- Dabei seit
- 21. Jan. 2007
- Beiträge
- 11.603
- Reaktionen
- 17.779
Say moreund das war auch gut so - die Farbempfindung/-interpretation ist kulturell nicht einheitlich!
Folge dem Video um zu sehen, wie unsere Website als Web-App auf dem Startbildschirm installiert werden kann.
Hinweis: This feature may not be available in some browsers.
Say moreund das war auch gut so - die Farbempfindung/-interpretation ist kulturell nicht einheitlich!
Bin weder Klavierlehrer oder Klavierprofi noch hab ich die vielen Posts zu vorstehendem Zitat alle durchgelesen. Auch hab ich bis vor nicht langer Zeit z.B. „Für Elise“ und die „Sonate Facile“ noch für etwas unter meinem Niveau gehalten und ein besonderer Lang Lang - Fan bin ich eigentlich auch nicht, aber als ich mir kürzlich auf YouTube diese beiden Stücke, gespielt von Lang Lang anhörte - wobei ich mich erst wunderte, dass er das nicht für unter seiner Würde hielt, gab mir das einen sehr starken Impuls, meine Spielweise zu überdenken und zu verbessern und auch meine Bewertung hinsichtlich der Einteilung leichte und schwere Stücke in Frage zu stellen.Hallo an alle,
Ich möchte euch von einem meiner Studenten erzählen und fragen, ob jemand Erfahrungen oder Ideen dazu hat (v.a. diejenigen, die junge Erwachsene auf professionellem Niveau unterrichten). Mein Student studiert künstlerisch-pädagogisch Klavier und ist asiatischer Herkunft (genauer möchte ich das wegen Persönlichkeitsrecht nicht eingrenzen). Er hat in seiner Kindheit und jugend die typischen Klischees erfahren: Schwarze Pädagogik im Unterricht (Druck, Beleidigungen, Schlagen, hauptsache Technik, hauptsache Chopin/Liszt/Rachmaninov möglichst schnell etc.). Nach Deutschland kam er, weil das Studium hier kostenlos ist und weil die Komponisten eben auch überwiegend Europäer waren. Nun gibt es mehrere recht schwerwiegende Probleme und ich frage mich, wie ich ihn am besten unterstützen kann.
1) Sein Deutsch ist noch ziemlich schlecht. Er hat zwar auf dem Papier C1-Niveau, aber sein Wortschatz, seine Aussprache und vor allem sein Hörverstehen sind unzureichend. Über Musik sprechen geht kaum, über Musik reflektieren quasi gar nicht, konkrete technische oder musikalische Anweisungen sind schwierig und funktionieren wenn, dann fast nur über zeigen, vor- und nachmachen etc.; zeitgleich hört er leider noch nicht besonders gut, weil er nur auf Technik und Schnellspielen getrimmt ist. Wir arbeiten hin und wieder mit Übersetzungs-App, wenn mir etwas sehr wichtig ist; ansonsten dauert es einfach lang und ist für mich (und für ihn vermutlich auch) sehr anstrengend. Kürzlich habe ich ihm sehr ins Gewissen geredet, dass sein Deutsch schnell besser werden muss, damit er vom Unterricht mehr profitiert und außerdem demnächst in Fachmethodik und Lehrproben überhaupt teilnehmen kann. Es gibt auch schon im Juli eine mündliche Prüfung... Das hat er sehr gut eingesehen und sich bedankt - aber vielleicht hat jemand trotzdem noch kurzfristige Ideen.
2) Er spielt leider sehr klischeehaft schlecht, nämlich vor allem schnell. Damit geht einher, dass er auch extrem ungenau spielt, d.h. liest ungenau und spielt dann falsche Töne (weil er sich verlesen hat), spielt schlampig (Töne fehlen), Dynamik ist schlecht ausbalanciert, er wird schneller, spielt über Klänge hinweg etc. etc. Er hat sich kürzlich sehr bedankt, da ich die erste Lehrerin seines Lebens bin, die geduldig und freundlich ist und ihm zeigt, wie man überhaupt Klavierspielt. Allerdings kann ich natürlich keine Wunder vollbringen und hatte so einen krassen Fall auch noch nicht. Meine Herangehensweise: Mit viel Zeit, Geduld und Mühe die Musik im Detail mit ihm ansehen, lesen, hören, spielen, Details wahrnehmen, ihm klarmachen, dass schnellspielen erst ganz, ganz, ganz viel später wichtig wird und sowieso von selbst kommt, wenn er genauer spielt. Das versteht er auch und es wird auch etwas besser, allerdings fällt er immer wieder in seine alten Fahrwasser zurück. Wie gesagt hört er leider nicht so gut, was es zusätzlich mühsam macht. Wie unterrichtet ihr in einem solchen Fall?
Nun könnte man natürlich auch einfach aufgeben, eine Feststellungsprüfung veranlassen etc.. Allerdings fände ich das sehr schade aus mehreren Gründen: Zum einen wäre so ein Scheitern vermutlich in jeder Hinsicht fundamental schlimm für ihn. Außerdem meine ich, hinter der ungünstigen Indoktrinatino von Laut-Schnell-Sport-Wegducken einen sehr interessierten, engagierten, ehrgeizigen und auch musikalischen Menschen aufblitzen zu sehen. Zudem ist er ungewöhnlich freundlich und zugewandt, wie ich es selbst von Einheimischen selten erlebe, und von Asiaten, die gerade erst angekommen sind, in dieser Form noch seltener. Ich kann mir vorstellen, dass nach ein paar Jahren aus ihm tatsächlich ein anständiger Pianist und vielleicht sogar Klavierlehrer wird.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir kommen zurecht, aber vielleicht hat jemand noch zusätzliche Ideen, Erfahrungen, Hinweise... Mit KollegInnen tausche ich mich natürlich auch aus
Viele Grüße!
Stilblüte
Man kann von Lang Lang halten, was man will, aber er hat sehr viele sehr einfache Anfängerstücke so wunderbar eingespielt, dass ich auch deswegen überhaupt gar kein Stück mehr für "unter meiner Würde" halte. Diese Erkenntnis hätte ich auch lesend aus Clavio erhalten können, aber nachhaltig überzeugender war das Anhören dieser Einspielungen von Lang Lang. Zum Beispiel sein Menuett aus dem Anna Magdalena Bach Notenbüchlein oder die Süsse Träumerei von Tschaikowski und viele mehr.ein besonderer Lang Lang - Fan bin ich eigentlich auch nicht, aber als ich mir kürzlich auf YouTube diese beiden Stücke, gespielt von Lang Lang anhörte - wobei ich mich erst wunderte, dass er das nicht für unter seiner Würde hielt, gab mir das einen sehr starken Impuls, meine Spielweise zu überdenken und zu verbessern
Man kann schon an den einfachsten Stücken erkennen, wie gut jemand spielt. Großes Können hört man bereits an Kinderstücken, oder an vermeintlich (!) primitiven Variationsthemen, z.B. denen der späten Beethovensonaten.Und jetzt desillusioniert ihr mich: ich dachte, dass alle Klavierstudenten zumindest diese einfachen Stücke ähnlich schön wie Lang Lang hinbekommen...![]()
Das ist übel. Wo ist er mit seinen Ohren? Eine fehlende Takthälfte muss einen schütteln, wenn man sich zuhört...Student spielt zu häufig falsche Noten (keine Fehler, sondern falsch gelesen / gemerkt), ließ teilweise einen halben Takt aus,
Bei dieser dramatischen Schilderung kommt mir das in den Sinn:Das ist übel. Wo ist er mit seinen Ohren? Eine fehlende Takthälfte muss einen schütteln, wenn man sich zuhört...
Es ist alles andere als banal. Und dabei geht es gar nicht so sehr um das Lesen, sondern um die genaue Vorstellung: Was will ich spielen? Welcher Ton möchte jetzt klingen. Neben dem Fakt, dass man unbedingt richtig üben soll, weil man sonst dauernd die Fehler übt ist, ist es eine wunderbare Schulung in Zuhören, Voraushören.Mich hat mein damaliger Orgellehrer angewiesen eine Taste erst zu spielen, wenn ich mir sicher bin, dass es die richtige ist. Hört sich natürlich banal an, aber das hat bei mir das aufmerksame Lesen der Noten befördert und mir die Defizite beim Lesen bewusst werden lassen.
Absolut korrekt, wenn man in einem Vorspiel ist und einem solche Dinge passieren. Aber nicht im Unterricht. Ich habe es so verstanden, dass der Student gar nicht den richtigen Überblick hat..."Souverän" über falsche Noten/Aussetzer hinwegzugehen und weiterzuspielen, als ob nichts daneben gegangen wäre, gehört für Profis dazu - man kann vor Publikum nicht einfach abbrechen und erneut ansetzen.