Für mich ist das übrigens keine "impressionistische" Musik - es hat eher was mit Jugendstil und Symbolismus zu tun...
Ja, Melisandes turmlang herabhängendes Haar wirkt auf uns Nachgeborene
wie eine Jugendstil-Chiffre - aber vorallem "Symbolismus" ist das richtige Stichwort,
wenn man Debussy irgendwo kulturgeschichtlich einordnen will.
Er kannte Mallarmé, an dessen "Après-Midi d'un Faune" sich Debussys
Personalstil entwickelt hat - Mallarmés Dichtung hat auf ihn befreiend gewirkt.
Er hat Maeterlinck vertont - und die beiden nächsten Opern,
die er geplant hatte und die leider Fragment geblieben sind,
basieren auf Texten von Edgar Allan Poe - dem Ahnherren des Symbolismus.
Was die Analogien zur bildenden Kunst betrifft - da bin ich skeptisch.
Man hat sich angewöhnt, die aus dem Prokrustesbett der Funktionalität
befreite Harmonik "impressionistisch" zu nennen - für mich ein reiner Feuilletonismus.
Bei Debussy sind halt Akkordverbindungen oft nicht mehr funktional erklärbar,
sie sind dann modalen Ursprungs (auch die Ganztonleiter ist ein Modus)
oder Mixtur-Fortschreitungen. Man kann dann sagen, er benutzt Harmonien
als reinen Farbwert - aber der Begriff "impressionistisch" vernebelt nur
Sachverhalte, die präzise beschrieben werden können.
Übrigens war Hokusai der Lieblingsmaler Debussys - auf Photographien
aus Debussys Wohnung sieht man im Hintergrund eine Reproduktion
von Hokusais berühmter "Welle von Kanagawa", die auch die Komposition
von "La mer" angeregt haben soll.
Herzliche Grüße,
Christoph