Der aktuelle Klavierlehrer-Markt

So einen Stundenplan hätte ich in meiner Kindheit als absolute Tortur empfunden. 8:00-20:00 ... alles voll ... an 6 Tagen pro Woche.
Wo soll man denn da noch Kind sein bitte?
… und es gibt Kinder, die für diesen Input dankbar sind. Die werden dann vielleicht keine Weltklasse-Pianisten (was ja durchaus zu verschmerzen ist), aber sie sind wahrscheinlich breiter aufgestellt als mancher Schmalspurpianist.
 
Mir gings mehr um diese Fülle und die dafür leider notwendige Zeitverdichtung.
Breit aufgestellt zu sein, schadet sicherlich nicht ... aber das haben viele auch schon geschafft, ohne von morgens bis abends von irgendwelchen Trainern und Lehrkräften beackert zu werden.

Ich bin zum Spielen in Wäldern herumgeturnt ... und ich sage dir, dass ich dabei auch eine ganze Menge gelernt habe, von dem ich bis heute profitiere. Ich war nie in einem Sportverein, habe aber früher jeden Weg mit dem Skateboard oder Fahrrad bewältigt und auf dem Skateboard eigentlich mehr Zeit verbracht, als zu Fuß. Ich habe auch ohne Verein nicht wenig Sport getrieben.
Ich hatte ebenfalls einen vollen Tag. Schule bis um 16:00 ... aber dann war Freizeit angesagt. Diese verbrachte ich mit Freunden und damit, gemeinsam die Welt zu erkunden. Das war (nahezu) kostenlos.

Ist sowas heute noch möglich? ... lassen Eltern und Peergroup das denn überhaupt noch zu?
Oder ist einfach nichts gut, was nix kostet?
 
… und es gibt Kinder, die für diesen Input dankbar sind. Die werden dann vielleicht keine Weltklasse-Pianisten (was ja durchaus zu verschmerzen ist), aber sie sind wahrscheinlich breiter aufgestellt als mancher Schmalspurpianist.
Das Problem ist doch nicht, dass die keine Weltklasse-Pianisten werden.

Sondern dass immer weniger junge Menschen in diesem Land ein Instrument auf wirklich professionellem Niveau spielen können!
 
Sondern dass immer weniger junge Menschen in diesem Land ein Instrument auf wirklich professionellem Niveau spielen können!
Schrecklich ... da muss doch mal irgendwer irgendwas dagegen tun.
Vielleicht staatliche Förderung für Klavierschüler ... damit sich wieder etwas mehr den Klavierunterricht leisten können?
Oder für die Klavierlehrkräfte, damit die den Unterricht günstiger anbieten können?

Wenn es Leute gibt, die aufgrund ihrer finanziellen Lage auf gutes Fressen verzichten, muss man sich nicht wundern, wenn "Luxus" nicht gerade Hochkonjunktur hat.
Und Ja! Für viele ist es Luxus, ein Instrument erlernen zu können ... und das war es auch schon immer (eventuell fällt das in eurer Bubble nur nicht so auf).
 
Hä? Ich habe doch schon geschrieben, woran es liegt - nicht daran, dass sich die geeigneten Kandidaten keinen Unterricht leisten können, sondern daran, dass die sich nicht hinreichend auf ihr Hauptinstrument konzentrieren, sondern sich in vielerlei Interessen und Engagements verzetteln!

Da zeigt sich übrigens auch, dass es NICHT an Zeitmangel (durch zu viel Schule oder so) liegt, sondern daran, dass die sehr wohl vorhandene Zeit auf zu viele verschiedene Dinge verteilt wird.
 
Da zeigt sich übrigens auch, dass es NICHT an Zeitmangel (durch zu viel Schule oder so) liegt, sondern daran, dass die sehr wohl vorhandene Zeit auf zu viele verschiedene Dinge verteilt wird.
Mal nur auf Musik bezogen: Was spricht denn dagegen, ein Hauptinstrument zu spielen, mit diesem im Orchester und/oder in einer Band zu spielen und nebenbei noch im Chor zu singen und ggf. noch ein zweites Instrument zu erlernen? Das führt doch zu einer musikalisch umfassend gebildeten Persönlichkeit.
 
Ja klar, immer gerne - aber nur, wenn dabei genug Zeit übrig bleibt, um das Hauptinstrument auch tatsächlich auf Hauptinstrument-Niveau zu betreiben. Genau das ist aber allzu oft nicht der Fall. Wenn "SVA"-Lehrer ("Studienvorbereitende Ausbildung") ihre Schüler fragen, wie viel sie denn täglich auf ihrem Hauptinstrument üben, kommen oft erschütternde Zahlenwerte ans Tageslicht. Kein Wunder, dass Aufnahmeprüflinge aus anderen Ländern meist haushoch überlegen sind.
 
Wieviel Zeit täglich sollte denn Deiner Meinung nach dem Hauptinstrument gewidmet werden?
 
Deutlich mehr, als 45-60 Minuten pro Woche*, würde ich mal annehmen.

Ich übe in etwa eine Stunde täglich Klavier verbringe aber insgesamt jeden Tag viele Stunden mit meinen Instrumenten. Die griffbereite Stromgitarre wird momentan natürlich öfter gespielt, als das weit entfernter Digi oder das deutlich lautere Klavier.

Mein Hauptinstrument ist eher die (E-) Gitarre ... daher passt das ... wenn ich Spass dran habe, übe ich auch mal 2 oder 3 Stunden am Tag nur Gitarre ... manchmal improvisiere ich aber auch nur vor mich hin (bisschen Fingerchen bewegen und so). Das übt auch ... obwohl es ja eigentlich keine Übungen sind.
Aber ich kann mich in der gleichen Weise auch Stunden lang mit dem Klavier beschäftigen, wenn mich irgendwas packt.

*) je nach dem, wie lang die Unterrichtsstunde ist.
 
Das ist ja ein spannendes Thema!

Die Frage, was ihr als Übezeit von euren Schülern erwartet, finde ich auch interessant.

@hasenbein: Was ist für dich professionelles Niveau? Wäre das für Klavier der Oberstufenabschluss nach 10 Jahren?
 
Das ist ja ein spannendes Thema!

Die Frage, was ihr als Übezeit von euren Schülern erwartet, finde ich auch interessant.

@hasenbein: Was ist für dich professionelles Niveau? Wäre das für Klavier der Oberstufenabschluss nach 10 Jahren?
Was ist denn bitte ein Oberstufenabschluss nach 10 Jahren?
Bei uns gibt es entweder G8 (12 Schuljahre) oder G9 (13 Schuljahre), dann hat man die Oberstufe abgeschlossen.
 

… und es gibt Kinder, die für diesen Input dankbar sind.
Man sollte nie vergessen, dass es schlicht verschiedene Kinder mit verschiedenen Bedürfnissen gibt. Die einen haben es gerne ruhig, die anderen brauchen Action - auch "kognitive Action" - den ganzen Tag.
Wer verschiedene Dinge ausprobieren darf, lernt dabei auch viel über sich selbst.
Die einen sind im Verein glücklich, die anderen eher alleine in der freien Natur.
Ich muss allerdings sagen, dass ein Teamsport bzw. eine Beteiligung in einem musikalischen Ensemble gleich welcher Art durchaus ein gutes Training für das Leben ist.
 
Was ist denn bitte ein Oberstufenabschluss nach 10 Jahren?
Bei uns gibt es entweder G8 (12 Schuljahre) oder G9 (13 Schuljahre), dann hat man die Oberstufe abgeschlossen.

Ich hab mich mit der Oberstufe auf den Strukturplan des Verbandes deutscher Musikschulen bezogen.
Den findest du hier: https://www.musikschulen.de/musikschulen/strukturplan/index.html

Das Niveau im Unterricht wird dort in Unterstufe I, Unterstufe II, Mittelstufe I, Mittelstufe II und Oberstufe eingeteilt. Ich (bin aber nur Laie, also bitte korrigiert mich, wenn ich da Falsches erzähle) kenne es so, dass man den Oberstufen-Abschluss nach ca. 10 Jahren Unterricht erreicht und dass der Oberstufen-Abschluss vom fachlichen Können ein musikalisches Studium ermöglicht. Wer also den Oberstufen-Abschluss in der Musikschule erreicht hat, hat das Spiel "Musikschule" erfolgreich "durchgespielt" und darf ins nächste Level Musikhochschule aufsteigen :-D
 
Die einen haben es gerne ruhig, die anderen brauchen Action - auch "kognitive Action" - den ganzen Tag.
Ruhig war es bei uns auch nie und es gab eine ganze Menge auch kognitive Action.
Wir haben das nur einfach nicht mit vertraglichen Verpflichtungen verbunden ... und das scheint mir der maßgebliche Unterschied zu heute zu sein.
 
Ich hab mich mit der Oberstufe auf den Strukturplan des Verbandes deutscher Musikschulen bezogen.
Den findest du hier: https://www.musikschulen.de/musikschulen/strukturplan/index.html

Das Niveau im Unterricht wird dort in Unterstufe I, Unterstufe II, Mittelstufe I, Mittelstufe II und Oberstufe eingeteilt. Ich (bin aber nur Laie, also bitte korrigiert mich, wenn ich da Falsches erzähle) kenne es so, dass man den Oberstufen-Abschluss nach ca. 10 Jahren Unterricht erreicht und dass der Oberstufen-Abschluss vom fachlichen Können ein musikalisches Studium ermöglicht. Wer also den Oberstufen-Abschluss in der Musikschule erreicht hat, hat das Spiel "Musikschule" erfolgreich "durchgespielt" und darf ins nächste Level Musikhochschule aufsteigen n
Höre ich echt das erste mal, dass es da Abschlüsse bzw. Stufen gibt. Das muss dann wohl neu sein. Zumindest bei mir gab es das damals nicht.
Wie muss man sich das vorstellen? Macht man dann Prüfungen?
 
Höre ich echt das erste mal, dass es da Abschlüsse bzw. Stufen gibt. Das muss dann wohl neu sein. Zumindest bei mir gab es das damals nicht.
Wie muss man sich das vorstellen? Macht man dann Prüfungen?

Ich war selbst als Kind nicht in der Musikschule, kenne es also auch nicht aus eigener Erfahrung, sondern nur von den Erzählungen anderer ("XY hat es beim Klavier bis zum Oberstufen-Abschluss geschafft!").
Scheinbar gibt es dann Vorspiele, in denen der Fortschritt entsprechend evaluiert wird. Beim Verband deutscher Musikschulen werden auch Stücke vorgeschlagen, die den einzelnen Niveaus entsprechen. Es klingt eigentlich sehr nett und durchdacht. Von "früher" hab ich es auch gehört, dass es einen Lehrplan für den Instrumentalunterricht gab (deshalb heißt es ja auch Musik-SCHULE) und wenn die Kinder das Jahresziel nicht erreicht haben, wurden sie rausgeschmissen. Könnte auch sein, dass es ein eher ostdeutsches Ding ist, in der DDR wurde sicher nach russischem Vorbild diszipliniert Musik gemacht. :-D

Kennt sich hier jemand besser damit aus?
 

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