Je mehr ( mechanische ) Patterns verinnerlicht sind, desto effektiver das Erlernen neuer Literaturstücke. Jeder mir bekannte fortgeschrittene Pianist übt auch neben Literaturstücken technische Studien und Etüden. Tonleitern, Dreiklänge, Übungen für die Spannweite usw.usw. Wer das nicht mehr braucht ist schon sehr sehr weit fortgeschritten.
Der Punkt ist hier nun, dass der fortgeschrittenere Pianist weiß, in welchem musikalischen Kontext diese "Patterns" vorkommen, bzw. diese Patterns isoliert übt, weil sie in einem bestimmten musikalischen Kontext vorkommen und auch in diesem zu verstehen sind. Wenn ich nun Übungen isoliert von diesem Kontext übe...was üb ich dann eigentlich? Irgendwelche Bewegungen, die - wenn man nicht sonderlich erfahren ist - nach irgendwas klingen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das was man da lernt dann direkt auf einen musikalischen Kontext übertragbar ist, die ist doch, wie ich meine, sehr gering. Bleibt also das "außermusikalische" übrig, was man mit solchen Übungen üben kann. Was wäre das denn? Fingerkraft, Spreizvermögen, etc. Aber das ist nichts, wozu man solche Übungen braucht, das kann man auch ganz normal an den Werken selbst üben. Meine Kernaussage hier ist also nochmal die Repitition des ersten Satzes: Der Punkt ist hier nun, dass der fortgeschrittene Pianist weiß, in welchem musikalischen Kontext diese Übungen vorkommen und sie auch dementsprechend übt. Wenn du genug Erfahrung hast, um zu wissen, in welchem Kontext so Übungen vorkommen, und was hier genau das Problem ist (und glaub mir, das ist wesentlich diffiziler als man denkt), ist das Üben solcher Übungen sicherlich nicht so kritisch zu sehen. Aber wenn man sie blind übt, ohne zu verstehen, wie diese "Technik" "üblicherweise" ihre Anwendung findet (und ich wage mal zu behaupten, dass man da, wenn man nicht zumindest eine Zeit seines Lebens das Klavierspiel einigermaßen professionell betrieben hat, nicht ausreichend viel Erfahrung hat), ist es wohl eher problematisch und nicht zweckdienlich schätze ich.
Abschließend gesagt sehe hier eher, dass dir eigentlich viele erfahrene Pianisten und Pädagogen sagen: "So wie du dir das vorstellst funktioniert das nicht". Und du wirfst anschließend Leuten, die sich ihr Leben lang sich mit sowas (= Klavierspiel und Klavierpädagogik) beschäftigen Unwissenheit und Arroganz vor. Sorry, so funktioniert das für mich nicht.
Edit:
Wenn @hasenbein glaubt, mit Gedankenkraft den vierten Finger beweglicher zu machen, dann habe ich dem nichts mehr hinzuzufügen.
Und ich glaube nicht, dass es seine Aussage war, dass der vierte Finger durch Gedankenkraft beweglicher wird. Die Aussage ist eher: Der Finger ist ausreichend beweglich, die Bewegungsmuster sind nur wohl eher falsch. Und wenn man nun das eine falsche Bewegungsmuster mit einer isolierten "technischen Übung" übt, macht man gleich einen doppelten Fehler. Erstens übt man damit diese falsche Bewegung nur immer weiter ein, im Glauben, dass eine motorische Einschränkung das Problem ist. Und zweitens übt man immer nur die "eine selbe Bewegung", was auch Murks ist, da je nach musikalischem Kontext ein anderes Bewegungsmuster wichtig ist. Und insgesamt macht man sogar drei Fehler, weil mit so einem Vorgehen der Höreindruck in den Hintergrund rückt und ein mechanisches Spiel als Maxime angesehen wird, was total unzweckdienlich ist...