Mein asiatischer Klavierstudent

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Auch möchte ich sagen, dass ich ziemlich verwundert bin über das so negative Bild des langen Studierens.

Tja:
da es gewissermaßen Luxus ist, der nicht staatlich gefördert werden muss
und
frisst.

Ich kenne auch ein paar Leute, die ewig lang studieren, weil sie gar nicht wissen, was sie überhaupt wollen oder vor der Arbeitswelt zurückschrecken. Ich halte das Studieren hierzulande für ein sehr großes Privileg; als solches sollte es auch behandelt und nicht ausgenutzt werden.
 
Dann wundert mich deine Reaktion jetzt umso mehr….
Aber sehr sympathisch 😎 ich habe 3,5 Jahre als Fahrer für Hertz gearbeitet.

Mich wundert es ehrlich gesagt gar nicht. Ich kenne einige wie CW, die in der Wissenschaft waren nach der Promotion und im akademischen Mittelbau "hängengeblieben" sind oder keinen Bock mehr hatten danach, verständlicherweise. Um mal ehrlich zu sein: Das ist ja leider eher die Norm als die Ausnahme! Die Regel ist doch, dass man sich im Namen anderer abarbeitet, um dann im Mittelbau hängen zu bleiben, weil es zu wenige Professuren gibt und wenn man es nicht schafft (die meisten, es braucht auch Glück und Connections dazu...), dann hat man hinterher oft einfach Zeit vergeudet und die Industrie oder Wirtschaft interessiert nicht, wie viele Paper man hat und man kann bei 0 anfangen. Die heiligen Hallen der Wissenschaft sind voll von Scheinheiligkeit.

Ich möchte nur mal aus eigener Erfahrung ein paar Missstände aufzählen bzw. darauf hinweisen, seit ich im "richtigen" wissenschaftlichen Betrieb war, d.h. eigentlich nach Post-Doc auf internationalem wissenschaftlichen Plateau und dem Ziel der Professur und wissenschaftlichen Karriere, wo es nur noch darum geht:

1. In welchem Journal. Buchkapitel? Irrelevant. Deutsches Journal? Irrelevant (außer Jura oder andere spezifische Fächer). Es muss schon JAMA, NEJM, BMJ und Co sein oder mindestens Lancet (NaWi). Auf meine Frage, als ich gerade da war und mir aufgetragen wurde, doch mal in einem "richtigen" Outlet zu publizieren, wie ich das bitte hinbekommen soll allein als Einzelautor und ohne "big name" war die Antwort des "big name", der mein Mentor war (aus Harvard tatsächlich, ein sonst wundervoller Mensch): "Go big or go home". Tja.
2. Erstautorenschaft oder Corresponding Author, alles andere nix (insb in der Mitte)
3. Wie viele Publikationen; "Posterbeiträge" oder "studentische Journals" kannst Du dann vergessen, peer-review in A oder A- mindestens
4. In welcher Zeit und mit welcher "Reichweite", h-index lässt grüßen, aber streitbares Konzept mMn
5. Mit WEM publizierst Du (heißt, wer denkt, dass Du seine Zeit wert bist und wie connected bist Du mit den Experts in Deinem Feld)
6. Mit welchen Unis und an welchen Unis Du arbeitest (Name ist alles, teilweise Teil der Vergütung...Oxbridge, Harvard und Co)
7. CONNECTIONS: Du solltest schon irgendwie Editors oder Editorial Board Members kennen, oder jemanden kennen, der die kennt
8. Publications, Publications, Publications: Irgendwann sorgt Dein Name allein schon für ein "pass" (Bsp Savulescu)
9. Welche Mittel, Drittmittel etc. hast Du eingeworben oder bekommen
10. Welche Unis - die Elite bleibt gern unter sich! - und wo Du als Speaker eingeladen wurdest
(11. Welche Noten hattest Du - wird dann in den Sphären immer irrelevanter, ich kenne teilweise Profs in Harvard und Co. die keinen PhD haben, aber die Zeiten sind wohl vorbei. Ich kenne aber viele, die schlechte Noten hatten. Publikationen sind für die das Maß der Dinge...)

DON´Ts:
- Beanstanden, dass der PI oder Prof oder irgendein Dritter am Institut mit in die Autorenliste will, einfach weil irgendwas an seinem Institut stattgefunden hat, oder weil er halt der PI ist, auch, wenn er nicht mal weiß, worum es in der Publikation geht und sie nicht mal gelesen hat (Hierarchie). Auch, wenn er nichts beigetragen hat und das gegen die Standards der guten wissenschaftlichen Praxis verstößt. Ist verstörend, aber das ist quasi wissenschaftlicher Selbstmord, v.a. wenn man nicht klein beigibt. Auch, wenn dann noch "Kollegen" eingeladen werden auf die Autorenliste, ist das zu dulden.
-> Ein Grund, weshalb die meisten meiner Paper Alleinautorenschaften sind. Ich habe solche Sachen strikt abgelehnt (und mir damit Feinde gemacht...).
- Wenn es andere gibt, die unbedingt noch Erstautor-Paper "brauchen" für die Habil oder whatever, dann dürfen die auch drauf, wenn der PI oder Institutsleiter darauf besteht. Egal, ob Du die "Drecksarbeit" gemacht hast oder nicht.
- Wenn Du nicht "lieferst" oder, noch schlimmer, gegen die "internen Regeln" wie "Freundschaftsautorenschaften" verstößt (die Du nirgends finden wirst, das sind Regeln der "inner circle", ungeschriebene Gesetze), dann hast Du erstmal keine Zukunft mehr. Von Mobbing bis zu subtileren Dingen ("the silent treatment"), es wird irgendwann zum "silent quit" führen (d.h., man wird es drauf anlegen, dass Du so emotional fertig bist, dass Du freiwillig gehst). Das ist ein bekanntes Konzept in der Wissenschaft.

Das sind nur einige Aspekte, weshalb ich CW verstehe und auch den Zynismus, der sich in mir auch breitgemacht hat irgendwann. Ich dachte früher immer, es gehe um Erkenntnisgewinn und "Wahrheit". Ich musste feststellen: Es geht, wie bei fast allem, den meisten (nicht allen) um MACHT. Und die, die als PhDler oder als Postdocs darunter gelitten haben, gehen entweder oder rächen sich an den nachfolgenden Personen in diesen Rollen, sie haben es ja nicht anders gelernt. Sorry für den Rant zur "heiligen Wissenschaft" bzw. Akademie. Aber leider verstehe ich CW auch inzwischen sehr gut. Ich versuche nur, an meinen Idealen festzuhalten und diejenigen, die ähnlich denken wie ich (denen es um die Sache geht und auch mal widersprechen), nicht zu verlieren. Denn mit denen arbeite ich dann auch gern an Projekten in Kollaboration. Ich hatte auch schon tolle Mentoren, die mir ohne Frage die Erstautorenschaft gelassen haben. Die sind aber idR im Ruhestand und "brauchen" das Gehacke, Gehaue und Gesteche nicht mehr. Schade, dass man dafür erst alt werden muss. Ich kenne auch einige "Aussteiger", denen es tatsächlich besser ging, als sie die "WIssenschaft" verlassen haben. Teilweise auch ihren PhD.

@Alter Tastendrücker Ich sehe es auch so: Unbedingt machen! Wichtig sind ja v.a. gute Betreuer (Dotorvater) und ein Thema, für das Du brennst. Ich würde niemals nur für die "zwei Buchstaben" promovieren. Daher will ich auch noch einen "richtigen" PhD neben dem "Dr. med." machen. Ja, ich weiß, auch den Dr. med. kann man "richtig experimentell" machen. Aber das ist schade, dass wenige das machen. Da würde ich eher den Dr. rer. nat. machen in Deutschland.

@Carnina Respekt für Deinen Werdegang (auch an CW)! Ernsthaft. Genau solche Personen habe ich auch im Umfeld (Kinder oder nicht, jedenfalls 40h-Job und dennoch weiterer Studiengang usw). Sag gern Bescheid, wenn die Publikation draußen ist. Ist sie OpenAccess geplant? Würde mich echt interessieren! Auch thematisch. Solche Schnittstellen liebe ich einfach. Blut gespendet habe ich schon mal, aber leider durfte ich nicht mehr, da ich zu leicht bin und mein Hb auch an der unteren Schwelle. Mir war danach auch so schwindelig, dass sie mir gesagt haben, ich soll es nicht tun, weil ich aus gesundheitlichen Gründen nicht darf. Meine Motivation war damals wirklich, anderne zu helfen, aber naja, man muss ja erstmal schauen, dass man selbst gesund ist und bleibt. ;)

Gratulation zu der Leistung und zur Fertigstellung der Arbeit, wirklich! Hut ab! Ich war auch überrascht, als ich mit den Prüfungen durch war und die Abschlussarbeit begonnen habe im Master, wie viel das nochmal fordert (obwohl ich davor schon peer-review publiziert hatte; das ist dennoch eine andere Art der Herausforderung). Ich bin gespannt auf das Ergebnis und hoffentlich die Veröffentlichung! Wie gesagt, können uns gern mal austauschen. Medizin und Musik oder Ästhetik etc. ist eine so herrliche Kombi (bei mir war es die Philosophie, die ich parallel studiert habe zu Medizin, wobei mir Logik und Ontologie, analytische Philosophie und natürlich Ethik am meisten lagen). Im Übrigen habe ich trotz Parallelstudium dem Master in Regelstudienzeit für ein Vollzeitstudium abgeschlossen, weil es für mich eine Liebhaberei war und ist und ich nicht ohne sie kann. In Medizin bin ich dabei, zu entscheiden, ob noch ein FA folgt und ich dann praktiziren will (bench-bedside), oder nicht. Da kam ich über die Regelstudienzeit, aber teilweise auch durch Auslandsaufenthlate und Publikationen, die genehmigt waren als Gründe für längere Zeiten.

...Achso, und ja, meinem Vater sage ich liebe Grüße (der fällt aber wohl vor Schreck vom Stuhl, wenn ich erzähle, was er laut Eindruck hier alles bezahlt oder bezahlen soll) :party::009::021:
 
Na ja, wenn man dann nach dem 30. Semester die Zwischenprüfung schafft, war das Ganze ja nicht umsonst. Man sollte dann später versuchen, die Magisterarbeit rechtzeitig kurz vor dem Renteneintritt einzureichen, damit die Lücke zwischen beiden Ereignissen nicht zu groß wird.

CW

War das auf mich oder Dich bezogen? Ich habe schon lange vor meinem 30. Semester (das dauert noch, bis ich das erreiche...) nicht nur die Zwischenprüfungen, sondern formale Abschlüsse an verschiedenen Universitäten gleichzeitig gemacht. Also Magister- bzw. Masterarbeiten eingereicht und Masterstuidum sehr erfolgreich bestanden, sogar in Regelstudienzeit für ein Vollzeitstudium, parallel noch neben Medizinstudium und anderen Projekten im In- und Ausland. Letzteres z.B. ist halt nun als Folge über der Regelstudienzeit, aber auch u.a. wegen Forschung und Ausland, was meine Uni fördern wollte. Oder Lehraufträgen. Oder anderen Einladungen aus dem Ausland, wo man meine Uni um Freistellung gebeten hat, damit ich als Gastwissenschaftler kommen kann. Das zählt leider mit in die Hochschulsemester, auch, wenn ich da nicht faul war, sondern halt an Publikationen gearbeitet oder unterrichtet habe.

Falls Du von Dir redest, dann sorry. Aber ich verstehe auch diesen Kommentar nicht. Weil ich ja klar gesagt habe, dass ich noch nicht im 30. Semester bin, aber schon Abschlüsse habe und weitere machen werde, sodass ich irgendwann ins 30. kommen werde. Das o. g. Problem habe ich also nicht.

@Peter Volle Zustimmung zu allem, v. a. dem letzten Satz. Das versuche ich aufrichtig. Ich bin daher der deutschen Universitätslandschaft und jeder alma mater von mir enorm dankbar und zeige das auch. Daher pflege ich heute freundschaftliche Kontakte mit allen meinen ehemaligen Professoren auch nach dem Abschluss. Und versuche, anderen zu helfen, die mich nach Rat fragen (auch in Form von Dozenturen usw). Es ist ein Luxus und ich versuche, mein Privileg zurückzugeben, in diversen Formen (Publikationen, Unterricht, Ratschläge für andere...).
 
@Stilblüte
Wie gehts deinem asiatischen Studenten eigentlich?
Irgendwelche Entwicklungen oder Reaktionen, von denen du berichten möchtest?


Es ist nIcht so, dass ich das Thema Studium und wiss. Arbeit/Laufbahn nicht auch superinteressant finden würde.
Natürlich weil ich eigentlich eine wissenschaftliche Laufbahn angestrebt hatte (Forschungsmethoden der Sozialwissenschaften).
Nach dem Master war ich leider für die ausgeschriebenen Doktorandenstellen schon zu alt, und einen privaten Doktorvater zu finden, ist mir nie gelungen.

Was ich nun mache, ist mir in der Freizeit kleine Forschungsdesigns zu verschiedenen Fragestellungen auszudenken. Und ich setze mich manchmal noch immer einfach in ein Café, und beobachte mit nur einer Frage im Kopf ... was passiert hier? Am Ende führt aber auch das nur zu kleinen Forschungsfragen nebst möglichen F-Designs und vielleicht mal einer ersten Kategorisierung.
 
Könnte vielleicht jemand ein paar Stichworte nennen, wie das geht? Dann könnte ich danach googeln.
Wie man Töne singend treffen lernt:
Lehrer singt Ton. Schüler soll den gleichen singen.
Lehrer zeigt mit einer Hand wie eine Waage, wo der eigene Ton sich befindet und mit der anderen Hand - wie eine Waage - wo sich der Ton des Schülers befindet. Ist er zu tief oder zu hoch, verändert der Schüler die Stimme und Lehrer zeigt analog an, wie die Höhe sich verändert. Bei Einklang sind beide Hände auf der gleichen Höhe.
Das braucht ein wenig Geduld, aber es funktioniert recht gut.
Später zeigt man dann Tonfolgen. Dann gleicht man Klaviertöne mit gesungenen Tönen ab, übt Intervalle zu hören und dann auch zu singen.
Wichtig ist ein kleinschrittiges Vorgehen, damit die Tonvorstellung und das, was die Stimmbänder daraus machen sich angleichen können.
 
(...mal kurz zur "guten" Mailadresse: das mit "student" und/oder kryptischer Alphanumerik ist längst nicht mehr überall so. Und wenn man nur 'mal Tutor war, bekommt man eine schicke Mailaddy wie die Erwachsenen.)
 
@mick
Nur ein dezenter Hinweis darauf, dass es hier mal um was anderes ging.
 
Zum Eingangsthema...

ich denke, die Sprachbarriere ist weniger relevant - das ist dann wie in Meisterkursen oder wenn ein internationaler Gastdirigent mit dem Orchester probt. In dem 1 Fall, an den ich mich persönlich erinnere, habe ich sehr langsam gesprochen mit guter Sprachmelodie und korrekter Grammatik (und ab und zu ein englisches Wort).

Ich war Erasmusianer und gehöre zur rigiden Fraktion, dass man die Landessprache halbwegs und idiomatisch erlernen soll, auch wenn im Job internationales Englisch gesprochen wird. Als Ex-Pat würde ich das für eine kulturelle Pflicht halten.

Das Manko scheint für mich "nur" das schlechte Hören zu sein und ein Stück weit die innere Einstellung zur Musik als Kunstform. "Bedeutet" Musik dem Klavierstudenten etwas?

Da gibt es ja viele schöne Haltungen. Für mich ist Musik eine Wahrheit (ja, ich bin altbacken kunstreligiös). Andere sehen Schönheit, Gefühle, Freude für andere Menschen...

Wie hält es dieser Student mit seiner Musik? Gerne auch Tastensport! aber dann ihm auch sagen, wo wirklich es fiese Stellen gibt, die er erstmal meistern soll...
 

Wie man Töne singend treffen lernt:
Lehrer singt Ton. Schüler soll den gleichen singen.
Lehrer zeigt mit einer Hand wie eine Waage, wo der eigene Ton sich befindet und mit der anderen Hand - wie eine Waage - wo sich der Ton des Schülers befindet. Ist er zu tief oder zu hoch, verändert der Schüler die Stimme und Lehrer zeigt analog an, wie die Höhe sich verändert. Bei Einklang sind beide Hände auf der gleichen Höhe.
Das braucht ein wenig Geduld, aber es funktioniert recht gut.
Später zeigt man dann Tonfolgen. Dann gleicht man Klaviertöne mit gesungenen Tönen ab, übt Intervalle zu hören und dann auch zu singen.
Wichtig ist ein kleinschrittiges Vorgehen, damit die Tonvorstellung und das, was die Stimmbänder daraus machen sich angleichen können.
Da gibt es eine, (meiner bescheidenen Meinung gute) App dazu. Earmaster. Da gibt es genau solche (und noch viel mehr) Übungen. Sogar unser Chorleiter hat eine deutliche Verbesserung bei mir bemerkt, schiebt es zwar auf den Klavierunterricht, ich glaube es ist aber auch viel die App
 
Zum Eingangsthema...

ich denke, die Sprachbarriere ist weniger relevant - ...
Ich dagegen denke, dass die Sprachbarriere überaus relevant ist. Hat er nicht den den künstlerisch-pädagogischen Studiengang gewählt? Pädagogik hat doch was mit Lehren/Unterrichten zu tun. Und das erfolgt nun mal hauptsächlich über die Sprache.
Auch wenn sein Lebensplan evtl. vorsieht, nie zu unterrichten, so sollten während des Studiums doch seine Fähigkeiten zur Wissensvermittlung im deutschen Sprachraum geprüft und beurteilt werden.
 

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