Musikalische Gestaltung als Mittel zur Bewältigung manueller Schwierigkeiten

Lieber Rolf!

Das ist ein guter Zeitpunkt um festzustellen, dass wir beide wohl niemals vierhändig spielen werden. Vielleicht versuchen wir es bei einem anderen Thema noch mal. Und nicht vergessen: alle 20.000 km einen Ölwechsel durchführen ;)


Liebe Grüße, Sesam

hui, wie gewitzt...

lieber leseunwilliger Sesam,
guck doch einfach mal in #215

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vierhändig??? igitt, das ist ja was bestialisch monströses... ich hab nur zwei davon, die brauch ich für Messer und Gabel, und das genügt - alles andere spielt sich zwischen Gurgel und Scheitel ab:D
 
Deshalb bin ich auch nicht damit einverstanden, wenn gesagt wird: "unmusikalisch ist ja kaum jemand". Doch, genau das ist ja das Problem. Und dagegen kommt man mit manuellem Training nicht an.

das kann nicht sein! überall läuft man mit Steckern im Ohr herum und hört Musik - also Vokabeltraining oder Predigten habe ich noch nie aus den Ohrstöpseln hervortönen hören.

nein nein, alles hört super Musik - und alles ist musikalisch genug dafür.

sonst gäbs ja keine Musik, keine Ohrstöpsel, keine Klaviere (für eine abgehobene marginale Minderheit), keine Kaufhausbeschallung, kein "Klavierforum" usw usw.
 
Natürlich hat auch Volodos immer und auch jetzt wahnsinnig viel geübt, aber eben in der Weise, die ihm als die Beste erscheint. Dass er bei dem vielen spielen und Üben auch beiläufig ständig irgendwelche Körperteile trainiert ist evident.



er sagt er drückt sich ums üben

und bekannt ist "nicht sein kann, was nicht sein darf"

der übt nicht

oder will hier wirklich irgendwer behaupten, Volodos würde flunkern???

Glenn Gould hat auch gesagt, er würde nicht üben und er hat gesagt, dass man in einer Stunde alles Nötige fürs Klavierspielen erklären könne (irgend so ein fieser Biograf hat dann geschrieben, der Gould hätte doch geübt, und zwar verdammt viel - das finde ich richtig mies)
 
lieber leseunwilliger Sesam,
guck doch einfach mal in #215

Ja, das habe ich mir vorhin schon sehr genau durchgelesen, nur kann ich da trotz großzügiger Auslegung nicht das entdecken, was ICH unter Klangvorstellung verstehe. Anders als du, verwende ich diesen Begriff nicht, um hilfsweise Handbewegungen zu beschreiben. Meine Idee von Klangvorstellung hat mit Motorik gar nichts zu tun

Zitat von Rolf:
und zwar genau die Stelle mit den Tremoli in der rechten Hand (zur Sicherheit nochma angehängt):
- die Klangidee dort (und die bedarf keiner sonderlichen Anstrengung im musikalischen Denkgehäuse) ist offensichtlich: die linke Hand spielt (klanglich gestützt von klein gestochenen Arpegg.) die Hauptstimme - innerhalb der Tremoli findet sich eine parallele Binnenstimme (c-cis-d-c-c-h-b), ansonsten bieten sie als Gesamtklang den oberen Klangrahmen (a-c-h-b)

Wenn ich das richtig verstehe, heisst hier Klangidee für dich: "die linke Hand spielt die Hauptstimme innerhalb der Tremoli findet sich eine parallele Binnenstimme [...], ansonsten bieten sie als Gesamtklang den oberen Klangrahmen [...]"

An anderer Stelle schreibst du

Zitat von Rolf:
sowohl dieses Gefühl mit der Klangidee "je leiser je schöner" spüren

Auch das "je leiser, je schöner" ist für mich keine Klangidee.

Und hier kommen wir der Sache vielleicht näher: Du hast womöglich ein anderes Spektrum, aus dem heraus du deine Klangidee entwickelst. Laut, leise, Hauptstimme hier, Binnenstimme dort. In meiner Vorstellung bedeutet Klangidee etwas anderes: das steht quasi für ein eigenständiges Kunstwerk, dass sich oftmals wenig rational in meiner Fantasie entwickelt. Oft tauchen Farben und Formen darin auf, ganz wesentlich sind die Verbindungen und Beziehungen unterschiedlicher Anteile, das stellt sich meistens recht plastisch dar. Ohne hier genauer auszuführen: es wäre vielleicht mal interessant zu hören, was "Klangvorstellung" für dich überhaupt bedeutet. Übrigens assoziiere ich oft -und das wechselt auch immer wieder während des Erarbeitens eines Stückes- angesichts des reinen NotenBILDES. Das sagt meistens schon so viel. Nicht im Sinne von musiktheoretischem Strukturerkennen, sondern nur der erste optische Eindruck. Ist ganz lustig, kommt man zu irren Klangbildern.

Also, was verstehst du unter "Klangvorstellung"?

Gruß,
Sesam
 
Also, was verstehst du unter "Klangvorstellung"?

schön dass Du genau gelesen hast!

wenn dem so ist, hast Du sicherlich auch verstanden, dass ich die Bestandteile, aus denen sich die von Franz gefragte Lisztstelle zusammensetzt, erklärt habe.

da Franz exemplarisch nur nach einer unbequem zu spielenden, aber wie er selber überzeugend mitgeteilt hat nicht schwierig zu verstehenden Stelle gefragt hat, habe ich keinen Grund gesehen, Liszts Liebestod als Ganzes im Sinne von verstehen/Klangvorstellung usw zu erklären.

es ging also um eine Detailfrage, ok?

bzgl. des erklärens/unterrichtens wagte ich zu schreiben, dass da bei Problemen und Einzelaspekten Hilfestellung bzw. Lösungsvorschläge angeboten werden, ok?

erwartest Du ernsthaft, dass Franz hier etwas erklärt werden sollte, was er ohnehin schon weiss?????

und bzgl. des Themas hier bleibt nach wie vor diese Stelle sehr wohl ein prima Beispiel: sie ist nicht schwer zu verstehen, aber leider nicht leicht zu spielen.

Wortklaubereien... wenn´s nur darauf hinausläuft (denn wiederum isolierst Du polemisch und missdeutest absichtlich, was du hättest lesen können), dann vermag ich kein ernstzunehmendes Interesse am Thema hier festzustellen, und folglich vermag ich auch keinen Grund zu erkennen, anders als small-talk-mäßig zu reagieren.

klingt das zu scharf? zu bös?

Gruß, Rolf

im Falle von Zweifeln zitiere ich NOCHMAL:
...ui ui, der böse Rolf: der nutzt ja ganz offensichtlich die Klangvorstellung - na ja, der hat auch nie behauptet, dass man sie nicht braucht: der hat nur erklärt, dass sie nicht automatisch die richtige Bewegungsweise hervorbringt und deren Training ersetzt! das Training hier - und das kann sehr sehr lange dauern! - wird nun darin bestehen, im beschriebenen "Schwebezustand" auch bei unbequemen Griffen weich & sehr schnell zu tremolieren (und dazu braucht man nun, nachdem das begriffen ist, die liebe Klangvorstellung nicht mehr -- jetzt braucht man viel Praxis, ganz normal beim sich gewöhnen an noch ungewohnte Bewegungsabläufe)

so, jetzt erklär mal, wie Du darauf kommst, mir zu unterstellen, Klangvorstellung seie nur "blabla hier diese Stimme, da jene"....
 
Die Bewältigung findet auf der Tastatur statt. Aber mit Kopf. :D

Sehr richtig und nicht vergessen, die Ohrwatscheln gehören "tief in die Lyra".

Wir haben hier "Extrempositionen", die für lebhafte Diskussion :D sorgen.

Zur Erinnerung noch mal:
----kleiner Exkurs: die Extremposition (rhetor. Hypertrophie = Übertreibung) "das ist angeboren" bedient Vorstellungen a la Geniekult und dient dazu, sich nicht in die Karten schauen zu lassen // die Extremposition "(sogar ich!...) musste wie ein Galeerensklave schuften" bedient den Hochleistungskult im Sinne von "da mache ich gerade etwas ganz ganz arg fuchtbar schwieriges/virtuoses"; beide Positionen sind im Lauf von über 400 Jahren Klavierspiel immer wieder vertreten worden---

Natürlich musizieren nicht allein die Ohrwatscheln oder das Hirnschmalz. Ober- und Unterarme, mehr oder weniger geölte Finger, Haxn die mehr oder weniger im Takt ins Pedal trampeln, sind ebenso beteiligt. Manch ein Tastenlöwe wurde schon beobachtet, wie er Zuckungen seines Sitzfleisches in geballte Energie umwandelte, welche sich kraftvoll in der Tastatur entlud; Wichtiges kam noch nicht zur Sprache: Seele, Astralleib, Heiligenschein, usw. :D Ein wahrer Pianist muss zaubern können.

Wie schon gesagt: Extrempositionen entsprechen sehr selten der Wirklichkeit.
 
so, jetzt erklär mal, wie Du darauf kommst, mir zu unterstellen, Klangvorstellung seie nur "blabla hier diese Stimme, da jene"....

Ich habe dir überhaupt nichts dergleichen unterstellt. Ich habe festgestellt -anhand deines Zitates-, dass wir wohl eine unterschiedliche Idee von "Klangvorstellung" haben. Darin liegt keine Wertung von wegen "blabla hier diese Stimme, da jene". Aber wenn du so nett wärst, anstatt zu polemisieren, deine Form der "Klangvorstellung" zu erläutern, dann kommen wir zur Sache zurück. Also, gib dir einen Ruck, und leg` los.

Gruß, Sesam
 
Ja, das habe ich mir vorhin schon sehr genau durchgelesen, nur kann ich da trotz großzügiger Auslegung nicht das entdecken, was ICH unter Klangvorstellung verstehe. Anders als du, verwende ich diesen Begriff nicht, um hilfsweise Handbewegungen zu beschreiben. Meine Idee von Klangvorstellung hat mit Motorik gar nichts zu tun



Wenn ich das richtig verstehe, heisst hier Klangidee für dich: "die linke Hand spielt die Hauptstimme innerhalb der Tremoli findet sich eine parallele Binnenstimme [...], ansonsten bieten sie als Gesamtklang den oberen Klangrahmen [...]"


Sesam,
statt mir eine Ruck zu empfehlen,
satt mir Polemik zu unterstellen,

rate ich Dir, Deine eigenen Beiträge zu rezipieren...
 
Sesam,
statt mir eine Ruck zu empfehlen,
satt mir Polemik zu unterstellen,

rate ich Dir, Deine eigenen Beiträge zu rezipieren...

Zitat von Sesam:
Ja, das habe ich mir vorhin schon sehr genau durchgelesen, nur kann ich da trotz großzügiger Auslegung nicht das entdecken, was ICH unter Klangvorstellung verstehe. Anders als du, verwende ich diesen Begriff nicht, um hilfsweise Handbewegungen zu beschreiben. Meine Idee von Klangvorstellung hat mit Motorik gar nichts zu tun

Wenn ich das richtig verstehe, heisst hier Klangidee für dich: "die linke Hand spielt die Hauptstimme innerhalb der Tremoli findet sich eine parallele Binnenstimme [...], ansonsten bieten sie als Gesamtklang den oberen Klangrahmen [...]"

Ja, und wo liegt das Problem? :confused: Insbesondere der Satz "Wenn ich dich richtig verstehe...." fragt explizit, ob es das deiner Klangvorstellung entspricht oder nicht. Desweiteren habe ich nachgefragt, was du unter "Klangvorstellung" verstehst.
Deshalb nocheinmal: ich fände es sehr aufschlussreich über deine Idee der "Klangvorstellung" etwas zu erfahren. Das ist meine Frage. Ohne Implikation oder sonstige Hintergründe. Nenn` es musikalisches Interesse. Und weil es letztlich mit dem Titel des Fadens etwas zu tun hat. Vorausgesetzt Klangvorstellung führt zu musikalischer Gestaltung, und das ist ja die Voraussetzung zur Bewältigung musikalischer Schwierigkeiten. Nota bene: die Voraussetzung, was nicht heisst, dass sie das Üben, die Tonproduktion am Klavier ersetzt.

Gruß, Sesam
 
Nehmen wir mal das hier:

Den Anhang 1904 betrachten

Ich kenn das Stück, auch das Original. Der Tristan als Gesamtwerk ist mir auch nicht ganz unbekannt. Der Inhalt ist recht klar, Isolde stirbt ihren "Liebestod", das ist alles sehr tragisch und dramatisch.

Meine Klangvorstellung ist also recht klar, die läßt sich auch recht schnell erarbeiten, wenn man einfach Akkorde spielt, d. H. das Trem. wegläßt.

Den Anfang kann ich mehr oder weniger vom Blatt spielen.
Bei den letzten beiden Takten dieser Seite klemmt's. Nun ist es nicht so, dass ich das gar nicht spielen könnte. Es geht vielmehr darum leise genug zu tremolieren, damit das "Cello" noch rauskommt und dabei keinen Krampf zu kriegen.

[...]

PS: Was ich sicher nicht machen werde: Trem. Übungen von Hanon.
Dann studier ich lieber gleich die erste Paganinietüde.

lieber Sesam,

just darum ging es.

1. ich halte für äußerst redlich und bewundernswert, dass Franz eine Stelle in einem Klavierstück mitteilt, die sich ihm nicht ohne weiteres manuell (!!) erschließt - man sehe auf die untere Hälfte in jedem seiner Beiträge!

2. hier muss nicht erklärt werden, dass bei exakt dieser Stelle ein sehr relevantes Thema aus dem gigantischen (gut 30min dauerndem) Liebesduett des zweiten Aufzugs "Tristan und Isolde" zitiert wird (Tristan singt zu diesem Thema "ganz uns selbst gegeben, der Liebe nur zu leben")

3. wenn Franz schon erklärt, dass ihm weder das Wagnersche Original, noch die Lisztsche Transkription unbekannt sind, dann muss man hier keinen Essay über Wagners Oper und auch keinen über Liszts Klaviersatz reinschreiben - beides würde viel zu umfangreich

4. ob man heult oder nicht, ist der Klaviermusik egal: es gibt Stellen, die nahezu niemand gleich einfach so spielen kann - - im Liebestod sind solche Stellen nicht ganz selten. Gemein ist, dass die hier genannte Stelle eben nicht schwer zu verstehen ist, aber lästigerweise nicht leicht zu spielen ist. Das Problem ist: in unbequemen wechselnden Griffen ppp zu tremolieren. Wer das schon kann, spielts gleich (ja ja, es gibt durchaus "manuelles Können", es zeigt sich z.B. in der Fähigkeit, Tremoli einfach wie vorgeschrieben zu spielen - aber das fällt nicht vom Himmel, und schon gar nicht, wenn man es erstmals und/oder wenn man es in einem verflixt schwierigem Stück spielen will)

5. habe ich keine Lust, zu wiederholen, wie man das hinkriegen kann - das kann man so versuchen oder anders

6. Klangvorstellung, Klangvorstellungsvermögen - wesentlich ist, zu begreifen, zu fühlen, zu hören, zu verstehen, zu wollen wie es klingen soll

nach wie vor erkenne ich keinen nutzbringenden Grund für irgendwelche Rempeleien - und nach wie vor erkenne ich keinen Grund, warum just ich erklären soll, was üben ist und was Klangvorstellung ist.

bzgl. des Liebestods - ja Pech, wenn man sich so einen Brocken aussucht, denn da gibts furchtbar viel, was gefühlt, begriffen, verstanden, gehört, gewollt und angemessen gespielt sein will und soll ---- oder nein, nicht Pech: das ist wunderbar, wenn man sich damit beschäftigt, denn es ist wundervolle Musik!!!!

ok?

Gruß, Rolf
 

Sehr richtig und nicht vergessen, die Ohrwatscheln gehören "tief in die Lyra".

Wie schon gesagt: Extrempositionen entsprechen sehr selten der Wirklichkeit.

Ich spiele Pedal zum Beispiel mit den Ohren-äh-Ohrwatscheln.:D:D
Bei mir sind sie also noch unterhalb der Pedallyra.
Ohrwatscheln...
Nee, ist das wunderbar, herrlicher Begriff!:D
 
Zitat von Haydnspaß:
Deshalb bin ich auch nicht damit einverstanden, wenn gesagt wird: "unmusikalisch ist ja kaum jemand". Doch, genau das ist ja das Problem. Und dagegen kommt man mit manuellem Training nicht an.

das kann nicht sein! überall läuft man mit Steckern im Ohr herum und hört Musik - also Vokabeltraining oder Predigten habe ich noch nie aus den Ohrstöpseln hervortönen hören.

nein nein, alles hört super Musik - und alles ist musikalisch genug dafür.

sonst gäbs ja keine Musik, keine Ohrstöpsel, keine Klaviere (für eine abgehobene marginale Minderheit), keine Kaufhausbeschallung, kein "Klavierforum" usw usw.

Zum Anhören von Musik sind selbstverständlich alle "musikalisch" genug ^_^
Der Ausdrucksgehalt - oder sagen wir die Bedeutungsebene der Musik erschließt sich einem auch, ohne daß man weiß, was ein Vorhalt ist, wo ein Fugenthema einsetzt oder eine Modulation stattfindet oder der Takt zwischen 3/4 und 6/8 wechselt. Man spürt die Wirkung.

Deshalb hatte ich auch vor längerer Zeit geschrieben

Ich fürchte nur, daß das Wort "hören" falsch verstanden wird.

Der ausübende Musiker hört und reagiert anders auf Musik als ein "Musikgenießer". Es ist ein aktives und kreatives Hören, ein Voraushören.
Das brauche ich dir, Rolf, nicht erzählen, aber das ist eben der Punkt, wo man dann unterscheiden muß zwischen"unmusikalisch ist ja kaum jemand" und "die meisten können nicht richtig hören". Letzteres würde ich einfach frecherweise mal behaupten. Und wir reden hier ja in erster Linie von Klavierschülern, teilweise auch über unsere eigenen Hördefizite.

Daß beim Klavierspielen auch rein manuelle Schwierigkeiten zu bewältigen sind, versteht sich doch von selbst. Ich kann mich nicht erinnern, daß das irgendjemand bestritten hätte. Aber viele vermeintlich manuellen Schwierigkeiten entpuppen sich dann halt doch als in der ungenügenden musikalischen Vorstellung begründet.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Geklimper und Gefidel

Daß beim Klavierspielen auch rein manuelle Schwierigkeiten zu bewältigen sind, versteht sich doch von selbst. Ich kann mich nicht erinnern, daß das irgendjemand bestritten hätte. Aber viele vermeintlich manuellen Schwierigkeiten entpuppen sich dann halt doch als in der musikalischen Vorstellung begründet.

Da haben wir wieder die Kutsche und das ziehende Pferd. Und ich sprach davon, dass Üben einenn ständig mitdenkenden, mitfühlenden Prozess erfordert. Ohne die innige Beteiligung von Geist und vor allem Herz wird sich kaum eine rechte Vorstellung ergeben können, die uns bei den manuellen Schwierigkeiten hilft.

Und dass die meisten Menschen unmusikalisch sind ist doch eigentlich klar. woher das kommt, ist dann wieder eine andere Frage, ob durch Erziehung oder Gene will ich hier nicht abhandeln.

Ich registriere jedenfalls, dass die Mehrzahl der Menschen bei Klaviermusik von "Geklimper" spricht und bei Geigern von "Gefidel" usw. Deshalb ist ja gerade der Beruf- die Berufung - des Interpreten so wichtig, damit wenigstens ein bischen tiefer in die Musik reingehört werden kann.

In einem gelungenen Konzert gelingt es dem Pianisten, dirigenten usw. das Publikum zu packen und ein Teil dessen Erlebbar zu machen, was unter der glatten Oberfläche sich befindet.

Nur weil viele Menschen eine bekannte Melodie wiedererkennen, sind die deshalb nicht gleich musikalisch in dem Sinne, wie wir ihn hier verstehen. Ich erkenne auch verschiedene Autos am Klang oder am Aussehen und bin deshalb keinesfalls ein Mechaniker !

Sesam sprach in Zusammenhang mit der Klangvorstellung von Assoziationen. Dies ist mir zu sehr untergegangen in allgemeinen Disput.

Gerade diese sind wohl ein wesentlicher innerer Bestandteil dessen, was sich beik Erarbeiten und Anhören zeigt. Alle Erkenntnis über Struktur, Harmonie und Form eines Musikstückes bleibt äusserlich, wenn nicht die persönliche Ergriffenheit (man nehme vielleicht einen anderen Ausdruck) permanent dazu kommt.
Musik nimmt uns quasi auf eine psychologische Wanderung mit. Alles ist im Fluss und jeder Ton bezieht sich auf das Vorhergehende und verweist auf das Kommende. Der erste Ton ist bereits das Resultat vor der Stille und führt uns weiter. Jede Harmonie, jeder Lauf, jede Wendung ändert unsere Emotionen und dafür müssen wir uns öffnen.

Ergo ist die intensive Klangvorstellung nicht nur an die genaueste Kenntnis des Notentextes gebunden, sondern vielmehr an die inneren Vorstellung, die solche Vorgänge bei uns auslösen.

In Anhören von Musik und noch mehr im Interpretieren müssen wir die gesamte Bandbreite möglicher Emotionen und Assoziationen miterleben und so wird dann auch das Üben effektiv.
 
6. Klangvorstellung, Klangvorstellungsvermögen - wesentlich ist, zu begreifen, zu fühlen, zu hören, zu verstehen, zu wollen wie es klingen soll


bzgl. des Liebestods - ja Pech, wenn man sich so einen Brocken aussucht, denn da gibts furchtbar viel, was gefühlt, begriffen, verstanden, gehört, gewollt und angemessen gespielt sein will und soll ---- oder nein, nicht Pech: das ist wunderbar, wenn man sich damit beschäftigt, denn es ist wundervolle Musik!!!!

Hallo Rolf,

So wie du schreibst, dass es bzgl. des Liebestodes vieles gibt, was gefühlt, begriffen, verstanden, gehört, gewollt und angemessen gespielt werden soll, so sehe ich das auch. Im darüber zitierten Absatz sagst du ganz Ähnliches, eben: Begreifen, Fühlen, Hören, Verstehen, Wollen. Gut gefällt mir auch dein Hinweis auf das "angemessene Spiel". Da steckt viel drin in dem "angemessenen".
Ich würde das gerne aufgreifen und etwas weiterführen. Denn das Fühlen und Begreifen, das Hören und das Verstehen sind zwar schnell gesagt, aber doch etwas komplexer in der Praxis. Insbesondere, wenn einem diese Zugangskanäle nicht eröffnet wurden, oder talentbedingt schon offenstehen. Dann wird das m.E. mit dem "angemessen spielen" nämlich nix (Stichwort "Musikalität" von Haydnspaß) Um für das "Angemessene" eine VORAUSSETZUNG zu schaffen, ist es vielleicht unumgänglich, die Musik in eine Form zu verwandeln, sie sich eben vorzustellen, noch jenseits jeglicher mechanischer Umsetzung. Und zwar nicht einfach irgendwie vorzustellen, quasi nebenbei ohne klares Bewusstsein dafür. Sondern eben schon elaboriert. Die immer wiederkehrende Frage ist halt: wie erarbeitet man sich dieses Bewusstsein für die eigene Klangvorstellung?
Wenn sich über die Zeit der Beschäftigung mit einem Stück eine solche Klang-Musik-Vorstellung entwickelt, dann bin ich überzeugt, dass sich das auf die manuelle "Bewältigung" überträgt und eben sog. schwierige Stellen entschärft und damit insgesamt der "angemessene" Vortrag möglich wird. In dem Zusammenhang verweise ich auch gerne nochmal auf nicht von der Hand zu weisende Ergebnisse der Neurowissenschaft und Hirnforschung (die auch weit weniger emotional gefärbt sind wie unsere Auseinandersetzung hier ;)) Sie dienen ja nur der Information und sollten nicht so absolut gesetzt werden, dann fällt es auch leichter, sich darauf einzulassen. Zumindest geht es mir so.

Grüße,
Sesam
 
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Ich glaube nicht, dass die Erkenntnisse der Neurowissenschaft u. Hirnforschung hier wesentlich weiterhelfen. Das Bewusstsein für die eigene Klangvorstellung "erarbeitet" man sich m.E. nicht, sondern erwirbt es ALLMÄHLICH durch viel Klavierspiel unter "Anleitung" eines guten Lehrers und das Anhören von Musik, auch vieler Aufnahmen eines Stückes. Ein vermittelbares, allgemein gültiges "Rezept" dafür gibt es nicht, meine ich. Und selbst wenn es das gäbe, möchte ich es nicht kennen. ICH bin kein Freund davon, Musik und die Vorgänge um Musik gleichsam zu sezieren, um daraus (vermeintlich) Erkenntnisse zu gewinnen. Ich glaube auch, dass MIR ein klassisches Musikstudium die Freude an der Musik eher genommen als vertieft hätte. Aber das muss jeder für sich betrachten....
 
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Ich glaube nicht, dass die Erkenntnisse der Neurowissenschaft u. Hirnforschung hier wesentlich weiterhelfen. Das Bewusstsein für die eigene Klangvorstellung "erarbeitet" man sich m.E. nicht, sondern erwirbt ALLMÄHLICH durch viel Klavierspiel unter "Anleitung" eines guten Lehrers und das Anhören von Musik, auch vieler Aufnahmen eines Stückes. Ein vermittelbares, allgemein gültiges "Rezept" dafür gibt es nicht, meine ich. Und selbst wenn es das gäbe, möchte ich es nicht kennen. ICH bin kein Freund davon, Musik und die Vorgänge um Musik gleichsam zu sezieren, um daraus (vermeintlich) Erkenntnisse zu gewinnen. Ich glaube auch, dass MIR ein klassisches Musikstudium die Freude an der Musik eher genommen als vertieft hätte. Aber das muss jeder für sich betrachten....

Ja, das ist auch eine legitime Ansicht. Ich bin auch kein Freund des übertriebenen "Sezierens". Zumal man sich dadurch der Möglichkeit des Überraschtwerdens beraubt.
Angesichts einer konkreten Fragestellung wie hier in diesem Faden kann es aber schon auch erhellend sein, mal weitere Horizonte aufzutun. Das macht auch Spaß und ist interessant. Und vielleicht ist es mir mit den Neurowissenschaften etwas geläufiger, weil ich beruflich damit zu tun habe. Deshalb bin ich mir ja so sicher, dass man diese Einsichten nicht verabsolutieren sollte :D

Lieben Gruß,
Sesam
 
Daß beim Klavierspielen auch rein manuelle Schwierigkeiten zu bewältigen sind, versteht sich doch von selbst. Ich kann mich nicht erinnern, daß das irgendjemand bestritten hätte. Aber viele vermeintlich manuellen Schwierigkeiten entpuppen sich dann halt doch als in der ungenügenden musikalischen Vorstellung begründet.

Einiges in der bisherigen Diskussion spricht dafür, daß verstanden wurde, daß sämtliche manuellen Schwierigkeiten sich in Luft auflösten, wenn man die richtige musikalische Vorstellung hätte. Und ich glaube, daß das auch daran liegt, daß viele sich selbst zuwenig zutrauen und immer in der Furcht leben, Musik nicht wirklich verstehen zu können. Denen würde mit dem falschen Verständnis dieses Themas jede Hoffnung für ihre eigene pianistische Zukunft verloren gehen. Es gipfelt im Akzeptieren des Zitats von Volodos, nachdem eben die meisten Menschen Stümper bleiben müssen, was aus seiner Sicht wohl richtig sein mag, aber viele diese "Stümper" erreichen trotzdem ein beachtliches Niveau, weil sie viel Zeit dafür aufwenden, das auszugleichen, was ihnen eben nicht in die Wiege gelegt wurde, und daß das möglich ist, wurde hier vehement verteidigt, obwohl es eigentlich überhaupt nichts mit dem Ausgansgedanken zu tun hat.

Was aber leider immer wieder fehlt (nicht nur in diesem Faden), ist eine nachvollziehbare Erklärung, was eigentlich "musikalische Vorstellung" bedeutet. Alles was ich bisher dazu gelesen habe, ist nicht mal so klar, wie die Anleitung, sich einen Raum mit unendlich vielen Dimensionen vorzustellen: "Ich stelle mir einfach einen vierdimensionalen Raum vor und interpoliere".
 
ICH bin kein Freund davon, Musik und die Vorgänge um Musik gleichsam zu sezieren, um daraus (vermeintlich) Erkenntnisse zu gewinnen. Ich glaube auch, dass MIR ein klassisches Musikstudium die Freude an der Musik eher genommen als vertieft hätte. Aber das muss jeder für sich betrachten....


Ja, das ist auch eine legitime Ansicht. Ich bin auch kein Freund des übertriebenen "Sezierens". Zumal man sich dadurch der Möglichkeit des Überraschtwerdens beraubt.


Ich höre da eine Furcht heraus, daß durch ein Zuviel an Wissen über Musik der Genuß und die Freude an der Musik schaden nehmen könnte. Man erlebt Musik in einem mystischen Halbdunkel und fürchtet, der Zauber könnte verfliegen, wenn man sich die "Sache" näher und bei voller Beleuchtung betrachtet.

Ich kann da Entwarnung geben! :)

Wissen über Musik entzaubert die Musik nicht!

Ich kann aber verstehen, wo die Furcht herkommt. Wenn ich mich da an so manche abstrakte Diskussion über verminderte Doppeldominanten etc. erinnere, und ich hätte nicht mein Hintergrundwissen, um was es da eigentlich geht, dann würde ich mich auch vor der "Sezierung" von Musik fürchten.

Das Wissen über die Musik ist aber nicht abstrakt. Es steht in einem ganz engen Zusammenhang mit dem Erleben und der Wirkung von Musik. Die "Theorie" versucht, die Wirkung und die Mittel, mit denen sie erreicht wird, in "technischer" Weise zu beschreiben. Sie ist aber kein Ersatz für das Hören und Erleben der Musik.

Und wieder sind wir beim Unterschied von Hören als Zuhörer und Hören als Selberspieler.

Da es nicht reicht, nur die auf dem Blatt stehenden Noten abzuspielen - auch dann nicht, wenn man alle Vortragszeichen beachtet - braucht man ein Verständnis der musikalischen Komposition: wie ist es komponiert, warum ist es so komponiert, wo gibt es Abweichungen vom "Normalen". Wenn man darüber bescheid weiß, ist die musikalische Gestaltung sehr viel zielgerichteter als wenn man allein auf seine Intuition angewiesen ist. Trotzdem ist es möglich, auch allein aufgrund einer gut entwickelten Intuition eine sehr gute Interpretation hinzubekommen.

Die Theorie ist also nur ein zusätzlicher Helfer, ein Werkzeug um die oft sehr gut verriegelten musikalischen Schatzkästlein aufzubekommen. Mit einem ungeeigneten Werkzeug kann Schatzkästlein und Inhalt allerdings auch mal zu Bruch gehen. Also Vorsicht ist angesagt. :)
 
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@ Guendola: Ja, das hast du gut gesagt in deinem letzten Beitrag!




Was aber leider immer wieder fehlt (nicht nur in diesem Faden), ist eine nachvollziehbare Erklärung, was eigentlich "musikalische Vorstellung" bedeutet. Alles was ich bisher dazu gelesen habe, ist nicht mal so klar, wie die Anleitung, sich einen Raum mit unendlich vielen Dimensionen vorzustellen: "Ich stelle mir einfach einen vierdimensionalen Raum vor und interpoliere".

Klangvorstellung, musikalische Vorstellung bedeutet für mich, die in der Komposition angelegten Verhältnisse und Beziehungen der Töne zueinander in "Sinnesmodalitäten" zu übersetzen, wodurch erst der Klang entsteht (in Abgrenzung zum Ton). Vor allem spielt dabei für mich das Verknüpfen der Klänge eine Rolle. Das, was man letztlich als Logik bezeichnet. Wenn es hier so klingt, dann klingt es deshalb hier so. Das meine ich mit Verhältnissen und Beziehungen. Die Vorstellung selbst ist bei mir meist farb-form-plastisch. Das lässt sich schwer erklären, ist aber auch individuell. Einzig überindividuelles Merkmal wäre für mich das "assoziativ sinnliche Erleben" von Ton- und letztlich Klangbeziehungen und -verhältnissen.

Gruß, Sesam
 
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