-- ich betrachte so eine Melodie als etwas sehr Individuelles, Lebendiges - - und diese Melodie will mir was erzählen und ich will das aufgreifen und aus meiner Perspektive nacherzählen; das Kennenlernen einer Melodie ist eine Art Dialog: so eine Art beschnuppern, ein erstes Treffen, man findet sich sympathisch, man ist neugierig usw.
Aber ein Musikstück ist mehr als nur die Melodie, wie ein Mensch, den man kennenlernen will ja auch nicht nur aus dem Gesicht oder Antlitz besteht: da ist die ganze Gestalt, wie sie sich bewegt, der Klang der Stimme usw usw - - das entspricht den Harmonien, den Spielfiguren, den Nebenstimmen, der Dynamik usw usw.
Für mich ist das Kennenlernen eines Musikstücks etwas sehr persönliches, etwas nahe gehendes.
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- beim kennenlernen eines anderen Menschen liegt die Betonung doch auch nicht auf "lernen"
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Es ist kein "lernen" - es ist eher ein sich verlieben, und was man liebt, das kennt man immer besser. Und irgendwann spielt man nichts "auswendig" und auch nichts "gelerntes", sonden man spielt inwendig.
Wunder-, wunderschön, Rolf!!!!!!!!!
Wenn man nun auch als begeisterter Amateur dieses als Ziel hat, wird man auch sein Üben entsprechend gestalten. Und da ist es doch völlig egal, wie viel Zeit man dafür braucht! Bei Rolf geht es so schnell, weil er sich schon sein Leben lang damit beschäftigt hat (fast :p).
Bei euch dauert's halt länger, je nachdem. :p
Trotzdem kann es nicht schaden, Erfahrungen mit sich selbst und seinem Lernverhalten zu machen. Wie hier schon gesagt, lernt jeder anders auswendig.
Manche lernen automatisch mit dem Üben des Stückes alles auswendig, lösen sich dabei recht schnell vom Blatt. Was auch gefährlich sein kann, weil sie nicht mehr genau wissen, was eigentlich sonst noch so in den Noten steht und wo eigentlich das steht, was sie gerade spielen. Die Orientierung kann also verloren gehn, wenn man nicht immer wieder auch die Noten heranzieht oder sich die Noten abseits vom Klavier anschaut (was immer gut ist).
Manche lernen lieber erst das ganze Stück und lösen sich dann vom Notentext.
Ich finde die erste Variante besser und sie entspricht auch eher dem, was Rolf meint. Aber wenn die zweite gut klappt, ist da nichts gegen einzuwenden.
Dann ist auch die Frage, Hagerup, wie dein Gedächtnis arbeitet. Walter hat dazu in seinem Blog auch schon etwas geschrieben.
Hast du ein photographisches, visuelles Gedächtnis, siehst du quasi die Noten beim Spielen vor Augen und weißt immer, auf welcher Seite in welcher Reihe ... du gerade bist.
Andere schauen beim Spielen auf die Tasten und merken sich die Bewegungen der Hände und das Tastenbild. Ich hatte einen Kollegen, der sich so alles gemerkt hat und er kam gut damit klar. Für mich persönlich wäre das der Tod :p.
Wieder andere richten sich nur nach dem Fingergedächtnis, was gefährlich sein kann, da dies manchmal verrückt spielt, wenn man aufgeregt ist.
Für das auditive Gedächtnis spielst du nach, was du innerlich hörst. Deine hoch entwickelte Klangvorstellung realisierst du dann einfach. Ich weiß, dass sagt sich so leicht, aber daran kann man arbeiten und es wird mit der Zeit immer besser.
Eine weitere Hilfe zum Auswendig spielen ist die genaue Kenntnis des Stücks. Phrasen und Form, Stimmen und zumindest die groben harmonischen Klangverläufe sollte man kennen. Aber auch das entwickelt sich erst allmählich. Zu Beginn eines Klavierunterrichts ist es erstmal eher verwirrend, nicht hilfreich, wenn man z.B. weiß, dass ein Phrasenanfang in A-Dur steht. Man ist noch nicht so vertraut mit Akkorden, Harmonien etc.. Je mehr man aber so arbeitet, desto mehr wird dies zu einer wichtigen Hilfe.
Meistens gibt es eine Kombination aller dieser Formen, wobei auch häufig Schwerpunkte existieren. Ich habe z.B. ein gutes photographisches Gedächtnis.
Was bedeutet dies alles nun für's eigene Üben?
Es bedeutet, sich selbst gut zu beobachten und keineswegs Methoden von außen zu übernehmen, die womöglich gar nicht zu einem passen.
Es bedeutet also, dass man den Zeitpunkt, ab wann man etwas auswendig spielt, nach dem Gefühl setzt, etwas zu beherrschen. Als Kontrolle hört man ja sofort, ob es geklappt hat. Baut man jede Menge Fehler ein, ist es zu früh, oder zu komplex oder zu viel auf einmal. Fehler sollte man möglichst vermeiden, denn so etwas prägt sich leider ein.
Wenn man Rolfs Herangehensweise also übernehmen will, kann man beim Erlernen des Stücks eben beides machen: nach Noten spielen, aber auch einzelne Teile bereits auswendig spielen.
Der häufig von mir beobachtete Fehler beim Üben ist m.M.n., dass zu schnell zusammen und am besten noch das ganze Stück am Stück :p gespielt wird, dann alles auswendig gekonnt werden soll und nichts mehr klappt.
Stattdessen könnte man z.B. die Melodie einer Phrase üben und innerhalb einer Woche auswendig lernen, wenn man denkt, dass man sie verinnerlicht hat. Man untersucht die Basslinie und entdeckt ihren Klangverlauf - auch diesen kann man dann auswendig lernen. Man spielt die Akkorde, die als Farbe einen begleitenden Klangteppich bilden, hört und erfährt sie, dann auch im Zusammenklang mit den Basstönen und lernt so beim Hören und Spielen, beim Erfahren, beim Entdecken, beim Kennenlernen und Verlieben! einzelne Passagen, Verläufe auswendig. Immer erst dann, wenn man sie verinnerlicht hat, wenn man sie innerlich hören kann, wenn man sie beherrscht. Dabei kann man dann schauen, ob man sich beim Auswendigspiel eher die Noten vorstellt, auf die Tasten schaut oder sich ganz dem Hören und Fühlen widmet. Und so sollte man es dann auch lassen, es bringt nämlich gar nicht, gegen sich und seine Disposition zu arbeiten.
Was ich also sagen will, ist, dass man beim Erarbeiten des Stücks in seinen Einzelheiten sukkzessive das Auswendigspiel mit einbeziehen kann.
Die Folgen aus all dem sind aber, dass man auch so übt, dass man diese Einzelheiten, also wie Rolf sagt, die Gestalt, die Körpersprache, das Mienenspiel...... wirklich kennen lernt. Also z.B. immer wieder stimmenweise übt, Phrasen herausarbeitet und gegenüberstellt, weiß, was in den Noten steht, ........ . Und das nicht nur einen Tag!!! *grins* Da hakt's des öfteren *doppelgrins*. Und die gemachten Erfahrungen mit dem Auswendigspiel verknüpft.
Und immer mit der Ruhe. Langsam ernährt sich das Eichhörnchen! *lach*
Viel Erfolg!
chiarina