Was ist so toll an... Beethoven?

Ich finde es reichlich intolerant, mir Musikunverständnis zu unterstellen, aufgrund meines Musikempfindens zu ein paar Stücken von einem Komponisten.
Vielleicht hätte ich noch dazu schreiben können, dass ich genannten Kitsch sehr schön finde. Dann wäre ich unter Umständen ein würdiger Diskussionspartner gewesen.
:-)

PS: Musikempfinden ist immer subjektiv

dazu möchte ich folgendes erwähnen, was mich auch beschäftigt.
Ich habe viele Gespräche mit Musikern und Hochschulprofessoren von denen erfahre ich sehr viel. Was besonders nachdenklich stimmt, so ist die Mehrheit der jungen Musiker vor allem den Pianisten /innen der Ansicht, Pianisten wie Feinberg, Horowitz, Rubinstein, Anda, Gilels, Richter, Haskil auch der Cellist Pablo Casals usw.usw. usw. sind nicht mehr zeitgemäss, kitschig, ausgeleiert und nicht mehr ertragbar für die heutige Zeit.
Noch fataler! diese Einstellung haben viele Veranstalter, die mit Kittel und Krawatte ähnlich angezogen wie die Börsen Heinis.
Die Gegenbewegung kommt von den Pianisten/innen die sich mit den historischen Flügel und Aufführungspraxis befassen.
 
@ Rheinkultur und rolf

Die Ausgangsfrage war ernst gemeint und ja, etwas provokant formuliert. :coolguy:
So treffend wie es Rheinkultur zusammengefasst hat, hätte ich es nicht ausdrücken können. Tatsache ist, dass ich bereits mit mehren Menschen in meiner Umgebung versucht habe, über Beethoven ins Gespräch zu kommen, mangels Interesse oder wirklicher Kenntnis an klassischer Musik meiner Gesprächspartner aber nicht zu einer Lösung oder Antwort gekommen bin.

Mein Interesse an Beethoven ist entstanden, als ich letztes Jahr wieder begonnen habe, Klavier zu spielen und Unterricht zu nehmen. Ich habe angefangen, wieder mehr und fuer mich bislang unbekannte Musik vor allem im Bereich Klassik aber auch im Jazz zu entdecken und zu hoeren, nachdem ich jahrelang "Altbewährtes" gehört, fast möchte ich sagen konsumiert habe, da ich selber lange nicht mehr aktiv musiziert hatte. Bin also in meiner freien Zeit stundenlang in Plattenläden rumgelaufen und habe im Internet, so auch bei clavio, herum gelesen. Habe viel Klavier geuebt und gespielt. Und dann kommt man im Bereich der Klaviermusik an Beethoven nicht mehr einfach vorbei.

Ihr wolltet wissen, welche Musik mir bislang gefällt, mich berührt, fasziniert. Meiner Antwort voranstellen möchte ich, dass das natürlich eine Momentaufnahme ist, es verändert sich ja vieles, je nachdem auf welche Weise oder zu welchem Zeitpunkt man sich mit der jeweiligen Musik beschäftigt. Es ist auch ziemlich persönlich.

Also um mal einen Anfang im Bereich der klassischen Musik zu machen: Ich mag seit meiner Kindheit Mozart sehr, vor allem die Klavierwerke und die Opern. Gruende: Diese auch noch im Schmerz\Verlust bestehende (Menschen-) Freundlichkeit, Klarheit, Leichtigkeit und Verspieltheit. Trotzdem werden aber nie Tragik und Abseitigkeit ausgeblendet. Fuer mich sehr troestliche und anregende Musik. (Das ist jetzt spontan formuliert, ohne langes Nachdenken, also bitte nagelt mich jetzt nicht fest oder so, sonst würde ich ewig für die Antworterstellung benötigen).

Auf den ersten "Blick" habe ich mich - auch bereits als Kind - in die Musik von Chopin verliebt. Es war wie ein Blitzschlag, als ich seine Musik zum ersten Mal gehört habe. Ich kenne und liebe fast alles, am allermeisten die Mazurken, Klaviersonaten, Nocturnes. Am liebsten von Rubinstein gespielt. In der Musik finde ich Stimmungen wieder, die meinen entsprechen. Die Ambivalenzen und (pardon) Transzendenzen im Leben, Glück und Trauer. Die Musik atmet frei, lässt Raum, ist oft zart, immer ernsthaft, aber nicht moralisch. Hoffentlich sind die Beschreibungen jetzt nicht zu kitschig ...

Damit es jetzt nicht zu langatmig wird noch kurz zusammengefasst:
Ich mag sehr italienische Opern (v.a. Puccini), Musik von Bartók und Strawinsky (z.B. Sacre). Seit ich angefangen habe Jazz zu hören, Iiebe ich Monks Spiel und seine Kompositionen. Und im Poprockbereich höre ich gerne Velvet underground, the cure, joy Division. Ich komme aus der IndieEcke. Toll finde ich auch alte Motown Sachen...

rolf, auf welche Frage genau möchtest du, dass ich antworte?

LG LoMo
Du bist ja ein sympathischer Mensch, wenn du nur nicht diesen Lego Avatar hättest.
 
dazu möchte ich folgendes erwähnen, was mich auch beschäftigt.
Ich habe viele Gespräche mit Musikern und Hochschulprofessoren von denen erfahre ich sehr viel. Was besonders nachdenklich stimmt, so ist die Mehrheit der jungen Musiker vor allem den Pianisten /innen der Ansicht, Pianisten wie Feinberg, Horowitz, Rubinstein, Anda, Gilels, Richter, Haskil auch der Cellist Pablo Casals usw.usw. usw. sind nicht mehr zeitgemäss, kitschig, ausgeleiert und nicht mehr ertragbar für die heutige Zeit.
Noch fataler! diese Einstellung haben viele Veranstalter, die mit Kittel und Krawatte ähnlich angezogen wie die Börsen Heinis.
Die Gegenbewegung kommt von den Pianisten/innen die sich mit den historischen Flügel und Aufführungspraxis befassen.
Ja soll sich dann das Klavierspiel wie mit dem Computer generiert anhören. Die Gegenbewegung find ich klasse.
 
rolf, auf welche Frage genau möchtest du, dass ich antworte?
ich hatte dich schon recht am Anfang dieses (deines) Fadens gefragt, ob dir z.B. 12 Etüden op. 10 nicht gefallen würden, wenn man sie dir als Beethoven unterjubeln wollte (vorausgesetzt, dass du die Chopinetden nicht kennst) -- Hintergrund der Frage ist: Beethovens Werk ist stilistisch sehr weit gefasst, es reicht von anfänglicher Haydn- & Mozartimitation über "Klassik" bis weit in die Romantik hinein. Nun sind z.B. Webers Ouvertüren (Freischütz, Oberon) denen von Beethoven (Coriolan, Egmont, Leonore) nicht unähnlich, Brahms´ Klaviersonaten lehnen sich an die späten Beethovenschen sehr deutlich an - so gesehen kann man deine quasi auf einen Namen fixierte Aversion nicht so ganz ernst nehmen, es sei denn, dir würde vieles von Mozart, Haydn, Weber, Brahms, Schumann etc ebenfalls nicht gefallen...
 
Mannomann, kaum ist so ein Thema da, schon gibt es 128 Antworten. Da ich nicht die Möglichkeit habe, alle zu lesen, gebe ich jetzt meine 50 Pfennig auf die Gefahr hin, dass es weiter oben schon geschrieben wurde, dazu:

Beethoven ist für mich der Großmeister der (anscheinend so farb- und spannungslosen) Oktave. Oktavierte Stimm-/Klang-/Motivdarstellung ist ja nun auch zunächst mal nichts, was eine kompositorische Herausforderung bedeuten würde, aber: wenn Beethoven dazu griff (und das tat er nicht selten) dann hat es gerappelt in der Kiste. Beethoven hat -für mich- die bedeutungsvollsten und schicksalsschwangersten Oktaven der Musikgeschichte komponiert.
 

Schubert hat da aber auch einiges zu bieten, da könnte man meinen, dass er mit Zwillingen guter Hoffnung war;-).

...da fragt man sich und dich, von wem die Liszt- und Tschaikowskioktaven trächtig waren... ;-);-)

Subjektive Äusserung und daher mit
gekennzeichnet.

Wo kämen wir denn bei so etwas persönlichem wie Musik hin wenn wir uns objektiver Geschmackseinschätzungen erdreisten würden?

:konfus:
 
ich hatte dich schon recht am Anfang dieses (deines) Fadens gefragt, ob dir z.B. 12 Etüden op. 10 nicht gefallen würden, wenn man sie dir als Beethoven unterjubeln wollte (vorausgesetzt, dass du die Chopinetden nicht kennst) --

Also, das ist natürlich sehr fiktiv und es fällt mir schwer vorzustellen, ob ich die Etuden von Chopin (die ich kenne) auch mögen würde, wenn ich denken würde, dass sie von Beethoven wären...:konfus:

Aber als Idee ist es eigentlich nicht schlecht, wenn ich mal so einen Test praktisch machen würde mit mir noch nicht bekannten Stücken. Dann müsste ich mal jemanden finden, der ein paar mir unbekannte Klavierstücke von verschiedenen Komponisten, darunter auch Beethoven und Chopin, Schumann etc., heraussucht und mir "blind" vorlegt...
Mal überlegen, ob ich das organisieren kann...
 
Zuletzt bearbeitet:
Beethoven ist für mich der Großmeister der (anscheinend so farb- und spannungslosen) Oktave. Oktavierte Stimm-/Klang-/Motivdarstellung ist ja nun auch zunächst mal nichts, was eine kompositorische Herausforderung bedeuten würde, aber: wenn Beethoven dazu griff (und das tat er nicht selten) dann hat es gerappelt in der Kiste. Beethoven hat -für mich- die bedeutungsvollsten und schicksalsschwangersten Oktaven der Musikgeschichte komponiert.

Was mich an Beethoven immer gereizt hat, ist dass er manchmal mit überraschend minimalen Mitteln überraschende Ergebnisse erreicht. Generell hat er sehr oft "neues" probiert. Nicht umsonst wird er gelegentlich auch als Wegbereiter der Romantik bezeichnet. Stücke wie die Mondscheinsonate (so kitschig die ja sein mag) zeigen auch, dass Beethoven allzu starre Regeln in puncto Form und Tonalität mit Erfolg gelegentlich schlicht ignorierte. Gerade der erste Satz der erwähnten Sonate Nr. 14 besitzt über weite Strecken kein echtes tonales Zentrum und "mäandert" beinahe in der Gegend herum: und war schon zu Lebzeiten trotzdem eines der populärsten Beethoven-Stücke. Beethoven hatte es halt irgendwie doch drauf.

Aber es steht wirklich so viel zwischen den Zeilen, wenn du verstehst was ich meine. Ich habe mich nun ueber 1 Jahr lang mit dem ersten Satz der Waldsteinsonate beschaeftigt, und noch immer gibt es Stellen, welche mich immer wieder ueberraschen.

Alleine Beethovens Sonaten haben soooo viel STOFF, es ist phantastisch

"Bedrückend und anstrengend"? Dann hör Dir mal an was mir spontan als Gegenargument dazu einfällt: Zum Beispiel die zweiten Sätze von op. 13, op. 31 Nr. 2, dem 4. und 5. Klavierkonzert. Und wenn Du irgendwann – hoffentlich live - den dritten Satz von op. 109 hören wirst, der mir eine Gänsehaut über den Körper treibt, der meine Augen feucht werden lässt…..

Was mich wirklich von allen hier im Forum interessieren würde:

Würdet ihr erklären/zusammenfassen, was Euch an Beethoven besonders gefällt/fasziniert - so im Sinne der von mir oben aus dem Faden dazu zusammengetragenen Zitate, also nicht eine Aufzählung der Werke, sondern Euer Empfinden/Meinungen beim Hören der Musik?

LG LoMo
 
Zuletzt bearbeitet:
Du bist ja ein sympathischer Mensch, wenn du nur nicht diesen Lego Avatar hättest.

könnte der grüne Drache aus dem Game "Bubble Bobble" sein, ;)

Da kennt jemand tatsächlich seine Videospiel-Historie, Respekt. Um genau zu sein, ist es wohl ein Origami-Bub. Siehe auch hier: http://fuzzymo1994.deviantart.com/art/Origami-Bub-Bubble-bobble-314053438


@Rudl : Vielen Dank für das Kompliment, und es handelt sich tatsächlich um den grüne Drachen aus dem Game "Bubble Bobble". Das habe ich als Kind eine zeitlang sehr sehr zeitfressend gespielt und hatte Schwierigkeiten, damit wieder aufzuhören. So kann es auch hier im Forum passieren, daher wahrscheinlich die Idee mit dem Avatar...
Aber - um zum Thema zurückzukommen - würde mich auch Deine Meinung zu Beethoven und meiner Frage #137 natürlich brennend interessieren...
 
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@LoMo: Es ist schwer, es in Worte zu fassen. (Ich bin BTW weder professioneller Musiker noch Musikhistoriker, man möge mir ungenaue Wortwahl verzeihen.) Es gibt Musik, die wirkt auf mich sehr "künstlich", durchkonstruiert, starr. Und es gibt Beethoven. Zwar hat Beethoven den kompositorischen "Werkzeugkasten" seiner Zeit im Schlaf beherrscht, und zwar auf extrem hohem Niveau. Aber er hat sich nie sklavisch an "die Regeln" gehalten, sondern sie verbogen, gebrochen, neu interpretiert, manchmal ignoriert.

Die Musik von Beethoven ist kompositorisch auf höchstem Niveau, keine Frage. Aber sie wirkt auf mich halt eigentlich nie starr, sondern im besten Sinn organisch, fast zwangsläufig in ihrer Natürlichkeit und Flexibilität, auch in ihrer gelegentlichen, beinahe nebenläufigen Schlichtheit. (Das ist auch z.B. ein deutlicher Unterschied zu Chopin, wenngleich ich Chopin ebenfalls ziemlich verehre.) Was bei Geringeren billig und unkreativ wirken würde, entfaltet bei Beethoven im Gegenteil enorme Wirkung: ganz so, wie ein begnadeter Maler mit ein paar Pinselstrichen mehr Emotion beim Betrachter erreicht, als ein schlechterer Künstler mit Wochen der peniblen Kleinarbeit.

Der langen Rede kurzer Sinn: Beethovens Musik wirkt auf mich auch und vielleicht sogar vor allem auf einer emotionalen Schiene. Und auch wenn ich z.B. die 5. Symphonie nur halb scherzhaft als leicht kitschig und zumindest ein wenig zu wuchtig und emotional bezeichnen würde, so verfehlt sie ihre Wirkung trotzdem nicht. Beethoven gehört zu den wenigen Komponisten, bei denen ich ein Stück nur mit äußerster Willensanstrengung unterbrechen kann. Sei es die Mondscheinsonate oder die Pathétique, die 5. Symphonie oder die Elise: sie wollen bis zum Ende gehört werden, jedes Mal. ;-)
 
Ich habe kein einziges Beethoven-Stück in meinem aktuellen Repertoir. Sämtliche Stücke, die mir besonders gut gefallen, sind mir zu schwer. Natürlich gibt es einige Sätze, die das nicht sind. Aber ich mache mich nur an Werke, bei denen ich die Chance habe, sie ganz zu spielen.
Ich höre viel Beethoven, vor allem die Streichquartette und die Klaviersonaten. Ein unerschöpflicher Hörgenuss.

Seine Symphonien sind bahnbrechend, aber ich kenne sie zu gut, möche ihrer nicht überdrüssig werden.

Seine einzige Oper finde ich nur den Gefangenenchor und die Kerkerszene wirklich gelungen.

Grüße
Manfred
 
Ich mag seit meiner Kindheit Mozart sehr, vor allem die Klavierwerke und die Opern. Gruende: Diese auch noch im Schmerz\Verlust bestehende (Menschen-) Freundlichkeit, Klarheit, Leichtigkeit und Verspieltheit. Trotzdem werden aber nie Tragik und Abseitigkeit ausgeblendet. Fuer mich sehr troestliche und anregende Musik.
Dann würde ich Dir zwei spätere (jeweils zweisätzige, was eher ungewöhnlich ist) Sonaten Beethovens ans Herz legen, die mehr mozartischen Geist enthalten, als man zunächst vermuten dürfte:





Dabei sind diese beiden eher kurzen Werke alles andere als marginal einzuschätzen - sie überbrücken die Strecke von den gewichtigen Werken der mittleren Schaffenszeit (Appassionata, Waldstein-Sonate) zum Spätwerk (darunter die Hammerklavier-Sonate), und das eben nicht als Lückenfüller.

Abschließend setze man das zu Beethovens Sonatenwerk Gesagte in Beziehung mit zwei Werken von Mozart:





LG von Rheinkultur
 

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