Wie geht Ihr mit Konflikten im Klavierunterricht um?

Aber lieb und nett wird begrenzt durch zwei brettharte Banden, durch die kein Durchkommen ist. Jeder durchschnittlich sozialisierte 7 Jährige wird die Bande einmal von oben, von unten und von der Seite testen, feststellen, dass sie extrem stabil ist und es dann akzeptieren, oder zumindest tolerieren

Vermutlich reicht inzwischen bereits ein Fingerzeig auf ein Schild auf dem Flügel mit der Aufschrift "ICH-Botschaft", um Abweichler*innen zu konditionieren..... ;-)
 
Vermutlich reicht inzwischen bereits ein Fingerzeig auf ein Schild auf dem Flügel mit der Aufschrift "ICH-Botschaft", um Abweichler*innen zu konditionieren..... ;-)

Lustiger Gedanke....aber vielleicht empfinden es ihre Schüler auch tatsächlich als Angebot- Erwachsene Vertrauenspersonen sind bei "echten" Problemen viel wert. (Ich dachte jetzt an: verknallt in die Mittelstufenprinzessin, Eltern lassen sich scheiden, 6 in Latein....) Also der der ganze Quatsch, der möglichst nicht sofort bei Mama und Papa landen soll.
Ansonsten sind längere, tiefschürfende Problemgespräche einfach nervig und damit erfüllen sie ihren Zweck beim klassischen Fauli völlig....
und es muss nicht jeder Klavierspielen, das nur so nebenbei
 
Ich weigere mich längst (ja, das ist ein Lernprozess, meine Mutter ist unter dem Aszententen "Fische" geboren :004:), in einer Sachbotschaft eine mögliche Appell-Ebene herauszuhören.

Es kommt auch darauf an, wie man damit umgeht, Du.
:-)

Wenn mir einer sagt "Es ziehts!", dann gibt verschiedene Reaktionen meinerseits, z.B.
- "Möchstes Du darüber reden?"
- "Das ist eine korrekte Aussage."
- "Setzt Dich anders herum, dann drückts."
- "Zur Kenntnis genommen."
- "Soll einer von uns beiden das Fenster schließen?"
...

Grüße
Häretiker
 
"Weiß jemand, wie spät es ist?"
"Sicher!"
 
Chiarina, wärst Du denn dann bitte mal so nett, uns allen mal zu erklären, was genau Du unter dem Begriff "Bedürfnis", der ja in Deinen Ausführungen eine zentrale Rolle spielt (die gegenseitige Bedürfnisklärung und so), verstehst? Vielen Dank!

Lieber hasenbein,

offenbar hast du aktuell das Bedürfnis, dass ich diesen Begriff definiere. :006: Du empfindest es als Mangel, dass ich das noch nicht getan habe und hast deswegen deinen Beitrag geschrieben und mich drum gebeten.

Voila: ein Bedürfnis ist das Verlangen oder der Wunsch, einem empfundenen oder tatsächlichen Mangel Abhilfe zu schaffen - https://lexikon.stangl.eu/13476/beduerfnis/ .

Dabei gibt es sehr verschiedene, oft parallel nebeneinander existierende Bedürfnisse, im link nachzulesen. Du hast Maslow ja schon erwähnt.

Wichtig für Gordon ist, dass Bedürfnisse oder auch Motive und Motivationen das Verhalten bestimmen und prägen. Du hast jetzt gerade diesen Beitrag geschrieben und hinter diesem Verhalten stand dein Bedürfnis nach meiner Definition des Begriffes. Du verfolgst mit dem Beitrag eine Intention und es kann sein, dass im Hintergrund noch andere Bedürfnisse lauern und für dein Verhalten verantwortlich sind. :002:

Hinter jedem Verhalten stecken also Bedürfnisse: ich habe ein Bedürfnis nach Ruhe, also werde ich ein Nickerchen machen, andere bitten, leiser zu reden o.ä.. Ich habe das Bedürfnis, Klavier zu üben, leider haben andere das Bedürfnis nach Ruhe, was zu Konflikten führen kann.

Oft ist es aber so, dass Bedürfnisse nicht direkt kommuniziert werden! Es kann sein, dass jemand auf mein Klavierspiel reagiert mit: "Das ist ja nicht zum Aushalten. Schon wieder dieser Lärm." Als geübter aktiver Zuhörer sage ich dann: "Ah, du möchtest deine Ruhe haben!" Und schon ist das Bedürfnis geklärt, was meist eine deutliche Entspannung der Situation mit sich bringt. Es kann auch sein, dass ich nicht gut drauf bin, keine Lust habe, aktiv zuzuhören und zurückbrülle: "Dann hau doch ab!" Ja, dann haben wir einen Konflikt. :004: Der kann locker aufgeklärt werden, wenn wir die Bedürfnisse klären, ohne den anderen abzuwerten. Und dann kann eine Lösung gefunden werden (später üben, einer hat Kopfhörer auf, geht raus ......). Die Menschen sind oft sehr bereit, Kompromisse einzugehen, wenn ihr Bedürfnis anerkannt und gesehen wird und sie dabei nicht abgewertet werden. Ich habe da ganz andere Erfahrungen gemacht als offensichtlich du, liebe @Barratt.

Das Gordon-Modell dient der Klärung der Bedürfnisse und gibt auch Wege an die Hand, wie man Lösungen findet, bei der keiner Verlierer ist. Das hat alles nichts mit Psychotherapie zu tun, sondern mit Konfliktlösung. Und Konflikte gibt es halt überall.

Rogers Lieblingsspruch stammt von Lao-tse, der ihn sowieso sehr beeinflusst hat:

„Wenn ich Menschen nicht dazwischenfahre, passen sie auf sich selbst auf,
Wenn ich Menschen nicht befehle, verhalten sie sich von selbst richtig.
Wenn ich Menschen nicht predige, werden sie von selbst besser,
Wenn ich mich Menschen nicht aufdränge, werden sie sie selbst.“

(Rogers, C. / Rosenberg, R.: Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit 1980; Seite 196)

Rogers hat seine Überzeugungen in alle Bereiche des Lebens gebracht - es wäre verfehlt, ihn nur mit Psychotherapie in Verbindung zu bringen. Er meinte sinngemäß, dass es das größte, aber leider ein allzu seltenes Geschenk wäre, jemanden vollkommen zu verstehen und ebenso verstanden zu werden.

Ich sehe das auch so!

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: @Hekse: dein Beitrag ist sehr köstlich, aber das genaue Gegenteil von Gordon. :004: Gordon als Drohkulisse ("entweder du benimmst dich oder du wirst von Ich-Botschaften und aktivem Zuhören zermalmt") ist nicht ganz das, was der Autor meinte :004: und glücklicherweise auch nicht nötig. Ich glaube auch nicht, dass das stimmt

Ich glaube, dass Kinder sehr, sehr viele "Sozialexperimente" machen, einfach um den Gegenüber einzuschätzen und zu wissen, wo sie stehen...

Ich habe NIE im Unterricht oder der Familie solche "Sozialexperimente" erlebt und ich glaube, dass das an klarer Kommunikation liegt. Dann brauchen Kinder solche Sozialexperimente nicht mehr. Ansonsten: lieben Dank! :002:

P.S.S.: Und meine Schüler haben noch nie vom Gordon-Modell gehört, ein paar Erwachsene ausgenommen. :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann nur hoffen, dass dieses Zitat nicht wirklich von Lao-Tse stammt, sondern ihm fälschlich zugeschrieben wird:

"„Wenn ich Menschen nicht dazwischenfahre, passen sie auf sich selbst auf,
Wenn ich Menschen nicht befehle, verhalten sie sich von selbst richtig.
Wenn ich Menschen nicht predige, werden sie von selbst besser,
Wenn ich mich Menschen nicht aufdränge, werden sie sie selbst.“"

Das ist nämlich ein dermaßen unrealistischer Wünsch-dir-was-Unsinn, dass ich einen leichten Brechreiz verspüre.
 
Liebe @chiarina,

Ich finde das Gordon Modell tatsächlich spannend, würde aber vermutlich sehr, sehr viel Training brauchen, um nicht ständig aus der Rolle zu fallen. Bei mir kommen diese Kommunikationstechniken eigentlich erst zum Einsatz, wenn ich mich extrem geärgert habe.
Ärger Stufe 1 ist meistens vollkommen Un- Gordonmäßig: Hinsetzen! Klappe halten! Hausaufgaben und zwar JETZT!
Damit kann mein Zwerg eigentlich ganz gut umgehen und weiß, dass es wirklich nur um blöde Hausis geht und nicht um ihn. Wenn ich ihn an den Küchentisch zum Konfliktgespräch bitte, ist ihm ebenfalls sofort bewusst, dass er so richtig Mist gebaut hat.... Dementsprechend beliebt sind solche Gespräche in Form von Ich- Botschaften auf der Suche nach der tieferliegenden Motivation.
An mir ist aber mit Sicherheit keine Lehrerin/ Pädagogin verloren gegangen, schon deswegen bewundere ich deine Art, das Modell so unglaublich höflich und konsequent zu verteidigen/ erklären, ohne ironisch zu werden, andere abzuwerten. o.ä. (was viel leichter wäre). Wahrscheinlich eines der besten Praxis Beispiele, wie man mit Hilfe des Modells kommunizieren kann.
 
Ja, man kann @chiarina ob ihres Langmutes nur bewundern.
 

Ich kann nur hoffen, dass dieses Zitat nicht wirklich von Lao-Tse stammt, sondern ihm fälschlich zugeschrieben wird:

"„Wenn ich Menschen nicht dazwischenfahre, passen sie auf sich selbst auf,
Wenn ich Menschen nicht befehle, verhalten sie sich von selbst richtig.
Wenn ich Menschen nicht predige, werden sie von selbst besser,
Wenn ich mich Menschen nicht aufdränge, werden sie sie selbst.“"

Es ist aus dem Daodejing. Um den Zusammenhang zu verstehen, hier die Übersetzung von Richard Wilhelm:
"Zur Leitung des Staates braucht man Regierungskunst,
zum Waffenhandwerk braucht man außerordentliche Begabung.
Um aber die Welt zu gewinnen, muß man frei sein von Geschäftigkeit.
Woher weiß ich, daß es also mit der Welt steht?
Je mehr es Dinge auf der Welt gibt, die man nicht tun darf,
desto mehr verarmt das Volk.
Je mehr die Menschen Mittel des Wohlstandes haben,
desto mehr kommt Reich und Haus in Verwirrung.
Je mehr die Leute Kunst und Schlauheit pflegen,
desto mehr erheben sich Wunderlichkeiten.
Je mehr die Gesetze und Befehle prangen,
desto mehr gibt es Diebe und Räuber.
Darum spricht ein Berufener:
Ich handle nicht, und das Volk wandelt sich von selbst.
Ich liebe die Stille, und das Volk wird von selber recht.
Ich habe keine Geschäfte, und das Volk wird von selber reich.
Ich habe keine Begierden, und das Volk wird von selber einfach
.
"
http://www.zeno.org/Philosophie/M/Laozi+(Laotse)/Tao+Te+King+-+Das+Buch+des+Alten+vom+Sinn+und+Leben/Das+Leben/57.+Der+echte+Einfluß

siehe auch:
https://ctext.org/dao-de-jing#n11648
 
Zuletzt bearbeitet:
"Das ist ja nicht zum Aushalten. Schon wieder dieser Lärm." Als geübter aktiver Zuhörer sage ich dann: "Ah, du möchtest deine Ruhe haben!" Und schon ist das Bedürfnis geklärt, was meist eine deutliche Entspannung der Situation mit sich bringt. Es kann auch sein, dass ich nicht gut drauf bin, keine Lust habe, aktiv zuzuhören und zurückbrülle: "Dann hau doch ab!" Ja, dann haben wir einen Konflikt.

Dieser ganze Klimbim mit den Ich-Botschaften funktioniert vielleicht unter Waldorflehrern. Aber meine Beobachtung ist, daß unsere Gesellschaft asozialer wird, egal wie man seine Bedürfnisse artikuliert. Wenn ich direkt sage: "ich möchte meine Ruhe haben", bekomme ich vom "kultivierten" Asozialen ebenso die Antwort: "dann geh halt woanders hin". Der Konflikt ist der Gleiche. Neulich in der U-Bahn: ein Vater mit seinem verzogenen Blag, gellende Schreie alle 10 Sekunden. Ich zum Vater hin und ihm gesagt, daß mir dieses Gekreische in den Ohren weh tut und ob er nicht mal für Ruhe sorgen könnte (ganz Ich-Botschaft) und er so: "dann steig doch aus, ist halt'n Kind". Jo, klar. Hab ich ihm gesagt, daß so ein Verhalten asozial ist, da hat er mich getreten. Wie willst du bei solchen Leuten einen Konflikt vermeiden oder "bereinigen"?

Nach meiner Beobachtung brauchen die Leute zunehmend 'ne klare Ansage von einem, der auch die Macht dazu hat.
 
Wie willst du bei solchen Leuten einen Konflikt vermeiden
In dem man ihm nicht vorhält, asozial zu sein. Das ist das Gegenteil von Konfliktvermeidung.
Vermutlich hat das Gebrüll den Vater mehr genervt als Dich, und so hilflos und genervt wie er ist kommst Du ihm auch noch mit asozial.
Joa, *rumms*, ne?
Die klare Ansage haste ja dann auch bekommen. Wunsch erfüllt, Konflikt breinigt. :-D
 
Nach meiner Beobachtung brauchen die Leute zunehmend 'ne klare Ansage von einem, der auch die Macht dazu hat.

Genau!

"Violence, naked force, has settled more issues in history than has any other factor, and the contrary opinion is wishful thinking at its worst."



Also, demnächst direkt eine auf die 12 ballern. Reihenfolge (erst Vater oder erst Blag) ist Dir überlassen.

Grüße
Häretiker

PS:
Nein, das meine ich natürlich nicht ernst. Bevor hier eine hyperventiliert. :-)
 
In dem man ihm nicht vorhält, asozial zu sein.
Ich hab's geahnt... Einer ist immer extraschlau ;-)

Der Konflikt war doch schon vorher da, nämlich als er mir indirekt gesagt hat: "deine Bedürfnisse gehen mir am Arsch vorbei". Und den hat nunmal er ausgelöst. Er hat sich angemaßt, die ganze Gesellschaft zu nerven und andere sollen halt für sich eine Lösung finden. Tut mir leid, das ist asozial. Genervt schien der übrigens nicht. Das war offenbar die Art des Balgs, zu "spielen". Aber da muss man nunmal auch einem Kind beibringen, daß es Grenzen gibt, wo man die Rechte anderer beschneidet. Solche Eltern werden aber immer mehr - jedenfalls in DE. In Frankreich kriegen die Kinder von den Eltern dann halt mal ne Ansage...

Und dies sollte meine ganz einfache IchDuErSieEs-Botschaft an chiarina sein: wenn dein Gegenüber nicht verhandlungsbereit ist, kannst du nach sonstwelchen Modellen agieren - er wird dir den Stinkefinger zeigen, solange er davon Vorteile hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Stimmt und auch nach Rogers ist es erlaubt eine Beziehung zum Klienten / Schüler ggf. zu beenden.
 
@chiarina

Gordon spricht in seinem Verhaltens-Fenster (siehe Wikipedia) wenn ein Verhalten eines Kindes (hier die 7jährige) für die Eltern/Lehrerin inakzeptabel ist, das zwischen Bedürfniskonflikt und Wertekonflikt unterschieden wird.
Der Begriff Wertekonflikt fehlt mir hier in deinen bisherigen Ausführungen.

Denn es liegt hier eher ein Wertekonflikt vor „Schülerin hat nichts geübt“. Etwas zu üben oder nicht, muss ja kein Bedürfnis sein, es ist aber sehr wohl ein Wert des Unterrichts und somit der Lehrperson.

VLV
 
Damals im Jugoslawien-Urlaub: Nervendes Kind wirft im Hotel-Restaurant mit Essen, die Eltern tun nix.
Auftritt Hoteldirektor: "Sie haben 30 Minuten Zeit, ihr Zimmer zu räumen und das Hotel zu verlassen."
Und so geschah es.
 

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