Ich kann mit dieser Kunstform nicht so viel anfangen - ich glaube, ich könnte mich stundenlang von herzzerreissend singenden Tenören, Sopranistinnen etc. beschallen lassen, und würde nur däumchendrehend dasitzen und warten bis es vorbei ist :).
Hallo Dreiklang,
So wie dir geht es wohl vielen und dennoch gibt es Situationen, die diese Gleichgültigkeit scheinbar mühelos aufbrechen können.
Ich erinnere mich an meine erste Zeit in Wien - ich lebte da zusammen mit anderen Mädels in einem Jugendheim. Nun, meine Opernwut fand dort nicht unbedingt Anklang - die armen Sänger wurden durchwegs ohne jegliche Differenzierung als Schreihälse abqualifiziert, und meine Mitbewohnerinnnen mussten durch "meine" Musik wahre Höllenqualen leiden, die Folter der Inquisition war harmlos gegen den Terror den ich mit den Opern ausübte. ;)
Eines Abends stürzte ein Trupp wildschnatternder Gänse zur Tür herein, redete aufgeregt auf mich ein und ich brauchte mindestens eine halbe Stunde bis ich kapierte, was die von mir wollten. Die Mädels waren im Kino, auf dem Programm stand "Philadelphia" - in einer zentralen, hochemotionalen Stelle des Films sorgte die Arie "La mamma morta" für einiges an Aufruhr. Ungeduldig entrüstete man sich, dass ich so schöne Musik nie hören würde, und dass sie wohl längst zu Opernfans geworden wären, wenn ich nur die richtigen anhören wurde.
Ironie der Geschichte - zu dieser Zeit hörte ich bereits seit Wochen Giordanos "Andrea Chenier" in Endlosschleife und keine Arien schallten so oft aus den Lautsprechern wie "La mamma morta" und "Un dì all'azzurro spazio", war es doch meine letzte Errungenschaft, die ich ordentlich auskosten musste.
Nun, aus den Mädels wurde danach keine Opernfans - ich hatte weder die Gabe des Drehbuchautors, noch das schauspielerische Talent eines Tom Hanks und war auch nicht dem Tode nahe - meine Versuche, dort anzusetzen, wo der Film seine Wirkung so leicht entfaltete, scheiterten kläglich.
Dieses Phänomen, dass Filme das Feld sozusagen emotional vorbereiten, dass sogar ausgesprochene Operngegner dann die gezielt plazierten Stücke, nicht nur als schön sondern geradezu als überwältigend empfinden, habe ich später noch einige Male erlebt, wiederholt mit "Philadelphia" aber auch mit "Der Pate III", der Ausschnitte aus Mascagnis "Cavalleria Rusticana" geschickt mit dem Finale verwob und damit die Emotionen der Zuschauer hochkochen liess.
Noch zu "Philadelphia": Es gibt keinen Film, der mich dermaßen beeindruckte, bevor ich ihn noch zu sehen bekommen hatte. Mit einem Schlag konnte er bei zahlreichen Zuschauern massivste Vorurteile abbauen - Vorurteile gegen Opernmusik, gegen Homosexualität und gegen Aids. Wirklich erstaunlich, was so manche Filmstunde bewirken kann.
Ich wünsche auch dir einmal ein Schlüsselerlebnis dieser Art - ich empfinde die menschliche Stimme des Kunstgesangs als das schönste Instrument überhaupt und unweigerlich befällt mich Mitleid mit Menschen, die diese nicht geniessen können. Ich weiss, dass das blöd klingt, denn diese Menschen entbehren ja nichts, aber sie wissen halt nicht, was ihnen da entgeht. :)
LG, PP
PS: Die 1200 Euro für eine Opernkarte sind natürlich Schwarzmarktpreise auf höchstem Niveau.