Es mag sein, dass diese Spielweise die größte physische Schwierigkeit und Kraftanstrengung bedeutet.
Ich finde es jedoch vom Technischen her noch schwerer, sehr lange, sehr schnell, staccato und sehr leise zu spielen. Für sehr schnell und staccato ist bei Bach die Rede vom "Schnellen" der Finger, die sich beim Spiel nach innen krümmen. Kann das heute noch jemand?[/QUOTE]
Auch hier kann ich deine Ansicht nicht teilen. Nachdem ich früher als Student das "vergnügen" hatte, mehrere Profs mit diametral entgegengesetzer Methodik in ihrem Kampf zu erleben, erging es mir auch in meinem Lehrerleben ähnlich. Möchte doch jeder seine Methodik an liebsten zur allgemeinen Regel erheben.
zur Zeit von BAch war die Methodik noch sehr durch die Schule der Clavicord, Cembalo, Spinett spielenden und lehrenden Meister bestimmt. Diese forderten diese äusserst flinken finger, wo einige schulen sogar den Gebrauch des daumens untersagten oder verpönten.
Diese Methodik kann zur Zeit der Romantik und spätestens schon bei Beethoven nicht mehr als geltende und hilfreiche Methode des Klavierspiels gelten.
War der Meister am Clavicord noch ein filigran arbeitender Spieler mit hervorragender Finger-Feinmotorik, so hat sich der Kraftverbrauch in den späteren Jahren- etwa ab Beethoven - in einen Ganzkörperkraftakt verwandelt, wobei die Anforderungen an die Feinmotorik nicht etwas verschwunden wären, sondern natürlich geblieben und eher noch gewachsen sind.
Die These, dass man die Finger beim Anschlag quasi an sich herankrümmen solle, wird immer noch in verschiedenen Methodikklassen vertreten. Ich halte das eher für Humbug, wenn das zur allgemeinen Forderung erhoben wird.
Jeder Klavierspieler ist einzigartig, mit seiner Psyche und seinen physiologischen Gegebenheiten. Der heute moderne Klavierunterricht, der leider nicht überall betrieben wird ist zielführend ohne Dogmatik. Das Ziel ist der anzustrebende Gesamtklang, also das klingende Bild, welches entworfen wird und dann ertönen soll. Ob mit sich krümmenden oder sich streckenden Fingern ist dabei zweitrangig. wir gehen von einer Idealhaltung der Hand aus, so wie der Arm und die hand locker im gelenk hängen und während des Spiels gibt es dann die verschiedensten Varianten.
Der kluge Neuhaus hatte übrigens sicher Recht, wenn er den Vortrag der Werke von Bach, Mozart und Beethoven für schwerer hielt, als den der Werke der virtuosen romantik, weshalb er auch seinen Studenten emmpfahl zuerst die Werke von Rachmaninow oder Liszt usw zu studieren und erst dann, wenn diese Aufgaben gelöst waren, durfte jene auch Mozart studieren. vielleicht auch eines der Geheimnis warum gerade die "russische Schule" so viele erfolgreiche Künstler hervorgebracht hat.
Es geht ja darum, irgendwann so ein Klavierstück zu beherrschen,sodass man es auch auf der Bühne präsentieren kann. Also gibt es da einen Unterschied im Seöbstverständnis des Pianisten. Wer erfahren hat, an sich selbst, dass er Werke der Romantik aufführen kann, der wird sich den Werken der Klassik von einer anderen Warte her nähern. Er ist quasi befreit von den Niederungen der technischen Schwierigkeiten und kann sich dem Geist des Werkes widmen.
Einen Hinweis zur Richtigkeit dieser These kann man darin finden, wo nämlich anerkannte Virtuosen von ´Welt wie Martha Argerich noch nie Schwierigkeiten hatten, ein Werk von Liszt fantastisch gut zu spielen aber bei einem Klavierkonzert von Mozart durchaus Anlass zur Kritik boten - nicht immer aber doch gelegentlich.
Wenn wir über Chopin Etüden sprechen sind vor allem Jene gemeint, die beruflich Klavierspielen wollen. Dass es auch dem Hobbyspieler unbenommen ist, solche Werke einzuüben ist gerne zugetanden, aber jener wird diese Werke selten aufführungsreif bekommen. Also wendet sich dieser Faden an den Profi unter den klavierspielern.
Dass es eine Rangfolge der Schwierigkeiten bei den Etüden gibt, zeigt schon die auswahl die die Jury trifft, denn bestimmte Etüden werden meist als zu leicht befunden und im Wettbewerb nicht zugelassen. Darunter befinde sich auch die wunderschöne es-moll Etüde Nr. 6 op. 10 sowie op.25 Nr. 7 und andere.
Die schweren Etüden sind - wie alle es sehen, herrliche Musikstücke, wobei jede Etüde ihre besondere Schwierigkeit hat-
Prof. Kämmerling aus Hannover vertrat in seinen Kursen die Meinung, dass fast keiner der Anwesenden die Op. 10 Nr. 1 richtig spielen können und dass es noch mehr Übung und Erfahrung brauche, bis diese öffentlich geschehen könne.
Jeder Pianist hat seine speziellen "Schmankerl". Der eine kann schon seit frühester Kindheit Trillern wie eine Lerche, ein anderer repetiert Akkorden und Oktaven ohne weitere Anstrengung und ein weiterer spielt lässig Terzentriller. Natürlich ist ein Pianist dann nach dem studium so ausgebildet, dass eine wirkliche Schwäche nicht mehr da ist, aber Unterschiede sind immer feststellbar.
Kann der eine die op.10 Nr. 1 toll spielen, wird ihm vielleicht die Nr. 2 in a moll sehr schwer erscheinen, wohingegen er die Op. 25 Nr. 11 (sturm Etüde) wieder super beherrscht, weil die Anforderungen in dieser Etüde den aus Op. 10 Nr. 1 gleichen.
Demnach scheint die Frage: Welches ist die schwerste Chopin Etüde nur aus persönlicher Sicht zu beantworten sein. Und da hat jeder seine eigene Rangliste:
Es hat auch etwas damit zu tun, wie lange ich an dem Stück arbeiten muss, bis ich mich damit zum Vorpsiel melden kann. (Zum Beispiel im Vortragsabend der Musikhochschule).
Vorausschicken will ich noch, dass man als Student einer Hautpfachklasse Klavier nicht erst während des Studiums mit Chopin Etüden anfängt, sondern oft schon Jahre zuvor, sich an diesen versucht hat. Es ist also kein leeres blatt, welches hier beschrieben werden soll.
Meine persönliche Rangliste ist:
op.10 Nr.1 liegt mir gut genau wie op. 25 Nr. 11 und 12 oder op.10. Nr. 8 - diese habe ich schon oft gespielt und sie sind sozusagen im Hintergrund immer da und im Fall des falles schnell abrufbar.
Op. 10 Nr. 2 habe ich auch schon früh studiert aber noch nie wirklich zu meiner zufriedenheit ausgeführt und um diese wieder hervorzuhoelen brauche ich viel mehr Zeit als für Nr. 1 -
Die Terzenetüde scheint mir etwas schwieriger als die Sextenetüde, welche ich schon vor der Hochschule ganz gut konnte und die Oktavenetüde habe ich - ich gestehe es ein- noch nie studiert. vielleicht habe ich da eine Hemmung, weil meine repetitions begabte Mutter die mit solcher Leichtigkeit spielte, dass ich mich nicht traute, da den zweiten Platz zu belegen. diese Aufgabe werde ich aber noch meistern müssen. Und insofern ist diese für mich die Schwerste und für mich die größte Herausforderung -
die anderen Etüden würde ich alle im schwierigkeitsgrad weiter unten ansiedeln.
Ich bon sicher, dass andere Pianisten wieder eine andere Rangfolge aufstellen werden.