Der Klavierstimmer war pünktlich auf die Minute. Erst mal ging es um die Frequenz. Er meinte, er würde gerne auf 440 Hz stimmen, neue Wirbel, Saiten schon mal erneuert...das geht ohne Probleme). Wir palaverten hin und her (ich halt so mit meinem gefährlichen Halbwissen..nicht dass der Flügel unruhig wird...) und er sagte dann: Ich werde mal einfach stimmen und sehen, wo sich der Bechstein wohl fühlt. So nach ca. 30 Minuten "der saugt die 440 auf wie ein Schwamm, der will die"... dann doch wieder "hmm, mal sehen"... am Ende kamen 439 Hz raus "hier fühlt er sich wohl, da ist er stabil".
Den Diskant stimmte er mit Tunelab. In der Nachbarwohnung werden die Fußböden geschliffen, ein riesen Krach, und da hörte er wohl die Obertöne nicht mehr. Wir unterhielten uns noch ausgiebiger über Tunelab und er meinte, dass das schon eine enorme Hilfe ist, vor Allem beim Hochziehen. Normal macht er nach Gehör, aber gerade bei Konzertstimmungen greift er oft zu TuneLab, da ringsherum nur Krach ist.
Ob die Stimmung nun gut ist, kann ich schlecht beurteilen. Mein Ohr ist zufrieden.
Eine Taste in Mittellage klapperte, und es ließ ihm keine Ruhe. Er baute aus, schaute, fand nichts, tauschte dann ein Teil der Mechanik mit dem A0 und das Klappern ist weg. Beim A0 hört man es beim Spielen nicht mal. Er ölte unaufgefordert noch ein paar Achsen, um zu schauen, ob´s hilft (es half nicht viel) und dann meinte ich noch, dass das Pedal schwer gehen würde. Wieder Alles raus und er ölte die Achsen vom Wackelbrett. das half nur bedingt. Dann überlegte er, das Wackelbrett mal rauszunehmen (er fand die ganze Konstruktion etwas merkwürdig), scheiterte aber an fehlendem Werkzeug.
Insgesamt hat er sich sehr viel Mühe gegeben, viel zusätzliche Zeit in die Mechanik investiert, ohne mehr dafür haben zu wollen. Wir haben noch zusammen gefrühstückt und geschnasselt. Er befand den Bechstein als sehr gut (vor Allem für den Preis), wollte wegen der Kreuzbesaitung nicht glauben, dass es ein 1879er ist (er schaute selbst im Internet nach) und sagte auch "Gut, dass der noch einen vorgesetzten Stimmstock hat". Ich wieder völlig verwirrt von wegen "das ist doch schlecht" und er "nee, bei den alten Dingern gab es sehr viele Brüche bei durchgehenden Gußrahmen...". Auch den Hammerkopffilz bezeichnete er als hochwertig. Die Steigung im Diskant bemängelte er.
Den Grund, warum die Dämpfung so früh auslösend eingestellt ist, vermutet er darin, dass man damit den Anschlag vom Spielgefühl her evtl. etwas schwergängiger machen wollte.
Fazit: Es war für mich spannend und interessant, ich bin sehr zufrieden und habe gerne 25% Trinkgeld gegeben.
So, nun muss ich mal sehen, wie ich die versprochene Klangprobe hin bekomme. Weiß gar nicht, was ich spielen soll...kann ja nicht viel :D