Die Preise macht doch jeder (freiberufliche) Musiklehrer selber. Oder nimmt einen (´tschuldigung) dämlichen Vertrag einer Musikschule an .
Warum gehen die KL nicht mit den "ver.di" 170 Euro pro Monat pro 45min (samt bezahlten Schulferien) rein ? Angst, Schüler zu verlieren ? Vielleicht schauen die Eltern dann kritischer auf die eventuell sehr lauen Ergebnisse, die mehr eine Kinderbespaßungsstunde als denn Unterricht sind ?
Ein Premiumsegment muß marketingtechnisch auch rausgearbeitet werden. Mein KL preist sich nicht als KL an ( wird nur ganz unten auf der Homepage auch noch erwähnt). Sondern stellt dort seine (nicht nur Klavier-)Eigenkompositionen vor, seine Auftritte, Presseartikel, kommende Events, verlinkt Youtoube Videos von von ihm eingespielten klassischen Stücken. Und er ist lokal gut vernetzt.
Lieber Klaus60,
natürlich kann man als freiberuflicher Instrumentalpädagoge und Pianist/Künstler170€ für 45 Minuten nehmen, das wäre sehr wünschenswert. Fragt sich, wieviel potentielle Schüler kommen oder ob nicht gähnende Leere herrscht. :D Es gibt m.E, zwei Aspekte, die solche Preise erschweren bzw. verhindern:
1. die Konkurrenz auf dem Markt, speziell zu den subventionierten Musikschulen.
Musikschulen können wegen der Subventionen oft die gleiche Leistung für 80-90€ anbieten. Das ist gut, denn nicht jede Familie kann sich teuren Instrumentalunterricht leisten (Instrumentalunterricht sollte nicht zum elitären Statussymbol verkommen, auch wenn dies leider dem nahe kommt). Es ist zwar durchaus auch eine Sache der Prioritäten, aber warum sollte eine Familie Privatunterricht bezahlen, wenn sie an der Musikschule von ebenfalls qualifizierten Fachkräften sehr viel weniger bezahlen muss? Da müssen viele Vorteile gegenüber der Musikschule zusammenkommen, damit der Privatunterricht trotz der höheren Kosten gewählt wird. Das können sein: besseres Unterrichtsinstrument, flexiblere Unterrichtszeiten, flexiblere Unterrichtsangebote wie Einzelstunden etc., individuellere Betreuung, mehr Freiheiten für den Lehrer, die auch den Schülern zugute kommen, persönlichere Unterrichtsatmosphäre, Unterricht beim Schüler zu Hause, besondere Qualifikation des Lehrers u.a..
Von den vielen privaten Klavierlehrern, die zu Dumpingpreisen (60€ monatlich oder 10€ pro Unterrichtsstunde) rede ich gar nicht. Die Berufsbezeichnung "Klavierlehrer" wie auch "Pianist" ist nicht geschützt.
Musikschulen haben oft lange Wartelisten, gerade bei Klavierunterricht. Bei anderen Instrumenten sieht es deutlich schlechter aus. Der Wunsch nach Klavierunterricht ist also da, aber Eltern wollen auch noch in Urlaub fahren können u.a. und setzen sich verständlicherweise ein Budget für die Hobbies ihrer Kinder.
2. Arm bleibt oft arm, weil es weniger Profilierungsmöglichkeiten gibt.
Musikstudenten und die, die gerade ihren Abschluss gemacht haben, haben in der Regel wenig Geld. Wenn sie freiberuflich arbeiten wollen, weil sie keine Lust auf die miserabel bezahlten Honorarverträge an Musikschulen haben, weil sie selbst entscheiden wollen, wie und wieviel Unterricht sie anbieten und keine 11 Schüler a 25 Minuten hintereinander unterrichten wollen ... , brauchen sie einen Unterrichtsraum und die Möglichkeit, dort mehrere Stunden hintereinander zu unterrichten (Stichwort Lärmbelästigung).
Das ist sehr schwierig. Ein Einfamilienhaus zu kaufen oder zu mieten können sie sich nicht leisten. Gewerbeflächen dürfen sie nicht mieten, also bleibt nur eine Wohnung, in der es viele, viele glückliche Nachbarn gibt, die verständlicherweise keine Lust haben, jeden Tag über viele Stunden Klavierunterricht zu lauschen. Es ist auch gesetzlich nicht erlaubt.
Also mieten sie sich irgendwo einen teuren Raum oder unterrichten am E-Piano in der eigenen Wohnung oder fahren zu den Schülern um zu unterrichten. Wenn sie Glück haben, erwischen sie ein Zimmer in einem Musikerhaus.
Das alles ist leider nicht geeignet, um 170€ monatlich für 45 Minuten wöchentlich außerhalb der Schulferien und gesetzlichen Feiertage zu nehmen. So kann man sich nicht vom Angebot der subventionierten Musikschulen absetzen und profilieren.
Glücklich sind die, deren Eltern Geld haben, deren Partner gut verdient, die geerbt haben o.ä.. Die können sich nämlich ein Einfamilienhaus leisten oder eine tolle Wohnung, in der sie üben und unterrichten können. Die können sich auch ein sehr gutes Unterrichtsinstrument leisten. Und schon steigt das Ambiente und Schüler sind bereit, dafür mehr zu zahlen. Deshalb hat
@hasenbein durchaus recht mit seiner Bemerkung.
Wie kommen wir aus der Misere wieder heraus? Das von mir zitierte Fazit hat es meiner Meinung gut auf den Punkt gebracht. Und auch die Aspekte, die
@satiata nannte, sind sehr wichtig. Marketing, Kommunikation, betriebswirtschaftliche Kenntnisse, genaue Kenntnis und Vermarktung seiner Stärken und dem, was uns absetzt von der Konkurrenz - da ist meiner Meinung nach vieles im Argen!
Dein Klavierlehrer hat es offensichtlich geschafft. Aus völlig eigener Kraft ohne Geld im Hintergrund höchstwahrscheinlich nicht, aber immerhin hat er sich jetzt gut positioniert.
Liebe Grüße
chiarina