Wie geht Ihr mit Konflikten im Klavierunterricht um?

Gut, dass man mich als Kind nicht auf diese freundliche Art zu etwas bewegen wollte. Meine Antwort wäre klar gewesen. Nein, ich möchte nicht... und Gnade Gott der Fragende hätte dann meinen Willen nicht respektiert. Wer fragt muss mit der Antwort leben. :009:
 
@Barratt
Es gehört nunmal zu einem höflichen Umgangston, Aufforderungen als Fragen zu formulieren. Das müssen auch Kinder lernen.
Nein. Ein höflicher Umgangston besteht darin, Aufforderungen z. B. mit dem Wörtchen "bitte" zu versehen und sie freundlich rüberzubringen (Mimik, Tonfall, Körpersprache usw.).

"Und jetzt spiele doch bitte Takt 10-15." Das ist 100% höflich und angemessen, und wer da anfängt rumzumäkeln, hat nicht alle Latten am Zaun, sorry.

Aufforderungen als Fragen zu formulieren ist eine Zeitkrankheit von heute. Übrigens bezweifle ich, dass es IRGENDEIN Pädagogikbuch gibt - selbst aus der extremen Ecke - das empfiehlt, Aufforderungen als Frage zu formulieren. Frage nur, wenn man nicht auffordern, sondern was anderes will (auswählen lassen, Wissen abfragen usw.)
 
Wenn ich meinen Sohn bitte, den Müll rauszubringen, formuliere ich das als Frage.
Bringst Du bitte den Müll raus? Oder Magst Du bitte mal den Müll rausbringen?
In letzterem Fall kommt gelegentlich die Antwort - ich mag's nicht, aber ich mach's. Dann kommt von mir ein Dankeschön. Und dann die Antwort darauf: Du musst Dich nicht für etwas bedanken, was ich nicht freiwillig mache sondern weil ich es machen muss.
:008:
Eine Bitte als Frage zu formulieren, finde ich, ist keine "Zeitkrankheit" sondern eine höfliche Umgangsform und auch die muss offenbar gelernt werden.
 
Nein. Ihr denkt das nur, weil Ihr Euch schon so an diese alberne, allgegenwärtige Unsitte gewöhnt habt.

Wenn ich denjenigen zu etwas auffordern möchte und nicht vorhabe, ihm Auswahl zu lassen, ob er dieses Etwas tun will oder nicht, dann formuliere ich das NICHT ALS FUGGIN' FRAGE. Peng, aus.
 
Bisher haben wir noch nicht so viele Stunden gehabt, deshalb kann ich nur eine grobe Einschätzung geben. Sagen wir nach 15- 20 Minuten geht bei ihm teilweise die Puste aus und er fragt, wie lange wir noch machen oder ob er auf Klo darf oder was trinken oder eine Pause machen :-D Ob sich das mit der Zeit von alleine legt ? Im Übrigen ist er nicht der Einzige in seinem Alter, bei dem es so abläuft.
Da finde ich die Frage legitim und durchaus angebracht: Will der Junge wirklich Klavier lernen? Man wird ja zwangsläufig schon mal vermitteln, dass das etwas ist, was auch Mühe kostet. Klimpern kann jeder, Klavier spielen ist ein langer Weg. Will er das überhaupt? Will nur die Mutter das? Sollst Du ihn "zwingen"?
Ich bin ja immer der Meinung, dass das vieles eine Frage von Erfolgen ist, der erste Erfolg motoviert, mehr zu wollen. Wenn sich da nach x Stunden so gar keine Erfolge zeigen, dann wird der Schüler entsprechend auch frustriert sein. Spielt er zu schwere Sachen?
 
Nein. Ihr denkt das nur, weil Ihr Euch schon so an diese alberne, allgegenwärtige Unsitte gewöhnt habt.

Wenn ich denjenigen zu etwas auffordern möchte und nicht vorhabe, ihm Auswahl zu lassen, ob er dieses Etwas tun will oder nicht, dann formuliere ich das NICHT ALS FUGGIN' FRAGE. Peng, aus.
Du nicht. Nicht alles, was DU nicht machst, ist gleich eine Unsitte oder eine Krankheit. Und es ist auch keine Erscheinung des Zeitgeistes. Meine Eltern reden mit mir auch so und die sind jenseits der 80.
 
Wenn man sich die Sprechakttheorie von Austin ansieht (um 1955 entwickelt), stellt man fest, dass nicht nur Fragen, sondern auch Aussagesätze, die zunächst überhaupt nicht wie Aufforderungen wirken, als solche verstanden werden.

Klassisches Beispiel: „Es zieht.“ Auch diese Formulierung lässt sich als implizite Aufforderung verstehen, das Fenster zu schließen. Oder: „Ich weiß gar nicht, wie spät es ist.“ Als Reaktion wird man dem Sprecher doch die Uhrzeit mitteilen.

Wie gesagt, ich verwende im pädagogischen Kontext auch lieber Imperative, auch kombiniert mit „bitte“, aber dennoch bin ich der Meinung, dass Kinder und Jugendliche die Sprachkonvention mit all ihren Möglichkeiten, Varianten und Schattierungen kennen sollten und auch kennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
.wenn ich jetzt verrate, dass ich eigentlich Zweifel am wortreichen Gordongekuschel habe, kriege ich sicher was auf die Mütze...
Ganz sicher nicht. Die Zweifel daran hegst Du ja nicht alleine.
Es ist jedoch ein Unterschied, Zweifel zu kommunizieren (meinetwegen auch humoristisch) und sich mit dem Thema konstruktiv auseinanderzusetzen (so wie z.B. Hasenbein) oder ein interessantes Thema lächerlich zu machen. Letzteres machst Du und zwar auf ziemlich respektlose Weise.

Das war ne Du-Botschaft, ganz in Deinem Sinn.
 
Klassisches Beispiel: „Es zieht.“ Auch diese Formulierung lässt sich als implizite Aufforderung verstehen, das Fenster zu schließen. Oder: „Ich weiß gar nicht, wie spät es ist.“ Als Reaktion wird man dem Sprecher doch die Uhrzeit mitteilen.
URGS! Auch ganz schlimm!

So etwas ist einfach keine vernünftige Kommunikation, so zu kommunizieren gehört sich einfach nicht!

Leider aber - insbesondere wenn Frauen mit ihren Partnern sprechen ist das zu beobachten... - ziemlich verbreitet.

Wenn ich etwas von jemandem will, dann habe ich ihm das vernünftig mitzuteilen und nicht irgendwas zu implizieren, um dann abzuwarten, ob er den Wink mit dem Zaunpfahl mitbekommt. PENG, AUS.
 
Ganz sicher nicht. Die Zweifel daran hegst Du ja nicht alleine.
Das ist mir auch schon aufgefallen :-)
Es ist jedoch ein Unterschied, Zweifel zu kommunizieren (meinetwegen auch humoristisch) und sich mit dem Thema konstruktiv auseinanderzusetzen (so wie z.B. Hasenbein) oder ein interessantes Thema lächerlich zu machen. Letzteres machst Du und zwar auf ziemlich respektlose Weise.
...mimimi... ich sehe die Hauptvertretung der Gordon-"Lehre" nirgendwo greinen und mimimi machen, sondern - ganz ungordonig sozusagen - auch zünftig austeilen :-D:drink::-D was ich Scheusal sogar "like".
Was mir noch bissel fehlt, sind wirklich stringente Argumente: sowas überzeugt mich mehr als wortreiche Lobeshymnen, die heikle Momente zu umgehen suchen.
Das war ne Du-Botschaft, ganz in Deinem Sinn.
:-D fein, dann "ichbotschafte" ich dir daraufhin, dass ich das "dubotschaften" mit Misstrauen beäuge. :-D

Fertig mit mimimi?
Dann können wir anfangen, Zweifel an der Tauglichkeit von Gordonschen Konfliktlösungsmodellen, die nicht explizit für Lehrsituationen konzipiert wurden, zu sammeln. Ein grundsätzlicher Zweifel an diesen Erziehungstipps ist, dass sie im Wesen manipulativ sind: das bockige Kind soll ja nicht bockig bleiben!
 

Also ich verstehe Gordon in etwa so:
S: "Ich spiele jetzt lieber Oh Tannenbaum." *klimpert los*
KL: "Hey, bist du jetzt die Lehrerin, oder ich?"
S: "Du..."
KL: "Warum willst du immer nur das gleiche Lied spielen? Das habe ich heute schon hundert mal gehört und es wird langweilig."
S: "Das ist das einzige Lied was ich gut kann."
KL: "Möchtest du mehr können? Und willst du, dass es dir genau so leicht fällt wie mir?"
S: "Ja"
KL: "Sehr schön, dann spiele jetzt bitte Takt 10 bis 15..."

Und 'Hasenbeins Pädagogik' so:
S: "Ich spiele jetzt lieber Oh Tannenbaum." *klimpert los*
KL: "Immer das gleich Lied nervt. Du willst besser werden, also spiele bitte Takt 10-15."

...beide erreichen Konzentration und Mitarbeit. Im ersten Beispiel geschieht das freiwillig, da der S an seinen eigenen Überlegungen "gewachsen und gereift" ist.
 
Instrumentenfreak, man merkt, dass Du ganz offensichtlich nicht Kinder unterrichtest.

Sonst wüsstest Du nämlich, dass derartige Vorstellungen mit "Überlegungen" und "Einsichten" des Schülers weltfremd sind.
 
...wenn ich jetzt verrate, dass ich eigentlich Zweifel am wortreichen Gordongekuschel habe, kriege ich sicher was auf die Mütze...

Lieber rolf,

ich gebe dir zwar gern was auf die Mütze bzw. den Helm
0021.gif
, aber heute stürmt Sabine, das reicht völlig. :003:

Deine Zweifel sind absolut verständlich und ich schreibe ja deshalb in diesem Faden so

, weil ich zu den Fragen und Zweifeln Stellung beziehen will. Dazu gehört auch, immer wiederkehrende Missverständnisse aufzuklären.

Erstes Missverständnis: das Gordon-Modell selbst ist keinesfalls wortreich! Im Gegenteil braucht man für eine Ich-Botschaft nur ein bis zwei Sätze. Beim aktiven Zuhören spiegelt man nur das, was man vom anderen verstanden hat und redet nicht von eigenen Dingen.

Das erzeugt eine große Klarheit in der Sprache. Man kommt sofort auf den Punkt und labert nicht.

Die innere Haltung, die hinter dem Modell steht (humanistische Psychologie nach Rogers) und natürlich auch das Modell selbst ist für mich allerdings manchmal schwer verständlich zu machen, besonders in ein paar Forumbeiträgen. Ich kann nur empfehlen, bei Interesse auf die links zu klicken (https://www.carlrogers.de/) und Bücher zu lesen. Missverständnisse und Kritik entstehen ja auch deswegen, weil ich hier die Dinge nur anreißen kann.

Wenn also auch ich hier wortreich war - das Gordon-Modell ist es nicht.

In dem Zusammenhang gilt meine absolute Unterstützung @hasenbeins Post ! Fragen zu stellen, wenn man eine Aufforderung meint und eigentlich keine Ablehnung zulassen will, ist unklar in der Kommunikation. Das wirkt sich besonders bei kleinen Kindern sofort negativ aus - die müssen immer wissen, woran sie sind, sonst machen sie halt, was SIE wollen. :004:


Ein weiteres Missverständnis ist die Meinung, das Modell wäre "kuschelig", soft, weichgespült!

Im Gegenteil bringt es die Dinge auf den Punkt, ist sehr klar und fordert heraus - zu Beginn dieses Fadens wurde ich ja eher kritisiert, weil ich nicht im Unterricht sagen dürfe, wenn ich mich ärgere. Ich bemühe mich sehr, sowohl im Unterricht wie im Leben präsent und klar zu sein. Natürlich gehört ein echtes Interesse am anderen dazu sowie Empathie (was alles auch für sich selbst gilt), aber das wird man hoffentlich nicht als weichgespült bezeichnen.

Ein weiteres Missverständnis betrifft die sog. Strenge, zu der auch Strafen gehören. Meiner Meinung verliere ich an Autorität, wenn ich bei Nicht-Üben des Schülers Strafen verhänge, Eltern anrufe etc.. Brauche ich sowas wirklich? Reicht es nicht, wenn ICH SAGE, wie mir dabei zumute ist? Und ich kann euch nur versichern, dass es immer reicht und deutlich mehr Eindruck macht als irgendeine Strafe oder ein Anruf bei Eltern!

Das letzte Missverständnis: ich habe schon mehrmals geschrieben, dass Kommunikationssperren dann die Kommunikation behindern, wenn sie in einem Konflikt oder einer problembehafteten Situation angewandt werden.

Nun zu Annas Problem:

In der Unterrichtsstunde mit dem Zweitklässler (also um die 7/8 Jahre alt) hast du das Problem, nicht das machen zu können, was du möchtest, weil dein Schüler müde wird. Er fragt ständig nach Pausen und danach, wann die Stunde zu Ende ist:

Obwohl er "so gerne spielt", war er plötzlich total erschöpft, lustlos und hat ständig gefragt, wann die Stunde zu Ende ist......

Du fragst dich:

wenn "normaler" Klavierunterricht zu anstrengend ist, was soll man denn im Unterricht machen ?

Die Frage ist, was denn "normaler Klavierunterricht" ist! Menschen lernen in unterschiedlichen Altersgruppen und Entwicklungsstufen völlig anders, abgesehen davon, dass auch im gleichen Alter die Fähigkeiten und Charaktereigenschaften sehr differieren (glücklicherweise! :chr01:). Das bedeutet jeweils einen sehr unterschiedlichen, individuellen Unterricht.

7- oder 8jährige Kinder (und nicht nur die) sind sehr, sehr unterschiedlich in ihrer Entwicklung: manche sind noch sehr verspielt, manche können sich unglaublich gut konzentrieren u.v.a..... . Auch da muss man den Unterricht an die Fähigkeiten und Bedürfnisse anpassen, sonst geht er schief.

Es ist also wichtig, zu wissen, wie kleine(re) Kinder lernen und welche Fähigkeiten sie mitbringen. Sie haben Bedürfnisse und diese bestimmen die Anforderungen an einen gelungenen Unterricht.

Diese Kinder lernen vor allem im Spiel, mit allen Sinnen und vor allem mit Bewegung! Sie greifen und be-greifen, sie sind unglaublich erfinderisch und kreativ, Spiele ihren Bedürfnissen anzupassen. Sie können noch nicht so lange still sitzen und sie haben Grenzen in der rein kognitiven Beschäftigung. @Barratt hat völlig Recht, wenn sie sagt, dass der Schüler einfach erschöpft ist.

Ein "normaler" Klavierunterricht für Kinder diesen Alters, vor allem, wenn sie noch sehr verspielt sind, berücksichtigt dies! Lerninhalte werden von verschiedenen Seiten angeboten, Abwechslung mit viel Bewegung ist nötig, das Spiel und das spielerische Entdecken nimmt einen zentralen Platz ein. Das Kind sollte voll bei der Sache sein und lernt fast "nebenbei", in der Beschäftigung mit den musikalischen und klaviertechnischen Inhalten.

Das bedeutet, verschiedene "Settings" im Unterricht zu haben:
  • am Klavier (Lieder nach Gehör spielen, begleiten (anfangs mit einfachen Quinten), transponieren, improvisieren, komponieren, Orientierung auf dem Tastengelände, Kennenlernen des Instruments, Stücke spielen ...)
  • Sitzkreis, bei einem Schüler halt ein Gegenüber (Einführung von Lerninhalten, von Stücken anhand kleiner Geschichten, Einführung oder Erfinden von Reimen, die gleich vertont und evtl. aufgeschrieben werden .....)
  • ein Tisch (Bilder malen mit graphischer Notation, die dann gespielt werden, Einführung in die Notenschrift, Fingerspiele, Spiel mit Knete, Tastspiele....)
  • eine freie Fläche (Musik und Bewegung, Rhythmusspiele mit Gehen, Klatschen ....) .
Also niemals nur am Klavier sitzen! Bei Anzeichen von Erschöpfung das Setting wechseln und vor allem Bewegung einbauen!

Da vergeht die Zeit wie im Flug - ich mache immer 60 Minuten mit solchen Kindern, teilweise bei geeigneten Partnern anfangs als Gruppenunterricht zu zweit oder überlappend, z.B. 30 Minuten Einzelunterricht (1. Schüler) 30 Minuten Gruppenunterricht, 30 Minuten Einzelunterricht (2. Schüler).

Wenn dein Schüler glücklich mit O Tannenbaum ist, kannst du diese Motivation wunderbar nutzen. Er kann das Lied transponieren, mal mit rechts, mit links, mal unisono mit dir zusammen vierhändig spielen. Er kann das Lied mit einfach Quinten begleiten. Du könntest die dreiteilige Form des Liedes mit ihm herausarbeiten, dazu erklären, dass es nicht nur in Deutsch in der Schule, in unserer Sprache Sätze mit Punkten und Kommata gibt, sondern auch in der Musik. Wann ist ein Satz zu Ende (vielleicht Stopp rufen), wieviel Teile sind es? Gibt es da Ähnlichkeiten? Das Ganze machst du natürlich im Stehen auf der freien Fläche. Dann kann man das Lied singen und zu jedem verschiedenen Teil eine andere Bewegung finden (Teil A klatschen auf die Oberschenkel, Teil B auf den Kopf - Kinder finden das total lustig und haben die tollsten Ideen - Teil A wieder auf die Oberschenkel// oder im Raum bewegen...). Man kann auch Orffsches Instrumentarium nutzen - eine Holzblocktrommel, Klangstäbe etc. habe ich oft dabei. Dein Schüler kann auch O Tannenbaum mal traurig, fröhlich, wütend spielen - was verändert sich, wie mache ich das....? Dabei lernt der Schüler eine Menge.

Du kannst das Ohr schulen (Hörspiele sind ein sehr wichtiges Element jeder Stunde), indem du im Raum an verschiedene Gegenstände klopfst und der Schüler muss raten, wo. Bei Spielen immer tauschen - du bist im Einzelunterricht der Spielpartner. Das kann man auch beim Instrument machen. Eine kleine Melodie aus drei Tönen vorspielen - nachspielen lassen - tauschen.

Die Orientierung auf der Klaviatur ähnlich angehen: schau mal aus dem Fenster, welches von den vielen c's spiele ich nun (Pedal)? Tauschen. Augen zu und durch Fühlen rauskriegen, wo das d ist. Und andere Töne. Ratespiele sind sehr beliebt. Dann: was kann ich mit einer Taste anstellen, was höre ich, was fühle ich?

Augen zu, durch den Raum führen lassen und Gegenstände berühren: was könnte das sein, wie fühlt sich das an? (Tastsinn schulen, speziell der Fingerkuppen)

Musik und Bewegung: bei hohen Tönen streckst du die Arme weit hoch, bei tiefen Tönen wirst/legst du dich auf den Boden, bei mittleren ganz normal stehen/laufen/bewegen. Kindgerechte Stücke spielen (Clowns/Galopp von Kabalewski, Armes Waisenkind von Schumann u.v.a. ...dazu bewegen, Teile herausfinden......).

Kleine Reime vertonen und aufschreiben, Lieder nach Gehör spielen und aufschreiben. Schreiben zeigt oft, wo es an den Grundlagen hapert.

Es gibt so viel, was den Tastsinn, das Gehör, den Umgang mit dem Instrument schult und somit die Grundlagen herausbildet, die du bei deinem Schüler vermisst. Greif die Ideen deines Schülers auf - die werden kommen.

Bei Dingen, die wichtig sind, z.B. Rhythmusschulung durch Gehen, Klatschen o.ä., binde die Eltern mit ein und bitte sie, darauf zu achten, dass der Schüler das zu Hause macht. Es könnte immerhin sein, dass er vor lauter Spielen solche Dinge vergisst.

Viel Erfolg und liebe Grüße

chiarina
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt noch eine andere Komponente bei Kindern: Die Neugierde auf die Reaktion Gegenübers/ Einordnen des eigenen Verhaltens in der Umgebung. Heißt: Manchmal sind sie weder zu faul oder überlastet, sondern wollen einfach nur die Reaktion von einen Erwachsenen auf bestimmtes Verhalten testen und mit Wiederholungen die Verlässlichkeit der Regel überprüfen....ob die Regel von letzter Woche wohl heute auch zur selben Konsequenz führt...
Mein Großer (8) hat einen riesen Spaß dran auf Pseudofragen mit "nein" zu antworten. Einfach um zu sehen was passiert. Bei echten Fragen (wenn er weiß, dass ein "nein" akzeptabel) ist, wird er sehr hilfsbereit. Beispiel: Magst du den Müll runterbringen? Nein! (Er weiß genau, dass es seine Aufgabe ist- aber wenn Mama schon blöd fragt... Oder auch: Machst du mir einen Kaffe und bringst ihn ans Bett? Ja, klar. (Gehört definitiv NICHT zu seinen Aufgaben, aber ich bekomme einen Kaffe von mega stolzem Kind....)
Ich glaube, dass Kinder sehr, sehr viele "Sozialexperimente" machen, einfach um den Gegenüber einzuschätzen und zu wissen, wo sie stehen... Und das bei ihm sowohl die Hasenbeinsche als auch die Gordon Modell Methode funktionieren würde, wenn es authentisch ist...
LG, Heks
 
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Konfliktlösungsmodellen, die nicht explizit für Lehrsituationen konzipiert wurden, zu sammeln. Ein grundsätzlicher Zweifel an diesen Erziehungstipps ist, dass sie im Wesen manipulativ sind: das bockige Kind soll ja nicht bockig bleiben!

Das stimmt nicht! Ich schrieb bereits: Widerstand ist akzeptabel! Es ist entscheidend wichtig, das Modell nicht zur Manipulation einzusetzen. Zu diesem Zweck funktioniert es auch höchstens ein paar Mal. Menschen merken sowas.

Bockigsein, was das auch immer sein soll, ist allerdings ein Code für unausgesprochene Bedürfnisse! Und höchstwahrscheinlich für dieses: "Ich will nicht das machen, was du gerade willst, dass ich mache."

Mit dem Gordon-Modell will man aber die Bedürfnisse klären und so dekodiert man mit Hilfe des aktives Zuhörens das momentane Verhalten. Man will das Bedürfnis sprachlich (und gedanklich) auf den Punkt bringen.

Wenn dann klar ist, was das Bedürfnis des Schülers ist, kann man handeln und Absprachen treffen. Wie die aussehen, richtet sich nach den Bedürfnissen beider Partner. Wenn es mir als Lehrerin nichts ausmacht, dass das Kind nicht wie verabredet, Bruder Jakob spielt, sondern O Tannenbaum, kann das Bedürfnis des Kindes erfüllt werden.

Wenn ich ein Problem damit habe, dass das, was ich vorhatte, nicht stattfindet, werde ich das in einer Ich-Botschaft vermitteln. Und dann dem Schüler wieder aktiv zuhören. Je nachdem, wie also die Situation, die Gefühle und Bedürfnisse der Beteiligten sich zeigt, gibt es immer wieder andere Lösungen, bei denen KEINER der Verlierer ist. Das Schöne ist, dass dann, wenn das Problem beseitigt ist, sehr effektiv gelernt wird.

Liebe Grüße

chiarina
 
@chiarina ...ich mach jetzt erst mal was ganz antigordoniges: ich stelle fest, kein Bach, kein Chopin, kein Jubiläumsludwig, kein Fingersatz und kein lockeres Handgelenk entlockt dir so gewaltige Wortkaskaden wie der Gordon ;-):-D:drink: fast fürchte ich, der wäre für das Klavier relevanter als Bach, Neuhaus & Co.

Du empfiehlst, nachzulesen - hab ich bissel (Rogers, Gordon, etliche Adepten, die das für Kurse auszuschlachten versuchen) - und trotz all deiner vehementen Beteuerungen wird zweierlei nicht ersichtlich:
1. wenn es um Lernziele geht, die Bedürfnislage des Schülers diese (oder den Weg, sie zu erreichen) aber ablehnt, ist nicht zu beweisen, dass notwendig immer eine für beide (Lehrer und Schüler) passende und das Lernziel erreichende Lösung "herbeigegordont" werden kann (wäre ja auch unlogisch, denn diese Lösung ist nicht im Sinn des Schülers, s.o.)
2. ein weiterer Widerspruch ist: keinesfalls soll im Konfliktfall erklärt oder belehrt werden - implizit steckt das aber drin, es wird nur anders verpackt (das ist durchaus manipulativ)
Mag sein, dass das Modell im häuslichen Alltag Konflikte zu lösen sehr hilfreich ist - aber das auf die wöchentliche Klavierstunde zu übertragen, oder auf Gruppendynamik (Schulklassen, gerne pubertierend) wirkt ein wenig wie Wunschdenken.

...weil @Peter so mimimi gemacht hat: wütest, tobst und trampelst du wegen ein paar neckischer Formulierungen wie Gordongekuschel etc?:-D:drink:
 
Die Frage ist, was denn "normaler Klavierunterricht" ist! Menschen lernen in unterschiedlichen Altersgruppen und Entwicklungsstufen völlig anders, abgesehen davon, dass auch im gleichen Alter die Fähigkeiten und Charaktereigenschaften sehr differieren (glücklicherweise! :chr01:). Das bedeutet jeweils einen sehr unterschiedlichen, individuellen Unterricht.

7- oder 8jährige Kinder (und nicht nur die) sind sehr, sehr unterschiedlich in ihrer Entwicklung: manche sind noch sehr verspielt, manche können sich unglaublich gut konzentrieren u.v.a..... . Auch da muss man den Unterricht an die Fähigkeiten und Bedürfnisse anpassen, sonst geht er schief.

Es ist also wichtig, zu wissen, wie kleine(re) Kinder lernen und welche Fähigkeiten sie mitbringen. Sie haben Bedürfnisse und diese bestimmen die Anforderungen an einen gelungenen Unterricht.

Diese Kinder lernen vor allem im Spiel, mit allen Sinnen und vor allem mit Bewegung! Sie greifen und be-greifen, sie sind unglaublich erfinderisch und kreativ, Spiele ihren Bedürfnissen anzupassen. Sie können noch nicht so lange still sitzen und sie haben Grenzen in der rein kognitiven Beschäftigung. @Barratt hat völlig Recht, wenn sie sagt, dass der Schüler einfach erschöpft ist.

Ein "normaler" Klavierunterricht für Kinder diesen Alters, vor allem, wenn sie noch sehr verspielt sind, berücksichtigt dies! Lerninhalte werden von verschiedenen Seiten angeboten, Abwechslung mit viel Bewegung ist nötig, das Spiel und das spielerische Entdecken nimmt einen zentralen Platz ein. Das Kind sollte voll bei der Sache sein und lernt fast "nebenbei", in der Beschäftigung mit den musikalischen und klaviertechnischen Inhalten.

Das bedeutet, verschiedene "Settings" im Unterricht zu haben:
  • am Klavier (Lieder nach Gehör spielen, begleiten (anfangs mit einfachen Quinten), transponieren, improvisieren, komponieren, Orientierung auf dem Tastengelände, Kennenlernen des Instruments, Stücke spielen ...)
  • Sitzkreis, bei einem Schüler halt ein Gegenüber (Einführung von Lerninhalten, von Stücken anhand kleiner Geschichten, Einführung oder Erfinden von Reimen, die gleich vertont und evtl. aufgeschrieben werden .....)
  • ein Tisch (Bilder malen mit graphischer Notation, die dann gespielt werden, Einführung in die Notenschrift, Fingerspiele, Spiel mit Knete, Tastspiele....)
  • eine freie Fläche (Musik und Bewegung, Rhythmusspiele mit Gehen, Klatschen ....) .
Also niemals nur am Klavier sitzen! Bei Anzeichen von Erschöpfung das Setting wechseln und vor allem Bewegung einbauen!

Da vergeht die Zeit wie im Flug - ich mache immer 60 Minuten mit solchen Kindern, teilweise bei geeigneten Partnern anfangs als Gruppenunterricht zu zweit oder überlappend, z.B. 30 Minuten Einzelunterricht (1. Schüler) 30 Minuten Gruppenunterricht, 30 Minuten Einzelunterricht (2. Schüler).

Wenn dein Schüler glücklich mit O Tannenbaum ist, kannst du diese Motivation wunderbar nutzen. Er kann das Lied transponieren, mal mit rechts, mit links, mal unisono mit dir zusammen vierhändig spielen. Er kann das Lied mit einfach Quinten begleiten. Du könntest die dreiteilige Form des Liedes mit ihm herausarbeiten, dazu erklären, dass es nicht nur in Deutsch in der Schule, in unserer Sprache Sätze mit Punkten und Kommata gibt, sondern auch in der Musik. Wann ist ein Satz zu Ende (vielleicht Stopp rufen), wieviel Teile sind es? Gibt es da Ähnlichkeiten? Das Ganze machst du natürlich im Stehen auf der freien Fläche. Dann kann man das Lied singen und zu jedem verschiedenen Teil eine andere Bewegung finden (Teil A klatschen auf die Oberschenkel, Teil B auf den Kopf - Kinder finden das total lustig und haben die tollsten Ideen - Teil A wieder auf die Oberschenkel// oder im Raum bewegen...). Man kann auch Orffsches Instrumentarium nutzen - eine Holzblocktrommel, Klangstäbe etc. habe ich oft dabei. Dein Schüler kann auch O Tannenbaum mal traurig, fröhlich, wütend spielen - was verändert sich, wie mache ich das....? Dabei lernt der Schüler eine Menge.

Du kannst das Ohr schulen (Hörspiele sind ein sehr wichtiges Element jeder Stunde), indem du im Raum an verschiedene Gegenstände klopfst und der Schüler muss raten, wo. Bei Spielen immer tauschen - du bist im Einzelunterricht der Spielpartner. Das kann man auch beim Instrument machen. Eine kleine Melodie aus drei Tönen vorspielen - nachspielen lassen - tauschen.

Die Orientierung auf der Klaviatur ähnlich angehen: schau mal aus dem Fenster, welches von den vielen c's spiele ich nun (Pedal)? Tauschen. Augen zu und durch Fühlen rauskriegen, wo das d ist. Und andere Töne. Ratespiele sind sehr beliebt. Dann: was kann ich mit einer Taste anstellen, was höre ich, was fühle ich?

Augen zu, durch den Raum führen lassen und Gegenstände berühren: was könnte das sein, wie fühlt sich das an? (Tastsinn schulen, speziell der Fingerkuppen)

Musik und Bewegung: bei hohen Tönen streckst du die Arme weit hoch, bei tiefen Tönen wirst/legst du dich auf den Boden, bei mittleren ganz normal stehen/laufen/bewegen. Kindgerechte Stücke spielen (Clowns/Galopp von Kabalewski, Armes Waisenkind von Schumann u.v.a. ...dazu bewegen, Teile herausfinden......).

Kleine Reime vertonen und aufschreiben, Lieder nach Gehör spielen und aufschreiben. Schreiben zeigt oft, wo es an den Grundlagen hapert.

Es gibt so viel, was den Tastsinn, das Gehör, den Umgang mit dem Instrument schult und somit die Grundlagen herausbildet, die du bei deinem Schüler vermisst. Greif die Ideen deines Schülers auf - die werden kommen.

Bei Dingen, die wichtig sind, z.B. Rhythmusschulung durch Gehen, Klatschen o.ä., binde die Eltern mit ein und bitte sie, darauf zu achten, dass der Schüler das zu Hause macht. Es könnte immerhin sein, dass er vor lauter Spielen solche Dinge vergisst.
@chiarina
Das ist ganz exzellent!!!

...einzige "Kritik": da kommt kein einziges Mal Gordon vor - wozu auch, der ist nicht für Instrumentalpädagogik zuständig.
 
Chiarina, ich gebe zu, ich habe nicht jeden Deiner langen Sermone genau durchgelesen geschweige denn noch im Kopf, und außerdem keinen Bock, nochmal alles durchzugehen - hast Du bereits irgendwo ausgeführt, was für Dich die Bedeutung des Begriffs "Bedürfnis" ist?
 

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