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Hallo,
zu 1
evtl. habe ich mich missverständlich ausgedrückt: nicht die Musik ist trivial, aber es gibt auch in genialer Musik nebensächliche Momente (irgendwelche "Anlaufpassagen", manche Klangeffekte die nur Effekte sind), nebensächlich in dem Sinn, dass sie gerade keine zentrale Aussage transportieren. Im Finale des B-Dur Konzertes findet sich eine solche Stelle, die meist in erleichterter Version gespielt wird: die rechte Hand soll dort rasende Terzenskalen aufwärts in 16tel-Septolen spielen, die linke spielt weitgriffige Achtel dazu.
(blitzschnelle Terzenskalen sind für die r.H. aufwärts unangenehmer als abwärts, und z.B. die A-Dur abwärts Skale in Chopins Terzenetüde wird oft teilweise mit beiden Händen gespielt - diese Verteilung scheidet im Brahmsbeispiel leider aus; die häufige praktische Lösung im Konzert ist, nicht alle Terzen zu spielen, sondern die Oberstimme kontinuierlich je Oktave nur ein paar, nicht alle 7 Terzen)
bei diesem Übergang liegt kein Problem für das musikalische Denken vor, es ist nur eine glanzvoll virtuose Überleitung, ein "glitzerndes anlaufen" - aber rein manuell eine sehr ärgerliche Zumutung, mit der alle gehörig zu kämpfen haben
Gruß, Rolf
aha, dachte ich doch auch, dass du diese Stelle meinste-
Arrau hat sich mit einem Freund amüsiert darüber unterhalten, denn dieser lobte ihn, wie raffiniert er diesen Terzenlauf gespielt habe, da man kaum höre, dass er nur bei d ,fis und g,h die vollen Terzen gespielt habe und sonst nur die Aussenfinger.
Arrau antwortete, dass sein Freund wohl besser hinhören sollte, denn er habe tatsächlich alle Terzen gegriffen.
ansonsten ist diese Stelle aber keinesfalls trivial sondern passt eben genau so dahin. Und ob man nun alle Terzen greift oder sich das zurecht arrangiert, ist für das Klangerergebnis relativ unbedeutend. Es geht einzig darum, diesen grossartigen Wechsel der "Beleuchtung" von F-dur nach D-dur darzustellen.
ein Pianist wird sich mit dieser Stelle auch nicht länger aufhalten als mit einer Anderen. Er hört sich an, wie er es haben möchte und probiert verschiedene Weisen durch und dann wird es bald gehen. Besonderes "Manuelles" Arbeiten ist da nicht erforderlich, denn ein solcher Pianist weiss ja aus vielen anderen Stücken, wie man Terzenläufe gestalten kann.
Jemand wie Hamelin wir sicher die terzen alle greifen, weil ihm das einfach keine Mühe macht uind andere werden die erleichterte Ossia Fassung spielen. Beide Fassungen werden dem Publikum gefallen und sie werden den Unterschied nicht hören.
Bei Brahms gibt es tatsächlich viele solcher "Anlaufpassagen". Im 1. Satz des gleichen Konzertes gibt es 2 parellele Stellen, wo jeweils auf dem 2 viertel 3 Oktaven unisono gespielt werden sollen, wo bei der dominantseptakkord durch arpeggiert werden soll und auch noch die Sexte mitgepsielt werden wollen- also c,e,g,a,b und das Beidhändig. dies ist rechts kein Problem aber links schon, denn man muss vom b mit dem Daumen auf c mit dem 5. finger wechseln.
Der Pianist Hoffmann gab uns den Tip, rechts alle 5 töne zu spielen und links das a einfach auszulassen. aufgrund der sich dann ergebende Binnen- Polyrhytmik erscheinte der Lauf dann fast noch schneller und wieder merkt es niemand- aber der Schrecken ist genommen. Und wieder hat man durch Nachdenken und Prüfen ein Klangergebnis, was sich hören lässt.
Es ist unbestritten, dass dieses Konzert viel Übearbeit erfordert, aber doch eher, weil es dauert, bis man alles versteht und nicht weil man an einzelnen Passagen unverhältnismäßig lange trainieren müsste.
In diesem Kurs bei Hoffmann waren alle Beteiligten nach kurzer zeit in der Lage, diese Anlaufpassage im Tempo zu spielen.
Bei der Menge an Literatur, die da ist, muss man eben möglichst ökonomisch vorgehen und die richtige Vorbereitung via Klangvorstellung hilft doch gewaltig, manchen "technischen Popanz" zu bändigen.