Mögt ihr Oper?

Mögt ihr Oper


  • Umfrageteilnehmer
    369
warum sind einige Häuser voll ausgelastet? Außer dem Hügel gibt es das wohl in D nicht. Einige sind ziemlich ausgelastet, was auch daran liegt, dass sie von (unschuldigen) Touristen (z. B.Semperoper), die mit Bussen rangekarrt werden, bevölkert werden. In der Provinz sind Häuser voll, wenn dort gutes Theater gemacht wird. Ein Beispiel st die Oper in Chemnitz. Darüber hinaus darf man den in den letzen Jahren immer mehr ausgedünnten Spielplan nicht vergessen. Selbst in einem mittleren bis großen Provinztheater gibt es nur noch eine, max. zwei Opernvorstellungen pro Woche. (Zu Herzens Zeiten in L waren es sogar oft acht, oft ausverkaufte.).


Lieber gubu,

ja, es bleibt ein weites Feld! Aber z.B. die Oper Frankfurt und das Aalto-Theater Essen sind nahezu ausgelastet - was Opern angeht, sowieso. Und da werden keine Busse hingekarrt. :D Es liegt auch sehr am Intendanten und an den Intentionen, dem Einsatz des Orchesters und seines Generalmusikdirektors. In Essen z.B. pflegt das Orchester eine sehr enge Bindung zu den Schulen, Kindergärten etc. der Stadt - es finden tolle Workshops und Veranstaltungen für diese Zielgruppe statt. Die Opern sind fast sofort ausverkauft wie in Frankfurt auch. Und es sind recht viele pro Woche.

Klar: in Großstädten findet sich mehr Publikum als in der Provinz. Und ein Theater, was sein Publikum vergrault und dafür sorgt, dass es sich verachtet/entmündigt vorkommt, darf sich nicht wundern. Vielleicht musste auch das Regietheater erst mal so provokant auftreten, um sich von alten Strukturen zu lösen und ist dabei weit übers Ziel hinausgeschossen. Wenn wir Glück haben, besinnt es sich wieder (bzw. die Regisseure) und findet einen Weg, die verschiedenen Aspekte zu vereinen. Mit Herheim ist das ja wohl schon gelungen.

Hoffen wir das Beste!

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe chiarina, alles lässt sich "irgendwie" relativieren und "begründen". Damit kenne ich mich aus...:D:D. Hier geht es ja eher um eine Diskussion aus recht unterschiedlicher Sichtweise, da wird natürlich auf beiden Seiten etwas polarisierend argumentiert. Was wir alle meinen, wissen wir ganz gut, denke ich. Diejenigen, die es angehen würde, schert es sowieso nicht...

Und die von Dir genannten Häuser sind ja nicht irgendwelche. Vor Jahren habe ich in F einen sehr ordentlichen (modernen) Lohengrin gesehen mit Anja Silja als Ortrud. Spitze!!

Herzliche Grüße
gubu

PS: Habe mir mal ein paar Bilder vom Essener Ring angesehen. Vielleicht reden wir ja auch ein wenig aneinander vorbei. Das würde ich mir ohne Einschränkung sofort ansehen. Sowas ist ja inzwischen fast schon altmodisch....:D
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Und die von Dir genannten Häuser sind ja nicht irgendwelche. Vor Jahren habe ich in F einen sehr ordentlichen (modernen) Lohengrin gesehen mit Anja Silja als Ortrud. Spitze!!
....................
PS: Habe mir mal ein paar Bilder vom Essener Ring angesehen. Vielleicht reden wir ja auch ein wenig aneinander vorbei. Das würde ich mir ohne Einschränkung sofort ansehen. Sowas ist ja inzwischen fast schon altmodisch....:D

Lieber gubu,

vielleicht reden wir völlig aneinander vorbei!!! :D Ich kenne nämlich nur solche Opernhäuser! :D :kuss:

Liebe Grüße

chiarina
 
Hat nicht Muti gesagt, das Regietheater sei eine deutsche Aberration?
Die politisch korrekte Begeisterung, die ihm hierzulande
entgegenschlägt, wird jedenfalls nicht allerorts geteilt.
ich fand gestern abend noch folgenden amerikanischen Artikel,
der meiner Ansicht nach viel Richtiges über das Regietheater und seine
historischen Hintergrund sagt:

The Abduction of Opera by Heather Mac Donald, City Journal Summer 2007



Gruß,

Friedrich
 
Nachtrag 1

Sorry, ich musste gestern leider aus der Diskussion aussteigen. Ich war heute unterwegs und habe an einer Antwort am Laptop geschrieben. Mittlerweile hat sich das Thema etwas verlagert, ich hänge den Text aber trotzdem noch rein. In zwei Teilen, weil es zu lange geworden ist :shock:. Ich kann zur hier so heftig diskutierten Aufführung nichts sagen, weil ich sie nicht kenne. Mir geht's um ein paar grundsätzliche Gedanken. Ich verspreche, ich schreibe nie wieder so was Langes. :rolleyes: :oops:

Gestern Nachmittag lief im Radio "A propos Oper". Da las der Moderator wie auf Stichwort einen Text, der Fragen aufwarf wie: können Striche am Werk gerechtfertigt sein? Können sie ihm gar guttun? Auch wenn's darauf keine explizite Antwort gab, klang unterschwellig (für mich eindeutig) ein Ja mit. Bei der Traviata-Inszenierung von Konvitschny fehlte im letzten Akt der gesamte Karneval-Teil. Der einzige Bezug darauf war der Arzt mit einem spitzen Faschingshütchen am kopf. Hat das der Aufführung geschadet? Ich finde: nein, die Oper hat dadurch (ohne Pause gespielt) an Dramatik gewonnen und eine Sogwirkung entfaltet, die ich selten erlebt habe. War die Inszenierung dem "Werk" untreu? Am Sonntag habe ich im Dom bei einer kleinen Missa vom knapp 13jährigen Wolferl M. im Chor gesungen. Im Credo bei "et propter nostram salutem" hat der Domkappellmeister die Textaufteilung, die total gegen den lateinischen Sprachrhythmus notiert war, mit den Worten "da hat er noch net richtig Latein können", geändert. Sind wir nun dem Werk untreu geworden?

Ich gehe bei meinen Überlegungen von der Metapher "Musik als Sprache" aus. Ich tue das deshalb, weil ich mich in dem Bereich halbwegs auskenne und am ehesten klar machen kann, worum es mir geht.

Was ist eigentlich gemeint, wenn wir von "dem Werk" reden? Wohl das, was der Komponist/die Komponistin geschaffen hat. Und was genau ist das? Blöde Frage? steht eh da in den Noten. Hat er/sie ja selbst hingeschrieben.

Wenn Musik eine Sprache ist, sind die Notensysteme, Notenzeichen, Pausenzeichen, Bögen etc. das dazugehörige Schriftsystem. Soweit ich das überblicke gibt es so was wie eine Grammatik und sogar eine Art Syntax (was kommt wann), sogar Sätze und ganze (Noten)Texte. Sprache dient der Kommunikation von Gedanken, Emotionen, Musik dient der Kommunikation von Klangvorstellungen und Emotionen. Die Analogie funktioniert soweit also ganz gut. Das Medium, in dem Sprache ihre kommunikative Funktion erfüllen kann, sind Texte (dazu zählen auch mündliche Äußerungen). Und in der Musik haben wir dazu analog den Notentext.

Können wir nun davon ausgehen, dass das was im Text steht, auch das ist was kommuniziert werden sollte? Und können wir davon ausgehen, dass wir das, was da steht, so rezipieren, wie es gemeint war? Können wir davon ausgehen, dass genau die Worte verwendet wurden, die wir selbst in der gleichen Situation verwenden würden? Wenn man da etwas länger darüber nachdenkt, wird man wahrscheinlich gar nicht so wenig Beispiele aus der eigenen Erfahrung finden, wo das nicht mit einem klaren Ja zu beantworten ist. Mal findet man nicht die rechten Worte (siehe oben fast wörtlich Chiarina), mal verspricht man sich, mal verwendet jemand ein Wort, das dem anderen nicht so geläufig ist, mal wird ein Scherz nicht als solcher erkannt usw. Schaut Euch in Clavio um, hier findet man Material um Bände mit Beispielen fehlgeschlagener Kommunikation zu füllen.

Das hat zum Teil der inhärenten Mehrdeutigkeit von sprachlichen Zeichen und Strukturen zu tun aber nicht nur. Einen wesentlichen Anteil am konkreten Verstehen eines Textes hat die eigene persönliche Erfahrung im allerweitesten Sinn, da fallen Erlebnisse positiver wie negativer (oder auch unbelasteter) Art, die in irgendeiner Form durch den Text - sei es auch nur unbewusst - aktiviert werden, genauso hinein, wie die Gesamtheit des Textwissens bzw. der Ausschnitt des Textuniversums, über das man verfügt. Es ist daher aus meiner Sicht bestenfalls ein Zufall, wenn sich zwei Textinterpretationen völlig decken. Das Objekt der Erkenntnis wird vom erkennenden Subjekt beeinflusst, mitgestaltet. Es kann für mich daher nicht den Text mit der Aussage geben, die jede und jeder auch genau so wahrnehmen muss, weil es ja "eh da steht". Und das meine ich mit "es gibt so viele Texte wie Leser".

Meine Vermutung: Das ist auch in der Musik so. Jemand, der alle 32 (?) Sonaten von Beethoven studiert hat, wird die einzelnen Textstellen anders wahrnehmen, als jemand der gerade mal op 49 spielt. Jemand der mit russischen Komponisten groß geworden ist, wird dieselben Sonaten anders wahrnehmen, als jemand, der in Indien musikalisch sozialisiert worden ist. Irgendwo habe ich hier in Clavio auch gelesen, dass sich - ich glaube es waren Chopin Etüden - einzelnen Stücke anders darstellen, wenn sie nicht allein sondern im Kontext anderer Etüden aufgeführt werden.
Es sind zwar dieselben Zeichen, es ist aber nicht mehr der selbe Text.
 
Nachtrag 2

Zurück zum Werk: Das Werk des Komponisten liegt für mich in seinen erarbeiteten Klangvorstellungen. Dieses Werk ist für uns nicht zugänglich, das Einzige was wir haben, ist der Notentext, als erste Annäherung an diese Vorstellungen, häufig (soweit ich das durchschaue) trotz aller Bemühungen in Urtextausgaben nicht ganz eindeutig und wie jeder Text grundsätzlich unterschiedlichen Interpretationen zugänglich.

Die Annahme, es gäbe so etwas wie einen festen Inhalt, eine stabile Wahrheit in Texten, ist bei uns kulturhistorisch tief verwurzelt und hat wohl viel mit dem besonderen Status des geschriebenen Wortes (Stichwort Bibel) zu tun. Und so bemühen wir uns um ein möglichst genaues Lesen, um Aussagen des Komponisten der Zeitgenossen, betreiben Textkritik usw. Und nur um das Klarzustellen: ich finde das auch gut so.

Das was wir als Werk wahrnehmen, ist aber letztlich immer nur ein Konstrukt, es ist unsere Konzeption davon, was das Werk ausmacht. Diese ist geprägt durch historisch gewachsene Lesetraditionen, die mir vermitteln, wie ich mit dem Text umgehen kann/soll. Und so berechtigt diese Traditionen sein mögen, sind sie letztlich nichts anderes als Ausdruck von Wertungen. Was ist uns wichtig? Wieso gerade das? Etc. Solche Traditionen sind beileibe nicht stabil. Die Oratorien von Bach musiziert "man" heute meist anders als vor 30 oder 50 Jahren. Was irgendwann vielleicht noch ein interpretatorischer Skandal war, kann über Kurz oder Lang zur Norm werden. Sind die einen oder anderen deswegen schlechtere Diener am Werk? Solche Aussagen sind aus meiner Sicht immer Werturteile, keine Tatsachenfeststellung.

Auch die Rolle, die sich Interpreten im Zusammenhang mit dem Erarbeiten eines Werks, selbst zuschreiben, basieren auf Wertungen.

insistieren, daß der Interpret Diener des Autors ist und als Vermittler zwischen ihm und dem Publikum fungiert. Will er das nicht, sollte er doch besser selber zum Autor werden.

Das Bild des Dieners ist für sich schon interessant. Da klingt potenziell sehr viel mit: einer (guten) Sache dienen/dienlich sein, Kammerdiener, Knecht, Unfreier, tiefer gestellt, Dienst am Herrn, Gottesdienst, Wehrdienst, Sozialdienst. Ich glaube dieser Dienerrolle nicht so recht. Für mich ist es völlig klar, dass jeder, der eine Geschichte nacherzählt zum Mitautor dieser Geschichte wird. Zu den Stimmen in der Geschichte kommt meine Stimme dazu. Für mich hat natürlich auch die Interpretation einen kreativen, schöpferischen Charakter. Nur durch die Interpretation gelangt das Werk zu neuem Leben, nur in den Interpretationen kann es weiterleben. Der Interpret ist wohl hoffentlich mehr als ein Diener, der demütig buckelnd das Partitur gewordene Wort des Autors durch die Gegend trägt. Der Interpret ist der unmittelbare Urheber des Konzerterlebnisses. Ich würde mir wünschen, Interpreten würden sich nicht so gegen die unausweichliche Mitautorenschaft wehrt.

Für mich gilt das Gesagte auch für Inszenierungen.
das hätten die Regisseure gerne so, aber es ist ein elementarer Fehler: Inszenierung wie Interpretation sind Bestandteile der Rezeption, sie sind keine Werke und haben keinen Werkcharakter.

Das kapier ich leider nicht ganz, wer ist hier als Rezipient angesprochen? Und natürlich: wie verstehst Du Werk?

Rezeption umfasst für mich in diesem Kontext Aufnehmen, Verarbeiten, Verstehen. Ich sitze in der Oper und rezipiere das mir gebotene Spektakel. Dieses läuft nach Instruktionen ab, die vom Regisseur stammen, es stellt das Ergebnis des kollektiven Versuchs dar, die Gestaltungsvorstellungen des Regisseurs umzusetzen. Diese sind wiederum das Ergebnis der Rezeption des Regisseurs.

In jedem Fall ist für mich die Arbeit des Regisseurs ein schöpferischer Akt, der in der Entwicklung eines Konzepts für die theatralische Umsetzung besteht. Dieser wird dokumentiert, auch hier gibt es eine Art Partitur, auf die man auch Jahre später noch zurückgreifen kann.

Vom Regisseur erwarte ich mir, dass er das Potenzial, das in der überlieferten Partitur und Libretto enthalten ist, nutzt und mir eine Geschichte erzählt, die mich berührt. Ich erwarte nicht, dass er mir genau die Geschichte erzählt, die mir der Komponist vor X Jahren erzählt hätte. Ob er dafür die Form des Regietheaters wählt, historisierend arbeitet oder sonst was macht, ist mir eigentlich egal. Wenn er in dem Stoff des Stücks interessante Themen sieht, die er mit anderen Mitteln besser vermitteln zu können meint, warum soll er das nicht tun? Und wenn er dabei zum Schluss kommt, dass der Chor in Rattenkostümen auftreten soll, dann soll das so sein.

Wird es damit schwieriger, ihm zu folgen? Ganz sicher. Muss ich das als Zuseher goutieren? Nein, wenn meine Erwartungshaltungen so grob enttäuscht werden, kann das niemand verlangen. Ihm deshalb zu unterstellen, er würde mich als Zuseher verachten, zum Narren halten etc. halte ich aber für ebenso überzogen wie die von der Gegenseite zu vernehmenden Verbalinjuria.

Es gibt sicher für alles Beispiele und Gegenbeispiele, ich weiß zum Beispiel von Bekannten, die im Opernbetrieb arbeiten, dass Inszenierungen nicht so einfach aus dem Ärmel gebeutelt werden. Da wird recherchiert, diskutiert, ernsthaft gearbeitet. Das erwarte ich mir auch als Zuschauer vom Regieteam. Ich erwarte aber nicht (und will das auch nicht), dass sie mir die gleiche Geschichte darbieten, die sich in den sogenannten Grenzen des Texts bewegen, die ich eh schon kenne. Ich bin in Konzert und Oper auf neue Hör- und Seherfahrungen aus.

Musik verlangt Vorbereitung auch vom Zuhörer, hat Harnoncourt, glaube ich gesagt. Auf Regietheater sollte man sich auch vorbereiten (können). Diesbezüglich hätten in meinen Augen Bühnen wie Publikum Aufholbedarf. Das gilt meiner Meinung nach auch für traditionelle Produktionen.

Zur Frage der Auslastung: Ich denke es ist im Kunstbetrieb vielleicht nicht so viel anders wie in der Landwirtschaft. Monokulturen rächen sich irgendwann. Es braucht einen guten Mix. Da bin ich mit meiner Oper in Graz sehr zufrieden.

Liebe Grüße
Gernot
 
Warum kommt eigentlich in den Galerien niemand auf den Gedanken, die alten Meister ab und zu mit etwas Farbe zeitgeschmacklich aufzupeppen? Oder bei Thomas Manns Romanen mal die Sätze etwas zu kürzen und die Handlungen zu straffen?

Warum sind solche Sachen, wie sie im Rattengrin passieren, Verstöße gegen das Urheberrecht, wenn Wagners Werke noch geschützt wären?? :)

Warum lässt sich z.B. die Weill Foundation akribisch vorher zur Genehmigung einreichen, was inszenatorisch auf die Bühne kommen darf und was nicht? ;)
 
Das kapier ich leider nicht ganz, wer ist hier als Rezipient angesprochen? Und natürlich: wie verstehst Du Werk?
im Falle einer Oper ist das Werk oder Kunstwerk die Partitur (nebenbei: die Oper ist eine musikalische Gattung), diese hat einen Autor: in aller Regel ist das der Komponist der Oper. Nicht anders ist es um Sonaten oder Sinfoniern oder Oratorien bestellt.
...eine Sonate, eine Sinfonie, ein Oratorium - nun, das sind ebenfalls musikalische Gattungen - kommen bestens ohne szenische Regie aus (eine ziemliche Binsenweisheit)
kurzum: ein Teilaspekt der Realisierung, sprich Aufführung eines musikalischen Kunstwerks der Gattung Oper ist die szenische Regie - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Erstaunlicherweise betrachten weder Dirigenten noch Solisten ihre Interpretationen z.B. von Opern als Kunstwerke - einzig die selbst in Sachen Kreation unproduktiven Regisseure möchten ihren Teilaspekt bei der Realisierung als eigene Kunst deklarieren - - hier allerdings ist es eine recht billige Logik, die das widerlegt: ein Teil ersetzt das Ganze nicht. Kurzum ist auch weder die Farbe, noch die Leiwand - obwohl notwendiger Bestandteil eines Gemäldes - das Gemälde selber oder eine eigene Kunst ;)
 
Gestern Nachmittag lief im Radio "A propos Oper". Da las der Moderator wie auf Stichwort einen Text, der Fragen aufwarf wie: können Striche am Werk gerechtfertigt sein? Können sie ihm gar guttun? Auch wenn's darauf keine explizite Antwort gab, klang unterschwellig (für mich eindeutig) ein Ja mit. Bei der Traviata-Inszenierung von Konvitschny fehlte im letzten Akt der gesamte Karneval-Teil. Der einzige Bezug darauf war der Arzt mit einem spitzen Faschingshütchen am kopf. Hat das der Aufführung geschadet? Ich finde: nein, die Oper hat dadurch (ohne Pause gespielt) an Dramatik gewonnen und eine Sogwirkung entfaltet, die ich selten erlebt habe. War die Inszenierung dem "Werk" untreu? Am Sonntag habe ich im Dom bei einer kleinen Missa vom knapp 13jährigen Wolferl M. im Chor gesungen. Im Credo bei "et propter nostram salutem" hat der Domkappellmeister die Textaufteilung, die total gegen den lateinischen Sprachrhythmus notiert war, mit den Worten "da hat er noch net richtig Latein können", geändert. Sind wir nun dem Werk untreu geworden?
ja.

angenommen, du bist in amoris sehr engagiert und schreibst unter Tränen und Herzensergießungen einen Liebesbrief, frankierst ihn, sendest ihn an die Empfängerin (und das Verfassen eines solchen Briefes ist eine Angelegenheit, welche dir sehr nahe geht, sehr persönliche Empfindungen betrifft und beinhaltet und ausdrückt usw.) -- wäre dir recht, wenn der Umschlag von einem Spaßvogel im Postamt geöffnet, redigiert und geändert wird?

und das wird gerne übersehen: Sonaten, Opern, Romane, Dramen, Gemälde, Skulpturen sind a priori sehr persönliche, individuelle "Mitteilungen" an eine insgesamt anonyme Adressatenschaft (den Rezipienten) - ihre Intention (wie bei einem Brief) ist nicht, verändert, verbessert oder gar verschlimmbessert zu werden.

was nun Textinterpretation betrifft (auch die von musikalischen Texturen) - da gibt es seit geraumer Zeit ein Instrumentarium, welches verhindert, dass man z.B. die Bibel als fundamentalislamistisches Manifest auffasst ;)

dass freilich die immanenten Deutungsmöglichkeiten einer Oper, eines Romans, einer Sinfonie etwas vielfältiger und feiner sind als bei einem Kochrezept, das spricht nun nicht gegen Oper & Co. und es begründet auch keine totale Beliebigkeit im Umgang mit denselben

eine gekürzte La Traviata ist ein wunderbares Exempel für das, was nicht geschehen sollte - hier genügt allein der biografische Hintergrund dieser Oper von Verdi (abgesehen davon, dass gerade in diesem Beispiel eine perfekt proportionierte Partitur regelrecht verschnitten wird)

nein nein - wenn die Zeichen dieselben bleiben, so bleibt es auch derselbe Text: eine Chopinetüde ist sowohl im Atombunker, als auch im Regenwald oder am Südpol immer noch dieselbe Chopinetüde :) - und wenn irgendwer den Text nicht begreift, so muss das nicht am Text liegen
 
Liebe Leute,

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal herzlich für diese schöne Diskussion bedanken! Da mich sehr interessierte, was Gómez zu diesem Thema zu sagen hat, habe ich ihn um Stellungnahme gebeten und nehme mir die Freiheit, hier aus seinem Email zu zitieren:

Zitat von Gómez de Riquet:
Leider ist mir die Neuenfels-Inszenierung des „Lohengrin“ entgangen, sowohl realiter
als auch in der Fernsehübertragung, weil ich gerade privat viel um die Ohren habe.
Ich kann über ihre(n Mangel an) Plausibilität also nichts sagen.

Regietheater ist ein Kampfbegriff, und es ist problematisch, ihn zu benutzen.
In Ermangelung eines weniger belasteten, präziseren Begriffs verwende ich ihn trotzdem
und versuche, die Probleme mit dem Regietheater wie folgt zusammenzufassen:

Kommt es zu einem Gespräch zwischen Regisseur und Publikum, so ist dies alles andere
als ein herrschaftsfreier Dialog. Im Gegenteil: Die Beziehung ist von einer Asymmetrie geprägt,
in der das Publikum immer die Rolle des Unterlegenen übernimmt. Anders ausgedrückt:
Der Regisseur hat – genau wie die Partei – immer recht.

Jubelt das Publikum ihm zu, fühlt er sich bestätigt (obwohl er diese Bestätigung nicht braucht –
daß er gut ist, weiß er bereits). Protestiert das Publikum, fühlt er sich bestätigt,
weil er einen Nerv getroffen, ein Tabu gebrochen, eine Sehgewohnheit hinterfragt hat.
Die Liste der Klischees kann beliebig verlängert werden und läuft auf die Volksweisheit hinaus:
Der getroffene Hund bellt. Nach dieser Logik kann prinzipiell nicht der Regisseur,
sondern nur das Publikum versagen. Ob sich Regisseure wie Johannes Novopetrus
dieser paradoxen Situation bewußt sind?

Freunde des Regietheaters diffamieren Zweifel am Sinn einer Inszenierung reflexartig
als eine Kritik 'von rechts': Man wolle das Kulissengewackel des 19.Jahrhunderts wiederhaben,
die vertrauten Sehgewohnheiten, den ungetrübten kulinarischen Genuß des Kulturphilisters.
Dieser Abwehrreflex ist ärgerlich, weil er verdrängt, daß es auch eine Kritik 'von links' gibt,
die dem Regietheater vorwirft, seine eigenen Klischees entwickelt zu haben (denen man inzwischen
sogar in der Provinz begegnen kann) und selbst historisch geworden zu sein – d.h. in den Grenzen
einer bestimmten Ästhetik gefangen zu sein. Weiterhin der Logik des Überbietungszwangs zu folgen,
befreit aus diesen Grenzen nicht. Hans Neuenfels stilisiert wenigstens; das ist großartig.
Kleinere Geister orientieren sich offenbar an splatter movies, und zwar an schlechten.
Da wäre eine Steigerung nur noch im Sinne von Wolfgang Bauers (sehr schönen) 'Mikrodramen' denkbar,
in denen das Theater abbrennt oder das Publikum von der Bühne aus mit Kanonen beschossen wird.

Ich wüßte gerne, ob den Regisseuren des Regietheaters die Widersprüchlichkeit ihrer Aktivitäten
bewußt ist: Sie ersinnen planvoll Aktionen zur Brüskierung eines Publikums, dem sie unterstellen,
nix als vertraute Sehgewohnheiten bestätigt finden zu wollen. Das Theaterstück ist in diesem Kontext
nur Mittel zum Zweck. Das Recht, ausgedeutet zu werden, hat es nicht. Schlimmer noch:
Für den Regietheater-Regisseur ist es bereits der Inbegriff an Fremdbestimmung,
sich mit einem vorgegebenen Text beschäftigen zu müssen – dem, den er inszenieren soll.
Durch Verfremdung des Theaterstücks rettet er seine gefährdete Individualität.

Ich warte auf die Interpreten-Interpretation, in der ein Pianist auf einem vor dem Klavier befindlichen
Sanitärstuhl Platz nimmt, den er während des Spiels nutzt, dabei die f-Moll-Sonate op.2 Nr.1
mit dem Horst-Wessel-Lied vermischt, 'My way' singt, in eine Sambapfeife bläst,
Tennsibälle ins Flügelinnere wirft – aber das Ganze als Beethoven-Klavierabend ankündigt,
während das Programmheft die Vorgänge als eine erfrischend neuartige Sicht auf LvB's Klavier-Frühwerk
deklariert.

Mein Ideal wäre ein streng stilisiertes Theater: kaum Kulissen, vorwiegend Licht und Schatten.
Ich pflege Theaterstücke nur noch zu lesen und sehe sie dabei vor mir – ein unsichtbares Theater,
in dem der Kaukasus weder aus wackelnden Pappkulissen noch aus einem Vogelkäfig besteht,
dessen Insasse, der mir die Leber wegfressende Adler Ethon, mit einer Hakenkreuzarmbinde herumfliegt.

Herzliche Grüße vom

gefesselten Prometheus (frei nach Aischylos)
 

nein nein - wenn die Zeichen dieselben bleiben, so bleibt es auch derselbe Text: eine Chopinetüde ist sowohl im Atombunker, als auch im Regenwald oder am Südpol immer noch dieselbe Chopinetüde - und wenn irgendwer den Text nicht begreift, so muss das nicht am Text liegen


Lieber rolf,

gerade wollte ich deinen Beitrag liken, da lese ich die letzten Zeilen. Hm... .:D Wenn ich deren Logik recht verstehe, kann ja dann eine (bloß optische) Inszenierung (im Atombunker, Versuchslabor.......) dem Text gar nichts nehmen! Das kann ja nicht sein, denn worüber sprechen wir hier sonst die ganze Zeit?

Mir hat das gefallen, was Gernot schrieb (überhaupt toll, lieber Gernot, und ich hoffe, das bleiben nicht die letzten langen Beiträge!!! :p ), dass ein Text in der Wirkung/Rezeption auch vom Kontext abhängig ist.

Deshalb, so habe ich Gomez in seinem wundervollen Text hoffentlich richtig verstanden, liest er eben gern nur das Werk selbst, die Partitur, anstatt sich in einen von Regisseuren, Interpreten vorgegebenen Kontext zu begeben. So ein Kontext ist natürlich wie eine Interpretation einseitig, hat für mich allerdings den unglaublichen Vorteil, dass dort Deutungen auftauchen, auf die ich selbst nicht kommen würde. Im besten Fall befruchtet solch eine Inszenierung/Interpretation auch den eigenen Umgang mit Musik, z.B. zu versuchen, so viel wie möglich aus einem Stück herauszuholen, es immer wieder unter den verschiedensten Gesichtspunkten zu betrachten, niemals "fertig" zu sein.

In einem Punkt stimme ich dir allerdings unbedingt zu, rolf. Das betrifft den Umgang mit der Partitur bzgl. Kürzungen, Änderungen............. . Da finde ich das Beispiel mit dem Liebesbrief wirklich sehr schön!

Selbst wenn etwas in der Struktur Defizite hätte, gibt es uns als "Ausführende" nicht das Recht, nach unserem Gutdünken daran herumzuwerkeln. Da schließe ich mich auch gubu an:

Warum kommt eigentlich in den Galerien niemand auf den Gedanken, die alten Meister ab und zu mit etwas Farbe zeitgeschmacklich aufzupeppen? Oder bei Thomas Manns Romanen mal die Sätze etwas zu kürzen und die Handlungen zu straffen?

Warum sind solche Sachen, wie sie im Rattengrin passieren, Verstöße gegen das Urheberrecht, wenn Wagners Werke noch geschützt wären??

Warum lässt sich z.B. die Weill Foundation akribisch vorher zur Genehmigung einreichen, was inszenatorisch auf die Bühne kommen darf und was nicht?


Denn wir leben auch, wie du so schön geschrieben hast, Gernot, in der Tradition unserer Zeit. Wir haben also absolut niemals das Recht gepachtet, an Originalwerken herumzukritteln und nach (subjektivem) Belieben zu ändern. Da hört bei mir die Toleranz auf.

Wo sie nach wie vor nicht aufhört, ist, dass ich bezweifle, dass die Ratten unbedingt Verstöße gegen das Urheberrecht sind. Dann sind Pistolen, moderne Kulissen, sogar schon die heutigen Instrumente, die heutige Lichttechnik.................. Verstöße.

Mit der Weill-Foundation kenne ich mich nicht aus. Aber sind die beurteilenden Personen denn auch kompetent? Womöglich hat eine moderne Fassung mit Ratten o.ä. von der Grundlage der Geschichte, von den Verflechtungen der Charaktere, von der Aussage des Werkes mehr verstanden als eine, in der nur genau die Dinge vorkommen, die im Text genannt werden. Nur weil Ratten in einer Inszenierung vorkommen, die in der Partitur so nicht auftreten, die ganze Inszenierung in Frage zu stellen, erscheint mir doch zu einfach. Aber das habe ich hier ja schon gefühlte 100 Mal gesagt. *lach*



Liebe Leute,

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal herzlich für diese schöne Diskussion bedanken! Da mich sehr interessierte, was Gómez zu diesem Thema zu sagen hat, habe ich ihn um Stellungnahme gebeten und nehme mir die Freiheit, hier aus seinem Email zu zitieren:

Vielen Dank, PP, für diese schöne Idee! Ich war auch schon zu neugierig, was Gomez sagen würde! :p

Sehr interessant finde ich den Aspekt der Widersprüchlichkeit und der Frage, ob sie den Regisseuren bewusst ist.

Also würde ein Regisseur seine Arbeit nur dann kritisch hinterfragen, wenn das Publikum gar nicht mehr reagiert bzw. eben nicht mehr in die Oper, das Theater geht? Dann wäre es ja das Fernbleiben eine sehr vernünftige Reaktion, lieber gubu, die vielleicht/hoffentlich sogar dazu führen würde, dass sich alle Gedanken machen müssen.

Sehr interessant finde ich auch diesen Aspekt:

"Für den Regietheater-Regisseur ist es bereits der Inbegriff an Fremdbestimmung,
sich mit einem vorgegebenen Text beschäftigen zu müssen – dem, den er inszenieren soll.
Durch Verfremdung des Theaterstücks rettet er seine gefährdete Individualität."


Das kann ich mir schon vorstellen. Dennoch frage ich mich, ob wir es uns nicht zu leicht machen und auch Klischees aufsitzen. Ich hatte beim Lesen der Interviews mit Regisseuren, auch mit Neuenfels, absolut das Gefühl, dass sie um die Inszenierung ringen. Dass sie nicht wissen, dass sie gut sind, sondern dass sie natürlich Zweifel haben. Neuenfels sprach an einer Stelle auch davon, dass die Bilderflut mancher Inszenierung schwierig ist für die Regisseure, denn man könne ein einmal aufgetauchtes Symbol nicht noch einmal nehmen. Die Anzahl der Möglichkeiten, etwas darzustellen, würde also eingegrenzt. Ich glaube einfach nicht, dass qualifizierte Regisseure es sich so einfach machen wie es manchmal dargestellt wird - allerdings kenne ich keine. :p

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe Leute,

Ich habe hier Müh' und Not der Diskussion zu folgen - das größte Problem mit dem ich mich hier konfrontiert sehe, ist nach wie vor, die Definition des Regietheaters.

An einigen Stellen war nun schon zu lesen, daß es wesentlicher Bestandteil des Regietheaters sei, das Werk zu verfremden bzw. mit neuen Inhalten zu versehen, die nichts mit der Aussage des Werkes an sich zu tun haben. Widersprüchlich finde ich nun, daß hier aber immer wieder durchblitzt, es gebe doch "gutes" Regietheater, nämlich dann, wenn es dem Regisseur gelingt, zum besseren Verständnis des Werkes beizutragen. Vielleicht habe ich das aber auch falsch verstanden.

Eine Position, die ich selbst gern vertrete und mittrage, ist, daß es Aufgabe jeder Inszenierung sein muß, dem Werk gerecht zu werden und das ist meiner Meinung nach ohne Werkstreue nicht möglich.

Ist die Werksuntreue nun dem Regietheater wesentlich, oder nicht? Wie verhält es sich nun mit Chéreau - war er der Werkstreue verpflichtet? Ich kenne ja die Inszenierung (noch) nicht aber wenn ja, kann man das dann noch als Regietheater bezeichnen oder ist es im Grunde eine moderne Inszenierung, die sich eben durch die Werkstreue vom Regietheater unterscheidet?

LG, PP
 
Danke an Gomez für seinen Text!

"Kaum Kulissen, vorwiegend Licht und Schatten" und, das erlaube ich mir noch anzufügen, eine überzeugende Personenregie. Das hört meine Begleiterin seit Jahren von mir, wenn wir uns mal wieder in irgendeine Schnickschnackaufführung verirrt hatten. Als mein "Ideal" würde ich es wohl nicht ganz bezeichnen, doch als eine mich sehr überzeugende Alternative zu díeser heute oft zu sehenden platten Bilderwelt. Insofern ist es für mich das kleinste aller Übel. Darüber steht dann nur noch eine wirklich gekonnte "werkadäquate" Inszenierung, die MIR :D gefällt!:p

Liebe chiarina, die Weill Foundation in den USA bewacht den Hort des Weillschen Erbes. Ob sie aus kompetenten Leuten (was bedeutet in diesem Zusammenhang Kompetenz??) besteht, weiß ich nicht. Sie kennt sich allerdings sehr gut im Urheberrecht aus, und die Ratten, da bin ich mir recht sicher, würden da nicht durchgehen. Es wird um fast jedes Detail gerungen. Und die lassen auch durch ihre Emissäre kontrollieren, ob das dann so gemacht wird. Wenn nicht, gibts großes buhuhu! Deswegen wäre ich sehr überrascht, wenn z.B. ein Neuenfels sich auf die Inszenierung einer Weill-Oper einlassen würde...:D
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Liebe PP,

an dem Begriff "Regietheater" muss man das nicht festmachen, der ist sicher recht verwaschen. Gemeint ist wohl ein Inszenierungsstil, der Opern v.a. durch Optik und Personenführung mit Inhalten füllt, die im Libretto nicht vorgesehen sind und sehr oft auch der Musik zuwiderlaufen. Das kann "gekonnt" und "ungekonnt" geschehen. Z. B. der Parsifal von Herheim , derzeit in BT , ist "gekonnt" gemacht. Das Bühnengeschehen hat zwar recht wenig mit dem von Wagner vorgesehenen zu tun, doch ist es voller sehenswerter Theatralik, Spannung und nicht gegen die Musik inszeniert. Aber auch da könnte kritisch eingewendet werden, was das denn alles mit dem Parsifal-Stoff zu tun hat.
Es grüßt gubu
 
Liebe PP,

an dem Begriff "Regietheater" muss man das nicht festmachen, der ist sicher recht verwaschen. Gemeint ist wohl ein Inszenierungsstil, der Opern v.a. durch Optik und Personenführung mit Inhalten füllt, die im Libretto nicht vorgesehen sind und sehr oft auch der Musik zuwiderlaufen. Das kann "gekonnt" und "ungekonnt" geschehen. Z. B. der Parsifal von Herheim , derzeit in BT , ist "gekonnt" gemacht. Das Bühnengeschehen hat zwar recht wenig mit dem von Wagner vorgesehenen zu tun, doch ist es voller sehenswerter Theatralik, Spannung und nicht gegen die Musik inszeniert. Aber auch da könnte kritisch eingewendet werden, was das denn alles mit dem Parsifal-Stoff zu tun hat.
Es grüßt gubu

Vielleicht ist auch noch eine Hilfe folgendes Zitat dieser Seite Regietheater in der Oper: Eine musiksoziologische Untersuchung am Beispiel der Stuttgarter Inszenierung von Wagners "Ring des Nibelungen" - www.theaterforschung.de

"Regietheater wird verstanden als Regiearbeit, die das Werk hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Bezüge interpretiert und einen starken Gegenwartsbezug schaffen will. Bei der Analyse des Regietheaters werden die Theorien der Kunstsoziologie, insbesondere der Musik- und der Theatersoziologie, sowie der sozialwissenschaftliche Theorieansatz der Theatralität angewandt.

Avancierte Regie ermöglicht, unabhängig vom Entstehungsjahr des Werkes eine Sicht auf aktuelle soziale Probleme. Die Oper wird zu zeitgenössischem Musiktheater, das im Jetzt spielt und aus dem Jetzt heraus interpretiert wird.
"


Liebe Grüße

chiarina
 
Vielleicht ist auch noch eine Hilfe folgendes Zitat dieser Seite Regietheater in der Oper: Eine musiksoziologische Untersuchung am Beispiel der Stuttgarter Inszenierung von Wagners "Ring des Nibelungen" - www.theaterforschung.de

"Regietheater wird verstanden als Regiearbeit, die das Werk hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Bezüge interpretiert und einen starken Gegenwartsbezug schaffen will. Bei der Analyse des Regietheaters werden die Theorien der Kunstsoziologie, insbesondere der Musik- und der Theatersoziologie, sowie der sozialwissenschaftliche Theorieansatz der Theatralität angewandt.

Avancierte Regie ermöglicht, unabhängig vom Entstehungsjahr des Werkes eine Sicht auf aktuelle soziale Probleme. Die Oper wird zu zeitgenössischem Musiktheater, das im Jetzt spielt und aus dem Jetzt heraus interpretiert wird.
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Liebe Grüße

chiarina

Naja, liebe chiarina, das sind ja sehr euphemistische Definitionen. ...:D:D

((Wobei ich selbstverständlich nich für mich beanspruche mit meiner Kurzformel eine Definition geliefert zu haben...))

Es grüßt guhu
 
Lieber Gubu, liebe Chiarina,

Danke für eure Antworten! Über das verlinkte Buch bin ich bereits bei Google Books gestolpert, werde dort noch ein bisschen querlesen und es mir dann eventuell zulegen.

Bisher haben mich Inszenierungen nicht sonderlich gekümmert und irgendwie beschleicht mich schön langsam der Verdacht, daß sich das auch in Zukunft nicht wesentlich ändern wird. Die Zeit in der Oper verbringe ich meist mit geschlossenen Augen - und nein, ich schlafe nicht dabei :D - wäre es nicht wegen der Musik und der Akustik, könnte ich gänzlich auf den Besuch verzichten.

Mich interessiert auch nicht sonderlich, welchen Bezug ein Regisseur zur Gegenwart herstellen möchte. Gegenwartsbezüge herzustellen ist für mich ein Teil der Aufgabe des Rezipienten - ich setze mich ja nicht in die Oper und warte darauf, was da auf mich zukommt, sondern setze mich schon vorher mit dem Werk, seiner Entstehung und den historischen Hintergründen auseinander - mal mehr mal weniger ausführlich. Bezüglich Gesellschaftskritik, denke ich, daß es bessere Vehikel gibt als die Opern des 18. und 19. Jahrhunderts, denn deren gesellschaftskritische Aufgabe haben diese Werke doch schon in der Zeit ihrer Entstehung erfüllt, bzw. solange diese halt in ihrer ursprünglichen Form Gültigkeit hatte.

Nichtsdestotroz werde ich das Thema jetzt mal aufmerksam weiter verfolgen, denn diskussionswürdig und interessant erscheint es mir allemal.

LG, PP
 
Noch eine kurze Bemerkung zum Thema Diskussionsbereitschaft : Eine neue Theaterleitung schafft auf der Webseite des Theaters eine Diskussionsplattform. So weit, so gut. Als dann aber die massive Kritik dort dominierte und dagegen auch -offensichtlich von einem wenig bemittelten Dramaturgen gesteuerte- Lobhudelbeiträge nicht fruchteten, wurde die Seite ohne Kommentar wieder abgeschaltet. (Konstruktive) Stellungnahmen des Theaters zu sachlich vorgebrachten kritischen Beiträgen? Fehlanzeige. Die Einschätzung von Gomez stimmt schon....
 
Noch eine kurze Bemerkung zum Thema Diskussionsbereitschaft : Eine neue Theaterleitung schafft auf der Webseite des Theaters eine Diskussionsplattform. So weit, so gut. Als dann aber die massive Kritik dort dominierte und dagegen auch -offensichtlich von einem wenig bemittelten Dramaturgen gesteuerte- Lobhudelbeiträge nicht fruchteten, wurde die Seite ohne Kommentar wieder abgeschaltet. (Konstruktive) Stellungnahmen des Theaters zu sachlich vorgebrachten kritischen Beiträgen? Fehlanzeige. Die Einschätzung von Gomez stimmt schon....

Lieber gubu,

das ist natürlich mehr als traurig...................... .

Zu Weill noch Folgendes:

ich hatte ja bereits dieses Interview Daniel Kehlmann und das "Regietheater" - Wo gibt's hier Spaghetti? - Kultur - sueddeutsche.de verlinkt, das eine Antwort von N. Stemann auf die Kritik von Kehlmann in Salzburg darstellt.

Und Stemann hat die Dreigroschenoper in Köln inszeniert. Ich bin mir sicher, dass man die Dinge unter einen Hut bekommen kann: modernes Regietheater (was ich grundsätzlich sehr positiv sehe - daher auch die euphemistische Umschreibung :D ) + Texttreue.

Liebe Grüße

chiarina
 

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