Mein asiatischer Klavierstudent

Nein, er hat fast in Panik gefragt, ob er denn weiterhin bei mir Unterricht haben könne. Glaubte wohl, ich wollte ihn wegen seiner mangelnden Deutschkenntnisse rauswerfen. Und ob er denn auch noch bei mir bleiben könne, wenn er noch künstlerisch Klavier studiert (übrigens nicht als Ersatz, sondern zusätzlich, was ich als Wunsch beachtlich finde.
Der Bursche ist schlau und bedient Dein Ego bzw. schmeichelt Dir. Woanders scheint er mehr Hürden für sich zu sehen.
 
Genau. Kennt man. Honig um den Bart, um Wohlwollen zu erreichen, und bei der nächstbesten Gelegenheit wird dann zum vermeintlich besseren Lehrer gewechselt. Unappetitlich, was so manche Studierende in dieser Hinsicht veranstalten. Muss auch gerade an weibliche Aufnahmeprüflinge (natürlich ordentlich aufgebrezelt) denken, die, wenn sie einem älteren Herrn in der Aufnahmeprüfungswoche unbekannterweise auf dem Flur begegnen, diesen arschfreundlich anlächeln und grüßen - könnte ja jemand sein, mit dem man gleich in der Prüfung zu tun hat...
 
@Stilblüte , mit Singen kannst Du ihn nicht verschrecken!!! Wenn das so wäre, dann wäre er im falschen Studium!
Und ich meine mit Singen nicht Lieder singen, sondern die Noten, die zu spielen sind.
Wenn das nicht geht, dann siehe oben.
Jeder kann singen, das tun wir bereits kurz nach der Geburt.

@hasenbein, @chopinfan, Ihr habt Recht, es gibt Leute, die so sind, aber Ihr habt überhaupt keine Ahnung, wie es sich in diesem Fall verhält!
Das kann man am Rechner nicht abschätzen, viel eher, aber auch dann nicht unbedingt, wenn man die Person leibhaftig kennt. Ich schätze Stilblüte als jemand ein, der das durchaus fühlt.
Schülern von vorneherein mit Vorurteilen zu begegnen ist in jedem Fall der falsche Weg!
Aufmerksam sein und in der Sache streng der richtige.
 
Meine Erfahrung an einer Musikhochschule hat mir leider gezeigt, dass asiatische Klavierstudenten oftmals einen sehr eingeschränkten Bildungsbegriff haben, der vermutlich aus einer völlig falschen Pädagogik ihres Herkunftslandes resultiert. Ein Beispiel: Bei einem Lied-Interpretationskurs, an dem ich mal teilgenommen habe, waren in der Mehrzahl asiatische Pianisten und Pianistinnen anwesend. Die Kursleiterin fragte alle Teilnehmer nach ihrer Einschätzung zu den Liedtexten. Von den ca. 4-5 Asiatinnen und Asiaten konnte niemand etwas dazu sagen. Die Kursleiterin verwies auf die Wichtigkeit der semantischen Ebene und darauf, dass es ja auch Übersetzungen der Texte gibt. Beim darauffolgenden Kurstermin hatte niemand die Aufgabe, sich den Text durchzulesen, umgesetzt. Einer sagte sogar noch, dass der Text ja nicht wichtig sei, weil die Musik schon alles ausdrückt.
Die Neugier, die so gut wie jedes Kind mitbringt, wenn es auf die Welt kommt, war diesen Menschen offenbar gründlich ausgetrieben worden.
 
Der Bursche ist schlau und bedient Dein Ego bzw. schmeichelt Dir. Woanders scheint er mehr Hürden für sich zu sehen.
Genau. Kennt man. Honig um den Bart, um Wohlwollen zu erreichen, und bei der nächstbesten Gelegenheit wird dann zum vermeintlich besseren Lehrer gewechselt. Unappetitlich, was so manche Studierende in dieser Hinsicht veranstalten. Muss auch gerade an weibliche Aufnahmeprüflinge (natürlich ordentlich aufgebrezelt) denken, die, wenn sie einem älteren Herrn in der Aufnahmeprüfungswoche unbekannterweise auf dem Flur begegnen, diesen arschfreundlich anlächeln und grüßen - könnte ja jemand sein, mit dem man gleich in der Prüfung zu tun hat...
Diese Unterstellung bzw. negative Einordnung (s)eines Verhaltens finde ich ehrlich gesagt befremdlich und auch traurig, denn es spricht ein recht feindliches Menschenbild daraus. Mir fallen dazu mehrere Dinge ein:

1) Ihr stellt es so dar, als sei sein Verhalten ein Fakt. Das könnt ihr aber gar nicht wissen. Solche Pauschalisierungen sorgen in der Politik regelmäßig für berechtigte Aufreger. Macht es doch bitte besser.

2) Wenn jemand sich so verhält - warum ist das negativ? Es ist normal, sich mit höhergestellten Personen, die subjektiv oder gar objektiv eine gewisse Macht über einen haben, gut zu stellen und nicht zu verärgern, freundlich zu sein und ihnen ein gutes Gefühl zu geben (übrigens auch niedriger gestellten...). Da gilt es natürlich einen guten Mittelweg zu finden. Aber übertriebene Schmeicheleien kommen (normalerweise) sowieso genauso schlecht an wie Unfreundlichkeit. Bei mir hat das tatsächlich bisher noch niemand versucht. Könnte daran liegen, dass ich mich ebenfalls meist sehr authentisch verhalte.

3) Was ist falsch daran, den Weg zu wählen, wo man die "wenigsten Hürden" für sich sieht? Das ist der absolut richtige und zielführende Weg. Würde ich jedem raten. Tatsächlich ist das sogar eine echte Begabung, denn bei den allermeisten Studierenden mangelt es daran, Chancen, Möglichkeiten, Gelegenheiten überhaupt erst zu erkennen - und dann oft noch am Mut, sie wahrzunehmen. Die Erfolgreichen zeichnen sich häufig durch eine besonders kluge Beobachtungs- und Handlungsgabe in dieser Hinsicht aus. Das resultiert dann bei weniger Handlungsklugen in kurzsichtigen Kommentaren wie "dem fliegt alles zu", oder "der hat so ein Glück" oder "dem wird immer geholfen". Ich halte es da mit einem meiner Lieblingszitate von Seneca: Glück ist, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft.

1. Improvisieren, was das Zeug hält
2. Transponieren, was das Zeug hält
3. Singen
4. Melodien nach Gehör spielen
5. Liedbegleitung
6. Musik und Bewegung
7. Blattspiel
8. Kammermusik
9. Alexandertechnik
10. Stückauswahl
11. Harmonielehre, Gehörbildung etc.

Danke, liebe chiarina, für diese schöne Ideensammlung! Ich werde darüber nachdenken und habe über manche der Vorschläge auch bereits nachgedacht. Spätestens in der Fachmethodik wird ihm vieles davon sowieso auch begegnen.
 
Genau. Kennt man. Honig um den Bart, um Wohlwollen zu erreichen, und bei der nächstbesten Gelegenheit wird dann zum vermeintlich besseren Lehrer gewechselt. Unappetitlich, was so manche Studierende in dieser Hinsicht veranstalten. Muss auch gerade an weibliche Aufnahmeprüflinge (natürlich ordentlich aufgebrezelt) denken, die, wenn sie einem älteren Herrn in der Aufnahmeprüfungswoche unbekannterweise auf dem Flur begegnen, diesen arschfreundlich anlächeln und grüßen - könnte ja jemand sein, mit dem man gleich in der Prüfung zu tun hat...
Diese Unterstellung bzw. negative Einordnung (s)eines Verhaltens finde ich ehrlich gesagt befremdlich und auch traurig, denn es spricht ein recht feindliches Menschenbild daraus.
So ist es, liebe Stilblüte, so sind solche Äußerungen einzuordnen.
Und auch hier besteht die Gefahr, dass der Faden "versaut" wird, wenn man darauf angemessen reagiert.
 
Diese Unterstellung bzw. negative Einordnung (s)eines Verhaltens finde ich ehrlich gesagt befremdlich und auch traurig, denn es spricht ein recht feindliches Menschenbild daraus.
Und auch hier besteht die Gefahr, dass der Faden "versaut" wird, wenn man darauf angemessen reagiert.
Man kanns vielleicht ja auch so sagen - mir jedenfalls fällt vor allem auch das dazu ein:

"Du gleichst dem Geist, den du begreifst,/Nicht mir!" (aus Goethe, Faust I).
 
Jeder kann singen, das tun wir bereits kurz nach der Geburt.
NEIN! Es gibt sehr musikalische Menschen, die sich jeden Ton centgenau vorstellen können und die es nicht schaffen genau diesen Ton - oder zuweilen auch nur etwas in der Nähe! - zu produzieren. Das muss noch nicht einmal an krankhaften Deformationen am Kehlkopf liegen. Zum Amusement meiner Schüler versuche ich mit meiner elendigen Gröhlstimme auch immer wieder etwas zu demonstrieren.
Ich habe selbst früher viel im Chor gesungen und halte das Singen für ein wichtiges Modell für melodische Linien und auch für viele Passagen auf dem Klavier (und allen anderen Instrumenten die definierte Töne hervorbringen), ABER ich glaube nicht an Ausschließlichkeit, mit der Singen als Grundlage ALLER Musik propagiert wird. Zudem verlangt das Klavier mit seinem diminuierenden Ton ein doch recht anderes Kantabile als das eines Sängers.
 
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Die gleiche Geschichte übrigens mit dem früher mal propagierten Slogan: "Es gibt keine unmusikalischen Kinder (oder wahlweise Menschen)!"
Natürlich gibt es die, und das ist auch kein Problem, solange man sie nicht zwingt ein Instrument (vorzugsweise das Klavier, das "Instrument der Unmusikalischen") zu lernen!
 
NEIN! Es gibt sehr musikalische Menschen, die sich jeden Ton centgenau vorstellen können und die es nicht schaffen genau diesen Ton - oder zuweilen auch nur etwas in der Nähe! - zu produzieren. Das muss noch nicht einmal an krankhaften Deformationen am Kehlkopf liegen.
Ich habe selbst früher viel im Chor gesungen und halte das Singen für ein wichtiges Modell für melodische Linien und auch für viele Passagen auf dem Klavier (und allen anderen Instrumenten die definierte Töne hervorbringen), aber ich glaube nicht an Ausschließlichkeit, mit der Singen als Grundlage ALLER Musik propagiert wird. Zudem verlangt das Klavier mit seinem diminuierenden Ton ein doch recht anderes Kantabile als das eines Sängers.
Das deckt sich vollkommen mit meinen Erfahrungen. Mir sind Menschen mit absolutem Gehör, die also jeden Ton sicher erkennen konnten, begegnet, die mit Singen Probleme hatten.
 
Die gleiche Geschichte übrigens mit dem früher mal propagierten Slogan: "Es gibt keine unmusikalischen Kinder (oder wahlweise Menschen)!"
Natürlich gibt es die, und das ist auch kein Problem, solange man sie nicht zwingt ein Instrument (vorzugsweise das Klavier, das "Instrument der Unmusikalischen") zu lernen!
So ist es.
Und genauso oder ähnlich ist mit Sport oder Zeichnen etc. .
Im Kunstunterrichtet sollten wir verschiedene Dinge abzeichnen, erst einfachere, dann komplexere wie Schneckenhäuser. Das war für mich ein mehr oder weniger unlösbares Problem und ich glaube nicht, dass mir da auch noch so guter Einzelunterricht spürbar geholfen hätte.
 
Die gleiche Geschichte übrigens mit dem früher mal propagierten Slogan: "Es gibt keine unmusikalischen Kinder (oder wahlweise Menschen)!"
Natürlich gibt es die, und das ist auch kein Problem, solange man sie nicht zwingt ein Instrument (vorzugsweise das Klavier, das "Instrument der Unmusikalischen") zu lernen!
Da widerspreche ich jetzt selbstbewusst. Es gibt nur wenige echte amusische Menschen. Aber die Definition was Musikalität ist kann man so spezifizieren, dass es es viele unmusikalische gibt. Es gibt aber unterschiedliche Ausprägung der Veranlagung und unterschiedliche Grade der Förderung.

Stefan Kölscht hat fMRT Studien dazu gemacht, mit Menschen die sich für völlig unmusikalisch hielten. Da Hirn hat auf Fehler in musikalischer „syntax“ regiert wie das von Musikern. Übrigens haben die Probanden im Anschluss angegeben dass ihnen nichts aufgefallen ist.

Sprache lebt ebenfalls von musikalischer Verarbeitungsleistung.

Ich würd das gern diskutieren, aber solange meine Arbeit nicht durch die Plagiatsprüfung ist halte ich den Schnabel.
 
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, mit Menschen die sich für völlig unmusikalisch hielte
Dass Selbsteinschätzung und Realität gerade auch bei 'Musikalität' zuweilen meilenweit auseinanderliegen hat schon ETA Hoffman ironisch beleuchtet!

 
Ich würde mir ja sehr wünschen, dass die Wirkung von Musik universell menschlich wäre!
Wenn es dafür Belege gäbe ....???
 
Dass Selbsteindchätzung und Realität gerade such bei 'Musikalität' zuweilen meilenweit auseinanderliegen hat schon ETA Hoffman ironisch beleuchtet!

Das streite ich nicht ab. Aber es lässt sich auf wenige Parameter reduzieren und an denen kann man nicht rütteln. Dazu zählen harmonische Fortschreitungen, Rhythmus etc. Wenn das gegeben ist lernt das Hirn die Gesetzmäßigkeiten von allein und belohnt sich damit selbst. Wie gut das ausgeprägte ist hängt von 2 Faktoren ab Gedächtnis und die Fähigkeit zur Prognose. Und die beiden Faktoren wiederum bedingen den grad der Möglichkeit einer Selbstbelohnung. Darin liegt dass es ein schrittweises aufbauen von Hörgewohnheiten braucht damit das Hirn dazu fähig ist und grundlegende Gesetzmäßigkeiten die Prognose ermöglichen.
 
Ich würde mir ja sehr wünschen, dass die Wirkung von Musik universell menschlich wäre!
Wenn es dafür Belege gäbe ....???
Dafür gibts meiner Meinung nach genug Beweise. Und einer ist das Bewusstsein. Das ist das um und auf warum echtes musizieren nur Menschen erfolgt. (Sofern Tiere keines haben). Und der zweite Beweis ist dass jeder Mensch diese Fähigkeit hat trotz Entwicklung der Sprache. Die Fähigkeit muss also einen Wert gehabt haben dass sie sich durchgesetzt hat, in allen Kulturen der Welt.
 
Das Hirn hat auf Fehler in musikalischer „syntax“ reagiert wie das von Musikern. Übrigens haben die Probanden im Anschluss angegeben dass ihnen nichts aufgefallen ist.
Interessant, dass denen das nicht aufgefallen ist.
Vielleicht ist ihnen "etwas" aufgefallen, aber sie haben es lieber verdrängt, da sie sich ja für unmusikalisch halten.

Was wir selbst von uns denken hat einen enormen Einfluss auf unsere Kommunikationsbeiträge ... frei nach dem Motto "wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten".

Wenn ich mich selbst für unmusikalisch halten würde, würde ich auch davor zurückschrecken, einen "Fehler" anzusprechen ... meine Unsicherheit darüber, ob das wirklich ein "Fehler" war, wäre dafür einfach zu groß und ich will mich ja nicht lächerlich machen. Vielleicht liegt es ja an meiner Amusikalität, dass ich es für einen Fehler gehalten habe.
 

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