Lieber Friedrich,
vielen Dank für deinen sehr aufschlussreichen Beitrag!!! Ich bin natürlich die Letzte, die beurteilen könnte, ob sich der Lohengrinsche "Stoff" für solch eine Reflexion eignet!
Aber wenn er sich nicht eignet, wieso hat er dann diese Wirkung auf mich und nicht nur auf mich?
Wieso finde ich die Inszenierung bis auf Einzelheiten absolut schlüssig?
Vielleicht ist ja doch etwas dran, was euch aber entgeht (es sei denn, mein Geisteszustand müsste dringend untersucht werden :D ).
Ich habe überhaupt keine Ahnung von Regietheater und deshalb kenne ich auch die Propaganda nicht. Was ich über aufklärerische Intentionen geschrieben habe, ist alles bloß auf meinem Mist gewachsen. Ich bin wie du der Meinung, dass die Funktion des Regisseurs nur eine unterstützende sein darf und genau da liegt nach meinem Empfinden der Knackpunkt in der Unterschiedlichkeit unserer Wahrnehmung.
Ich empfinde Neuenfels' Inszenierung als unterstützend, während vielleicht besonders du, lieber gubu, sie genau anders herum wahrnimmst, wenn ich das richtig verstanden habe. Die Inszenierung als fast herrschaftlicher Akt des gottgleichen Regisseur, der sich den Stoff zu eigen macht, um ihm seine Prägung überzustülpen. Eher eine Vergewaltigung, bei der der Respekt vor dem Stoff und dem Komponisten fehlt.
Im Gegensatz zu dir, gubu, fehlen mir auch die Erfahrungen. Ich kenne keine Regisseure von Theatern, von Opern........... . Wie gesagt, kann ich daher nur aus meiner persönlichen Warte sprechen.
Aber wie ist es denn für euch bei Theaterstücken? Die werden ja in der Regel auch neu/modern inszeniert, Ist es da angebracht? Wenn ja, warum?
Übrigens ist es nicht so, dass mir bedingungslos jede Inszenierung gefällt. Ich war neulich in Tristan und die Inszenierung hat mir gar nicht gefallen. Aber wer wäre ich, zu sagen, sie war schlecht? Ich kann das jedenfalls nicht beurteilen. Was sind denn die Kriterien für eine gute oder schlechte Inszenierung? Der Geschmack kann doch wohl nicht das Kriterium sein!
....sooo neu ist dieser "Aspekt" nun aber nicht... die meisten Goten folgten ihrem Theoderich, die meisten Franken ihrem Karl dem Großen, die meisten Römer ihrem Augustus... das pflegte bekanntlich so zu sein mit Königen und Kaisern, sowohl in der Gechichte als auch in Geschichten, ausgenommen sind bestenfalls eher glücklose Herrscher (aber so einer war Heinrich nicht, weder real noch in Wagners Libretto) .... und klar, jede Geschichte könnte anders ausgehen, wenn man sie anders schriebe... Hans Castorp könnte Frau Stöhr heiraten und genesen... Romeo könnte Julia schlachten... Tristan könnte die Finger von Islode lassen und sich stattdessen stiermäßig der Brangäne nähern... usw...
Lieber Rolf,
ich habe nicht gesagt, dass dieser Aspekt neu ist. Er wurde aber neu inszeniert und mit neuen Bildern und Mitteln verknüpft, die im "Gesamtpaket" offensichtlich für Irritationen sorgen und dem einen schlüssig vorkommen und dem anderen nicht. Diese Gesamtaussage ist neu. Die Grundlage, die dem und vielen anderen Theaterstücken zugrunde liegt, ist natürlich immer aus dem Stoff gemacht, den alle Menschen kennen: Liebe, Leidenschaft, Eifersucht, Hörigkeit, Willenlosigkeit, Gier, Geld, Neid....... . Die Aspekte sind also selten neu, aber was draus gemacht wird, ist oftmals neu. Oder aber gähnend langweilig, wie Friedrich geschrieben hat. :D Hier werden die Ratten z.B. auch geimpft, wir wissen aber nicht, womit. Ich find's spannend, darüber nachzudenken. So wie ich es auch spannend finde, wie ich mich in so einer Masse verhalten würde. Wir leben eben heute in einer anderen Zeit als im Mittelalter und es ist für mich interessant, zu überlegen, ob damalige Strukturen heute noch gelten etc..
Ich habe ja auch gar nichts dagegen, wenn ihr dieses Regietheater schrecklich findet! Ganz besonders du, gubu, hast da ja offensichtlich schon manches Nette erlebt!!! :D
Ich wollte aber durchaus mal meine Sicht der Dinge vertreten! :D
Und ich find's nach wie vor gut!
Liebe Grüße an euch alle - es ist wahrlich sehr schade, dass Gommi zur Zeit......
chiarina