Anfängerfrage zu Hanonübungen

Tonleitern übe ich isoliert, wenn sie in einem Stück vorkommen ... und dann bleiben sie nicht lange isoliert sondern werden in den musikalischen Kontext eingeordnet - also so gespielt, wie es im Stück gefordert ist (mit dem Kram davor und danach).
Ich meine, ich mache es im Prinzip ja auch so, hier z.B. bei den beiden Läufen aus der Sonate (zugegebenermaßen ist sie an der Grenze meiner physikalischen Möglichkeiten und in von mir gewünschten Tempo kriege ich sie nicht hin), an der ich mich versuche. Ich übe sie auch isoliert und sie klappen auch besser, wenn man sie in einen musikalischen Kontext einordnet aber ich sehe nicht, dass die Arbeit daran meine beidhändigen C-Dur Tonleiter über 4 Oktaven verbessert.

Dachte, vllt. bringt Hanon mal was aber wenn ihr so vehement dagegen seid, bon. Und dann sind manche Übungen unsymmetrisch, muss gestehen ich hab enorme Schwierigkeiten manches aus Hanon beidhändig koordinationstechnisch überhaupt auf die Tasten zu bringen, geschweige denn im Tempo :016: da find ich sogar die Sonate einfacher.

Vielleicht braucht man ein Stück, wo solche Tonleiter beidhändig vorkommen, sodass man einen musikalischen Kontext hat, vielleicht klappen sie dann besser, müsste ich mal ausprobieren.
 

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Lieber @AbsolutePitch : wenn du gern Tonleitern und solche Übungen magst: hast du es schon mal mit Czerny probiert? Da geht es auch um Technik, aber das sind sehr hübsche und musikalische Etüden. Ich kann dir zum Anfang die Sammlung von Czerny-Germer empfehlen, das sind 50 Etüden im ansteigenden Schwierigkeitsgrad. Wichtig ist allerdings, die mit Lehreranleitung zu üben, sonst übt man leicht am eigentlichen technischen Lernziel vorbei.

Das gilt übrigens auch für Hanon. Wenn man diese doch recht eintönigen Hanonübungen macht, ohne akribisch auf eine bestimmte Handhaltung, Bewegungsablauf oder ähnliches zu achten, ist es komplett sinnlos.
 
Blind war er nicht, aber als professioneller oder wenigstens respektabler Pianist hat er sich nachweislich nicht hervorgetan. Und seine überlieferten Kompositionen abseits der Fingerübungen sind wirklich keiner Rede wert.

Was genau erwartet man eigentlich von einem so mittelmäßigen Musiker?
Eben. Außerdem stammt das Hanon-Machwerk aus einer Zeit, in der ohnehin die absurdesten Vorstellungen darüber kursierten, wie Klavierlernen funktioniert. Die Aufbruchsstimmung des Industriezeitalters hatte zur Folge, dass man in mechanistischen Vorgehensweisen die Lösung sah. Mit schweren Auswirkungen auf die Klavierpädagogik, teilweise bis heute, und auf die Gesundheit nicht weniger Menschen.
 
So schnell und präzise funktioniert es bei mir einfach nicht, sobald es schnell über mehrere Oktaven geht habe ich schon gewisse Probleme Töne mit beiden Händen gleichzeitig runterzudrücken.
Damit triffst Du den Kern. Es sind nicht die Finger, es ist der Kopf. Dieser erleidet Ermüdungserscheinungen, Du kannst Dich nicht mehr fokussieren, sobald die Schwemme an Tönen zuviel wird. Am Anfang bist Du voll dabei, nach zwei Oktaven beginnen die leichten Unregelmässigkeiten und die verstärken sich, je länger Du bei gleichzeitiger Ausschaltung des Gehirns weiterspielst. Übst Du immer so, lernst Du das Fehlerhafte.
Die Position zu den Tasten verändert sich je nach Register, das musst Du mitüben. Dazu empfiehlt es sich, mit der Endphase der erstrebten Tonleiter zu beginnen - das gilt genauso auch für technisch anspruchsvolle Stellen im Stück. Du übst deren Ende, bis sie Dir so vertraut sind, dass Du sie nachts um drei sofort spielen könntest. Dann arbeitest Du Dich rückwärts.
Zu Deiner Frage, warum die Hanonübungen auf dem Nachhauseweg dooferweise schwieriger werden: Damit soll vermieden werden, bewusstlos zu üben. Auch da gilt: Mit dem zweiten Teil und frischem Hirn anfangen. Dann merkst Du, wenn Du von vorne losgehst, dass das Stück oder die Übung am Ende leichter wird, weil Du bekanntes Terrain betrittst.
Und Tonleitern oder Übungen in einer gleichbleibenden Dynamik zu spielen wie in dem o.a. Video ist das Allerletzte und hat mit Musik soviel zu tun wie das Streichen eines Fensterrahmens. Würde man so üben, hätte man das gleiche Problem: Das Gehirn merkt sich das gleichmässige seelenlose Spiel und dann später die Musik mit hineinzubringen wird fast unmöglich.
Zuerst ist die Musik, immer.
 
Eine Suchanfrage „Hanon“ hier im Forum spuckt seit Nov. 2022 zehn Seiten aus. In den tieferen Schichten dürften es noch etliche Beiträge mehr sein. Letztlich sind Argumente bereits ausgetauscht: geduldige und beratungswillige Profis/Klavierlehrer antworten ausführlich beratungsresistenten Anfängern. Man kommt sich vor wie bei „Dinner for One“: „same procedure as last year? -Same procedure as every year!“ Anstatt immer neue „Hanon“-Fäden aufzumachen, könnten doch diejenigen, denen das Thema unter den Nägeln brennt, mal die vorhandenen Argumente pro und contra systematisch und ohne Polemik gegenüberstellen (als FAQ für spätere Generationen?)
 
Letztlich sind Argumente bereits ausgetauscht: geduldige und beratungswillige Profis/Klavierlehrer antworten ausführlich beratungsresistenten Anfängern. Man kommt sich vor wie bei „Dinner for One“: „same procedure as last year? -Same procedure as every year!“

Gut, das wir das geklärt haben, wir können wieder zu den wirklich wichtigen Fagen zurück: 432Hz?

Grüße
Häretiker
 
Gut, das wir das geklärt haben, wir können wieder zu den wirklich wichtigen Fagen zurück: 432Hz?

Grüße
Häretiker

Das wurde glaube ich tatsächlich noch nicht diskutiert. Aber Hanon klingt auch bei 432Hz nicht wirklich besser oder brächte didaktische neue Erkenntnisse hervor, die zu einer kompletten Neubewertung des bisher Gesagten führen würde.
 
ch übe sie auch isoliert und sie klappen auch besser, wenn man sie in einen musikalischen Kontext einordnet aber ich sehe nicht, dass die Arbeit daran meine beidhändigen C-Dur Tonleiter über 4 Oktaven verbessert.
hmm ... warum gerade C-Dur?
Das ist eher keine Anfängertonleiter.
Kommt das in einem Stück vor, was du gerne spielen können möchtest?

Wenns nur ums Tonleiterspiel geht, dann mache es dir doch etwas einfacher ... und beginne mit H-Dur, Fis/Ges-Dur oder Des-Dur (Durtonbleitern mit mindestens 5 Vorzeichen).
Die lassen sich viel einfacher erarbeiten (von den Fingersätzen her) und zumindest bei mir liefen diese drei Tonleitern von Anfang an deutlich besser und flüssiger, als das Vorzeichenlose C-Dur. C-Dur ist nur am einfachsten zu lesen ... zu spielen ist C-Dur "knüppelhart" - gerade am Anfang und gerade über mehrere Oktaven hinweg.

Aber durch das Spielen von Skalen mit vielen Vorzeichen hat sich auch mein Spiel von Skalen mit wenig Vorzeichen verbessert. Warum das was gebracht hat (bei mir) kann eher ein Klavierpädagoge erklären, als ich.
 
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Lieber @AbsolutePitch : wenn du gern Tonleitern und solche Übungen magst: hast du es schon mal mit Czerny probiert? Da geht es auch um Technik, aber das sind sehr hübsche und musikalische Etüden. Ich kann dir zum Anfang die Sammlung von Czerny-Germer empfehlen, das sind 50 Etüden im ansteigenden Schwierigkeitsgrad. Wichtig ist allerdings, die mit Lehreranleitung zu üben, sonst übt man leicht am eigentlichen technischen Lernziel vorbei.

Das gilt übrigens auch für Hanon. Wenn man diese doch recht eintönigen Hanonübungen macht, ohne akribisch auf eine bestimmte Handhaltung, Bewegungsablauf oder ähnliches zu achten, ist es komplett sinnlos.
Mein Problem mit Czerny und den Sachen, die eher meinem Niveau eines Spätanfängers, der seit paar Jahren spielt, entsprechen besteht darin, dass ich mich nicht motivieren kann es zu üben. Das hat mit Czerny wenig zu tun, ich finde auch manche Etüden von Chopin absolut langweilig (manche finde ich jedoch grandios) und käme nicht freiwillig auf die Idee sie zu üben, obwohl sie mit Sicherheit für Pianistik extrem nützlich sind.

Und so übe ich halt die op. 13 von Ludwig, denn dadurch drücke ich mich irgendwie aus, wie das mit dem sich selbst Ausdrücken funktioniert weiß ich auch nicht aber wenn ich es übe, habe ich das Gefühl, dass ich etwas Bedeutsames tue und ich kann mich stundenlang damit beschäftigen. Und parallel dazu die Op. 32 12 von Rachmaninoff, jawohl ich finde es vollkommen genial, jede Note ist perfekt und hätte nicht anders gesetzt werden können. Nebenbei sei angemerkt, dass ich dieses Gefühl "jede Note ist perfekt" in Rachmaninoffs Werk des öfteren habe, irgendwie erschließt sich mir seine Musik häufig direkt und so finde ich sein Op. 32 12 deutlich einfacher als den Kopfsatz der Pathetique, in dem ich manchmal lange überlegen muss warum manches so und nicht anders gemacht wurde (da fehlen mir bestimmt Kenntnisse der Harmonielehre). Bei Bach finde ich die Musik konstruktionstechnisch allerdings auch perfekt, nur da kapiere ich nur wenige Stücke und vieles höre ich nicht richtig heraus bzw. ich verliere schnell den roten Pfaden. Ihn zu spielen ist für mich allerdings fast ein Folter so schwer finde ich schon das reine Notenmerken. Aber ok ich schweife ab.

Dass ich mich prinzipiell für Czerny wenig motivieren kann für Hanon oder irgendwelche Tonleiter aber schon mag wie ein Widerspruch erscheinen, ist bei mir aber irgendwie so :-D :016:
 
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Sonate (zugegebenermaßen ist sie an der Grenze meiner physikalischen Möglichkeiten und in von mir gewünschten Tempo kriege ich sie nicht hin)
Die Pathetique ist aber auch sportlich. Ich kann verstehen, dass dich das an deine Grenzen bringt.

Ich übe solche Stellen immer sehr langsam und konzentriere mich zunächst nur auf den sauberen Ablauf des Fingersatzes. Und mit langsam meine ich "so langsam, dass ich mich auf jeden einzelnen Ton konzentrieren kann".
Manchmal spiele ich das dann laut (auch mal zu laut), manchmal leise, manchmal legato, manchmal staccato (aber das ist mehr, damit mir beim Üben nicht langweilig wird ... ich mag Tonleiterübungen nicht so besonders gerne).

Die letzten "Endgegner" denen ich so beigekommen bin, waren zwei Läufe in Mozarts d-Moll Fantasie (KV397). Und natürlich haben diese Läufe anfangs länger gedauert, als das ganze Stück in Tempo.
Am Anfang ist mir das auch oft zu langsam ... aber dann muss ich mich selbst ermahnen und daran erinnern, dass Geschwindigkeit eine Frage der Zeit ist ... und nicht eine Frage des verbnissen immer wieder Versuchens. Solange das nicht langsam geht, KANN es schnell garnicht gehen.
 
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Damit triffst Du den Kern. Es sind nicht die Finger, es ist der Kopf. Dieser erleidet Ermüdungserscheinungen, Du kannst Dich nicht mehr fokussieren, sobald die Schwemme an Tönen zuviel wird. Am Anfang bist Du voll dabei, nach zwei Oktaven beginnen die leichten Unregelmässigkeiten und die verstärken sich, je länger Du bei gleichzeitiger Ausschaltung des Gehirns weiterspielst. Übst Du immer so, lernst Du das Fehlerhafte.
Die Position zu den Tasten verändert sich je nach Register, das musst Du mitüben. Dazu empfiehlt es sich, mit der Endphase der erstrebten Tonleiter zu beginnen - das gilt genauso auch für technisch anspruchsvolle Stellen im Stück. Du übst deren Ende, bis sie Dir so vertraut sind, dass Du sie nachts um drei sofort spielen könntest. Dann arbeitest Du Dich rückwärts.
Zu Deiner Frage, warum die Hanonübungen auf dem Nachhauseweg dooferweise schwieriger werden: Damit soll vermieden werden, bewusstlos zu üben. Auch da gilt: Mit dem zweiten Teil und frischem Hirn anfangen.
Danke für die sehr wohlüberlegte Antwort und vor allem für den ernsthaften Versuch zu erklären, warum es bei Hanon nicht in beide Richtungen symmetrisch geht. Obwohl das ja nicht in jeder der Übungen der Fall ist, irgendetwas muss er sich ja bei bestimmten Übungen gedacht haben, weshalb er nicht alle auf dem Nachhauseweg anders gestaltet hat.

Blind war er nicht, aber als professioneller oder wenigstens respektabler Pianist hat er sich nachweislich nicht hervorgetan. Und seine überlieferten Kompositionen abseits der Fingerübungen sind wirklich keiner Rede wert.

Was genau erwartet man eigentlich von einem so mittelmäßigen Musiker?
@mick
Jetzt muss ich vorsichtig nachfragen, darf man das immer so sehen, dass ein mittelmäßiger Musiker nichts Gescheites hinterlassen haben kann? Jetzt überlege ich wegen Feuchtwanger, seine Übungen erfreuen sich ja mehr oder weniger allgemeiner Akzeptanz (obwohl auch eher im deutschsprachigen Raum, so mein Eindruck) aber ich finde jetzt auch nicht wirklich irgendwelche Aufnahmen von ihm, nur ein paar Lektionen, sodass ich jetzt nicht direkt verstehe, ob er nun ein so begnadeter Musiker war oder nicht. An sich finde ich seine Quick-Release Übung die beste Übung mit dem größten Aha-Erlebnis von allen anderen Übungen unabhängig vom Autor und wünschte ich hätte diese Übung als erstes gemacht, als ich angefangen hab mich mit Klavier zu beschäftigen.


"We're all mad here", frei nach Lewis Carroll. Ansonsten fand ich, dass die Antwort von Sven meine Eingangsfrage vollkommen verfehlt hat und besonders höflich war sie auch nicht. Also habe ich mir einen kleinen Spaß erlaubt. :007: Ich bin sicher, dass er mir diesbezüglich nicht böse ist ;-)
 
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