Profis vs Amateure

  • Ersteller des Themas Romantikfreak98
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Das mag ja alles auch stimmen. Und ich würde mir auch sehr wünschen, dass die ambulante Versorgung durch die KV Ärzte auf deutlich höherem Niveau, insbesondere bei akut medizinischen Problemen erfolgen würde. D.h. übrigens mitnichten, dass es sich dabei um schlechte Fachärzte handelt!
Aber ich glaube nicht, dass die derartige ambulante Versorgung durch Nicht-Notfallmediziner eine messbare Gefahr für die Patienten darstellt. Zumindest hier in der Region wird ein viel zu großer Anteil an Patienten im KV-Dienst nicht ambulant behandelt, sondern zur Abklärung in die Notaufnahmen eingewiesen. Und dies passiert in der Regel aus folgenden Gründen: keine Zeit, keine Lust, keine geeignete Ausstattung, keine Ahnung. Aus welchem Fachgebiet der jeweilige Einweiser kommt, spielt aus meiner Erfahrung dabei keine wesentliche Rolle. Es gibt Psychiater, die als Notarzt unterwegs sind und Kardiologen, die anfangen zu weinen, wenn der Patient Kammerflimmern bekommt.

LG
Bechsteinfreund
 
Habe in einem Hafen einen Notfall mit Herzstillstand mitbekommen. Bewustloser Mann wurde von einer Segelyacht zu einer Anlegestelle gefahren. Lautes Rufen der Crew wg. Notfall, eine Frau lief zu der Yacht ging an Bord und begann sofort mit Herzmassage, nie künstliche Beatmung, etwas später war der im Hafen hängende Defibrilator auch kurz im Einsatz. Die hängen übrigens in jedem dänischen Hafen und sollen auch von Laien ohne Sprachkenntnisse bedienbar sein. Der Mann hat überlebt, der Notarztwaagen kam erst nach 20 Minuten.
Die Frau hat sicher der Crew sofort gesagt, daß sie Ärztin ist. Und wenn es eine Laborärztin oder Zahnärztin war? Die können das doch alle besser als als alle anderen, die zufällig in der Nähe sind.

Gruß
Manfred
 
...... aber genau das kapieren die KV-Leute nicht...
Sorry, aber Einspruch!
Sie kapieren es sehr wohl, aber es sind ihnen die Hände gebunden. Die KV ist "nur" das ausführende Organ. Denn die wirkliche Macht bei der KV heißt KK (Krankenkassen) und diese bestimmen, was Sache ist. Egal, ob es den ärztlichen Mitgliedern der KV passt oder nicht. Die KK gehen nach dem ductus: "Wer zahlt, schafft an."
Die niedergelassenen Vertragsärzte hängen de facto am Tropf der Krankenkassen. Und die Standesvertretung der Vertragsärzte (=die KV) kämpft jeden Tag gegen die Windmühlen der KK. Meist ohne Erfolg. Siehe z.B. den medizinischen Dienst der Krankenkassen, der sich sehr oft aus Mitarbeitern der Krankenkassen rekrutiert (gerne auch ohne fundierte bzw. aktuelle medizinische Ausbildung) aber über Therapiemaßnahmen entscheidet, sehr oft nur nach Aktenlage. Das heißt: ohne dass jemals ein Patient gesehen wurde. Hauptsache, die Kasse stimmt bei den Krankenkassen. Dass dabei z.B. sehr oft gemeinsam bestellte und bestens ausgebildete Gutachter wissentlich und willentlich übergangen werden kann den Krankenkassen nur recht sein.
 
Vor Kurzem ist ein alkoholisierter Mann nachts in einem Wiener U-Bahn-Aufzug gestorben, weil er zusammengebrochen war und sich keiner der Passanten gekümmert hat. Entsetzlich. Jemand hätte die Rettung, oder mindestens die U-Bahn-Aufsicht rufen sollen. In dem Kontext wurde in den Medien auch der dort in der Nähe plazierte Defibrillator erwähnt.

Ganz ehrlich: Ich bin medizinischer Laie, mein erster und einziger Erste-Hilfe-Kurs ist sehr lange her. Wäre ich auf die Idee gekommen, wenn dort ein (vielleicht zusätzlich verwahrloster?) Mensch nachts in der U-Bahn am Boden liegt, genau dieses Gerät als erstes einzusetzen - ohne zu wissen, was ihm fehlt und ob das gut ist, oder mehr schadet? Hätte ich ihn (als Frau, nachts, allein...) überhaupt angesprochen? Ich fürchte, eher nicht.

Man muss realistisch sein, was Laien in medizinischen Notsituationen leisten können. Grundsätzlich denke ich, regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse sollten für jeden Autofahrer verpflichtend sein. Aber die gängige Äußerung, dass man nur dann etwas falsch macht, wenn man "gar nichts macht" überzeugt mich nicht. Wie es ja im Beitrag von @Moderato auch anklingt... es muss dann schnell kompetente Hilfe her.
 
Am Anfang steht immer einen medizinischen Notfall als auch solchen erkennen zu können.
 
.... Aber die gängige Äußerung, dass man nur dann etwas falsch macht, wenn man "gar nichts macht" überzeugt mich nicht. .

Liebe Christine,

die gängige Äußerung stimmt natürlich auch weiterhin!!!!

Du kannst alleine schon durch einen Hilferuf mittels handy ein Leben retten. Die Rettungsleitstelle sagt Dir alles, was Du wissen musst. Lass einfach Deinen gesunden Menschenverstand walten. Wenn ein Mensch offensichtlich in Not ist, dann kann schon ein beherztes Schreien um Hilfe Leben retten. Denn es können dann weitere Retter eingreifen, falls Du selbst Dich überfordert siehst.

Und wenn Du zu einem Patienten kommst, sprich ihn doch einfach an. Schon erfährst Du ganz wichtige Dinge: Reagiert er oder nicht. Wenn er reagiert, hast Du schon fast gewonnen. Wenn nicht, dann frag Dich selbst: Warum reagiert er nicht? Wenn Du überhaupt keine Ahnung hast, dann beginne sofort mit der Herzdruckmassage. Du kannst nichts falsch machen. Leg ihn auf den Rücken, lass einfach die Ellbogen gestreckt und drück mit flach ineinander gefassten Händen fest und schnell auf das Brustbein. Das reicht schon mal fürs erste. Schlimmstenfalls nützt alles nichts und er verstirbt. Dann hast Du´s zumindest versucht. In allen anderen Fällen hast Du ein Leben gerettet.
 
Den Hilferuf per Handy hätte ich gemacht, ansprechen je nach Situation auch. Beim Rest hätte ich definitiv Berührungsängste, aber vermutlich sollte man sich klar machen, dass man im günstigen Fall tatsächlich ein Leben rettet...
 
Man muss realistisch sein, was Laien in medizinischen Notsituationen leisten können. Grundsätzlich denke ich, regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse sollten für jeden Autofahrer verpflichtend sein. Aber die gängige Äußerung, dass man nur dann etwas falsch macht, wenn man "gar nichts macht" überzeugt mich nicht. Wie es ja im Beitrag von @Moderato auch anklingt... es muss dann schnell kompetente Hilfe her.
Es wäre durchaus zu unterscheiden zwischen theoretischen Überlegungen hier in einem Internetforum und zwischen dem praktisch eingetretenen Notfall, wenn man etwa direkt vor einem Unfallopfer steht. Was zumindest möglich ist, ohne dass man sich selbst einer Gefahr aussetzt: Fast jeder besitzt ein Mobiltelefon und kann sofort über die bekannten Notrufnummern professionelle Hilfe holen. Das ist allemal besser als "gar nichts zu machen".

Es ist bezeichnend, dass in Situationen praxisgerechter gehandelt wird, in denen Konzentration und Aufmerksamkeit obligatorisch sind: Wenn Personen bei Konzerten, Theatervorstellungen oder Gottesdiensten kollabieren, reagieren sehr oft anwesende Personen mit medizinischen Kenntnissen besonnen und kompetent. Notfalls genügt eine Unterbrechung der Aufführung und ein Besucher (der von Beruf Arzt ist) beginnt sofort mit der Erstversorgung, bis der Rettungswagen eintrifft. Ich habe das im Zuge etlicher Veranstaltungen bereits so oft selbst miterlebt, dass letztlich viele dieser Vorkommnisse doch glimpflich ausgehen. Bei größeren Veranstaltungen ist mitunter vom Veranstalter selbst entsprechendes Personal für Notfälle zu stellen. Dass das in "anonymerer" Umgebung (etwa auf wenig belebten Straßen) ungünstiger ablaufen kann, weiß ich allerdings auch.

LG von Rheinkultur
 
.... Notfalls genügt eine Unterbrechung der Aufführung
LG von Rheinkultur

In diesem Zusammenhang fällt mir doch gleich ein Witz ein:

Konzert, angespanntes Zuhören, doch plötzlich ein Schrei aus dem Parkett: "Ist ein Arzt anwesend?!!" "Ein Arzt!!!"
Oben auf dem 2. Rang meldet sich ein Herr: "Ich bin Arzt"
Und unten: "Ist das nicht eine wundervolle Aufführung, Herr Kollege?!" :-D
 

Was man mir erzählt hat, aber es war kein Mediziner: Die Herzdruckmassage kann fast jeder, der das mal gesehen hat. Ein Defibrillator funktioniert gar nicht, wenn kein Herzflimmern vorhanden ist, deshalb als erstes die Herzdruckmassage. Die Bedienung soll optisch verständlich gemacht sein, also auch ohne Sprachkenntnisse möglich sein. Eine Mundbeatmung ist dabei nicht so wichtig. Stimmt das?
 
Wie wäre es mit einem Erste Hilfe Kurs (z. B. bei einem der folgenden Hilfsorganisationen: DRK, Malteser Hilfsdienst, Johanniter Unfallhilfe) oder einer Auffrischung der vorhandenen Kenntnisse nach spätestens 2Jahren?

So kennt man sich mit den notwendigen Hilfemaßnahmen aus, um Mitmenschen zu helfen, sei es Fremde in der Fußgängerzone (oder wo auch immer) oder auch einem Familienangehörigen. Wenn man selber in Not ist, möchte man ja auch, dass jemand einem hilft.

Viele Grüße
Musicanne
 
Was man mir erzählt hat, aber es war kein Mediziner: Die Herzdruckmassage kann fast jeder, der das mal gesehen hat. Ein Defibrillator funktioniert gar nicht, wenn kein Herzflimmern vorhanden ist, deshalb als erstes die Herzdruckmassage. Die Bedienung soll optisch verständlich gemacht sein, also auch ohne Sprachkenntnisse möglich sein. Eine Mundbeatmung ist dabei nicht so wichtig. Stimmt das?
ein moderner Defi ist selbsterklärend und gibt aufgrund von Ereignissen (z.B. Herzaktivität) optisch und akustisch die nächsten Schritte vor. Er spricht deutsch, also sollte man schon Sprachkenntnisse besitzen.
Falls er kein Kammerflimmern feststellt, wird auch kein elektrischer Impuls gesetzt. Er funktioniert aber deshalb auch weiterhin und gibt Anweisungen und auch den Takt für die Herzdruckmassage.

Beatmung ist natürlich schon wichtig, aber als erste Maßnahme steht die Herzdruckmassage. Nach 30 Stößen wird 2 mal beatmet. Natürlich erst mal kontrollieren, ob die Atemwege frei sind. Mund öffnen und falls die Zunge nach hinten in den Rachen gefallen ist, mit einem Taschentuch und den Fingern wieder nach vorne holen. Dann den Kopf nach hinten überstrecken und beatmen. Entweder über den Mund, oder über die Nase.
Falls nach 10 Minuten immer noch keine Herztätigkeit eingesetzt hat, fällt die Erfolgswahrscheinlichkeit ziemlich auf Null. Es ist also nicht die Geschwindigkeit des Rettungswagen entscheidend, sondern Euer beherztes Eingreifen!
 
Wie wäre es mit einem Erste Hilfe Kurs (z. B. bei einem der folgenden Hilfsorganisationen: DRK, Malteser Hilfsdienst, Johanniter Unfallhilfe) oder einer Auffrischung der vorhandenen Kenntnisse nach spätestens 2Jahren?

Du hast 100%ig recht, aber du weißt ja, wie das ist: wenn das eigentlich "immer mal wieder machen wollte" aber man nicht "muss", ist die Liste der Dinge, die auf der Prioritätenliste eben weiter oben sind, lang... Drum wäre ich ja für eine Erste-Hilfe-Auffrischungspflicht für Führerscheininhaber (damit erreicht man ja doch die meisten Erwachsenen). So wie ich im Übrigen auch regelmäßige Fahrsicherheitstrainings gut fände. Man glaubt nicht, was man dabei alles lernen kann - aber wenn man die gern als "verpflichtend" für jeden einführen wollte, würde man vermutlich von der Super-Autofahrer-Lobby gelyncht... Wieso eigentlich: Die Karre selbst muss ja auch regelmäßig (zu Recht) inspiziert werden - wieso nicht die Tauglichkeit ihres Fahrers, in jeder Hinsicht?
 
Da haben wir doch schon einen wunderbaren Vorsatz für alle, deren Erste-Hilfe-Kurs länger als (sagen wir mal...) fünf Jahre zurück liegt - einen neuen Kurs machen! Und zwar einen anständigen (nicht nur Sofortmaßnahmen am Unfallort...) wie ihn Erzieher usw. brauchen.
 
Und wer soll den ganzen regelmäßigen Schulungsspaß bezahlen? Wird das dann den erfolgreich geretteten Unfallopfern in Rechnung gestellt? ;-)
 
Und wer soll den ganzen regelmäßigen Schulungsspaß bezahlen? Wird das dann den erfolgreich geretteten Unfallopfern in Rechnung gestellt? ;-)

Logischerweise der Führerscheininhaber. Die Prüfplakette für sein Auto zahlt er ja auch selbst. Das kann er sich auch nicht aussuchen, oder einfach verweigern. Warum sollte es mit der Schulung von Erste-Hilfe-Fähigkeiten anders sein - wenn man es mit der Erhöhung der Sicherheit ernst meinen würde?
 
@hennessy: alles sehr zutreffend, Herr Kollege, und Deine pädagogisch fundierte Darstellung der Laienreanimation (Basic Life Support) gefällt mir sehr!

Was für nette und engagierte Leute sich doch hier auf Clavio tummeln ... sehr sympathisch!
Es wäre ja ein Leichtes, im Rahmen eines Clavio-Treffens auch einen 2 bis 4-stündigen Rea-Kurs anzubieten, von Clavios für Clavios. Das macht Spaß, ist nützlich und stärkt auf nicht-musikalischer Ebene den Zusammenhalt. Dummy und Material lassen sich organisieren. Lustige Vorstellung, wie wir da alle drücken und schwitzen ...
Ach ja, im Gegenzug hätte ich natürlich gerne von @LMG einen Grundkurs Latein, von @sla019 einen Kurs in Literatur, von @Stegull eine qualifizierte manuelle Therapie der HWS und von @elli eine Klavierstunde, wie ich die blöden unabhängigen Finger wieder loswerde.
Tja, liebe Clavios, eine Hand wäscht die andere, nicht wahr?
 
Ich wär dabei! Falls jemand einen kleinen Chinesisch-Crashkurs von mir haben möchte - sehr gern. Ich seh schon, beim nächsten Clavio-Treffen kommen wir gar nicht mehr zum Klavierspielen... ;-)
 

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