Begabung

Ich bin überzeugt, dass Du auf verlorenem Posten stehst, wenn Du meinst, Missverständnisse durch korrekte Wortwahl ausschließen zu können.
Das ich Missverständnisse nicht ausschließen kann, ist mir bewusst. Aber ich muss sie ja nicht sehenden Auges provozieren.

Dein Gegenüber wird immer durch seine Brille schauen, wird sein eigenes Weltbild in Deine Aussagen reinprojizieren.
Glücklicherweise gibt es Menschen, die zumindest versuchen, nicht immer durch die eigene Brille zu schauen, sondern sich auch in ihr Gegenüber hinein zu versetzen.

Zum Thema Begabung: Gibt es eigentlich Studien darüber, ob Teilnehmer von Internet-Foren im allgemeinen überdurchschnittlich begabt darin sind, vom Thema abzukommen oder ob diese Begabung bei Clavio besonders häufig anzutreffen ist? :-D
 
Ich bin (meistens) ein Fan davon, mich allgemein verständlich auszudrücken. Und wenn im allgemeinen Sprachgebrauch das Wort "Neid" negativ besetzt ist, dann kann ich nicht erwarten, dass mein Gesprächspartner das Wort positiv versteht, auch wenn ich es eigentlich so meine. Und um diese Missverständnisse zu vermeiden, suche ich - bisher erfolglos - ein anderes Wort.
Eifersucht?
 
Glücklicherweise gibt es Menschen, die zumindest versuchen, nicht immer durch die eigene Brille zu schauen, sondern sich auch in ihr Gegenüber hinein zu versetzen.

"Wir treffen uns kommenden Donnerstag."
"Ist das dieser oder nächster Donnerstag?"
Und die Diskussion ging los, was jeweils der eine mit 'diesen', 'nächsten' und 'kommenden' Donnerstag meinte, erklärt mit den Begrifen 'diese Woche' und 'kommende Woche'.

Und ich habe als kleiner Junge damals faszinierend der kommunikativen Katastrophe zugehört. :-)

Sie haben sich dann vermeintlich auf einen Termin geeinigt. Meinte aber jeder einen anderen, hat nicht geklappt ...

Eine ähnliche Diskussion hatte ich mit 'knapp 100'. Der eine meinte, es wären mehr als 100, der andere weniger. Wir haben gut 10 Minuten diskutiert. (Preisfrage: waren das mehr oder weniger als 10 Minuten?)


Mit den Brillen ist es schwierig. Man kennt ja oft noch nicht einmal seine eigene ... und ich kenne da einen besondes pathologischen Fall, aber das sprengt den Rahmen. Kommunikation ist schwierig.


Lasst uns über Meta-Kommunikation reden!


Grüße
Häretiker
 
Neid ist ja nicht nur auf Begabung begrenzt, sondern macht auch vor Menschen nicht halt, die sich hart etwas erarbeitet haben. Bei letzteren sieht niemand die Arbeit, sondern nur das Ergebnis und oft heißt es dann, der oder die hätte nur Glück gehabt. Also

Versucht Mal auf Englisch oder in einer anderen Sprache einem Asiaten oder einem Amerikaner das schöne deutsche Wirt 'Streber' zu erklären und vor allem, warum ein solcher ein schlechter Mensch sei!
 
@Ambros_Langleb Bieten andere Sprache ein Wort für "Positiven Neid" an? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es so ein Wort nirgends gibt.

Wenn ich Dich recht verstehe meinst Du die Einstellung, auf einem bestimmten Gebiet einen höheren oder mindestens gleichwertigen Grad an Leistung erzielen zu wollen als jemand anderes, ohne diesem seine Leistung zu missgönnen. Das wäre doch das dt. Substantiv »Wetteifer«.

Der Unterschied gegenüber »Neid« ist, dass letzteres Wort eine rein derogative Bedeutung hat (»Mißgunst«, zu mhd. nît »feinselige Stimmung«), ersteres dagegen die Anerkennung fremder Leistung impliziert und damit inhärent ein Komparationswort ist: fremdes Leistungsvermögen dient als Meßlatte für das eigene und als Stimulus für dessen Steigerung. So kommt es zu dem Unterschied, dass »Neid« lediglich eine psychische Disposition bezeichnet, »Wetteifer« dagegen eine psychische Disposition, die handlungsbezogen ist.


Lateinisch wäre das der Unterschied zwischen »invidia« (»mißgüstiges Besehen«, sc. der Leistung eines anderen) und »aemulatio« (»positive Rivalität«, sc. mit der Leistung eines anderen). »aemulatio« setzt sich fort in Französ. »émulation«, wogegen das Italienische und das Englische als Basis das »Wett-« verwenden: »spirito competitivo«, »competitivness«.

Oder hast Du mit "positivem Neid" gemeint "Anerkennung einer fremden Leistung, verbunden mit dem Bedauern sie nicht erreichen zu können"? dafür kenne ich kein deutsches Wort (dem Wort "Bewunderung" fehlt die Bedeutungskomponenten des Bedauerns).

PS. Die `positive' Bedeutung von »beneiden« ist eine ziemlich junge Entwicklung, die in der Nachkriegszeit in der Rhetorik der Werbesprache und der davon beeinflussten Umgangssprache stattgefunden hat (so ähnlich wie heutige Entwicklungen des Musters »voll krass«). Wörterbücher wie der Wahrig aus den 60ern definieren noch »auf jemand neidisch sein« und »neidisch« als »missgünstig«.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich finde auch, daß "Bewunderung" das einzige Wort ist, das den Begriff "Neid ohne Missgunst" abbildet.
Neid bedeutet Missgunst. Ohne Wenn und Aber.
Viele Menschen benutzen das Wort gelegentlich, wenn sie Bewunderung meinen und gleichzeitig ausdrücken wollen, daß sie die Fähigkeit nicht besitzen, um die es geht.
Und vielleicht seufzen sie leise und denken: Man müsste Klavier spielen können...;-)
 
Ich beobachte das Thema Begabung nun schon einige Jahre und habe das Auf und Ab dieses Begriffs erleben dürfen!
Nach 1970 war es unmöglich jemanden für irgendwas als unbegabt zu bezeichnen ''Alle Kinder sind musikalisch/kreativ/..."
Es war immer die Umwelt verantwortlich!
Dann gab es eine ziemliche Gegenentwicklung ('Die Macht der Gene')!
Ich habe zu diesem Thema noch immer keine dezidierten Meinung. Welcher Klavierschüler sich warum wie entwickelt ist immer spannend und selten (außer in extremen Fällen; es gibt unmusikalische Menschen, leider!) vorhersehbar.
Mein Motto: Motivieren, beobachten und vor allem abwarten!!
 
Mir scheint insgesamt der Begriff Begabung auf's Klavierspiel angewendet etwas schwammig. Zum einen wurde hier schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es auf das angestrebte Ziel ankommt, um Begabung konstatieren zu können!
Dann aber braucht es für wirklich annehmbares Klavierspiel nicht EINE Begabung sondern sehr viele:
Motorische Begabung, flexible und zugleich stabile Hände, das Bedürfnis sich musikalisch auszudrücken, das musikalische Vokabular (Phrasierung, Dynamik, Artikulation,...) sich musikalisch auszudrücken, Sinn für Rhythmus, Sinn für melodische und harmonische Spannungsverläufe, das Bedurfnis und die Energie weniger entwickelte Teilbegabungen durch Fleiss und Intelligenz auszugleichen, Formsinn, Klangsinn, Alleinsein können beim Üben, einen sensiblen Fuss für das Pedal, Durchhaltevermögen, Intelligenz, ein hochentwickeltes Ohr, .....
und viele weitere Teilbegabungen, die im Idealfall alle hoch entwickelt sind.
Dazu beim Konzertpianisten noch die überaus seltene Kombination von äußerster Sensibilität mit brutalstmöglicher geistiger und körperlicher Gesundheit!
 
Und eine extreme Frustrationstoleranz!!!:konfus::schlafen:
 
Praktischerweise muss man das Dichten auch nicht üben, um es erfolgreich anzuwenden

Definiere "erfolgreich". ;-)

"beneiden" geht. Letzteres kann ja sogar Bewunderung ausdrücken und sich für beide Seiten positiv anfühlen

Ja, es geht in diese Richtung. Jemand hat irgendetwas, das man toll findet und eigentlich auch sehr gerne sein Eigen nennen würde. Dann sagt man strahlend "Wow, ich beneide Dich darum!" und signalisiert durch Suprasegmentalia, dass man sich ehrlich für den anderen freut, dass er so etwas Schönes hat.

Da ist NULL Missgunst (im Sinne von "Missgönnen") dabei.

Tja, schon sonderbar, dass es für dieses freundliche Gefühl keinen Begriff gibt. Honi soit qui mal y pense...



'Streber' zu erklären und vor allem, warum ein solcher ein schlechter Mensch sei!

Das sind doch keine schlechten Menschen. :denken: Sie haben allenfalls ein schlechtes Umfeld.
 

Und es braucht "seelische Begabung". Den Schwamm der Schwämme, oder der Grund warum Reagenz - Gezüchte mir lang lang nichts geben/ mitteilen/ vermitteln.

Aber das ist nicht intersubjektiv und daher relativ und somit nicht der Rede Wert.

Wahrscheinlich verlässt Begabung, nachdem sie eine ganze Weile den Drill und die Disziplin begleitet hat, den Pfad und mündet allein´ in etwas, was ich für den Moment am liebsten "Begnadung" , als eine erlesene Form der Begabung, nennen möchte.

Vielleicht ist Begnadung etwas wie die Begabung zur Reifwerdung. Retrospektiv betrachtet. (Eine Cousine (väterlicherseits) der Würde.

Wobei das bei (einer meiner liebsten Pianistinnen), Martha A. zumindest in Sachen "seelischer Message" nicht zutrifft.

Bei der Vorläufergeneration, Wilhelm K., Arthur R., Vladimir H. trifft das (warum auch immer) öfters zu.
 
Neid ist ein Beweinen der eigenen Unfähigkeit (Ich hätte doch auch gerne...), gepaart mit der Missgunst, daß andere etwas erreicht haben.

Das finde ich sehr treffend. Ich bin schon oft beneidet worden und das war stets der "positiv besetzte Neid" - der ist für alle Beteiligten völlig ok. Nur wenige Male - Gottseidank - habe ich echten Neid erlebt, und das Wörtchen MISSGUNST drückt das vortrefflich aus, - und das ist wirklich ein ganz, ganz übles Gefühl - ich nehme an, für den Neider ebenso.

Man sollte also unterscheiden zwischen harmlosem Neid (Das hätte/könnte ich auch gerne, aber ich gönne es dem anderen von ganzem Herzen, vielleicht bewundere ich das auch!) und missgünstigem Neid (Oh, Herr, nimm dem das wieder weg!).
 
Neid....ich weiß gar nicht, wie sich das anfühlt, echt. Kann mich nicht erinnern, jemals auf etwas, jemanden neidisch gewesen zu sein. :geheim:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das Blöde am neidisch sein ist doch, dass man darauf nur bedingt Einfluss hat. Natürlich kann man dieses innere Gefühl nähren oder aufs Trockene setzen, man kann ihm rational begegnen, von der Meta-Ebene draufschauen oder Gummibärchen essen. Trotzdem ist es nicht wirklich kontrollierbar.

Aber: Man kann es auch genau angucken und sich zu Nutze machen. Entweder, um sich zu motivieren ("Wenn der das schafft ist es möglich, also kann ich es auch schaffen") oder um sich damit auseinanderzusetzen, dass die Welt eben "ungerecht" ist (Der hat jetzt zwar eine halbe Million geerbt und ich nicht, aber wenn ich mich darüber ärgere, ändert das auch nichts an den Tatsachen).

Auch von der "beneideten Seite" aus besteht die Frage, wie man damit umgeht. Die erste Reaktion ist vielleicht, Dinge kleinzureden oder zu verheimlichen, das kenne ich jedenfalls von mir. Eine andere Möglichkeit ist, ganz normal mit den Umständen umzugehen und sie weder zu verstecken, noch als irgendwie besonders hinzustellen. Das gibt den Menschen nämlich die Möglichkeit, neutral darauf zu reagieren (und nicht z.B. das Gefühl zu haben, Bewunderung aussprechen zu müssen) - und es erlaubt ihnen, ebenfalls tolle Dinge zu tun!

Im Kleinen üben kann man das, wenn man Komplimente bekommt oder wenn einem etwas geschenkt wird. Es ist sehr interessant, wie Menschen auf Folgendes reagieren:
1. "Sie haben einen schönen Schal!" - "Ach, der war ganz billig / der ist schon alt / den wollte ich eigentlich schon entsorgen" versus "Vielen Dank! / Er gefällt mir auch sehr! / Freut mich, dass er Ihnen gefällt!"
2. "Möchten Sie eine Tasse Tee / Kaffee / Kuchen ..." - "Nein, vielen Dank [obwohl man eigentlich möchte] / Ich möchte keine Umstände machen / Das ist nicht nötig" versus "Das ist sehr freundlich, aber ich habe gerade keinen Durst / Ja, gerne, das ist nett / ..."
 
Auch von der "beneideten Seite" aus besteht die Frage, wie man damit umgeht. Die erste Reaktion ist vielleicht, Dinge kleinzureden oder zu verheimlichen, das kenne ich jedenfalls von mir. Eine andere Möglichkeit ist, ganz normal mit den Umständen umzugehen und sie weder zu verstecken, noch als irgendwie besonders hinzustellen. Das gibt den Menschen nämlich die Möglichkeit, neutral darauf zu reagieren (und nicht z.B. das Gefühl zu haben, Bewunderung aussprechen zu müssen) - und es erlaubt ihnen, ebenfalls tolle Dinge zu tun!

Reaktion 1 ist weitverbreitet, aber ganz übel! Unbedingt Nr. 2 trainieren. Ist gar nicht schwer.



Ja, das finde ich auch, ich freue mich jeden Tag daran. Danke für das liebe Kompliment!

So gehts! Komplimente sind wie Geschenke und man kann dem Schenkenden keine größere Freude machen, als die eigene Freude nicht zu verhehlen. Mit jeder anderen Reaktion WÜRDIGT MAN DAS GESCHENK HERAB! (Ach, das wäre doch nicht nötig gewesen - furchtbar!!!!)
 
Habe so einige Menschen kennengelernt, die nie etwas von sich begonnen haben, die bei Arbeitslosigkeit lieber aus dem Fenster oder in den Fernseher schauten, statt sich irgendwie weiterzubilden oder sonstigen Interessen nachzugehen oder irgendetwas zielgerichtet für ihre persönlichen Entwicklung zu tun.

Ich denke, Du hast es da mit depressiven Menschen zu tun gehabt. Das ist nochmal ein ganz anderes Thema.
 
Schwierig ist doch auch die Frage, wenn man ein Kind findet, dass wirklich viel Begabung fürs Klavierspiel hat (und ein ordentliches Interesse): Soll man als Eltern und Klavierlehrer dann das Kind auch aktiv pushen in Richtung einer Musikerkarriere, so nach dem Motto, wäre Schade um das grosse Talent? Oder ist da das Unglück vorprogrammiert bzw. sehr wahrscheinlich auf Grund der Realitäten des professionellen Musikbetriebs?

Das ist in der Tat eine sehr schwierige Frage. Ich denke aktiv pushen sollten Eltern generell nicht, denn dabei werden schnell zu viele eigene Wunschvorstellungen auf das Kind projiziert. Andererseits sollten die Eltern auch keine Verhinderer sein und ihr Kind soweit wie möglich unterstützen. Das ist der Gang auf einem durchaus recht schmalen Grat. Was dabei rauskommt, wird die Zeit zeigen. Eine intensive Beschäftigung mit Musik (oder auch irgendeinem anderen Interesse) ist auf keinen Fall verkehrt, das Kind lernt etwas für's Leben. Wichtig ist denke ich, dass die Eltern dafür sorgen, dass die Ausbildung nicht zu einseitig wird, so dass dem Kind später immer auch andere Wege offen bleiben.
 

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