Natürlich benötigt man Ausdauer, um aufwändige Programme ohne Einbußen durchzuhalten. Wer solche Programme spielt, der hat erstens diese Ausdauer (und denkt nicht mehr darüber nach) und haushaltet zweitens trotzdem vernünftig mit seiner Energie[...]
Ein wichtiger Punkt, das Haushalten. Dazu gehört meines Erachtens zunächst einmal das Aussieben von energieverschwendenden und, wie bereits schon mehrfach besprochen, unnötigen und störenden Aktivitäten, wie etwa:
Theatralische Bewegungen, aber auch Hämmern aus der Luft auf Tasten ( da dies mehrere, bereits besprochene, Nachteile mit sich führt,
UND ZUSÄTZLICH noch unweigerlich einen Mehrverbrauch an Energie mit sich bringt. Die Lösung für solche Fälle lautet:
Non-percussive. Hände und Finger bleiben in Berührung mit Tasten, auf keinen Fall bewegen sie sich bei langen, sehr schnellen oder sehr schweren Klamotten zu weit von ihnen fort. Wir arbeiten aus lockerer Position, mit Impulskraft.
lieber
@Joh
überwiegend stimme ich dir zu
dennoch gibt es spezielle Literatur, die für jeden, der sie öffentlich spielt, über diese (salopp gesagt) pianistische Komfortzone*) hinausgeht und eigenes Ausdauertraining (sic! das geht dann über das gewohnte richtige/optimale üben hinaus) erfordert -- es gibt Solostücke, die schwieriger und körperlich belastender sind als das dritte Rachmaninov-Konzert, [...]
es geht mir übrigens nicht um manuelle Superlative, sondern um die von vielen großen Panisten glaubhaft dargestellte Tatsache, dass es eben auch Literatur gibt, die selbst solche Virtuosen
in Sachen planer dummer körperlicher Ausdauer maximal fordert und damit spezielles Üben immer wieder erfordert. Was das jeweils ist, das kann unterschiedlich sein: z.B. für Artur Rubinstein (der an einem Abend Tschaikowski b-Moll und Brahms B-Dur hintereinander spielen konnte (!!)) waren das Rachmaninovs Paganinivariationen (die er deswegen nur selten spielte) und Strawinskis Trois Mouvements, die immerhim ihm zugeeignet waren, von denen er aber sagte, dass er sie nie mit wirklich allen Noten gespielt hatte.
[...]
Auch für die von Dir genannte Literatur kann mit Sicherheit auch gegen
VIELE "große Virtuosen" ins Feld geführt werden, dass sie
a ) HÄMMERN, ( warum ? Non percussive ist eigtl. immer besser. Selbst wenn mal "Martellato" da steht. Und
b ) Theatralische zusätzliche Bewegungen ausführen.
Das gilt sogar für Arthur Rubinstein, den ich sehr sehr verehre, aber im Video "Great Pianists", zu Beginn, hämmert er am Ende vom Satz 1 der Appassionata ( die ( einfache, aber effektiv klingenden ) letzten 2 Seiten von Satz 1 mit den schnellen Wechsel-Akkorden ) aus nahezu Überkopfhöhe auf die Tasten:
Übertrügen wir eine solche Aktion auf WIRKLICH schwierige Werke, ( der genannte Abschnitt der Appassionata ist nicht sehr schwierig ), meinetwegen auf diese Skriabin-Sonaten, vielleicht Nr. 5 oder 9 ), könnte ich mir vorstellen, dass Pianisten, die nicht gnadenlos Ineffizientes UND SOMIT energieverbrauchendes Agieren aussieben, wohl tatsächlich in die Muskelbude gehen müssten.
Libermann gab das Beispiel in seinen Kursen mit Liszts h-Moll-Sonate: Wenn man sie im durchschnittlichen Tempo spielen möchte, wendet man ca. 25000 pounds an Kraftenergie auf. Beim Minutenwalzer ca. 250 pounds.
Klar ist auf jeden Fall, dass wir bei längeren und schweren "Granaten", aber auch bei sag ich mal "kurzen, harten Brechern" so energiesparend wie möglich vorgehen sollten.
Es wurde zusätzlich der mentale Aspekt angesprochen: Es ist m.E. wohl gut nachvollziehbar, dass es auch Pianisten gibt, die keine Lust haben, 60 Seiten mit dissonantem modernen Material ( z.B. vollgriffige hässliche Akkorde und weite Sprünge im ff oder lauter, und Cluster usw. ) zu spielen ODER sich anzueignen, es spielen zu können.
Eine Gefahr sehe ich also z.B. in langweiligen, oder extrem nervigen, langen Stücken solcher Machart. Diese sind keine Pflicht und als Pianist würde ich sie meiden. Auch Gould hat nicht alles gespielt, was aufm Markt war, wie ich neulich las.
"Wir sind die Briefträger, die zu Fuß gehen. Mit allem, was wir spielen, üben wir unsere Ausdauer. Wir brauchen nicht zusätzlich üben, lange Strecken zu Fuß zu gehen." ( Libermann, frei. )
Vorsichtig betrachten müssten wir auch - es wurde ganz kurz bereits erwähnt, aber ich möchte es nochmals erwähnen - , dass z.B. Werke wie Chopins Oktavenetüde für jemanden, der nur KNAPP eine Oktave greifen kann, eine ERHEBLICHE Energie benötigen, ich habe das an mir selbst gesehen, und dies an der Etüde beobachtet quasi seit ich so 14 bin bis heute. Damals ein MEGA-Brecher, heute mag ich sie, verbrauche WENIG Energie, viel weniger als früher, weil die Hände auch in LOCKEREM Zustand bereits die Oktave greifen können, früher nur unter SPANNUNG. Und Muskelspannung / Anspannung kostet eben viel Energie.
Also sind auch anatomische Faktoren / Körperliche ( und evtl. geistige ) Entwicklungsprozesse, Beschäftigen mit dem Aussieben von Ineffizientem usw. nicht ganz unwichtig hier, würde ich postulieren.
Mit LG, Olli!