Langsam üben, schnell spielen

  • Ersteller des Themas Annaklena
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Wenn ich dann aber das ganze Stück in der Geschwindigkeit spielen will, die ich für die einzelnen Stellen schon gut erarbeitet habe, dann merke ich oft, dass ich das konzentrationsmässig noch gar nicht durchhalte.

Ich muss dann eigentlich wieder von Neuem runterbremsen. Und manchmal dauert es dann überraschend lang, bis ich ein schnelleres Tempo von einzelnen Stellen auch wirklich aufs ganze Stück übertragen kann.

So geht's mir auch! Dieser Thread hier ist sehr gut, danke für's Erstellen @Annaklena! Ich komme mehr und mehr zu der Einstellung, dass man im zweiten Jahr des Klavierlernens (wie ich) und sicher auch noch im dritten und vierten einfach noch nicht über die Routine verfügt, die es braucht, Techniken, die an kurzen Stellen bzw. kurzen Stücken gehen auf längere zu übertragen. Das braucht einfach alles Geduld und das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht!

Im anderen Thread, aus dem der Titel hier stammt, habe ich ein Zitat eingefügt, dass bzgl. Fehlerfreiheit auch in die Richtung "erstaunlich lang" geht:

Die Zahl der Fehler ist eine mathematische Funktion der aufgewendeten Übezeit. Ich spiele heute fehlerfrei etliche schwere und längere Stücke, wenn ich lange genug daran übe. Man hat, wenn man das Stück technisch beherrscht immer noch so eine Phase, die recht lang sein kann, bis man wirklich fehlerfrei ist. Hat man sich einmal auf diesen Anspruch geeicht, macht man das freiwillig bei den allermeisten Stücken. Im Klavierunterricht habe ich mich häufig gefragt, warum das nächste Stück kommt, das alte aber noch gar nicht fehlerfrei ist. Um sich möglichst schnell und effektiv technisch weiterzuentwickeln, ist es wohl sinnvoller so. Es reicht, wenn man die Vorspielstücke für das Schülerkonzert oder Jugend musiziert sicher und fehlerfrei kann. Fehlerfrei ist in der Regel auch gleich sicher. Das ist so meine Einschätzung, aber ich bin kein Klavierlehrer.
 
Habe nen Tipp bekommen um zu lernen das Tempo über längere Zeit zu halten:
Einfach täglich das Metronom abseits des Klavier‘s auf gebräuchlichen Tempis laufen lassen und dabei mit einer Hand den Takt mit-klopfen, -schlagen oder -klatschen.
Empfohlen werden 1-2 Minute, dann andere Hand, später längere Zeit, so bis 5 Minute.
Auch mal nur mit einem Finger als Anschlag…
Bin da echt noch nie gleichmässig nach so 30-40 Sekunde, werd mal zu schnell oder zu langsam! Werde das aber weiter üben, ich bin wohl doch ein bisschen faul …

Das ist in der Tat ein super Tipp. Ich mache das regelmäßig auf meinen Hundespaziergängen! Ich geh' dann im Takt und so. Hilft wirklich!
 
Was genau blockiert Dich denn da bzw. wovor hast Du Angst?
Vor der Dissonanz zwischen dem durch das Metronom vorgegebenen Takt und meinem eigenen. Die zerstört für mich das letzte Gefühl, Musik zu machen, ich drücke nur noch Tasten. Wenn meine Hände noch nicht genau wissen, was sie wann tun müssen, sich der motorische Ablauf noch nicht eingeschliffen hat, hab ich vermutlich Schwierigkeiten, meinen inneren "Takt" mit dem äußeren zu synchronisieren. Der innere Takt wiederum steht natürlich im Verdacht zu allerlei Unwuchten zu neigen, ein Wurstkranz ist nun mal kein Fahrradreifen. Kacke dieser Perfektionismus: Falscher Finger oder falscher Ton oder beides, und schon walzt mein dringendes Bedürfnis, neu anzufangen, auch mein inneres Taktgefühl nieder.

Seitdem ich den Rat meines KL beherzige, dabei, die Töne in der richtigen Abfolge in die richtigen Finger zu kriegen, zunächst jede Note - ggf. auch die kleingedruckten - als Viertel zu betrachten, mehren sich die Hinweise, dass mir das Metronom dabei hilft, und auch wenn ich die Sache dann auch zu den echten Notenwerten zu ändere. Weiter zu beobachten.
 
@HbMuth Auch mit Metronom spielen muss man lernen und üben. Am Anfang wird es dir schwer fallen. Du musst ja noch zusätzlich darauf hören, dass deine Note zum richtigen Tick kommt. Am Anfang vielleicht den Rhythmus zum Metronom klatschen?
 
Das ist in der Tat ein super Tipp. Ich mache das regelmäßig auf meinen Hundespaziergängen! Ich geh' dann im Takt und so. Hilft wirklich!
Also, dann gibt der Hund den Takt an? Scherz… der hat ja auch kein Metronom eingebaut..
Also, bei uns in der Schweiz wünscht man einander zum Mittagessen: En Guette
wie sagt man bei euch? Malzeit, guten Appetitt?
 
Also, dann gibt der Hund den Takt an? Scherz… der hat ja auch kein Metronom eingebaut..
Also, bei uns in der Schweiz wünscht man einander zum Mittagessen: En Guette
wie sagt man bei euch? Malzeit, guten Appetitt?

Ganz ähnlich! E guuda! Das "Appetit" spart man sich! Ist ja auch im Dreiländereck und die Schweiz ist nicht fern! 😊
 
Also, dann gibt der Hund den Takt an? Scherz… der hat ja auch kein Metronom eingebaut..
Doch. Genau wie der Mensch: Fast jeder Mensch kann sehr gleichmäßig gehen und laufen. Ich nutze das tatsächlich gelegentlich, um während meines Lauftrainings (für mich) schwierige Rhythmen zu üben. Die Beine sind das Metronom und innerlich singe oder spreche ich den Rhythmus. Bei ganz langsamen Läufen klatsche ich auch mal mit Händen auf die Oberschenkel oder singe bzw. spreche laut. Aber immer nur, wenn niemand in Sichtweite ist. :-D
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, sonst wenn jemand zuschaut einfach sagen; ich habe Kla-vi-ta-sy
ja, eben… haben wir auch schon gehört… das Klavier-TaktySyndrom… ääähhh
 
Hier werden 2 Dinge miteinander vermischt. Natürlich sollte man beim Erlernen eines Stückes dieses in einem Tempo üben, welches ermöglicht die richtigen Noten, Fingersätze, Dynamik, Artikulation etc einzuüben. Es ist nunmal so, dass eine Passage im schnellen Tempo nicht funktioniert, wenn es schon langsam nicht geht.
Selbstredend, doch obwohl ich das weiß werde ich zu früh zu schnell und muss mich dann immer wieder bremsen.
Das nächste ist das bewusste verändern des Tempos, wenn man das Stück (vermeintlich) kann. Je länger man daran übt, desto mehr Automatismus schleicht sich ein. Durch ein bewusst (sehr) langsames Tempo wird der Automatismus durchbrochen, das Hirn arbeitet wieder mehr und man lernt das Stück von einer anderen Seite.
Das halte ich für sehr wichtig. Obwohl meine Stücke noch sehr kurz sind, übe ich bestimmte, für mich schwere Stellen extrem langsam. Ich sage mir dann immer " Und nun noch einmal im Schneckentempo!" Schneckentempo bedeutet für mich so langsam spielen, dass die Melodie grade noch erkennbar ist. Mir hilft das oft sehr weiter.
Langsames üben sollte eigentlich nicht schwierig sein. Langsam spielen ist nochmal ne andere Hausnummer.
Kann ich bestätigen. Einen Abschnitt im Schneckentempo spielen ist extrem anstrengend. Hilft aber. Ich lerne den Abschnitt auf eine ganz andere Weise kennen. Wenn ich einen Abschnitt wirklich sicher im Schneckentempo spielen kann, klappt es in der Regel auch deutlich schneller.
Die größte Schwierigkeit ist vielleicht, dass man beim langsamen üben zB eines Presto-Stückes schon beim langsamen üben das richtige Tempo bei der Wahl des Fingersatzes oder der Artikulation berücksichtigen muss. Ob das ein Anfänger-Problem ist weiß ich allerdings nicht.
Ich denke schon, dass dieses auch ein Anfänger-Problem ist. Auch wenn die Stellen nicht wirklich Presto sind. Ich habe bei mir bemerkt, dass ich bei schnelleren Passagen manchmal unbewusst den geübten Fingersatz noch leicht verändere. Diese Veränderung ist dann aber kontinuierlich. Er geht mir dann einfach besser, fließender von der Hand.
 
@DonMias, Vielleicht kann dir der oder die Sichtweise ja Tipps geben, oder gar umgekehrt von dir lernen. Weise haben ja gerade das perfektioniert, lebenslanges Lernen.

Im Übrigen fällt mir zum Thema Gehen, Klatschen und Rhythmus TA-KE-TI-NA von Reinhard Flatischler ein. Das Original ist zwar ziemlich fernöstlich spirituell angehaucht. Aber die Verbindung von Bewegung, Sprachsilben und konzentrischen Kreisen zur Darstellung polyrhythmischer Beziehungen, ja, wenn das nicht weise ist, weiß ich auch nicht.
 

Ich zähle immer laut mit und zusätzlich mit dem linken Fuß wippen und dann klappt das sehr gleichmäßig im langsamen Tempo.
 
Zusätzlich betone ich beim zählen noch durch Lautstärke die Dynamik plus die schwere Zeit. Das geht ganz einfach, wenn man zuerst die Noten von dem ganzen Stück durchzählt und erst danach ans Klavier geht.
 
Gibt es eigentlich ein "Zu langsam"? Ich nehme an, irgendwann ist doch mehr Pause als Ton, weil ein Klavierton ja nicht ewig klingt, natürlich ausschwingt.

Exkurs: Die meisten MIDI-Geräte teilen ja jede Zählzeit (Beat, quater note) in 24 Teile oder mehr, maximal 960, oft lässt sich das einstellen. Wie viel Zeit zwischen zwei Ticks vergeht, wird durch einen anderen Parameter geregelt, der jederzeit dem variablen Solltempo angepasst werden kann.

Meine Probleme rühren wohl daher, dass diese künstlich-technische Denkweise zuerst da war in meinem Kopf (bin halt Nerd, Geek, egal), die mit der musikalisch-organischen nicht viel gemein hat, leider.

Absurd wäre es als Mensch, die immer 12 pro Zählzeit durchzuzählen in zügigem Tempo oder sich zumindest die Zeit zu nehmen als würde man dies beabsichtigen. Ab zwölf kommt hinzu, dass die Zahlwörter mehrsilbig werden und auch die Sieben müsst man strenggenommen zu "siem" verkürzen. Kommt auch drauf an, ob man sich die Zählerei vor Ohren oder vor Augen führt. Letzteres ist vermeintlich einfacher, weil die letzte einstellige Zahl, 9, nicht so flexibel teilbar (nur durch 3) ist wie 12 (2, 3, 4, 6). Und je größer die Zahlen werden, umso mehr Aufmerksamkeit kosten sie eh.
Das ist die Crux für mich an der Langsamkeit. Langsamkeit und Rhythmustreue ist nicht gut zu vereinbaren in meinem Kopf. Das eine erweist dem anderen einen Bärendienst.

Ich verlasse mich also notgedrungen auf meine Intuition, schalte den Kopf ab. Bin also immer gespannt, was mein KL sagt zur Rhythmustreue einer gespielten Phrase. Das kann reichen von "perfekt" bis "und jetzt bitte noch mal im Metrum". Dann spiel ich einfach noch mal, auf dass es dann besser sein möge und kann nur ein Stoßgebet zum Himmel schicken, dass das nicht nur einfach zufällig richtig war.

Diese Verkopftheit verspannt. Ein bisschen Kopf geht bei mir nicht. Ein bisschen Kopf beschränkt sich darauf, simultan an meinem Spiel rumzumäkeln. Dabei ist Perfektionismus ja nur eine Ausrede, warum man nicht gut sein will und das einfach sein lässt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich denke nicht, dass es ein "zu langsam" gibt.
Für mich liegt der Sinn im langsamem Spielen darin, die "Fingerautomatik" auszuschalten und sich, was mir oft leider viel zu schlecht gelingt, innerlich bewusst zu machen/vorzustellen, was als Nächstes kommt.
Das dauert dann halt so lange, wie es dauert und da kommt's deshalb m.M.n. auch nicht darauf an, ob man den Rhythmus exakt einhält.
Da darfs dann schon mal "Extrem-Rubatoing" sein
 
Wenn man eine gewisse Erfahrung mit schnell-spielen hat, dann kann exzessiv langsam üben SEHR hilfreich sein! Es gibt da einige Berichte über das Üben Rachmaninoffs.
Für Anfänger bringt sehr langsames üben wenig, weil man völlig unbrauchbare Bewegungsmuster einübt.
 
Ich denke nicht, dass es ein "zu langsam" gibt.

Ich denke schon. Z.B. wenn es darum geht, Bewegungsmuster einzustudieren, die für richtiges Tempo unabdingbar sind.

Beides ist richtig - und zugleich ist beides falsch.

Es hängt davon ab, was gerade geübt wird:
1. geht es darum, Griffe, Harmonien (grob gesagt Notentext) etc zu internalisieren, gibt es kein zu langsam.
2. geht es um rasche Bewegungsmuster, die internalisiert werden sollen, ist zu langsam kontraproduktiv.

Zumeist befasst man sich zunächst mit 1. und später dann mit 2.
 

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