatz-Handwerk beherrscht er ganz offensichtlich nicht, das kann man an unzähligen, schlecht gemachten Arrangements nachweisen. Und weil ich schon ahne, dass das Argument kommen wird: nein, handwerkliche Fehler sind keine Geschmacksache.

Hast Du bewusst oder unbewusst ohne meinen Smilie zitiert? Ich wollte damit eine eindeutig scherzhafte Komponente implizieren.

Grüße
Häretiker
 
In der Popmusik gelten diese Regeln (Parallelverbote) aber oftmals nicht.
Sie gelten in vielen Stilen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr, besonders bei mixturartigen Schichtklängen. Schon Liszt und Grieg ("Glockenklang"!) haben parallele Quinten als Stilmittel bewusst verwendet. Das ist keine Erfindung der Popmusik.
 
Nein. Das Parallelenverbot gab es bereits in der Ars nova, lange, bevor sich der vierstimmige Satz etablierte.
Gut, dann sagen wir, gelten vorzugsweise für den vierstimmigen Satz. Ich habe es nur öfters im Zusammenhang mit dem vierstimmigen Satz gelesen. Wobei sich die meisten wohl aber allgemein daran halten, keine Quint- oder Oktavparallelen zu verwenden.

Wenn Du etwas über Parallelen und deren "Verbote" lernen willst, ist Klaviermusik leider nicht gut geeignet. Diese Regeln gelten vorzugsweise für den strengen, meist vierstimmigen Satz, den man so in der Klaviermusik selten findet.
Irgendwie kann ich mich daran erinnern gelesen zu haben, dass Oktavparallelen einst als sehr rein empfunden wurden. Da gab es aber vielleicht noch keine Klaviere.
 
Klaviermusik ist halt nur in Ausnahmefällen streng stimmig komponiert. Deshalb ist dort sehr viel schwerer zu erkennen, wo schlechte Parallelen sind - im Gegensatz zu den hier sehr häufigen klanglichen Verdoppelungen, die es im strengen Satz nicht gibt. Zum Lernen der Gesetzmäßigkeiten ist der vierstimmige Satz deshalb nach wie vor am geeignetsten, schon deshalb, weil man darin jede ungünstige Stimmführung viel leichter hört als in komplexer Klaviermusik.

Irgendwie kann ich mich daran erinnern gelesen zu haben, dass Oktavparallelen einst als sehr rein empfunden wurden. Da gab es aber vielleicht noch keine Klaviere.
Die hat man nicht einst als sehr rein empfunden - die sind aufgrund ihres einfachen Frequenzverhältnisses sehr rein. Das ist ja der Grund für das Verbot: die parallel geführten Stimmen verschmelzen zu einer Stimme; die Mehrstimmigkeit wird quasi aufgehoben.
 

Zurück
Top Bottom