Arbeit an Phrasierungen

  • Ersteller des Themas nils1
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Puh ....
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DAS war heftig.
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Erbarmen!
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Wirklich soo schlimm...? :konfus:Na komm... ;-)
 
Oh, jetzt hatte ich gerade Dreiklangs Beitrag gelesen, bloß ist er nun zum Antworten und Zitieren nicht mehr da.

Trotzdem kann Klarheit dieser Text von Dehmel bringen, der auch lustig und nicht ohne Polemik zu lesen ist:

https://www.uni-due.de/lyriktheorie/texte/1906_dehmel.html

Ich habe leider den Eindruck, dass die Diskussion etwas stagniert, hoffentlich nicht deshalb, weil sich keiner mehr traut. Lieber Dreiklang, ich habe doch ausdrücklich geschrieben, dass Ausprobieren und Experimentieren zum Phrasieren dazu gehört. Selbst bei einem simplen Satz mit so wenig Silben wie "ich spiele Klavier" gibt es mehrere Möglichkeiten - wie wird es bei komplexeren Texten sein.... . Phrasierung geht ja auch einher mit Timing, Agogik ..... .

Wer will, kann ja eine oder mehrere Phrase(n) aus einem Stück, dass er gerade spielt, notenmäßig vorstellen und man könnte sich überlegen, wie man phrasieren könnte. Es könnte auch eine Phrase aus einem Stück, von verschiedenen Interpreten gespielt, vorgestellt werden und es kann sich eine Diskussion entspinnen.

Ganz praktisch. :)

Liebe Grüße

chiarina
 
Lieber Dreiklang, ich habe doch ausdrücklich geschrieben, dass Ausprobieren und Experimentieren zum Phrasieren dazu gehört.
:super:
Phrasierung geht ja auch einher mit Timing, Agogik
Ja, und kann auch nicht "isoliert" betrachtet werden. Dynamik, Artikulation, ggf. Mehrstimmigkeit usw. - all das kommt hinzu, und all diese Dinge beeinflussen sich gegenseitig.

Weshalb das eigentlich interessante Thema "Phrasierung" oder "musikalische Gestaltung allgemein" stagniert, weiß ich nicht. Eine Diskussion in der beschriebenen Weise (Beispiele) könnte sicher interessant sein (oder ein "Workshop"-Thema hergeben)

Viele Grüße
Dreiklang
 
ich spiele Klavier
Denn das tun ja alle hier

Aber ist es halb vier
Dann spiel ich Klavier

Auch wenn die Phrasierung
oft sorgt für Verwierrung

Wir kriegen's schon hin
Denn das ist der Sinn.

Das sind Beispiele für zu viele Betonungen in kurzen Phrasen. Der "musikalische" Fluss wird unnatürlich und hoppelt vor sich hin. Korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber für mich ist Phrasierung die Gestaltung einer musikalischen Linie. Es geht also mehr dabei also mehr darum den horizontalen Verlauf der Musik zu gestalten und weniger das vertikale Zusammenspiel mehrerer Stimmen oder ein simples Zerstückeln der Töne in Betont/Unbetont.

Natürlich kann man argumentieren, dass sich alles irgendwie gegenseitig beeinflusst. Aber man kann durchaus mal einen Moment innehalten und die Phrasierung "isoliert" betrachten. Die Erkenntnisse, die man dann daraus zieht müssen dann halt in die anderen Aspekte wie Dynamik oder Artikulation eingebracht werden.
 
die erste Zeile habe ich ungefähr zwei dutzend Mal versucht mit der Betonung auf "Kla" statt auf "vier" auszusprechen und mir fast die Zunge dabei gebrochen.
Welchen Dialekt muß man dafür können???
Wahrscheinlich alle - und keinen ;) Versuch's mal so:

ich spiele Klaaaaaa-vier
denn das tun ja alle hier

(zugegebenermaßen bildet dieses Gedicht nicht den Höhepunkt meines bescheidenen dichterischen Schaffens)
aber für mich ist Phrasierung die Gestaltung einer musikalischen Linie.
Eine Sache ist mir auch schon aufgefallen: ich glaube, bisher hat noch niemand den Begriff Phrasierung einigermaßen kurz und prägnant erklärt. Wer traut sich...?
 
Zuletzt bearbeitet:

Eine Sache ist mir auch schon aufgefallen: ich glaube, bisher hat noch niemand den Begriff Phrasierung einigermaßen kurz und prägnant erklärt. Wer traut sich...?

Ich hatte eigentlich den Eindruck, dass chiarina da in Post #9 eine sehr gute Erklärung geliefert hat und dachte eigentlich, damit wäre alles klar ;-)

Vielleicht hilft es, nochmal zwei Dinge bei Dreiklangs Beispielen herauszugreifen, die nicht so ganz passen. Das eine ist die Gedichtform. Die wenigsten Menschen sprechen in ihrer natürlichen Umgebung in Gedichtform. Daher ist die Phrasierung eines Gedichtes jetzt nicht unbedingt der Normalfall.

Das zweite Missverständnis(?) könnte daraus entstanden sein, dass chiarina in ihren Beispielen mit "fett" den Phrasenhöhepunkt markiert, bei Dreiklang aber einfach eine Betonung mit "fett" markiert wird. Was in chiarinas Beispielen nicht so klar hervorsticht ist, dass es keinen harten Übergang von unbetont auf betont gibt. Sie schreibt es aber in ihrem Post, dass es eher ein cresc zum Höhepunkt hin und ein dim hinweg ist. Vielleicht wäre eine bessere Darstellungsform folgendes:

Ich spiele Klavier nicht Geige
 

Ich bin kein Experte für Rezitations- und Sprachkunst, aber auf jeden Fall fehlen in der Darstellung auch noch die unterschiedlichen Tonhöhen der Silben und die Länge und Farbe der Vokale (ich weiß nicht, ob man so etwas überhaupt darstellen kann). Es ist auch kein kontinuierliches cresc., so wird z.B. "le" von "spiele" leiser gesprochen.

So kompliziert es wirken mag, wenn man so einen simplen Satz ohne sonderliche inhaltliche Aussage untersucht, so natürlich sollte es gesprochen werden. Dehmel kritisiert ja auch in seinem Text die Künstlichkeit und stereotype mechanische Anwendung bestimmter Phrasierungsregeln und plädiert dafür, den Inhalt eines Textes, seine Poesie und Lyrik deutlich zu machen.

Was die Definition von Phrasierung angeht, so hilft dieser Text http://www.hermann-keller.org/aufsa...zeitungen/1929artikulationundphrasierung.html vielleicht weiter, in dem steht: "Phrasierung ist Sinngliederung".

Rein praktisch geht man bei einem Stück zunächst so vor, dass man die musikalische "Interpunktion" setzt. Wie ein Text, der keine Satzzeichen hat und so schwer zu verstehen und zu lesen ist, so kann man sich auch den musikalischen Text so vorstellen, dass er erstmal einer Sinngliederung bedarf - die Phrasen müssen erkannt und kenntlich gemacht werden. Also werden sinngemäß Punkte, Kommata, Frage- und Ausrufezeichen etc. gesetzt. Die Struktur und Form des Stücks wird deutlich, Haupt- und Nebensätze werden hörbar.

Erst dann beginnt man, die einzelnen Phrasen zu strukturieren, Höhepunkte zu finden etc. etc..... .

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe chiarina,
ja, dieser Aspekt hatte mir bisher ein wenig gefehlt in der Diskussion. Bevor man eine Phrase konkret gestaltet, muß man ja erst einmal wissen, bzw. eruieren, wo sie beginnt, und wo sie endet.
___

Zur "Analogie" Sprachgestaltung/Musikgestaltung: mein Gedichterl war sicher auch etwas scherzhaft gemeint ;) Tatsächlich weiß ich nicht, welche Aspekte von etwa der "Sprachmelodie" sich auf die Musik übertragen lassen.

Eine Parallele zwischen Musik und Sprache wäre wohl, daß zu Beginn eine Spannung aufgebaut wird, und am Ende diese Spannung normalerweise aufgelöst ist, bzw. zur Ruhe gekommen ist. Die "Aussage" (der Musik, der Sprache) ist dann bewerkstelligt.

In der Sprache gibt's allerdings auch die Frage. Ich kenne aus dem Stegreif kein Musikstück, das wie eine "Frage" endet, also ganz offen noch auf eine Antwort bzw. Fortsetzung warten würde (vielleicht weiß jemand ein mögliches Beispiel, vielleicht aus der Neuen Musik? Das wäre interessant).

Eine weitere Parallele zwischen Musik und Sprache wäre, daß beide (im Regelfall) ästhetischen Gesichtspunkten folgen. Sprachmeldodie, Geschwindigkeit, Betonung usw. sind nicht ausgewürfelt oder computermäßig starr, sondern "harmonisch" und "wohlklingend" (wenn man so will).

Viele Grüße
Dreiklang
 
In der Sprache gibt's allerdings auch die Frage. Ich kenne aus dem Stegreif kein Musikstück, das wie eine "Frage" endet, also ganz offen noch auf eine Antwort bzw. Fortsetzung warten würde (vielleicht weiß jemand ein mögliches Beispiel, vielleicht aus der Neuen Musik? Das wäre interessant).

Ich hatte ja davon gesprochen, dass manche Phrasen (nicht Musikstücke) wie eine Frage enden und ein recht bekanntes Beispiel findet sich hier:

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Im a-moll Walzer von Chopin endet die Phrase hier in Takt 32 offen, dann beginnt in T. 33 die neue Phrase. Dass Takt 32 als offen, weiterführend, als Frage ("was kommt jetzt?") empfunden wird, liegt an der Harmonik (nach der Doppeldominante H7 in T. 31 kommt keine abschließende Floskel in E-Dur, sondern E7, der als Septakkord Spannung aufbaut und nach Auflösung verlangt. Zur Unterstützung verläuft zudem die Melodie aufwärts - man könnte ja mal eine Schlussfloskel improvisieren mit E-Dur ohne Septime in T. 32 und abwärts geführter Melodie, um den Unterschied wahrzunehmen.

Liebe Grüße

chiarina
 
Das Frage/Antwort-Spiel kommt sehr oft vor. Eine schöne Illustration davon gibt es am Anfang des 3. Satzes der Symphonie Fantastique. Der Hirtenruf des Englischhorns endet offen, fragend, ob denn da noch jemand anders ist. Die Fernoboe antwortet und es entspannt sich ein kleiner Dialog zwischen beiden. Der Satz endet (fast) damit, dass das Englischhorn erneut ruft bzw. fragt und dieser Ruf unbeantwortet bleibt.

 
auch von Schumann: Dichterliebe - "Im wunderschönen Monat Mai". Passt auch zur Jahreszeit. ;-)
 

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