Bin gerade sehr frustriert...

  • Ersteller des Themas partita
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Glaubst Du wirklich, dass alle ungelernten Harz IV Empfänger am richtigen Platz sind. Wie viele von denen hätten ein Abitur machen können wenn man sie gelassen hätte. Wie viele haben es nicht versucht, weil man ihnen den Glauben an sich genommen hat.
Hallo Babette,
es sind nicht nur solche versäumten oder verpassten oder verunmöglichten Bildungschancen, die erhebliche Zweifel am angeblich richtigen Platz eines jeden bewirken: da kann auch ein Arbeitgeber beschließen, seinen Betrieb zu verhökern oder zu schließen - und schwupps sind etliche Arbeitsplätze perdu und die ehemaligen Arbeitnehmer befinden sich plötzlich in einer gänzlich anderen Situation... Und das haben die sich dann weder rausgesucht, noch selber eingebrockt.
...dass alles, so wie es ist, schon richtig ist - damit mögen Pfaffen hausieren! Das sehe ich genau wie Du.

Aber retour zum freiwilligen, in der Freizeit genommenem Klavierunterricht: der kann nur funktionieren, wenn Interesse und Engagement seitens des Lernenden vorhanden ist. Fehlt es daran, nützt die ganze Mühe nichts, und man muss wegen derartiger Umstände weder in gesellschaftspolitische noch in allgemein pädagogische Gebiete abschweifen. Meinetwegen kann es phasenweise kleine Krisen geben, Zeiten in denen weniger bis nicht geübt wird - aber drei Jahre lang so einen Tanz mitmachen, das hat meiner Ansicht nach keiner der Beteiligten nötig.
 
Wissen kann man das in diesem Bereich? Ich gebe wieder was ich glaube und fühle.

Glaubst Du wirklich, dass alle ungelernten Harz IV Empfänger am richtigen Platz sind. Wie viele von denen hätten ein Abitur machen können wenn man sie gelassen hätte. Wie viele haben es nicht versucht, weil man ihnen den Glauben an sich genommen hat.

Glaubst Du wirklich, dass wir so viele psychische Erkrankungen hätten wenn wir alle am richtigen Platz wären.

Was ich glaube ist: Der Glaube, dass alles, so wie es ist, schon richtig ist, hilft die Welt zu ertragen. Ich halte das für ein Denkverbot, was ich mir verboten habe. Soviel zur Ambivalenz der Wahrheit.

Dann, liebe Babette, könntest Du einfach falsch "glauben" und "fühlen"... nur mal so als Idee, falls man davon ausgeht, dass es ein "richtiges" Fühlen und ein Glaube an das "Richtige" überhaupt gibt.

Ja, ich glaube wirklich, dass alle, auch die ungelernten Harz4ler, an ihrem "richtigen" Platz sind, denn: wo "sollten" sie denn sonst sein? Wünsche ich mir das so wie es ist? Nicht unbedingt, aber das ist wieder eine andere Frage.

Dein Post zeigt sehr schön auf, wie des Menschen Glauben seine Wahrheit wird. Glaube, was Du glauben willst! Dein Glaube ist Dein Himmelreich!

Die wirkliche Freiheit beginnt damit, dass man mit diesem Glauben an bestimmte Dinge einfach mal: aufhört! Man könnte statt dessen einfach wissen, dass alles nur der eigenen Einbildung entspringt. Das hilft dann wirklich, mit sich und der Welt ins Reine zu kommen. Die Welt muss nicht "ertragen" werden. Man muss sie einfach nur: erleben!

Freiheit ist ebenfalls, sich für eine Sichtweise zu entscheiden und dafür die Verantwortung zu übernehmen - oder man entscheidet sich für "KEINE" Sichtweise und übernimmt dafür die Verantwortung. Deine Sichtweise ist geprägt von Unmut, von: es wäre besser soundso... daher willst Du verändern, streiten vielleicht, kämpfen. Du schiebst damit Deine Verantwortung von Dir weg!
Ich dagegen will Verantwortung übernehmen. Verantwortung für meine Sichtweise, für mein Leben und das Leben aller anderen Menschen. Ich verurteile nicht die Leute, die ihre Bildungschancen verpasst haben. Sie haben nichts verpasst und sind gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft! Dein Denken dagegen erzeugt Hierachie, Abwertung. Dieses Denken ist natürlich das "richtige" Denken, es geht konform mit der allgemeinen gesellschaftlichen Haltung. Doch das ist eben was es ist: ein übernommenes Denken! Erlernt, nachgeplappert.

PS edit: Natürlich könnten viel mehr Leute Abitur machen! Da bin ich mir absolut sicher. Sogar sehr langsame und schwache Schüler könnten mit entsprechendem Einsatz von Zeit und Geld zum Abitur gebracht werden! Doch dieses Denken, dass "mehr" Leute Abitur machen könnten... dieses Denken alleine beinhaltet, dass dieses wünschenswert wäre. Meine Mutter hat ihrer Zeit mit 60 Mädchen in der Sexta im Gymnasium angefangen. Als sie Abitur machte waren es nur noch 12 Mädels... das galt als völlig "normal" und niemand hat sich geschämt, wenn es "nur" bis zur Mittleren Reife oder so gereicht hat. Man war stolz, dass man es überhaupt auf eine weiterführende Schule gebracht hatte.
Heute meint man, dass ALLE Kinder, die ins Gymnasium kommen, auch Abitur machen "sollten". Doch frage ich mich: ist das wirklich für diese Menschen "das Beste"? Ist es wirklich wünschenswert, dass 90% später mal Abitur hätten? Dahinter steht wieder der Gedanke daran, Abiturienten hätten "bessere" Chancen. Ich stelle mir jetzt einfach mal vor, dass es den Gedanken, es gäbe "bessere" und "schlechtere" Chancen (für WAS eigentlich?) gar nicht gäbe. Dann hätten wir einfach Leute MIT Abitur und andere OHNE Abitur gleichwertig nebeneinander. Die MIT Abi würden sich nicht als was "besseres" fühlen und die OHNE Abi nicht als "minderwertiger". Aller wären ebenbürtig und der Studierte und der Handwerker wären gleichwertig mit der Verkäuferin. Der gegenseitige Respekt vor dem Gegenüber würde ein gesellschaftlich verbindliches und liebevolles Klima schaffen. Genau so wie diese Naturvölker es uns vormachen: jeder ist an seinem "richtigen" Platz.

Doch die Fahrt unserer Gesellschaft geht scheinbar in eine völlig andere Richtung, deren sympathische Vertreterin Du bist, liebe Babette!
 
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gute Idee - könntest Du bei solchen Glaubenssätzen mal anwenden:

Yepp... aber zeigt das nicht wunderbar, wie der Glaube an eine Sache diese erst erschafft? Ob bei mir oder anderen...
Daher sage ich ja: einfach mal darüber nachdenken, was solche Glaubenssätze sind und sie als das enttarnen was sie sind: Glaubenssätze, die mit der Wahrheit NICHTs zu tun haben!
 
Daher sage ich ja: einfach mal darüber nachdenken, was solche Glaubenssätze sind und sie als das enttarnen was sie sind: Glaubenssätze, die mit der Wahrheit NICHTs zu tun haben!
...diese schöne und quasi spätaufklärerische Maxime wäre wirkungsvoller gewesen, wenn Du sie nicht mit Deinen Glaubenssätzen garniert hättest...;):mrgreen:
 
@Viola, es ist schon sehr gut, dass Du die unterschiedliche Wertigkeit von Tätigkeiten in Frage stellst. Aber mir geht es um Talente und Fähigkeiten. Es geht mir nicht um die Befriedigung durch Geld und Prestige, dafür hätte ich Stilblüte nicht widersprechen müssen.

Ach ich weiss nicht mit welchen Worte ich veranschaulichen kann, was mir wichtig ist. :(
 
@Viola, es ist schon sehr gut, dass Du die unterschiedliche Wertigkeit von Tätigkeiten in Frage stellst. Aber mir geht es um Talente und Fähigkeiten. Es geht mir nicht um die Befriedigung durch Geld und Prestige, dafür hätte ich Stilblüte nicht widersprechen müssen.

Ach ich weiss nicht mit welchen Worte ich veranschaulichen kann, was mir wichtig ist. :(


Was ist denn bitteschön ein "Talent"?!? Jemand, der vielleicht zufällig "richtig" auf einem Pferd sitzt? Der geheimnisvoller Weise irgendwas von Anfang an "richtig" macht? Jeder hat - bevor er auch nur EINEN Ton hinab drückt - eine eigene Idee, wie er das tun "könnte" oder "müsste". Doch diese Idee kann ungünstig sein. Dass jemand "Talent" hat ist eine nicht objektive Feststellung.
Ich habe schon Talente gehabt, die sich durch steinigste Noten gequält haben anstatt zum Sport zu gehen wo es ihnen wirklich leicht gefallen wäre, die anderen in die Tasche zu stecken. Doch ich glabe fast, dass sich die Menschen Dings aussuchen, die sie gar nicht "wirklich" beherrschen sondern wo sie ein Defizit ausgleichen lernen können, in der Musik zB müssen sie lernen zu "hören", und Gefühle aus zu drücken. Vielleicht etwas, wo sie wirklich Schwierigkeiten mit haben aber genau DESHALB sind sie davon völlig phasziniert. Einige Hochtalente, denen es wirklich super leicht fiel nach 3 Monaten Schubert Impromtus zu spielen, waren von der Musik gelangweilt und haben sich dem Billiardspiel verschrieben, weil sie DORT nicht gut waren.... mir ist das schleierhaft, warum der eine Musik machen MUSS (obwohl es ihm schwer fällt) und der andere lieber Jonglieren geht (obwohl es ihm sehr schwer fiel...).

Ich denke: jeder macht etwas sinnvolles, wo er etwas Bestimmtes lernen und begreifen muss.
Und ich helfe den Leuten dabei. Ob sie nun wirkliches Talent haben oder einfach nur Interesse.
 
Anscheinend kennst Du nur die Menschen, die mit Möglichkeiten so überschüttet sind, dass sie alle Freiheiten haben.

Ich habe viele Menschen kennengelernt die so wenig Chancen hatten, dass sie nicht mal eine erkennen wenn sie ihnen auf die Nase hüpft. Menschen die mit ständiger Unterforderung leben und es nicht mal wissen, weil man ihnen als Kinder eingetrichtert hat, sie wären dumm.
 
entschuldigt, wenn ich eure Diskussion unterbreche - ich bin gerade wieder in einem Tiefpunkt angelangt, weil gerade mal wieder alles zusammenkommt...

Nachdem hier im Forum die Möglichkeit des Deutschland-Stipendiums genannt wurde (Deutschland Stipendium: Startseite), habe ich mich erkundigt und festgestellt, dass es in der Tat weder Zweitstudien ausschließt noch mein Alter. Also habe ich mich darum gekümmert, wie man da dran kommt - je nach Hochschule verschieden. Gerade habe ich erfahren, dass unsere Hochschule die Vergabe des Stipendiums, das zum WS eingeführt werden soll, leider wieder an eine Bedingung knüpfen wird, die ich nicht erfüllen werde: Vorschlag in der Eignungsprüfung - ein nachträglicher Vorschlag vonseiten der Professoren wird nicht möglich sein. Meine Eignungsprüfung ist aber schon vorbei und somit habe ich keine Möglichkeit mehr da dran zu kommen. :(

Ich sehe außerdem gerade wieder wie abhängig ich von meiner finanziellen Situation bin:
Wie ich schon erklärt habe, werde ich mir keine Meisterkurse leisten können, es sei denn ich erhalte dafür ein Stipendium. Nun habe ich vor wenigen Tagen gehört, dass ich Anfang Mai an einem hochschulinternen Wettbewerb mitspielen kann um ein Stipendium für einen Meisterkurs, der hier in der Nähe stattfindet - so dass ich zuhause übernachten könnte. Bis Anfang Mai muss ich also 45 Min. Programm vorspielreif haben und zwar nicht nur irgendwie vorspielreif, sondern so wettbewerbsreif, dass ich auch gegen alle aus dem Masterstudiengang und der Meisterklasse anspielen kann, die das Stipendium auch haben wollen. Normalerweise würde ich das in 2 Wochen schaffen - aber mit der Arbeit nebenbei und dem musikpädagogischen Projekt momentan komme ich momentan nicht mal auf 3 Std Übezeit. Daher ist mir momentan nicht klar, wie ich es schaffen soll, mich ausreichend vorzubereiten bis Anfang Mai... Geld, Geld, Geld... Keinen Meisterkurs ohne Stipendium. Kein Stipendium ohne mehr Übezeit. Mehr Zeit nicht ohne weniger Arbeit. Aber Arbeit ist notwendig, um mich zu finanzieren. Also nicht mehr Zeit, kein Meisterkurs, kein Stipendium.

Ich weiß, dass ich wieder auf hohem Niveau klage und dass ich es mir selbst ausgesucht habe.
Ich bin nur trotzdem wirklich kurz vorm Aufgeben, was Finanzierungshilfen angeht und gerade so enttäuscht, dass nun sogar das Deutschlandstipendium an Bedingungen geknüpft wird, die ich nicht erfüllen werde, obwohl dies eigentlich erstmal nicht der Fall war und somit ein kleiner Lichtblick am Horizont zu sein schien... :(
 
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So ein Mist. :(

Und ich finde Du darfst Dich beklagen, nur weil es auf der Welt Menschen mit schlechteren Bedingungen gibt, musst Du noch lange nicht zufrieden sein mit dem was Du haben kannst. Deine Komunitionen haben offensichtlich bessere Bedingung und da liegt Dein Referenzwert.

Die Welt wird bewegt, wenn wir aufbegehren, nicht wenn wir demütig sind.
 
Ich kann kaum glauben, dass das Stipendium an so eine Aberwitzige Bedingung geknüpft sein soll. Was ist bitte mit den ganzen Studenten, die bereits studieren? Soll denen die Chance auf das Stipendium verwährt werden? Das ist doch dämlich und nicht zu Ende gedacht. Ich habe auf der Internetseite für dieses Stipendium geschaut - es ist sowohl für Studienanfänger als auch für bereits Studierende gedacht. Dass alle Studenten eurer Hochschule dafür nicht in Frage kommen sollen, kann ich kaum glauben.
Lies nochmal nach über die Ziele und Angesprochene des Stipendiums und frag erneut und genau bei der Hochschule nach. Sollte das Stipendium wirklich nur für Studienanfänger angeboten werden, mach doch bitte darauf aufmerksam, dass die Intention der Bundesregierung eine andere ist!!! *Kopfschüttel* Was das wieder soll...

Ach und mir fällt noch was anderes ein: Ich kenne einige Leute, die sich ihr Studium folgendermaßen (teil-)finanzieren: Sie arbeiten in den 2-3 Monaten in den Semesterferien einen Großteil der Zeit sehr viel - in einem 400-Euro-Job. Und zwar so viel, dass der "Arbeitgeber" ihnen dann den Rest des Jahres monatlich 400 Euro bezahlt. Ein Geld, für das sie bereits im Sommer sämtliche Leistung erbracht haben.

Es ist vermutlich nicht so ganz einfach, eine Stelle zu finden, bei der der Chef damit einverstanden ist, aber offenbar gibts solche.
Das sind natürlich keine Traumjobs - ich glaube, meine Bekannten, die das machen, haben im Kino sowie in einer Kneipe gearbeitet.
Aber mit 400 Euro ohne Zeitaufwand im Monat könntest du vielleicht einen oder zwei deiner Jobs kündigen und ein paar Stunden mehr üben...

ganz liebe Grüße und *drück*
Stilblüte
 

Ihr Lieben,

@Blüte: Ich fand es auch blöd, da ich es auch so verstanden hatte, dass das Stipendium allen offenstehen würde. Aber so oder so wäre es sehr schwer, da reinzukommen - es ist auch immer die Frage, wie es ausgeklüngelt wird. Bei der Musikerausbildung gäbe es natürlich noch die Möglichkeit, Auswahlvorspiele zu machen, aber dann haben wir wieder das Standardproblem, dass Leute, die im Studium weiter fortgeschritten sind, viel höhere Chancen haben, obwohl sie das Stipendium wahrscheinlich kaum noch brauchen und wenn, dann vielleicht nur noch für den Lebenslauf. Insofern ist es schon auf eine Art sinnvoll, es Studienanfängern zu geben. Nur hat es mich total gewurmt und frustriert, dass ausgerechnet das eine, das noch in Frage käme und das sich nur an der Studienleistung bemessen soll, wieder durch irgendeine blöde Regelung wegfällt.

@alle:
Mittlerweile ist der erste Frust wegen des erneuten Rückschlags zurück in seine natürlichen Grenzen gewichen.
Meine Chancen für das Auswahlvorspiel fürs Meisterkurs-Stipendium sehe ich zwar nach wie vor als recht gering an aus allseits bekannten Gründen der fehlenden Vorbereitungszeit - aber ich lasse mich nicht unterkriegen. Ich versuche einfach alles, was ich kann, um mein Programm so gut es eben neben der Doppelbelastung geht, hinzubekommen. Wenn es dann nicht reicht, reicht es nicht. Wenn ein kleines Wunder geschehen sollte, dann sollte es geschehen und dann werde ich an dem Tag der glücklichste Mensch in Köln sein. Davon gehe ich aber nicht aus.
Trotzdem bin ich zurück aus dem Frust wieder in mir selbst angelangt und kann wieder sagen, dass das einzig Wichtige meine Liebe zur Musik ist und die kann mir niemand nehmen. Sie wird mir helfen, meine Stücke vorzubereiten, so gut ich eben kann in der Zeit, die ich habe. Im Vorspiel selbst wird sie mir hoffentlich dabei helfen, den Druck von mir zu nehmen, gegen all die Granaten spielen zu müssen, die nicht nur bessere Bedingungen hatten als ich, sondern alle auch weiter in ihrem Studium sind als ich. Es ist egal. Es geht nicht um den Druck, es geht nicht um Wettbewerb, es geht um die Musik. So. Das ist das Einzige, was ich versuchen kann, umzusetzen und das will ich versuchen, so gut ich es kann.

Alles Liebe und danke für eure Unterstützung,
eure Partita
 
[...] gegen all die Granaten spielen zu müssen, die nicht nur bessere Bedingungen hatten als ich [...]

Liebe Partita,

ich hoffe, Du bist mir nicht böse, aber hier geht das Lamento für meinen Geschmack ein bisschen weit.

Woher weisst Du denn, dass alle anderen bessere Bedingungen hatten als Du? Ich meine, gelesen zu haben, dass Du ein eigenes Klavier hast. Allein damit bist Du schon besser gestellt als ein grosser Teil der Musikstudenten. Eine Freundin meiner Freundin z.B. steht nicht selten um 5 Uhr morgens auf, nur um einen Platz in einer Übezelle zu bekommen. Sie fährt eine Stunde zu dem Ort, wo sie sich durch Klavierunterricht ein bisschen was dazu verdient. Viele Musikstudenten kommen aus erheblich ärmeren Gegenden als Deutschland und sind teilweise hierher gezogen, ohne auch nur ein Wort der Sprache zu sprechen. Man kann sich leicht ausmalen, wie viele von ihnen ihren Weg trotz erheblicher Widerstände gemeistert haben, und sicher auch mehr als einmal vor dem Dilemma standen (wie vermutlich die meisten Menschen), dass Dinge die ihnen am Herzen liegen nicht in Einklang mit ihren grossen Lebenszielen zu bringen sind. Du bist sicher nicht die einzige, die es nicht ganz einfach hat.

Und "all die Granaten" sind ganz sicher auch nicht gefühlslose Tastenmonster, deren Können ihnen mühelos zugeflogen ist und denen es nur ums Wegschnappen des Stipendiums geht.... die Liebe zur Musik wird wohl bei den meisten eine nicht ganz unerhebliche Rolle im Leben spielen.

Liebe Grüsse,
pianovirus
 
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überleg Dir das noch mal...
Partita hat den schwierigen Schritt zum Klavierstudium in einem deutlich höheren Alter gewagt - sie hat durchaus recht, wenn sie von unterschiedlichen Bedingungen und Voraussetzungen spricht.

Das ändert nichts daran, dass die pauschale Klage, dass "alle anderen" bessere Bedingungen haben, aus meiner Sicht (man kann das anders sehen) überzogen ist. Ich glaube nicht, dass es so ist, und selbst wenn es so wäre, blendet diese Klage über den Ist-Zustand völlig aus, welche Wege denn zu den besseren Bedingungen der anderen geführt haben.

Der Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs der Klavieramateure in Paris ist querschnittsgelähmt und produziert aus dem Rollstuhl heraus und ganz ohne Pedale einen der schönsten Klavierklänge, den ich je gehört habe. Alle anderen Teilnehmer hatten ihr Leben lang "bessere Bedingungen" als er.

Und selbst im Fall, dass manch andere(r) bessere Bedingungen als man selbst haben sollte: diese sind meistens nicht gott- oder glück- oder elterngegeben, sondern oft genug selbstgeschaffen. Bessere Bedingungen können z.B. einhergehen mit der Trennung von anderen geliebten Dingen oder Personen (z.B. wenn man zum Studiumsbeginn nicht in die nächste Stadt, sondern um den halben Erdball zieht). Wenn man also die vermeintlich besseren Bedingungen anderer beklagt, sollte man auch nicht die schwierigen Wege und Entscheidungen vergessen, die zu deren Schaffung nötig waren.

Ich hoffe, partita, Du bist mir für diesen Einwurf nicht böse. Aber genau wie mein "Kopf hoch" früher in diesem Faden ehrlich gemeint war, wollte ich jetzt meine Meinung ehrlich wiedergeben und auch ein bisschen zum Nachdenken über diese Formulierung anregen.
 
Der Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs der Klavieramateure in Paris ist querschnittsgelähmt und produziert aus dem Rollstuhl heraus und ganz ohne Pedale einen der schönsten Klavierklänge, den ich je gehört habe. Alle anderen Teilnehmer hatten ihr Leben lang "bessere Bedingungen" als er.
was ich unterstrichen habe, ist eine große Einschränkung - allerdings vermag ich nicht zu erkennen, was dieses tragische Krankheitsschicksal mit Partita zu tun hat. Und ich vermag daraus auch keine Lehre zu ziehen.

Aber Dir scheint immer noch nicht klar zu sein, was Partita doch ganz eindeutig benannt und beschrieben hat: ihr werden aus Altersgründen und weil es ein Zweitstudium ist erschwerte Bedingungen vorgesetzt (siehe Stipendienvergabe etc) - das kannst Du nun wirklich nicht quasi moralisierend mit einem tragischen Krankheitsschicksal vergleichen.
 
Ich möchte noch nebenbei anmerken, dass es sicher äußerst schwierig sein dürfte, als mitteloser (!) Ausländer von auf-der-anderen-Seite-des-Erdballs in Deutschland Klavier zu studieren. Denn das ist durchaus mit Kosten verbunden - man muss (sic!) Sprachkenntnisse vorweisen, also einen Sprachkurs gemacht haben, viele haben schon einen Bachelor im Klavierstudium zu Hause absolviert und kommen studiert hieher. Dann natürlich Flugkosten, Hotelkosten, bis man eine Wohnung gefunden hat, Zusatzkosten, wenn man die Aufahmeprüfung nicht besteht und das ganze nochmal durchziehen muss.
Sicher gibt es Familien, die alles vorhandene Geld in ihr Kind stecken, damit es später erfolgreich wird und an Onkel und Oma alles mehrfach zurückzahlen kann. Ich vermute irgendwie, die schöne Geschichte vom armen Genie aus dem Entwicklungsland, das in Deutschland studieren kann, kommt aber nicht so häufig vor. Inzwischen sind auch die ganzen asiatischen Länder längst keine Entwicklungsländer mehr.
Will sagen - die meisten Asiaten, die herkommen, haben vermutlich reichere Eltern, als viele deutsche Studenten haben.

Dass sie Sprache, Kultur und Leute nicht kennen, stimmt ebenfalls, und ich bewundere die Asiaten, die noch in sehr jungen Jahren (unter 20) nach Deutschland kommen. Aber da wir mehr asiatische Studenten haben als Studenten anderer Nationen, kommt man sich auch da nicht so allein vor...
 
Lieber Pianovirus und alle anderen,

nur ganz kurz, da ich dringend los muss:
Ich weiß, was du mit deinem Einwurf meinst und habe es dir nicht übel genommen. Ich weiß, dass auch andere Leute teilweise keine guten Bedingungen hatten, hierher zu kommen und teilweise auch nicht haben, siehe eigenes Klavier. Ich wollte auch nicht gesagt haben, dass alle anderen unmusikalische Technik-Freaks sind - vielmehr habe ich mit dem Ausdruck "Granaten" ausdrücken wollen, WIE gut sie sind. Ich wollte also nicht sagen, dass SIE unmusikalisch sind, sondern dass das, was mich laut der Professoren (die Idee stammt ja nicht von mir) von den anderen absetzt, meine Musikalität sei und NICHT meine Technik, welche bei anderen aber sehr wohl noch viel besser ist als bei mir. Dass andere Leute zusätzlich zu ihrer sicherlich vorhandenen Musikalität auch noch technisch um soviel besser sind, weil sie viel mehr Zeit hatten, zu üben, weil sie viel weiter sind im Studium usw - das wollte ich sagen. Und, ja, meine Mitbewerber für das Meisterkursstipendium haben alle Zeit zum üben und hatten diese jahrelang.

In puncto eigenes Klavier:
Wie gesagt habe ich es mir auf Kredit gekauft, sprich, ich habe deswegen noch einige Schulden abzubezahlen. Und warum habe ich das getan? Da ich genau in der Situation war, die du beschreibst, sonstwann aufstehen zu müssen, um noch einen Überaum zu bekommen... Es ist wirklich schwer, wenn man kein eigenes Instrument hat. In der Tat hat dies meine Situation schon einmal deutlich verbessert, das sehe ich auch so!

Trotzdem ging es mir um die Sache mit der Zeit - ich sehe es doch hier direkt vor meinen Augen: Ich kenne niemanden, der hier SO viel Zeit neben dem Studium in Arbeit steckt und daher so wenig Zeit hat zum Üben. Selbst diejenigen, die nicht arbeiten müssen, beschweren sich noch darüber, dass sie nicht genug Zeit hätten zu üben... Der Bachelor ist zwar sehr voll, aber es ist locker zu schaffen, wenn man nicht noch nebenbei arbeiten muss. Manche stecken auch nicht soviel Zeit ins Üben, aber dann, weil sie ihr Studentenleben genießen wollen, was auch legitim ist. Es ist jedermanns Entscheidung, was er tut und was für ihn das beste ist. Aber ich kenne hier niemanden, der SO wenig Zeit für sich selbst hat und zum Üben. Außerdem, und das war mein wesentlicher Punkt in dem Beitrag über den Meisterkurswettbewerb, sind viele dieser "Granaten" - also der richtig, richtig guten Leute - entweder kurz vor Ende ihres Diploms oder aber schon im Master oder aber schon in der Solistenklasse. Daher hatten sie ganz sicher andere Bedingungen als ich, alleine schon ein ganzes Studium vorher und auch noch wesentlich mehr Vorbereitungszeit. Das wollte ich sagen.

Ich habe wie Blüte auch sagt, Hochachtung vor allen, die für die Musik ihr Land verlassen, ihre Eltern, ihre Freunde und in einem fremden Land von vorne beginnen wollen. Im Übrigen habe ich genau einer solchen Kandidatin letztes Jahr geholfen, ihren Weg hierher zu machen. Ich hatte sie bei der Aufnahmeprüfung kennengelernt, sie war durch Theorie und Gehörbildung gefallen und musste nochmal zur Nachprüfung kommen - ich habe sie während der Nachprüfungstage bei mir beherbergt, habe ihr vorher erklärt, wie die Aufgaben in den Prüfungen zu lösen sind, wie die deutschen Namen der Intervalle, Skalen, Umkehrungen usw. lauten, ich habe hier mit ihr alle Gänge auf die Ämter und Behörden erledigt, um Stipendienmöglichkeiten mit ihr zu finden und habe ihr sogar eine sehr günstige Wohnung besorgt. Ich weiß also schon, dass es für einige auch nicht einfach ist. Trotzdem ist es nun so, dass sie hier ein Stipendium hat und ich nicht und sie daher Zeit zum Üben hat und ich nicht soviel, weil ich arbeiten muss.

Ohne nun gegen meine in der Tat höchst zahlreichen asiatischen Mitstudenten zu wettern - ich kenne auch einige davon und finde sie sehr nett, schätze ihre Offenheit und ihre Musik - ich muss Blüte beipflichten in puncto Finanzen: Von mehreren Professoren (damals nicht aus Köln, sondern von anderen Hochschulen, an denen ich vorgespielt hatte und wo ich teilweise angefragt hatte, ob ich Unterricht bei einem Professor haben könnte) habe ich letztes Jahr gehört, dass man als Prof "von den Asiaten" 100-200 € pro 60 min. Klavierunterricht nehmen kann, weil sie das Geld haben. Da habe ich nicht schlecht gestaunt. Sicher war der eine Prof, der mir von 200€ erzählt hat, auch ein seltsamer Kauz, der es dann auch gern von den Lebendigen nimmt, wenn es denn da ist - trotzdem ist das eine andere Dimension an finanzieller Lage als sie bei mir der Fall ist.

Natürlich hast du nicht solche Leute gemeint, sondern welche wie meine Freundin, die mit großem Talent, aber wenig Mitteln hierher kommen. Da hast du recht, sie haben es sicher auch nicht einfach, vor allem am Anfang. Aber ihnen stehen alle Stipendien hier offen und ich sehe es ja, wenn eine solche Studentin wegen finanzieller Probleme ihr Studium in Frage stellt, wird alles mobilisiert und sofort ist irgendwo Geld da. Bei mir würde es aber nur heißen, tja, hättest du dir das eben mal früher überlegt, dann geh eben arbeiten und üb halt weniger. Wieder: Ich weiß und verstehe, warum. Es war meine eigene Entscheidung.

Ich denke, dass du meinen Satz also ein bisschen überbewertet hast. Was ich sagen wollte war, dass alle, die dort mitspielen, viel mehr Zeit zum Üben hatten, dass sie alle viel weiter in ihrem Studium sind als ich und teilweise das Stipendium nicht einmal bräuchten, um am Meisterkurs teilzunehmen und insofern schon andere Bedingungen haben als ich.

Gleichzeitig erkenne ich den Punkt an, den du benennst, denn all denjenigen Leuten, die du ansprichst, gebührt ebenso Hochachtung, wie sie ihren Weg gemeistert haben!
Und hab keine Sorge, dass ich irgendjemandem einen Beitrag übel nehmen würde, der sachlich geschrieben ist. Meinungen sind bei mir immer willkommen - nur jene Angriffe, die hier immer mal wieder stattgefunden haben, die kann ich nicht ausstehen. Davon sind wir in diesem Faden zum Glück aber noch ein gutes Stück entfernt und ich hoffe sehr, dass das auch so bleibt. Es ist hier nämlich eine sehr konstruktive und diskursive Atmosphäre, die ich sehr schätze.

Liebe Grüße,
Partita
 
Ich möchte noch nebenbei anmerken, dass es sicher äußerst schwierig sein dürfte, als mitteloser (!) Ausländer von auf-der-anderen-Seite-des-Erdballs in Deutschland Klavier zu studieren.

Ja, das ist es und ich meine es im Gegensatz zu Dir nicht ironisch. Denn in der Regel wird seit früher Kindheit in der Familie Geld beiseite gelegt, das Studium der Kinder zu finanzieren. Das gilt natürlich nicht nur für irgendwelche Schwellenländer, sondern auch für die USA und nach den neuen Entwicklungen sicher auch bald für England (weshalb dort auch die Idee eines Zweitstudiums für die allermeisten in unerreichbarer Ferne liegt). Im Hotel wohnen die wenigsten während der Wohnungssuche (ich kenne niemanden), und die Tatsache, dass die meisten dieser Leute kein Klavier im Wohnheimszimmer haben, sollte auch jedem klarmachen, dass ein Flug um den Erdball nicht mit unbeschränkten Ressourcen gleichgesetzt werden kann. Ich hatte z.B. Mitdoktoranden, die einen Teil ihres für Studenten üppigen BAT IIa-Gehalts regelmässig nach Hause geschickt haben.

Wenn partita es irgendwie schafft, genug Geld für den Meisterkurs zusammenzukratzen, würdest Du ja auch nicht sagen, dass es "äußerst schwierig sein dürfte, als mittelloser" Student an einem Meisterkurs teilzunehmen, weil Dir klar ist, was für Mühen sie hatte oder Opfer (z.B. an Übezeit) sie aufbringen musste, um das Geld zu verdienen. Warum wird hier so getan, als ob das bei anderen Studenten anders sei?

Phasen akuten Frusts oder von Rückschlägen, wie sie partita jetzt erlebt, bleiben sicher den wenigsten von uns im Leben erspart. Dann ist es gut, wenn man sich mal bei Freunden oder eben hier ausheulen und auch Tipps holen kann. Man täuscht sich aber leicht selbst, wenn man die Anstrengungen anderer, die momentan bessere Bedingungen haben, völlig ausblendet.
 
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