Ich bin mal neugierig, was verdient ein Pianist?

@Sven:
Wirke ich echt so ernst bei dem, was ich sonst so schreibe?
 
Ich schätze er ist Festangesteller in einem Berufsorchester in öffentlicher Trägerschaft mit Tarifvertrag des DOV. Für freiberuflich tätige sieht die Welt anders aus: Freiberuflich Tätige in der Spart Musik
Es wird nicht besser, wenn ein Musikrat jetzt auch noch auf KSK Daten zurückgreift.
Dieses offizielle - sicherlich unbestritten rechtlich zulässig ! - Einkommen kann ja auch vom Künstler kleingerechnet sein. Oder ist KSK-Abgaben - frei : Honorare, die an Privatpersonen gehen ( bei mir: zB für eine Einzel-Gage von 1.300 Euro) brauchen dort keine Abgabe.
Die gravierende Differenz zwischen den ( extrem kleinen) KSK Daten und den Empfehlungen von ver.di ist schon dem Bayer. Tonkünstlerverband aufgefallen. https://www.dtkvbayern.de/images/PDFs/downloads/Flyer/2019-07-TKVB_Honorarumfrage-Mail.pdf

Mein KL hat eine von mir vorgetragene Empfehlung zur Erhöhung seines Monatsbetrages gemäß Tonkünstlerverband abgelehnt. Es bleibt bei seiner recht niedrigen Pauschale von 120 Euro / Monat für 45 min/ Woche, durchgehend bezahlt.
Er hat ne Familie, eine geniale riesige Altbauwohung in absolut zentraler Citylage mit traumhaften Blick, einen Flügel, ein Piano, ein E-Piano, weitere Instrumente. Die Familie lebt ganz normal, samt Urlaube. Ikea Billy habe ich auch, ist kein Prekariatskriterium.
 
Also verdient seine Frau gut.

Oder er hat reiche Eltern. Ich kenne gleich mehrere Kollegen, die dadurch trotz mäßiger Auftragslage ausgesprochen komfortabel leben.
 
Also verdient seine Frau gut.

Oder er hat reiche Eltern. Ich kenne gleich mehrere Kollegen, die dadurch trotz mäßiger Auftragslage ausgesprochen komfortabel leben.
Höre ich da Neid raus ? Der/die/das Bessere ist halt des Guten Feind.

Mäßige Auftragslage ? Scheint nicht zu sein.

München im September 2021 ist voll von Live-Events ,sowohl HighEnd als auch Mittelklasse und Kleinkunst. Nur der Musikwettbewerb der ARD ist teils (Violine, Gesang) noch ohne Publikum, nur virtuell. Gut, die Wies´n fällt auch noch aus.
Bei uns aufm Land , Großraum München, sind gerade Gigs in Biergärten der absolute Renner. Die Wirte und Musiker sind superzufrieden. Alles ausgebucht.
Mein KL hat u.a. (da bin ich auch eingeladen) ´nen Abend in ner Bank.
Check: Die Auftragsbücher von "Event-Pianisten" scheinen voll zu sein "buchen Sie schnell, nur noch wenige Termine 2021 verfügbar". Klar gibt es ebay Kleinanzeigen Angebote 4h für 400 Euro pauschal incl. Anfahrt , aber das sind halt dann zB irgendwelche ehemaligen Musikstudenten mit Pflicht- oder Nebenfach Klavier. Jedenfalls nicht qualifiziert, zB durch Konzertexamen.
 
Bevor hier eine naiv-rosige Illusion entsteht: In der Erwartung, sich allein von der Konzertpianistentätigkeit ernähren zu können, stürzt man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in einen Abgrund.
Ein Hochschullehrer hat folgende Rechnung aufgemacht: Der übliche Weg führt über einen Preis bei einem der großen Wettbewerbe. Das sind ungefähr weltweit 90 renommierte Wettbewerbe. Jeweils 3 Preisträger, das macht pro Jahr 270 neue Anwärter. Jeder möchte 100 Konzerte pro Jahr geben, das macht 27.000 Konzerte. Und dann sind da noch die anderen Jahrgänge. Bei 30 aktiven Jahrgängen wären das 810.000 Konzerte. Die Rechnung kann nicht aufgehen.
 
Man sehe sich auch das Fazit der von Klaus60 erwähnten Honorarumfrage an, die sich allerdings auf freiberufliche Musikpädagoginnen bezieht inkl. Konzerttätigkeit:

"5. Fazit Die Zahlen sind alarmierend. Qualitativ hochwertige Arbeit muss angemessen honoriert werden. Um künftige Tendenzen besser einschätzen zu können, wird der Tonkünstlerverband Bayern ab jetzt regelmäßig solche Umfragen durchführen, nur so kann sich der Verband bei seiner Arbeit auf verlässliche Daten stützen. Ergebnis dieser Auswertung ist auch, dass die Wertschätzung für die geleistete Arbeit und die hochqualifizierte Ausbildung unserer Mitglieder noch wesentlich deutlicher nach außen dargestellt werden muss. Qualifizierter Musikunterricht muss etwas kosten dürfen. Es ist notwendig, bei Eltern und MusikschülerInnen das Bewusstsein dafür zu schaffen. Es ist aber auch notwendig, die freiberuflichen MusikpädagogInnen bei ihrer Kostenrechnung und der Selbstvermarktung an die Hand zu nehmen und ihnen Unterstützung in Form von Kostenrechnungen und Checklisten zu geben. Zu guter Letzt zeigt uns diese Auswertung auch die Notwendigkeit auf, politisch noch intensiver tätig werden zu müssen. Die Ergebnisse zeigen einen prekären finanziellen Zustand unserer freiberuflichen MusikpädagogInnen. Eine große Anzahl unserer Mitglieder sind unzureichend sozial abgesichert. Altersarmut – ein Problem der Zukunft unserer freiberuflichen MusikpädagogInnen? Es fehlt an einer präventiven und ganzheitlichen Gestaltung der gesetzlichen Rente."
 
So mal am Rande - in der DDR hab ich so über die KGD (Konzert und Gastspieldirektion) so zwischen 1700 und 2800 Mark verdient.

Allerdings konnte ich mir nicht aussuchen, wo und was ich spiele.

Die Zeiten sind allerdings auch schon eine Weile vorbei.

Wenn ich heutzutage mal einen Auftrag für eine Feier oder sonst eine Veranstaltung habe, liegt das Pauschalhonorar so zwischen 300 und 500 € den Abend.

Entsprechende Aufträge sind allerdings sehr selten geworden.

In einem Hotelrestaurant hat man mir mal angeboten für 5 Abende die Woche für 430 € zu spielen - habe ich abgelehnt, dann spiel ich doch lieber umsonst für Getränke und Essen frei.

Es gibt heute kaum noch Bedarf an Tanz und Unterhaltungspianisten.

Aber den klassischen Pianisten geht es in der Hinsicht noch dreckiger.

In sofern bin ich froh, daß man mich damals genötigt hat, einen Handwerksberuf zu ergreifen, bevor man mich an der Musikschule zu läßt.

Und ehrlich gesagt, ist es für mich auch viel entspannender Klaviere wieder daher zu richten, als jeden Abend 6 h in Gasthäusern zu spielen.
 

Wie? Und dieses tolle Angebot hast Du abgelehnt?
:005:

Weißt du zufällig, was die den ganzen Tag rauchen oder einwerfen?
Das würd ich auch mal gerne probieren :blöd:
 
Das sind ja grauenerregend miserable Zahlen !! Die darf ich doch hoffentlich nicht als repräsentativ ansehen müssen, sondern "nur" als Aufzählung der Unverschämtheitsgipfel, von denen ihr je gehört habt..... (?)
 
So mal am Rande - in der DDR hab ich so über die KGD (Konzert und Gastspieldirektion) so zwischen 1700 und 2800 Mark verdient.

Allerdings konnte ich mir nicht aussuchen, wo und was ich spiele.

Die Zeiten sind allerdings auch schon eine Weile vorbei.

Wenn ich heutzutage mal einen Auftrag für eine Feier oder sonst eine Veranstaltung habe, liegt das Pauschalhonorar so zwischen 300 und 500 € den Abend.

Entsprechende Aufträge sind allerdings sehr selten geworden.

In einem Hotelrestaurant hat man mir mal angeboten für 5 Abende die Woche für 430 € zu spielen - habe ich abgelehnt, dann spiel ich doch lieber umsonst für Getränke und Essen frei.

Es gibt heute kaum noch Bedarf an Tanz und Unterhaltungspianisten.

Aber den klassischen Pianisten geht es in der Hinsicht noch dreckiger.

In sofern bin ich froh, daß man mich damals genötigt hat, einen Handwerksberuf zu ergreifen, bevor man mich an der Musikschule zu läßt.

Und ehrlich gesagt, ist es für mich auch viel entspannender Klaviere wieder daher zu richten, als jeden Abend 6 h in Gasthäusern zu spielen.
Alleine bei Feiern oder im Hotel Klavier zu spielen ist aber auch so ziemlich das Langweiligste, Deprimierendste und auch Überflüssigste, was man als Musiker so machen kann.
 
Bevor hier eine naiv-rosige Illusion entsteht: In der Erwartung, sich allein von der Konzertpianistentätigkeit ernähren zu können, stürzt man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in einen Abgrund.
Ein Hochschullehrer hat folgende Rechnung aufgemacht: Der übliche Weg führt über einen Preis bei einem der großen Wettbewerbe. Das sind ungefähr weltweit 90 renommierte Wettbewerbe. Jeweils 3 Preisträger, das macht pro Jahr 270 neue Anwärter. Jeder möchte 100 Konzerte pro Jahr geben, das macht 27.000 Konzerte. Und dann sind da noch die anderen Jahrgänge. Bei 30 aktiven Jahrgängen wären das 810.000 Konzerte. Die Rechnung kann nicht aufgehen.
Das ist richtig: diese Rechnung kann nicht aufgehen.
Aber so läuft's ja auch nicht. Selbst einen der großen Wettbewerbe zu gewinnen (vielleicht mit Ausnahme von Tschaikowski und Chopin), bedeutet noch keine Karriere-GARANTIE. Dazu gehören nämlich noch weitere Fähigkeiten über die grandiose Spiel- und Interpretationsfähigkeit hinaus (ohne die ein Preis ja gar nicht erst erworben wird - von "ungerechten" Preiszuerkennungen, die es immer wieder auch gibt, einmal abgesehen; denn das ist ein anderes Thema).
Ich zähle ein paar wichtige Fähigkeiten auf, eine Liste, die in diesem Forum sicherlich noch reichlich erweitert und für ambitionierte Solisten gewinnbringend ergänzt werden kann:

1) Wenn der Wettbewerbspreis aus einem Geldbetrag + einigen Konzertverpflichtungen besteht, dann droht die Gefahr, dass nach den Konzerten "alles vorbei ist", heißt: keine weitere Karriere.
Wenn der/die Preisträger/in aber von einem Manager angesprochen wird, sieht die Sache - möglicherweise - schon erfolgversprechender aus: es "erfolgen" weitere Schritte, im besten Falle immer wieder und wieder.
Allerdings habe ich das Wort "möglicherweise" eingeschoben, denn der Manager, der den/die Preisgekrönte/n anspricht, kann sich auf Dauer als Niete entpuppen.
Worauf ich hinaus will: selbst unter der glänzenden Ausgangssituation eines soeben gewonnenen Wettbewerbs ist die Fähigkeit fast unverzichtbar, seine soeben erworbene starke Position so glänzend wie nur irgend möglich einzubringen.
Das bedeutet: nicht nur überrascht + beglückt auf das Angesprochen-Werden durch einen Manager reagieren, sondern - gerade in dieser Situation - nicht devot-dankbar jeden vorgelegten Vertrag unterschreiben, sondern selber die vorteilhaftesten Bedingungen, und diese für einen möglichst langen Zeitraum, im Vertrag aushandeln.
Das wiederum bedeutet: für eine gut funktionierende Karriere bedarf es möglichst umfassender Vertragskenntnisse und Vertragsmöglichkeiten (und diese bitte nicht erst nach dem Wettbewerb sich aneignen), brilliantes Klavierspiel allein reicht in den allermeisten Fällen einfach nicht aus.
Dabei überrascht mich immer wieder: sensationell Klavier spielen zu können, ist bekanntlich nicht allen erreichbar. Sich aber in die wirtschaftlichen Begleitumstände einer gut funktionierenden Solokarriere hineinzuarbeiten, ist schlicht und einfach jedem möglich. Jedoch: ES TUT FAST NIEMAND !!!!!
Das bedeutet aber umgekehrt auch eine große Chance für die wenigen glänzenden Pianistinnen und Pianisten, die sich damit beschäftigen....
2) Zusätzlich zu dem Wissen, was im gegebenen Fall aushandelbar ist, gehört (ganz, ganz wichtig !) die Fähigkeit, Menschen für sich zu gewinnen. Denn was nützen mir Vertragskenntnisse, wenn ich versuche, diese ohne Einfühlungsvermögen für mein Gegenüber, ohne Interesse an dessen Arbeit und ohne Charme auszuhandeln? Man gewinnt bekanntlich Menschen am leichtesten für sich und seine eigenen Ambitionen, wenn man zunächst Interesse an DEREN Arbeitsfeld signalisiert. Allerdings sollte dieses Interesse EHRLICH sein, denn ein gutes Künstler-Manager-Verhältnis kann nur im Sinne einer Teamarbeit funktionieren.
Sich eingehend zu beschäftigen mit diesen zwischenmenschlichen Phänomenen, mit der "Technik" (scheußliches Wort in diesem Zusammenhang) einer gewinnenden Gesprächsführung und unbedingt mit der eigenen Wirkung auf andere (gewinnende Seiten/irritierende Angewohnheiten) ist mMn äußerst wertvoll, wenn man eine gut und DAUERHAFT funktionierende Solokarriere anstrebt. Schaden tut es auf jeden Fall nichts.
3) Zu allem, allem, allem bedarf es immer wieder auch des ....... GLÜCKS
 

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