Ich erspare mir auch jede generalisierende Polemik gegen Zahnärzte. Was soll das?
Zumindest in den großen Parteien sind das Leute, die ordnungsgemäß des Cursus honorum durchlaufen haben. Gremien, Kommunal- oder Kreisebene, oft über den Umweg Landtag. Abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen verstehen die Abgeordneten der "etablierten Parteien" sehr viel vom Geschäft.
Gerade die SPD zeichnet(e?) sich durch eine unschlagbar gute Kaderpolitik aus und hat ihre Leutchen von Falkenbeinchen an gezielt gefördert und unterstützt. Bei der Union gibt es eine etwas andere Tradition, nicht ganz so effizient, aber am Ende kommt mehr oder weniger das Gleiche heraus.
Anders ist es bei experimentellen Neuformationen, wo insb. in der Anfangszeit keinerlei Grundlagenwissen vorhanden ist. Je schriller, desto geringer die Bereitschaft gestandener Persönlichkeiten, sich zu einer Unterstützerschaft via Kandidatur zu bekennen. Wer z. B. für die NPD sein Konterfei hergibt, ist (zumindest hierzulande) verbrannt für immer, der bekommt gesellschaftlich keinen Fuß mehr auf den Boden. Also kandidieren in aller Regel umso flachpfeifigere Typen, je umstrittener die aufstellende Truppe ist. Die saßen halt noch nie in einem StuPa, noch nie in einem Stadtparlament: Eine Mandatsperiode als Hinterbänkler zum Zugucken und Reinwachsen, eine als fachpol. Sprecher etc. Die müssen sich ggf coram publico vom Landtagspräsidenten die parlamentarische Propädeutik erklären lassen (siehe das jüngst verlinkte erheiternde Video über so einen politischen Laiendarsteller von der Afft).
was das soll?
Kann ich Dir sagen:
Wenn jemand Schreiner werden will, muss er eine Lehre erfolgreich beenden. Wenn jemand Anwalt werden will, muss er ein Studium erfolgreich beenden. Ebenso ist es mit Lehrern, Architekten und auch Zahnärzten.
Aber: Wenn jemand Politiker werden will, welche Ausbildung muss er denn erfolgreich beenden? KEINE!
Mir ist ein Herr persönlich bekannt, der nun im Bundestag (nicht im Gemeinderat von Hinterhugelhapfing) als Mitglied einer der großen Parteien sitzt und von Politik so viel Ahnung hat wie eine Kuh vom Seiltanzen. Und dies ist kein Einzelfall. Du beschreibst es ja auch in Deinem Beitrag. Bei kleinen Parteien fällt es ziemlich schnell auf, aber bei den großen werden solche, wie Du es bezeichnet hast: "flachpfeifigere Typen" eine ganze Zeit lang einfach mitgezogen.
Wenn ich an die Anfänge der Grünen erinnern darf: Die Herrschaften mussten in einem längeren empirischen Prozess erkennen, dass Politik doch etwas mehr bedeutet als auf Schienen zu sitzen und mit Farbbeuteln zu werfen.
Bitte entschuldige die Polemik, aber so etwas regt mich furchtbar auf. Außer einer großen Klappe besitzt mein "Beispiels"- Mensch keinerlei Qualifikation. Diese muss er sich erst mal mühsam aneignen. Bis dies so weit ist, dass man tatsächlich von Qualifikation sprechen kann, hebt er jedoch artig sein Händchen und entscheidet über Dinge, von denen er keine Ahnung hat. Findest Du dies richtig?
Falls ein Abgeordneter die von Dir skizzierte vita vorweisen kann, spricht überhaupt nichts gegen seine Wahl zum Mitglied des Bundestags. Aber auch hier liegen Theorie und Praxis oft diametral auseinander. Es kommt immer darauf an, wie jemand seinen politischen Werdegang verinnerlicht und auch auslebt. Die Wirkung einer Person auf die Wähler ist oft wichtiger als die Qualität seiner skills. Von Vitamin B möchte ich hier gar nicht sprechen. Es sitzen durchaus Abgeordnete im Bundestag, die mehr von Anderen gepusht wurden, als dass sie selbst sich dies erarbeitet hätten.
Was mir fehlt ist eine möglichst nachvollziehbare Qualitätskontrolle für Politiker. In Deutschland wird so gut wie alles reglementiert und kontrolliert. Im Bundestag nicht. Muss ja auch nicht, denn wie wichtig ist denn schon der Bundestag?
Wer drin ist, ist drin.
Hier können sich Leute tummeln, die (theoretisch und überspitzt) den Duden zu Hilfe nehmen müssen, wenn sie ihren Namen schreiben wollen. Sorry, schon wieder Polemik.