Wie weit man musikalische Vorlieben oder Bildung weitergeben kann und soll, ist wohl auch eine Frage des Alters der zu Bildenden. Bei Teenagern wäre ich da mal ganz vorsichtig. Denn ganz schnell können gut gemeinte Aktionen ins Gegenteil abdriften. Anstatt sich der gewünschten Musik zuzuwenden, wenden sie sich möglicherweise mit Grausen und justament ab.
Ich habe jedenfalls bei meiner Tochter, die vor kurzem in eben dieser gefürchteten Pubertät war, tunlichst vermieden, meine absoluten Lieblinge, ob Klassik oder Pop/Rock/etc., als besonders cool und super anzupreisen. Ebenso wie ich vermieden habe, mich über ihre absoluten Lieblinge lustig zu machen. Gut, es war nicht schwierig, denn die gröbsten Ohrenkiller sind glücklicherweise an uns vorüber gegangen.
Inzwischen scheint sich bei ihr ein ihren Eltern entsprechender und sehr breit gefächerter Musikgeschmack zu entwickeln. Glück gehabt.
Bei allen anderen Verwandten, Freunden und Bekannten würde ich niemals an musikalische Bildung denken. Die, welche es verstehen, dürfen gerne Schumann, Bartok oder Satie hören und alle freuen sich.
Jene, die es nicht verstehen, freuen sich dann halt über Conquest of Paradise, die Elise und von mir aus auch die Comptine eh schon wissen. Und wieder freuen sich alle.
Musik ist mir wichtig und Lebenselixier, aber nicht wichtig genug, um andere, die es höchstwahrscheinlich gar nicht wollen, zu missionieren. Auch wenn es jetzt mit Klavier möglicherweise leichter wäre, als früher mit E-Gitarre ;)
Mir würde ja auch nicht einfallen, dass ich jemand beispielsweise zum Fischen mitschleppe, der damit gar nichts anfangen kann.
Das Klavier in den persönlichen Alltag zu integrieren ist bei uns recht einfach. Meine Tochter und ich spielen beide Klavier und haben dieselbe Klavierlehrerin, wenn auch nicht dieselben Stücke. Meine Frau sitzt lesend auf der Couch und fragt, ob nicht jemand Klavier üben will. Sie mag das, selbst wenn wir eine halbe Stunde an denselben vier Takten rumstümpern. Glück gehabt.
Einzig wenn abends ein Film im Fernsehen angeguckt wird, kommt ab und an die Bitte, doch ein anderes Stück zu spielen, weil das Stakkato-Geklopfe der Tasten selbst bei stummem Spielen etwas irritierend wirkt :)
Auch wenn ich mit Hasenbein prinzipiell durchaus einer Meinung bin, gehöre ich doch zu den Leuten, die sich sehr schwer tun mit objektiver Bewertung von Kunst im Allgemeinen. Kunst ist für mich im Wesentlichen und reduziert von allem Handwerklichen zuerst mal Emotion. Bewertungskriterien entstehen durch Konsens einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe. Für diese Gruppe ist Kunst dann auch sowas wie messbar. In einer anderen Gruppe haben diese Messkriterien aber eventuell überhaupt keine Bedeutung und Relevanz. Daher ist Kunstgeschmack für mich per se subjektiv. Und trotzdem leiste ich mir bei guten Freunden ab und an mal durchaus den Luxus ihnen zu verklickern, welchen Schmu sie denn da anhören. Bei anderen halte ich einfach meinen Schnabel und denk mir mein Teil.
Ich muss aber auch gestehen, dass ich meinen Prinzipien schon mal untreu und ziemlich rot im Gesicht werde, wenn mir jemand beispielsweise erzählt, dass es seit den 80ern keine gute Musik mehr gibt (eine Frage des Alters, die halt gerade bei mir zutrifft). Denn dieses Steckenbleiben in der musikalischen Entwicklung, das wohl auf einen Großteil der Leute zutrifft, ärgert mich in schwachen Momenten oder an feuchtfröhlichen Abenden ab und zu maßlos. Zum Missionar mit tragbarem Scheiterhaufen werde ich deswegen jedoch nicht :cool: