Tempo und Charakter bei Trauermärschen

Dann weißt du als Interpretlein, wie du es spielen sollst, weil du die innere Einstellung dazu - hoffentlich - gewinnst.
Ich denke, man kann für sich selber eine innere Einstellung dazu haben. Aber die ist individuell und kann weit von der des Komponisten (und jeder einzelnen Person im Publikum) abweichen. Da weiß ich höchstens, was ich FÜR MICH möchte, in Bezug auf den Komponisten WEISS ich es nicht und kann nur raten.
 
Frage an die Profis: "darf" man so eine einfache Punktierung nach Geschmack auch doppelt punktiert spielen?
Bei mir ist der Geschmack eher umgekehrt, zumindest bei Chopins marche (funebre) aus op. 35: Man kann vor allem ganz am Anfang traurig, müde, schwach und kraftlos spielen, so dass aus der Punktierung eher eine Triole wird (weil so kraftlos, dass zwei Anschläge schnell hintereinander nicht drin sind ;) ). Für die lauteren, helleren Stellen kann man dann auch die Punktierung korrigieren.
Mir gefällt der Effekt. Wenn ich es in einem Konzert anderen Leuten vorspielen müsste, würde ich aber noch einmal eingehend prüfen, ob das auch vorführtauglich ist...
 
Aber die Diskussion um das Tempo lässt mich nicht los.

Unabhängig von literarischen Konventionen bietet das tatsächliche militärische Marschtempo einen Anhaltspunkt. In der preußischen Tradition gelten 114 Schritt pro Minute als normales Marschtempo, als Tempo des Trauermarsches dagegen 80 (Schrittlänge jeweils 80cm, was hier aber unerheblich ist).
 
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In der haslinger Ausgabe habe ich grad 72 für die 4tel gefunden. Das ist schon nah an 80 dran. Stammen die nicht von Czerny?
 
Man könnte auch mal Beethovens Metronomangabe für den 2. Satz der Eroica in Augenschein nehmen. ;-)

Aufgrund der abweichenden Taktart ist das sicher nicht 1:1 übertragbar, aber es ist zumindest ein Indiz dafür, dass ein extrem langsames Tempo hier offensichtlich nicht gewollt ist.
 
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Unabhängig von literarischen Konventionen bietet das tatsächliche militärische Matschtempo einen Anhaltspunkt. In der preußischen Tradition gelten 114 Schritt pro Minute als normales Marschtempo, als Tempo des Trauermarsches dagegen 80 (Schrittlänge jeweils 80cm, was hier aber unerheblich ist).

Fremdenlegion 88 BPM. Die sind nicht immer am Trauern, wollen aber keinen Sand aufwirbeln.
 
Bei mir ist der Geschmack eher umgekehrt, zumindest bei Chopins marche (funebre) aus op. 35: Man kann vor allem ganz am Anfang traurig, müde, schwach und kraftlos spielen, so dass aus der Punktierung eher eine Triole wird (weil so kraftlos, dass zwei Anschläge schnell hintereinander nicht drin sind ;) ). Für die lauteren, helleren Stellen kann man dann auch die Punktierung korrigieren.
Mir gefällt der Effekt.
Nein, das ist Maniriertheit. Hätte Chopin Triolen im Marsch gewollt, hätte er sie notiert.
 

Nein, das ist Maniriertheit. Hätte Chopin Triolen im Marsch gewollt, hätte er sie notiert.
Ist ja schön und gut, wenn Chopin das anders gewollt hat. Trotzdem darf ich damit machen, was mir Spaß macht. Auch Manieriertheit.

In meinem Posting steht übrigens "EHER eine Triole", dh es ist etwas dazwischen. Halt kein zackiger Marsch mehr.
 
Geschmack muss nicht erklären.
Wenn es dir nicht gefällt, musst du es nicht so spielen. Und ich verspreche dir auch hoch und heilig, dass ich dich nicht zwingen werde, mir zuzuhören.
 
Wenn man es nicht erklären kann, ist es mehr Willkür als Geschmack.

Voraussetzung einer Interpretation ist die geistige Durchdringung, aus der sich dann ein musikalisches Konzept entwickelt. Ohne ein solches ist der Grat zur Geschmacklosigkeit ein schmaler.


Aber wer mit guter Musik/Interpretation sozialisiert ist wird einen guten Geschmack haben auch wenn er ihn nicht erklären kann. Aber es wird je weiter man sich ins Unbekannte wagt zunehmend gefährlich dass der entgleitet.
 
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trauermarsch ganz langsam gespielt werden soll
Generell würde ich das auch nicht unterschreiben. Trauer hat ganz unterschiedliche Schattierungen - also auch die Musik dazu. Man kann sich ganz in sich zurückziehen oder den unerträglichen Schmerz hinausschreien. Oder man kann das Entsetzen
musikalisch ausdrücken - egal, da gibt es keine Regeln - glaubhaft muß es gespielt werden.
 
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