Mit Haydn kann ich einfach gar nichts anfangen! Egal ob mit Klaviermusik oder Sinfonien/Oratorien. Ich verstehe seinen Humor einfach nicht. Ich habe genau eine Sonate gespielt, das war glaube ich der größte Graus für mich...
Der oft gelobte und beliebte Witz geht an mir irgendwie vorbei, ich nehme nur langweilige Oberflächlichkeit war.
Nun muss ich mal ganz kurz Haydn - als einen meiner absoluten Lieblingskomponisten - verteidigen.
Ich glaube Haydn hat sich selbst gar nicht so sehr als der notorische Spaßvogel verstanden, zu dem ihn spätere Generationen gemacht haben. Und wenn man es nicht ständig lesen würde, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass seine Musik ausnahmslos besonders witzig sein soll. Vielleicht fällt der Zugang leichter, wenn man sich seiner Musik ganz "normal" nähert.
Diesem Beitrag muss ich zustimmen. Ich persönlich finde Haydn nun nicht witziger als Beethoven oder Mozart. Man denke nur an die Variationen in f-Moll oder die Sonate in h-Moll. In erster Linie finde ich Haydn unheimlich feinsinnig, unprätentiös, "optimistisch", sehr ausdrucksstark und raffiniert. Ich möchte das mal etwas genauer erläutern. Hierzu möchte ich noch kurz betonen: Ich bin kein Musiktheoretiker oder so, sondern lediglich ein Pianist in der Ausbildung. Aus diesem Grund sind ein paar Aussagen durchaus weniger exakt als sie sein könnten und spiegeln in erster Linie meinen Eindruck wieder!
1.) Haydns Melodik: Es gibt zwei Dinge, welche mich an Haydns Melodik sehr beeindrucken. Einerseits empfinde ich seine Melodik als sehr langatmig, wodurch sie in der Lage ist verhältnismäßig große Bögen zu spannen. Andererseits ist seine Melodik auf kleinsten Skalen sehr fein ausgestaltet und auch oft mit einer - meinem Empfinden nach - sehr raffinierten Ornamentik versehen. Ich denke, dass diese Ausgestaltung auf sehr kleinen (Zeit-)skalen diese Musik (für mich) so ausdrucksstark macht, da man dadurch in einem sehr kurzen Zeitraum sehr viel gestalten kann (und muss). Allerdings muss man da erstens als Zuhörer sehr gut hinhören und zweitens muss das wirklich gut gespielt sein, damit es wirkt.
2.) Haydns Reduktion der Mittel: Hier verlasse ich etwas die sicheren Fahrwasser meiner Kenntnisse und ich freue mich sehr über Berufenere, welche hier etwas korrigieren oder ergänzen wollen. Mir kommt es so vor, dass Haydn einerseits manche Charakteristika der "Stilepoche des Spätbarock" sehr kompromisslos weitertreibt, aber sie im Tonsatz auf das wesentlichste konzentriert. So finde ich immer wieder kontrapunktisch sehr cool komponierte Passagen/Kanones/Fugati, welche ich aber in der "Nacktheit" und "Exponiertheit" sonst nirgendswo gesehen habe. Beispiele wären hier z.B. T. 51ff im ersten Satz von Hob XVI:52, T. 30ff im ersten Satz von Hob. XVI: 34.
3.) Transparenz: Hier kann ich gar nicht genau festmachen woran es liegt, aber ich finde gerade seine schnellen Sätze unheimlich transparent und "flirrend". Und zwar nicht nur in seiner Klaviermusik! Als Beispiele können hier die letzten Sätze der Klaviersonaten Hob XVI:52 und Hob XVI:32 dienen.
4.) Haydns "Humor": Musik spielt natürülich immer mit den Erwartungen des Zuhörers. Und gerade was "rhythmische" Erwartungen angeht, ist Haydn - wie ich finde - ziemlich raffiniert. Beispiel: Takt 25-39 des letzten Satzes Hob XVI:24, wo zumindest ich immer kurzzeitig völlig verwirrt bin, wo im Takt wir uns eigentlich gerade befinden.
Abschließend möchte ich noch eine Sache sagen: Ich habe mich mit Haydns "mittleren" Werken wesentlich leichter getan, als ich begonnen habe zu verstehen, dass mein Unmut mit dieser Musik - der auch einst existierte! - davon herrührte, dass ich gewissermaßen "Musik der Hochklassik" erwartet habe und diese Musik diese Erwartungen irgendwie enttäuscht hat. Mit ihrer "Manieriertheit" (und ich empfinde dieses Wort hier als ziemlich passend) passte diese Musik irgendwie gar nicht in die Vorstellung, welche ich von dieser Musik hatte. Manche Leute sagen, dass diese Musik "im empfindsamen Stil" geschrieben wurde. Nunja...man kann es nennen wie man mag. Es ist halt ein bisschen was anderes, als man vielleicht erwartet und diese Wörter können eventuell helfen, sich dieser Andersartigkeit zu öffnen.
Ich hoffe mal, dass ich nicht zu viel Blödsinn geschrieben hab. Falls ja (
@mick ) korrigiert mich gerne.