Zu alten Diplomzeiten war die Regelstudienzeit nur eine Orientierungsgröße und nur extern z.B. für BaföG irgendwie verbindlich. Deswegen gab es Langzeitstudenten mit vierzig Hochschulsemestern und mehr. Hochschulintern war die Regelstudienzeit für den Studenten individuell völlig wurscht
Nach Mischformen (Studiengebühren nach Regelstuduenzeit+4 und so) ist jetzt in Bolognazeiten die Regelstudienzeit fast immer verbindlich in dem Sinne, dass die Leute mal zu einer Studienberatung müssen, mal eine Zwangsprüfung auferlegt bekommen und irgendwann (meistens +4 oder +6) geext werden. In meinem Umfeld gibt es aufgrund einer alten Regelungslücke noch einzelne Leute mit Ü30-Hochschulsemestern. Die haben Semesterticket, gute Mailadresse und billiges Essen. Ist für mich voll okay, denn auch Langzeitstudenten gehören zu einer aufgeschlossenen Geselkschaft mit dazu.
Habe hier sehr interessiert mitgelesen, aber kann Stilblüte keine Tipps geben, wie diese selbst wissen wird (weder als "Lehrkraft", die ich im Musikbereich nicht bin, noch als "Pianistin", die ich auch nicht bin, oder als Schülerin auf einem ähnlichen Niveau). Denke aber, es waren durchaus wertvolle Ratschläge dabei und hoffe, es findet sich was! Finde es klasse, dass Stilblüte nicht gleich auf den Zug aufspringt, alles zu pauschalieren und zu stereotypisieren; auch, wenn es (zugegeben!) Spaß macht. Ist auch einfacher und evolutionär sogar notwendig, da es viel zu aufwendig und auch irreführend wäre, ohne Kategorien und Schubladen jede Situation neu "zu evaluieren", inkl. Menschen und ihren "Typus". Fakt bleibt dennoch, dass wir den Schüler nicht kennen und nicht beurteilen können, wie viel "Aufrichtigkeit" hinter seinen Aussagen und seinem Verhalten steckt, wie er sich entwickelt, welche Motivation oder Motive er hat, usw...
Auch möchte ich sagen, dass ich ziemlich verwundert bin über das so negative Bild des langen Studierens. Ich gebe zu, dass ich mit ü30 (nicht ü30 Hochschulsemester, noch nicht...) auch noch (weiter)studiere. Ich habe mehrere Fächer studiert und plane auch noch immer mehrere und weitere formale Abschlüsse, um den vermehrt interdisziplinären Ansprüchen in der Wissenschaft gerecht zu werden (zB im Bereich Medizinrecht, Medical Humanities, Philosophie der Medizin, usw.). Das wurde immer ziemlich geschätzt, da Philosophen gern Mediziner dabei haben, die nicht denken, ihr Fach wäre der einzige "heilige Gral". Und auch in der Juristerei zeigt sich, dass man gern mit anderen Disziplinen zusammenarbeitet. Irgendwann werde ich das 30. Hochschulsemester auch erreichen. So what?
Vielleicht ist mein Umfeld auch "besonders"; aber ich kenne fast niemanden, der "nur" ein Fach studiert hat und wirklich niemanden, der in Regelstudienzeit studiert hat. Ah doch, aus dem Medizinerkreis fallen mir ein paar ein, aber selbst da sind es die wenigsten. Ich kenne dafür reichlich Juristen mit eigener Kanzlei, die noch weitere Abschlüsse international machen (Master, MBA, StEx und Co....) und dennoch als Anwälte, Notare und als Wissenschaftler arbeiten. Oder auch Personen mit Kindern und nun dem zweiten oder dritten Studium neben dem Beruf. Warum? Weil es wundervoll ist, lernen zu dürfen! Als ich noch im Parallelstudium war, vor meinem ersten Masterabschluss, waren Gespräche auch vorgeschrieben, weil die Regelstudienzeit überschritten wurde. Irgendwann merkt die Uni aber, ob man die braucht oder nicht, und das ist auch gut so. Nun überlege ich, ob ich nach dem zweiten Abschluss und der parallelen Promotion in einem anderen Fach auch noch ein weiteres Fach im Master studieren soll. Ich habe nie an sowas wie Semestersticket (habe ausgerechnet, dass es ohne günstiger ist, wenn man annimmt, dass man 2x erwischt wird :D), "gute Mailadressse" (da steht dann "student" drin, was ist daran besonders gut in Deutschland?) oder an "billiges Essen" (das ist zumindest in der Klinik ganz hilfreich gewesen, sonst nie genutzt) überhaupt gedacht. Ich weiß auch nie, wie ich mich vorstellen soll. Bin ich Philosoph? Jurist? Mediziner? Literat? Wissenschaftler (nach Publikationen und Lehre)? Ich bin xyz und habe u.a. das und jenes gemacht und mache aktuell vor allem (soundso). Natürlich arbeitet man in einem "Brotberuf" oder in der Wissenschaft, aber wieso sollte man nicht noch weiter "studieren"; entweder autodidaktisch oder in Form eines universitären Studiengangs mit Experten, die man bei Bedarf fragen kann und die Rückmeldung geben? Ich würde lediglich eine Gebühr dafür noch unterstützen, da es gewissermaßen Luxus ist, der nicht staatlich gefördert werden muss.
Klar gibt es auch die, die gern die o.g. Punkte mitnehmen oder auch wohl "Dauerstudenten", die es nicht schaffen und Ressourcen fressen. Persönlich kenne ich v.a. Menschen mit Bildungsdrang und ich finde das Ideal der ewigen Bildung herrlich. Toll, dass man es in Deutschland leben kann. Als ich als Gastwissenschaftler in den USA (Greater Boston Area) war, habe ich gesehen, wie gut wir es hier haben... da waren die Studenten, die ich mit-unterrichten sollte, alle in Panik, dass sie eine schlechte Note bekommen und wiederholen müssen. Weil die Familie alles Ersparte dafür eingesetzt hat, dass sie sich überhaupt in eine Hochschule (University, privat, aber auch schon auf College-Ebene) einschreiben und sich das Leben da leisten können. Das ist das andere Extrem, beides muss nicht sein. Aber die Begeisterung für die deutsche Hochschullandschaft (und unser Gesundheitssystem, trotz aller Mängel, nach dem Kontrast in den USA!) habe ich nun endlich verstanden.
Wenn mich das zum "Profistudenten" macht, dann gerne. Empfinde ich nicht als Beleidigung. :D
Viel Erfolg und Glück
@Stilblüte mit Deinem Schüler! Danke, dass Du den Lehrauftrag so ernst nimmst (persönlich verstanden).