Prägende Ereignisse mit den 'Alten':
Stefan Askenase in Essen, so um 1983. Mein erster Klavierabend überhaupt und gleich hat mich der Klang eines Konzertflügels in einem großen Saal auf immer süchtig gemacht.
Friedrich Gulda - Mehrfach in Köln gehört, noch in der Oper, als die Philharmonie noch nicht eröffnet war. Ein Mozart (KV576), den ich nie vergessen were. Danach viele Abende in der Kölner Philharmonie mit ihm, u.a. mit Chopins h-moll Sonate auf einem Imperial. Durchgerast und trotzdem mitreißend.
Vladimir Ashkenazy - zum ersten Mal in Duisburg mit Rachmaninoffs 4. Konzert und am Folgetag das große Glück, ein paar Stunden in seinem Hotel in Düsseldorf mit ihm zusammensitzen zu dürfen, Tiefsinniges und Anekdotisches, einfach herrlich. Danach noch mehrfach gehört; in Erinnerung blieb die Waldsteinsonate in Köln und die Prokofiev 8. Sonate in Bremen.
Vladimir Horowitz - Ich hatte zwar kein Geld, aber den mußte ich noch hören, also ab nach Mailand per Anhalter, eine Nacht an der Scala angestanden, mir den Arsch abgefroren, aber ich wurde belohnt mit einem Konzert, das im Nachhören immer noch Gänsehaut erzeugt. Ganz zu Anfang diese Scarlatti-Sonate K87, dessen erstes fis mir immer noch im Ohr ist und mich erschaudern läßt. Danach noch in Hamburg, Berlin, Amsterdam, Frankfurt und sein letzes Konzert in Hamburg. In Berlin habe ich durch Zufall Franz Mohr im Kempinski getroffen, lange mit ihm gesprochen und er nahm mich dann auch mit in die Philharmonie, wo er den Flügel für die letzte Probe vor dem Konzert vorbereitete und dabe eine Anekdote nach der anderen erzählte. Und mich abschlißend tatsächlich auf dem legendären Flügel spielen ließ.
Sviatoslav Richter - die bescheidene pianistische Urgewalt, zum ersten Mal im Bahnhof Rolandseck mit u.a. Diabelli Variationen. Danach war ich ihm verfallen und bin ihm geradezu hinterhergepilgert. Köln, Düsseldorf, Bonn, Gütersloh, Eindhoven, Schliersee, Salzburg, Gmunden, Wels, Krems. Nicht immer der treffsicherste, aber es waren doch Sternstunden dabei, die ich nie vergessen werde: Liszt-Etüden in Köln, Haydn As-Dur Sonate in Krems (Das war geradezu eine Séance in diesem Kloster), Beethoven Op. 54 in Schliersee. Er war der Grund, warum ich mir von meinem ersten Gehalt tatsächlich einen gebrauchten Yamaha CF-IIIS gekauft habe.
Arturo Benedetti Michelangeli - Was für ein Erlebnis, ihn zum ersten Mal in Köln zu hören. Ein monumentales Programm mit Chopins 2. Sonate, Debussy Images, Ravel Valses Nobles und Gaspard de la Nuit. Den wohl schönsten Flügel, den ich jemals gehört habe und Klangwolken in Ondine, die einfach nicht aufhören wollten. Danach noch zweimal in Bordeaux gehört, wo er zwei Benefizkonzerte für Flutopfer in Nantes spielte und im zweiten Konzert während Debussys Ondine aus den Preludes innehielt, nach seiner Assistentin rief und von der Bühne geleitet wurde und danach sofort wg. Aneurisma notoperiert wurde. Danach noch einmal in München mit Ravel Konzert unter Celibidache, dem er noch ein Geburtstagsständchen spielte: Man karrte ein großes Sofa auf die Bühne direkt neben dem Flügel und Celibidache durfte Reflets dans l'eau genießen.
Yevgeny Kissin - Ein sehr kurzfristig zusammengenageltes Einspringerkonzert für den erkrankten Andre Watts auf den Salzburger Festspielen. Der damals 14jährige spielte Bach/Kempff Siciliano, Chopin f-moll Fantasie und Liszt Spanische Rhapsodie. Letzteres hat sich in mein inneres Gehör als etwas Unfassbares eingebrannt. Dass er heute immer noch auf dem Niveau spielt ist herrlich und dass er sich nun endgültig von seinem früheren Umfeld emanzipiert hat, verheiratet ist und deutlich weniger neurotisch wirkt, ist ein Glücksfall.
Igor Zhukov - Ich hatte das große Glück, mit ihm zusammenzuarbeiten und habe ihn dadurch sehr oft gehört. Sternstunden mit sämtlichen Scriabin-Sonaten, Ravels La Valse, Bachs Passcaglia, Chopin h-moll, Saint-Saens 2. KK. Monumentaler Klang ohne den Flügel zu zerdeppern - und ein wahnsinnig lieber Mensch.
Claudio Arrau - mehrfach, u.a. mit einer hinreißenden Dante-Sonate.
Martha Argerich - U.a. mit Liszt 2. Klavierkonzert, das sie tatsächlich nur ein einziges Mal öffentlich gespielt hat.
Grigory Sokolov - Auch dem bin ich fast schon hinterhergepilgert. Unvergessen der Abend mit Rameau Suite und Brahms 1. Sonate.
Yvonne Loriod - Eine Sternstunde mit den Vingt Régards in Anwesenheit des Komponisten. Eine Urgewalt mit wallendem Gewand und einem Klavierspiel, das den Imperial fast zu Fall brachte. Einzigartig.
Arcady Volodos, Rudolf Buchbinder, Maurizio Pollini, Radu Lupu, Alfred Brendel, Tatjana Nikolajeva, Viktoria Postnikova, Ivo Pogorelich, Jorge Bolet, Tzimon Barto, Myeczyslaw Horszowski, Andrej Gavrilov, Murray Perahia, Valery Afanassiev, Krystian Zimerman, Mitsuko Uchida (Debussy Etüden!), Lazar Berman, Olli Mustonen, Marc-André Hamelin und noch viele andere.
Es schmerzt mich, Rudolf Serkin und Emil Gilels verpasst zu haben, ebenso wie Alicia de Larrocha, aber ansonsten schaue ich auf ein erfülltes Leben als Pianophiler zurück und freue auch heute noch über Entdeckungen. Pierre Laurent Aimard ist eine solche, ebenso Igor Levit, Frederic Rzewski, Konstantin Lifshits, Kit Armstrong.
Shameless Plug:
Hier kann man einige der vorgenannten Konzerte nachhören, z.B. Richter, Argerich, Bolet, Gulda, Michelangeli.